E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Ukrainekrieg - Vorschläge für Vermeidung von Öl-Importen
Quelle: Fotolia / Gernot Krautberger
Ukrainekrieg

Vorschläge für Vermeidung von Öl-Importen

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) hat kurzfristig wirksame Maßnahmen untersucht, die helfen, die Importe russischen Öls zu verringern.
Angesichts der russischen Invasion in der Ukraine und den aktuellen Verwerfungen an den Energiemärkten sei die Dringlichkeit zukunftsfester Konzepte für die Versorgung des Mobilitätssektors deutlich zu erkennen, heißt es in einer Mitteilung des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung. Vor diesem Hintergrund sind die Wissenschaftler der Frage nachgegangen, welchen Beitrag die Verkehrspolitik zur Reduktion von Ölimporten leisten könnte. Vor diesem Hintergrund weisen sie darauf hin, dass das Bundesfinanzministerium die Einnahmen des Staates aus Energiesteuer, CO2-Abgabe und Mehrwertsteuer auf Benzin und Diesel im Straßenverkehr für 2022 mit 48 Mrd. Euro beziffert.

In ihrer Analyse erläutern die Forscher, welche Mengen an Rohöl im vergangenen Jahr nach Deutschland eingeführt und wie sie verwendet wurden. So wurden 2021 insgesamt 81,4 Mio. Tonnen Rohöl importiert, davon rund 35 % aus der russischen Föderation. Die Förderung im Inland betrug 1,8 Mio. Tonnen. Der Großteil des Öls (81 %) floss in den Verkehrssektor, die restlichen 19 % zur Weiterverarbeitung in die chemische Industrie.

Allein durch die Elektrifizierung des Verkehrssektors sind kurzfristig keine substanziellen Einsparungen fossiler Kraftstoffe zu erwarten. Darauf brauche man keine Hoffnungen setzen, so bedeutend auch die E-Mobilisierung für den Klimaschutz und die mittel- und langfristige Versorgungssicherheit sei. Um kurzfristig Effekte zu erzielen, bedürfe es anderer Maßnahmen. Diese lassen sich in regulatorische und freiwillige Maßnahmen sowie Anreizmaßnahmen unterteilen.
Zu den regulatorischen Maßnahmen gehört beispielsweise ein generelles Tempolimit auf Bundesautobahnen. Dies wäre nach Überzeugung der Wissenschaftler sehr wirkungsvoll und kurzfristig umsetzbar. Je nachdem, ob die Grenze bei 100 km/h oder 130 km/h gezogen werde, ließen sich zwischen 272 und 1.377 Mio. Liter Ottokraftstoff pro Jahr einsparen.
 
 
Hohe Einkommen profitieren vom pauschalen Tankrabatt

Auch autofreie Sonntage sind nach Einschätzung der Wissenschaftler effektiv. Schon ein Sonntag im Monat könnte für eine jährliche Ersparnis zwischen 641 und 738 Mio. Liter Diesel. Allerdings, so räumen die Forscher ein, seien in der Berechnung keine Rebound-Effekte, etwa durch die Verlagerung von Fahrten auf andere Wochentage, berücksichtigt.

Eine Vermeidung von Inlandsflügen würde dagegen verhältnismäßig wenig bringen. Hier gehen die Forscher von einer Reduktion des Kerosinverbrauchs um 72 Mio. Liter pro Jahr aus.

Zu den vom Fraunhofer-Institut untersuchten Maßnahmen gehört auch die Ermäßigung von Tickets im öffentlichen Personennahverkehr. Ohne eine Ausweitung des Angebots und ohne weitere Investitionen in das Schienennetz ließe sich den Wissenschaftlern zufolge der Anteil der Wege von 18 auf 22 % (ÖPNV) und von 8 auf 10 % (Bahn) erhöhen. Auf diese Weise könnten jährlich 1.250 Mio. Liter Ottokraftstoff und 731 Mio. Liter Diesel gespart werden.

Schließlich würde auch der Ausbau sogenannter Pop-up-Radwege, die während der Corona-Pandemie in vielen Kommunen eingerichtet wurden, zu einer Kraftstoffreduktion in Höhe von 76 Mio. Litern beitragen. Und würden zu guter Letzt Bürgerinnen und Bürger auf jede zweite Freizeitfahrt über 20 Kilometer verzichten, könnten jährlich 464 Mio. Liter Benzin und 357 Mio. Liter Diesel eingespart werden.
Die Forscher kommen zum Schluss, dass diese kurzfristig wirksamen Maßnahmen im Verkehrsbereich den Rohölbedarf in Deutschland zwischen 5 und 10 % senken könnten. Damit könnte – sofern diese Reduktion allein zulasten der Importe aus Russland ginge – die Einfuhr von dort um 15 bis 28 % verringert werden.

Mit dem deutlichen Anstieg der Kraftstoffpreise rückt auch die Elastizität der Nachfrage stärker in den Fokus. Je nachdem wie elastisch die Nachfrage ist, schlagen sich Preisänderungen an der Zapfsäule in den Tankmengen nieder. Nach Ansicht der Fraunhofer-Forscher könnte die Kraftstoffnachfrage im Personenverkehr unter bestimmten Bedingungen um 5 bis 15 % sinken. Damit einher gingen entsprechende CO2-Einsparungen.

Den von der Ampelkoalition beschlossenen pauschalen Tankrabatt sehen die Forscher kritisch, da nach ihren Berechnungen Haushalte mit hohem ökonomischem Status und großen Autos mit hohem Spritverbrauch knapp viermal so hohe Subventionen erhalten, wie Haushalte mit niedrigem Einkommen. Zur Entlastung niedriger Einkommen sei daher eine einkommensabhängige Ausgestaltung zeitlich befristeter Unterstützungsprogramme nötig.

Weitere Details zur Analyse möglicher Maßnahmen zur Senkung der Ölimporte aus Russland stehen auf der Seite des Fraunhofer ISI zur Verfügung.
 

Freitag, 25.03.2022, 15:52 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Ukrainekrieg - Vorschläge für Vermeidung von Öl-Importen
Quelle: Fotolia / Gernot Krautberger
Ukrainekrieg
Vorschläge für Vermeidung von Öl-Importen
Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) hat kurzfristig wirksame Maßnahmen untersucht, die helfen, die Importe russischen Öls zu verringern.
Angesichts der russischen Invasion in der Ukraine und den aktuellen Verwerfungen an den Energiemärkten sei die Dringlichkeit zukunftsfester Konzepte für die Versorgung des Mobilitätssektors deutlich zu erkennen, heißt es in einer Mitteilung des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung. Vor diesem Hintergrund sind die Wissenschaftler der Frage nachgegangen, welchen Beitrag die Verkehrspolitik zur Reduktion von Ölimporten leisten könnte. Vor diesem Hintergrund weisen sie darauf hin, dass das Bundesfinanzministerium die Einnahmen des Staates aus Energiesteuer, CO2-Abgabe und Mehrwertsteuer auf Benzin und Diesel im Straßenverkehr für 2022 mit 48 Mrd. Euro beziffert.

In ihrer Analyse erläutern die Forscher, welche Mengen an Rohöl im vergangenen Jahr nach Deutschland eingeführt und wie sie verwendet wurden. So wurden 2021 insgesamt 81,4 Mio. Tonnen Rohöl importiert, davon rund 35 % aus der russischen Föderation. Die Förderung im Inland betrug 1,8 Mio. Tonnen. Der Großteil des Öls (81 %) floss in den Verkehrssektor, die restlichen 19 % zur Weiterverarbeitung in die chemische Industrie.

Allein durch die Elektrifizierung des Verkehrssektors sind kurzfristig keine substanziellen Einsparungen fossiler Kraftstoffe zu erwarten. Darauf brauche man keine Hoffnungen setzen, so bedeutend auch die E-Mobilisierung für den Klimaschutz und die mittel- und langfristige Versorgungssicherheit sei. Um kurzfristig Effekte zu erzielen, bedürfe es anderer Maßnahmen. Diese lassen sich in regulatorische und freiwillige Maßnahmen sowie Anreizmaßnahmen unterteilen.
Zu den regulatorischen Maßnahmen gehört beispielsweise ein generelles Tempolimit auf Bundesautobahnen. Dies wäre nach Überzeugung der Wissenschaftler sehr wirkungsvoll und kurzfristig umsetzbar. Je nachdem, ob die Grenze bei 100 km/h oder 130 km/h gezogen werde, ließen sich zwischen 272 und 1.377 Mio. Liter Ottokraftstoff pro Jahr einsparen.
 
 
Hohe Einkommen profitieren vom pauschalen Tankrabatt

Auch autofreie Sonntage sind nach Einschätzung der Wissenschaftler effektiv. Schon ein Sonntag im Monat könnte für eine jährliche Ersparnis zwischen 641 und 738 Mio. Liter Diesel. Allerdings, so räumen die Forscher ein, seien in der Berechnung keine Rebound-Effekte, etwa durch die Verlagerung von Fahrten auf andere Wochentage, berücksichtigt.

Eine Vermeidung von Inlandsflügen würde dagegen verhältnismäßig wenig bringen. Hier gehen die Forscher von einer Reduktion des Kerosinverbrauchs um 72 Mio. Liter pro Jahr aus.

Zu den vom Fraunhofer-Institut untersuchten Maßnahmen gehört auch die Ermäßigung von Tickets im öffentlichen Personennahverkehr. Ohne eine Ausweitung des Angebots und ohne weitere Investitionen in das Schienennetz ließe sich den Wissenschaftlern zufolge der Anteil der Wege von 18 auf 22 % (ÖPNV) und von 8 auf 10 % (Bahn) erhöhen. Auf diese Weise könnten jährlich 1.250 Mio. Liter Ottokraftstoff und 731 Mio. Liter Diesel gespart werden.

Schließlich würde auch der Ausbau sogenannter Pop-up-Radwege, die während der Corona-Pandemie in vielen Kommunen eingerichtet wurden, zu einer Kraftstoffreduktion in Höhe von 76 Mio. Litern beitragen. Und würden zu guter Letzt Bürgerinnen und Bürger auf jede zweite Freizeitfahrt über 20 Kilometer verzichten, könnten jährlich 464 Mio. Liter Benzin und 357 Mio. Liter Diesel eingespart werden.
Die Forscher kommen zum Schluss, dass diese kurzfristig wirksamen Maßnahmen im Verkehrsbereich den Rohölbedarf in Deutschland zwischen 5 und 10 % senken könnten. Damit könnte – sofern diese Reduktion allein zulasten der Importe aus Russland ginge – die Einfuhr von dort um 15 bis 28 % verringert werden.

Mit dem deutlichen Anstieg der Kraftstoffpreise rückt auch die Elastizität der Nachfrage stärker in den Fokus. Je nachdem wie elastisch die Nachfrage ist, schlagen sich Preisänderungen an der Zapfsäule in den Tankmengen nieder. Nach Ansicht der Fraunhofer-Forscher könnte die Kraftstoffnachfrage im Personenverkehr unter bestimmten Bedingungen um 5 bis 15 % sinken. Damit einher gingen entsprechende CO2-Einsparungen.

Den von der Ampelkoalition beschlossenen pauschalen Tankrabatt sehen die Forscher kritisch, da nach ihren Berechnungen Haushalte mit hohem ökonomischem Status und großen Autos mit hohem Spritverbrauch knapp viermal so hohe Subventionen erhalten, wie Haushalte mit niedrigem Einkommen. Zur Entlastung niedriger Einkommen sei daher eine einkommensabhängige Ausgestaltung zeitlich befristeter Unterstützungsprogramme nötig.

Weitere Details zur Analyse möglicher Maßnahmen zur Senkung der Ölimporte aus Russland stehen auf der Seite des Fraunhofer ISI zur Verfügung.
 

Freitag, 25.03.2022, 15:52 Uhr
Fritz Wilhelm

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.