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Energie & Management > Wirtschaft - Wärme ist für GLS das neue Windrad
Quelle: Fotolia / THesIMPLIFY
Wirtschaft

Wärme ist für GLS das neue Windrad

Das Bilanzvolumen hat nicht mehr zweistellig zugelegt wie in den vergangenen Jahren. Aber die Kreditvergabe im Dienste der Energiewende „brummt“ bei der sozialökologischen GLS-Bank.
Sich engagieren, wo andere lieber Zurückhaltung üben, ist seit Jahrzehnten so etwas wie die DNA der GLS. Als erste deutsche Bank legte sie Ende der 1980er Jahre einen Fonds zur Realisierung von Windkraftanlagen auf. Längst bräuchten sich Projektierer von Windparks kaum mehr um Kreditgeber sorgen, so Michael Orth. „Das Thema Wärme ist das Windrad von heute“, sagt der Leiter des hausinternen „Kompetenzcenters Energie“. Und neben der Wärmewende gebe es noch andere Bereiche, in die sich Geldgeber eher nicht reintrauten. 

In einer aktuellen Bilanzsumme von 9,74 Mrd. Euro steuert die Energie-Finanzierung mit einem Kreditvolumen von 1,424 Mrd. Euro und 29 Anteilsprozenten immer noch den größten Brocken bei, auch wenn das Neugeschäft im vergangenen Jahr mit 370 Millionen hinter der Wohnungsbau-Unterstützung nur knapp auf Platz zwei landete.

Das ist nicht zuletzt dem internen „Aufdachungsprogramm“ zu verdanken: Die GLS-Bank hatte im Vorjahr ein Neukreditvolumen von 100 Millionen Euro zu Sonderkonditionen von anfangs 0,5 Prozent vornehmlich für Gewerbedach-PV-Anlagen zur Verfügung gestellt. Es war nach sechs Monaten restlos abgeräumt. Nach Angaben von Vorständin Christina Opitz wurden damit etwa 250 Dachflächen mit Solarmodulen bestückt, im Durchschnitt mit einem Kreditbedarf von 400.000 Euro. Die Stromerzeugungsleistung allein aus dieser Kampagne dürfte − so wird in der Bank geschätzt − zwischen 80 und 100 MW liegen. 

Der Vergleich der beiden vergangenen Jahrzehnte zeigt den enormen Stellenwert der Erneuerbaren bei der GLS, deren Ursprünge im Anthroposie-affinen Bürgertum des Ruhrgebiets liegen und die anfangs vornehmlich Waldorfschulen und alternative Wohnprojekte förderte. In der Bilanz 2002 − also noch zu Krippenzeiten des EEG − füllten Wind, Solar und Biogas zusammen mit Bioland-Projekten zusammen ein Fünftel des Kreditbestandes von 148 Millionen Euro. Zehn Jahre später war dieser kombinierte Bereich bereits allein 372 Millionen schwer. 
 

Fixiert auf inländische Projekte

Dabei gibt die GLS-Bank auch im Energie-Sektor ihr Geld nicht für alles her, was Kilowattstunden erzeugt. Seit jeher sind die Bochumer auf inländische Projekte fixiert, wodurch Solarkraftwerke in Spanien als Kreditadresse ebenso ausfallen wie Offshore-Windparks auf der hohen See. Die PV-Dachkampagne wurde gestartet, weil man „ein großes technisches Potenzial auf Gewerbe-Dachflächen“ sah, das nach Bankansicht fokussiert gehörte. Aus dieser Unterstützung heraus habe man beobachten können, sagt Michel Orth, „dass die Unternehmen plötzlich in Energiewende denken: Sie versorgen sich selbst, sie realisieren Energiesparkonzepte, sie stellen ihren Fuhrpark auf E-Mobilität um.“ 

Mit PV-Projekten im Freiland tut sich die ökosoziale Bank dagegen weiterhin schwer. „Wir wollen bei der Energieerzeugung nicht in Flächenkonkurrenz zur Landwirtschaft gehen“, erläutert Vorständin Christina Opitz die anhaltenden Bedenken, „das birgt ein erhebliches Konfliktpotenzial.“ Daher favorisiere man vor allen Dingen versiegelte Flächen für die Erzeugung von Solarstrom. Freilich sind in der GLS-Denke Konversionsflächen wie alte Mülldeponien oder ehemalige Militär-Areale nicht ausgeklammert. Übers Jahr soll das „Nein“ zur Freiflächen-PV auch noch einmal auf den internen Prüfstand kommen. 

Verändert haben sich in 20 Jahren allerdings die technischen Kriterien für Energie-Finanzierungen. Galt ein 500-kW-Solardach früher noch als Großprojekt, so legt die Bank bei der Besicherung solcher Kredite inzwischen eher Wohlwollen statt Strenge an den Tag. Man wisse um Leistung, Effizienz und Preise der Anlagen und auch, dass sich viele von ihnen längst außerhalb des EEG rechneten. Zudem sind die Kreditausfallraten in diesem Metier wohl eher klein, sodass die Bank einräumt, bei Projekten dieser Größenordnung „und bei bekannten Kunden“ auf Eintragung von Grundschulden und womöglich auch Sicherungsübereignung zu verzichten. Echte Großprojekte aber, die ein Volumen von 30 bis 40 Millionen Euro überschreiten, schultert die GLS dagegen nicht allein, sondern sucht sich Pool-Partner − vornehmlich aus der genossenschaftlichen Kreditwirtschaft. 

Mainstream und Freiheitsenergie

Die Finanzierung der Stromerzeugung aus erneuerbarer Quelle sei anfangs eine belächelte Nischenbranche gewesen, blickt Michael Orth zurück − „heute ist das Mainstream, Freiheitsenergie und die günstigste Erzeugung sowieso“. Aber um die Energiewende hinzubekommen, müsse man sich jetzt mit Macht auch der regenerativen Wärmegewinnung zuwenden. Hier sieht die GLS gleichermaßen Notwendigkeit und Potenziale: „Bei der Neuvergabe von Krediten wollen wir hier und in diesem Jahr auf jeden Fall die Marke von 500 Millionen Euro erreichen.“ Gut möglich, dass hierbei auch das Thema „Wasserstoff“ hilft. Solche Projekte findet man aktuell noch in Nischen − aber keiner belächelt sie.

Freitag, 3.03.2023, 11:57 Uhr
Tom Jost
Energie & Management > Wirtschaft - Wärme ist für GLS das neue Windrad
Quelle: Fotolia / THesIMPLIFY
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Wärme ist für GLS das neue Windrad
Das Bilanzvolumen hat nicht mehr zweistellig zugelegt wie in den vergangenen Jahren. Aber die Kreditvergabe im Dienste der Energiewende „brummt“ bei der sozialökologischen GLS-Bank.
Sich engagieren, wo andere lieber Zurückhaltung üben, ist seit Jahrzehnten so etwas wie die DNA der GLS. Als erste deutsche Bank legte sie Ende der 1980er Jahre einen Fonds zur Realisierung von Windkraftanlagen auf. Längst bräuchten sich Projektierer von Windparks kaum mehr um Kreditgeber sorgen, so Michael Orth. „Das Thema Wärme ist das Windrad von heute“, sagt der Leiter des hausinternen „Kompetenzcenters Energie“. Und neben der Wärmewende gebe es noch andere Bereiche, in die sich Geldgeber eher nicht reintrauten. 

In einer aktuellen Bilanzsumme von 9,74 Mrd. Euro steuert die Energie-Finanzierung mit einem Kreditvolumen von 1,424 Mrd. Euro und 29 Anteilsprozenten immer noch den größten Brocken bei, auch wenn das Neugeschäft im vergangenen Jahr mit 370 Millionen hinter der Wohnungsbau-Unterstützung nur knapp auf Platz zwei landete.

Das ist nicht zuletzt dem internen „Aufdachungsprogramm“ zu verdanken: Die GLS-Bank hatte im Vorjahr ein Neukreditvolumen von 100 Millionen Euro zu Sonderkonditionen von anfangs 0,5 Prozent vornehmlich für Gewerbedach-PV-Anlagen zur Verfügung gestellt. Es war nach sechs Monaten restlos abgeräumt. Nach Angaben von Vorständin Christina Opitz wurden damit etwa 250 Dachflächen mit Solarmodulen bestückt, im Durchschnitt mit einem Kreditbedarf von 400.000 Euro. Die Stromerzeugungsleistung allein aus dieser Kampagne dürfte − so wird in der Bank geschätzt − zwischen 80 und 100 MW liegen. 

Der Vergleich der beiden vergangenen Jahrzehnte zeigt den enormen Stellenwert der Erneuerbaren bei der GLS, deren Ursprünge im Anthroposie-affinen Bürgertum des Ruhrgebiets liegen und die anfangs vornehmlich Waldorfschulen und alternative Wohnprojekte förderte. In der Bilanz 2002 − also noch zu Krippenzeiten des EEG − füllten Wind, Solar und Biogas zusammen mit Bioland-Projekten zusammen ein Fünftel des Kreditbestandes von 148 Millionen Euro. Zehn Jahre später war dieser kombinierte Bereich bereits allein 372 Millionen schwer. 
 

Fixiert auf inländische Projekte

Dabei gibt die GLS-Bank auch im Energie-Sektor ihr Geld nicht für alles her, was Kilowattstunden erzeugt. Seit jeher sind die Bochumer auf inländische Projekte fixiert, wodurch Solarkraftwerke in Spanien als Kreditadresse ebenso ausfallen wie Offshore-Windparks auf der hohen See. Die PV-Dachkampagne wurde gestartet, weil man „ein großes technisches Potenzial auf Gewerbe-Dachflächen“ sah, das nach Bankansicht fokussiert gehörte. Aus dieser Unterstützung heraus habe man beobachten können, sagt Michel Orth, „dass die Unternehmen plötzlich in Energiewende denken: Sie versorgen sich selbst, sie realisieren Energiesparkonzepte, sie stellen ihren Fuhrpark auf E-Mobilität um.“ 

Mit PV-Projekten im Freiland tut sich die ökosoziale Bank dagegen weiterhin schwer. „Wir wollen bei der Energieerzeugung nicht in Flächenkonkurrenz zur Landwirtschaft gehen“, erläutert Vorständin Christina Opitz die anhaltenden Bedenken, „das birgt ein erhebliches Konfliktpotenzial.“ Daher favorisiere man vor allen Dingen versiegelte Flächen für die Erzeugung von Solarstrom. Freilich sind in der GLS-Denke Konversionsflächen wie alte Mülldeponien oder ehemalige Militär-Areale nicht ausgeklammert. Übers Jahr soll das „Nein“ zur Freiflächen-PV auch noch einmal auf den internen Prüfstand kommen. 

Verändert haben sich in 20 Jahren allerdings die technischen Kriterien für Energie-Finanzierungen. Galt ein 500-kW-Solardach früher noch als Großprojekt, so legt die Bank bei der Besicherung solcher Kredite inzwischen eher Wohlwollen statt Strenge an den Tag. Man wisse um Leistung, Effizienz und Preise der Anlagen und auch, dass sich viele von ihnen längst außerhalb des EEG rechneten. Zudem sind die Kreditausfallraten in diesem Metier wohl eher klein, sodass die Bank einräumt, bei Projekten dieser Größenordnung „und bei bekannten Kunden“ auf Eintragung von Grundschulden und womöglich auch Sicherungsübereignung zu verzichten. Echte Großprojekte aber, die ein Volumen von 30 bis 40 Millionen Euro überschreiten, schultert die GLS dagegen nicht allein, sondern sucht sich Pool-Partner − vornehmlich aus der genossenschaftlichen Kreditwirtschaft. 

Mainstream und Freiheitsenergie

Die Finanzierung der Stromerzeugung aus erneuerbarer Quelle sei anfangs eine belächelte Nischenbranche gewesen, blickt Michael Orth zurück − „heute ist das Mainstream, Freiheitsenergie und die günstigste Erzeugung sowieso“. Aber um die Energiewende hinzubekommen, müsse man sich jetzt mit Macht auch der regenerativen Wärmegewinnung zuwenden. Hier sieht die GLS gleichermaßen Notwendigkeit und Potenziale: „Bei der Neuvergabe von Krediten wollen wir hier und in diesem Jahr auf jeden Fall die Marke von 500 Millionen Euro erreichen.“ Gut möglich, dass hierbei auch das Thema „Wasserstoff“ hilft. Solche Projekte findet man aktuell noch in Nischen − aber keiner belächelt sie.

Freitag, 3.03.2023, 11:57 Uhr
Tom Jost

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