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Energie & Management > Kernkraft - Wacklige Planung für den Kernkrafteinsatz
Quelle: Siemens
Kernkraft

Wacklige Planung für den Kernkrafteinsatz

Der Koalitionsstreit über die weitere Nutzung der Kernenergie bringt auch die Kraftwerksbetreiber in Schwierigkeiten. Besonders beim KKW Isar 2 wird es eng.
Der Termin wurde Ende September bekannt gegeben: Am 21. Oktober, so die Planung des Betreibers Preussen Elektra, sollte das Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut kurzzeitig heruntergefahren werden, damit die Druckhaltervorsteuerventile repariert werden können. Danach sollte der Reaktor bis Ende März bereit stehen für einen möglichen Reserveeinsatz. Ob der nötig sein wird, wollte die Bundesregierung bis spätestens Ende Dezember entscheiden.

Doch jetzt droht ein Streit in der Ampelkoalition den Fahrplan durcheinanderzubringen. Gegen das Vorhaben von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der neben Isar 2 nur noch das Atomkraftwerk GKN II im baden-württembergischen Neckwestheim bis ins Frühjahr in Bereitschaft halten will, opponiert Finanzminister Christian Lindner (FDP). Er ist dafür, auch das niedersächsische Kernkraftwerk Emsland am Netz zu lassen und alle drei Meiler mit neuen Brennstäben bis 2024 zu betreiben. Die unterschiedlichen Ansichten der Koalitionäre führten schließlich dazu, dass Ergänzungen des Atomgesetzes und des Energiewirtschaftsgesetzes, die für die Einsatzreserve-Regelung erforderlich sind, nicht zustande kamen. Droht jetzt der ganze Plan zu scheitern?

Derartige Spekulationen sind nicht abwegig, auch wenn man zumindest bei den Kraftwerksbetreibern bemüht ist, den Ball flach zu halten. „Wir gehen nach wie vor davon aus, dass es im Kabinett zeitnah eine Einigung über den Gesetzentwurf zum Weiterbetrieb der Kernkraftwerke geben wird. Insofern bereiten wir unsererseits alles dafür vor. Die Vorbereitungen auf den geplanten Kurzstillstand des KKI 2 und die routinemäßige Wartung laufen“, erklärte eine Sprecherin von Preussen Elektra auf Nachfrage der Redaktion.

Mit der Bundesregierung hatten sich die Energiekonzerne im Vorfeld darauf geeinigt, dass – falls kein Abruf des Reservebetriebes erfolgt – der Bund für alle Kosten aufkommt, die für die Vorbereitung des Weiterbetriebes nötig sind. In dem Zusammenhang hatte sich Guido Knott, Vorsitzender der Geschäftsführung der Eon-Tochter Preussen Elektra, wie folgt geäußert: „Auch wenn es leider noch keine endgültige Klarheit über den Weiterbetrieb von Isar 2 gibt, begrüßen wir die erzielte Einigung. Eines aber ist klar: Die Vorbereitungen für den Weiterbetrieb erfordern einen erheblichen zusätzlichen Einsatz der KKI-Kraftwerksmannschaft und vieler Kolleginnen und Kollegen aus der Unternehmenszentrale in Hannover.“ Vor allem die Schichtmannschaft müsse sich auf die neue Situation einstellen.

Zudem würden sich durch den ungeplanten weiteren Betrieb von Isar 2 Folgeeffekte für den Rückbau weiterer Kraftwerke der Preussen-Elektra-Flotte ergeben.

Reaktorkern von GKN II muss neu konfiguriert werden

Zeitlich nicht ganz so eng ist es beim zweiten Reservekandidaten GKN II bei Heilbronn: Den will die EnBW so wie geplant bis spätestens 31. Dezember herunterfahren. Während des Stillstandes soll der Reaktorkern neu konfiguriert werden. Das heißt, die dort eingebauten Brennelemente und im Brennelementlager vorhandene sollen so positioniert werden, dass eine möglichst hohe Stromerzeugung möglich ist. EnBW rechnet damit, nach einem Wiederanfahren 1,7 Mrd. kWh produzieren zu können. Dabei anfallende Gewinne sollen in „konkrete Maßnahmen der Energiewende“ investiert werden. Auch hier kommt es zu einem Verlustausgleich durch den Staat, wenn kein Abruf erfolgt oder die entstehenden Kosten nicht durch die Erlöse aus dem Betrieb gedeckt werden können.

Wie es jetzt auf der politischen Ebene weitergeht, ist offen. Ursprünglich hätten die erforderlichen Entscheidungen in einer Kabinettssitzung am 5. Oktober fallen sollen. Mutmaßlich wegen der Wahlen in Niedersachsen war man aber ohne Ergebnis auseinandergegangen. Am Tag nach der Abstimmung, am 10. Oktober, erklärte Lindner, an seinem Plan, dem Betrieb aller drei Kraftwerke bis 2024, festhalten zu wollen.

Möglicherweise erreicht der Finanzminister durch diese Haltung aber, dass die drei noch laufenden Meiler wie seit Jahren geplant Ende 2022 für immer abgeschaltet werden müssen. So steht es bisher noch im Atomgesetz. Kann sich aber, so spekuliert die Süddeutsche Zeitung, das Kabinett nicht rechtzeitig einigen, fehlt irgendwann auch dem Bundestag die Zeit für die entsprechenden Gesetzesänderungen.
 
Der zweite Reservekandidat: GKN II im
baden-württembergischen Neckarwestheim
Quelle: EnBW

 

Dienstag, 11.10.2022, 15:57 Uhr
Günter Drewnitzky
Energie & Management > Kernkraft - Wacklige Planung für den Kernkrafteinsatz
Quelle: Siemens
Kernkraft
Wacklige Planung für den Kernkrafteinsatz
Der Koalitionsstreit über die weitere Nutzung der Kernenergie bringt auch die Kraftwerksbetreiber in Schwierigkeiten. Besonders beim KKW Isar 2 wird es eng.
Der Termin wurde Ende September bekannt gegeben: Am 21. Oktober, so die Planung des Betreibers Preussen Elektra, sollte das Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut kurzzeitig heruntergefahren werden, damit die Druckhaltervorsteuerventile repariert werden können. Danach sollte der Reaktor bis Ende März bereit stehen für einen möglichen Reserveeinsatz. Ob der nötig sein wird, wollte die Bundesregierung bis spätestens Ende Dezember entscheiden.

Doch jetzt droht ein Streit in der Ampelkoalition den Fahrplan durcheinanderzubringen. Gegen das Vorhaben von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der neben Isar 2 nur noch das Atomkraftwerk GKN II im baden-württembergischen Neckwestheim bis ins Frühjahr in Bereitschaft halten will, opponiert Finanzminister Christian Lindner (FDP). Er ist dafür, auch das niedersächsische Kernkraftwerk Emsland am Netz zu lassen und alle drei Meiler mit neuen Brennstäben bis 2024 zu betreiben. Die unterschiedlichen Ansichten der Koalitionäre führten schließlich dazu, dass Ergänzungen des Atomgesetzes und des Energiewirtschaftsgesetzes, die für die Einsatzreserve-Regelung erforderlich sind, nicht zustande kamen. Droht jetzt der ganze Plan zu scheitern?

Derartige Spekulationen sind nicht abwegig, auch wenn man zumindest bei den Kraftwerksbetreibern bemüht ist, den Ball flach zu halten. „Wir gehen nach wie vor davon aus, dass es im Kabinett zeitnah eine Einigung über den Gesetzentwurf zum Weiterbetrieb der Kernkraftwerke geben wird. Insofern bereiten wir unsererseits alles dafür vor. Die Vorbereitungen auf den geplanten Kurzstillstand des KKI 2 und die routinemäßige Wartung laufen“, erklärte eine Sprecherin von Preussen Elektra auf Nachfrage der Redaktion.

Mit der Bundesregierung hatten sich die Energiekonzerne im Vorfeld darauf geeinigt, dass – falls kein Abruf des Reservebetriebes erfolgt – der Bund für alle Kosten aufkommt, die für die Vorbereitung des Weiterbetriebes nötig sind. In dem Zusammenhang hatte sich Guido Knott, Vorsitzender der Geschäftsführung der Eon-Tochter Preussen Elektra, wie folgt geäußert: „Auch wenn es leider noch keine endgültige Klarheit über den Weiterbetrieb von Isar 2 gibt, begrüßen wir die erzielte Einigung. Eines aber ist klar: Die Vorbereitungen für den Weiterbetrieb erfordern einen erheblichen zusätzlichen Einsatz der KKI-Kraftwerksmannschaft und vieler Kolleginnen und Kollegen aus der Unternehmenszentrale in Hannover.“ Vor allem die Schichtmannschaft müsse sich auf die neue Situation einstellen.

Zudem würden sich durch den ungeplanten weiteren Betrieb von Isar 2 Folgeeffekte für den Rückbau weiterer Kraftwerke der Preussen-Elektra-Flotte ergeben.

Reaktorkern von GKN II muss neu konfiguriert werden

Zeitlich nicht ganz so eng ist es beim zweiten Reservekandidaten GKN II bei Heilbronn: Den will die EnBW so wie geplant bis spätestens 31. Dezember herunterfahren. Während des Stillstandes soll der Reaktorkern neu konfiguriert werden. Das heißt, die dort eingebauten Brennelemente und im Brennelementlager vorhandene sollen so positioniert werden, dass eine möglichst hohe Stromerzeugung möglich ist. EnBW rechnet damit, nach einem Wiederanfahren 1,7 Mrd. kWh produzieren zu können. Dabei anfallende Gewinne sollen in „konkrete Maßnahmen der Energiewende“ investiert werden. Auch hier kommt es zu einem Verlustausgleich durch den Staat, wenn kein Abruf erfolgt oder die entstehenden Kosten nicht durch die Erlöse aus dem Betrieb gedeckt werden können.

Wie es jetzt auf der politischen Ebene weitergeht, ist offen. Ursprünglich hätten die erforderlichen Entscheidungen in einer Kabinettssitzung am 5. Oktober fallen sollen. Mutmaßlich wegen der Wahlen in Niedersachsen war man aber ohne Ergebnis auseinandergegangen. Am Tag nach der Abstimmung, am 10. Oktober, erklärte Lindner, an seinem Plan, dem Betrieb aller drei Kraftwerke bis 2024, festhalten zu wollen.

Möglicherweise erreicht der Finanzminister durch diese Haltung aber, dass die drei noch laufenden Meiler wie seit Jahren geplant Ende 2022 für immer abgeschaltet werden müssen. So steht es bisher noch im Atomgesetz. Kann sich aber, so spekuliert die Süddeutsche Zeitung, das Kabinett nicht rechtzeitig einigen, fehlt irgendwann auch dem Bundestag die Zeit für die entsprechenden Gesetzesänderungen.
 
Der zweite Reservekandidat: GKN II im
baden-württembergischen Neckarwestheim
Quelle: EnBW

 

Dienstag, 11.10.2022, 15:57 Uhr
Günter Drewnitzky

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