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Energie & Management > Windkraft Onshore - Vorschläge für ein besseres Miteinander
Bild: Fotolia/Felix brönnimann
Windkraft Onshore

Vorschläge für ein besseres Miteinander

Die Stiftung Klimaneutralität legt Gutachten und Ideen vor, wie der Konflikt zwischen Windkraftausbau und Artenschutz minimiert werden kann.
Die Stiftung Klimaneutralität hat Wort gehalten. Der im vergangenen Jahr gegründete Think Tank um Rainer Baake, den früheren Staatssekretär aus dem Bundesumwelt- und Wirtschaftsministerium, hatte drei Vorschläge angekündigt, um die derzeit dringendsten Probleme beim Windkraftausbau an Land zu lösen.

Nach dem Ende Januar vorgestellten Gutachten, wie hierzulande schnell neue Flächen für weitere Standorte ausgewiesen werden, hat die Stiftung nun Gutachten und Ideen vorgelegt, um den „unseligen Zielkonflikt zwischen Windkraftausbau und Artenschutz“ beizulegen. „Wir brauchen bundeseinheitlich fachliche Standards für den Schutz der Vogelbestände und eine punktuelle Reform des Artenschutzrechts, die Unsicherheiten bestehender Regelungen beseitigt“, betonte Baake vor einer digitalen Medienrunde. „Uns ist wichtig, dass der Klimaschutz nicht gegen den Artenschutz und umgekehrt ausgespielt wird. Wir brauchen einen fairen Interessensausgleich.“ Der Vorschlag hat es in sich: Statt 16 unterschiedliche Standards für den Artenschutz soll es künftig ein bundesweit einheitliches Regelwerk geben, was ein großer Fortschritt zu heutigen Situation wäre.

Nach Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes soll es nach den Vorstellungen der Stiftung künftig um alle nachgewiesenen Nistplätze von zehn durch Kollisionen mit Windturbinen besonders gefährdete Greifvogelarten wie Seeadler oder Rotmilan einen sogenannten inneren Schutzabstand geben, ein No-Go-Areal für neue Windturbinen. In einer Zone zwischen diesem inneren und einem je nach Vogelart noch festzulegenden äußeren Abstandsradius soll die artenschutzrechtliche Genehmigung neuer Windenergieanlagen durchaus möglich sein – und zwar unter einer Voraussetzung.

Kameras sollen Vögel identifizieren

Um das Risiko eines Vogelschlags zu minimieren, müssen die Betreiber sogenannte Ablenkflächen für die Tiere oder ein neuartiges Vogeldetektionssystem mit eingebauten Kameras an ihren Anlagen installieren. Die von den Kameras aufgenommenen Bilder werden zu Daten, die mithilfe künstlicher Rechnerintelligenz mit digitalen Vogelbildbibliotheken abgeglichen werden. Ein Abschaltautomatismus lässt die Windturbinen idealerweise binnen 30 Sekunden austrudeln, sobald ein gefährdeter Vogel erkannt worden ist. Außerhalb des äußeren Schutzabstands sollen Windenergieanlagen, so die Stiftung, artenschutzrechtlich immer zulässig sein.

Um den Bestand der nicht nur durch die Windenergie gefährdeten Vogelarten besser zu schützen, schlug Stiftungsdirektor Baake außerdem ein 100 Millionen Euro schweres Bund-Länder-Artenschutzprogramm vor. Träger dafür könnte die Gemeinschaftaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) sein. „Unsere Vorschläge sind sowohl mit unserer Verfassung als auch mit dem Europarecht kompatibel.“ Und nicht nur das: „Ein entsprechendes Gesetz könnte nach der Bundestagswahl bei entsprechenden politischen Mehrheiten ganz schnell umgesetzt werden“, betonte Baake.

Die von der Stiftung Klimaneutralität vorgelegten Vorschläge bewertete Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR), als „sehr spannende Ansätze“. Nach seiner Einschätzung braucht es für die artenschutzrechtliche Genehmigung von Windturbinen „in der Tat mehr Verbindlichkeit“. Nach seinen Vorstellungen sollte es zusätzlich zu dem von der Stiftung Klimaneutralität vorgesehen 100-Millionen-Euro-Artenschutzprogramm eine Bundesstiftung geben, die weitere Maßnahmen für den Artenschutz finanziert: „Es wäre wünschenswert, wenn die Betreiber von Windparks Gelder in diese Stiftung einzahlen würden.“ Niebert geht nicht davon aus, dass alle im DNR organisierten Naturschutzverbände ein nach den Vorschlägen der Stiftung geändertes Bundesnaturschutzgesetz einhellig begrüßen würden: „Das Gros unserer Mitglieder schon, da wir endlich transparente und nachvollziehbare Regeln bekommen.“

Beifall für die neuen Gutachten und Vorschläge der Stiftung Klimaneutralität gab es auch von Thomas Griese. Der frühere Staatssekretär im Umwelt- und Energieministerium von Rheinland-Pfalz, der seit kurzem dem Vorstand des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW angehört, hatte noch im vergangenen Dezember an einem Artenschutzpapier der Umweltministerkonferenz (UMK) mitgewirkt: „Was die Stiftung vorgelegt hat, hilft uns weiter. Statt Handlungsempfehlungen wie von der UMK zeigt die Stiftung den Weg zu bundesweit rechtsverbindlichen Regelungen.“ Noch ein Plus sieht Griese in den vorgelegten Gutachten: „Spricht beispielsweise das Helgoländer Papier von über zwei Dutzend Vogelarten, die durch die Windkraft gefährdet werden, haben die Gutachter nun zehn Arten ermittelt.“

In Kürze, so die Ankündigung von Rainer Baake, will die Stiftung ein weiteres Gutachten vorlegen, wie der Genehmigungsprozess für neue Windturbinen deutlich verkürzt werden kann: „Statt mehrerer Jahre soll es grünes Licht künftig bereits nach wenigen Monaten geben.“
 

Dienstag, 4.05.2021, 15:25 Uhr
Ralf Köpke
Energie & Management > Windkraft Onshore - Vorschläge für ein besseres Miteinander
Bild: Fotolia/Felix brönnimann
Windkraft Onshore
Vorschläge für ein besseres Miteinander
Die Stiftung Klimaneutralität legt Gutachten und Ideen vor, wie der Konflikt zwischen Windkraftausbau und Artenschutz minimiert werden kann.
Die Stiftung Klimaneutralität hat Wort gehalten. Der im vergangenen Jahr gegründete Think Tank um Rainer Baake, den früheren Staatssekretär aus dem Bundesumwelt- und Wirtschaftsministerium, hatte drei Vorschläge angekündigt, um die derzeit dringendsten Probleme beim Windkraftausbau an Land zu lösen.

Nach dem Ende Januar vorgestellten Gutachten, wie hierzulande schnell neue Flächen für weitere Standorte ausgewiesen werden, hat die Stiftung nun Gutachten und Ideen vorgelegt, um den „unseligen Zielkonflikt zwischen Windkraftausbau und Artenschutz“ beizulegen. „Wir brauchen bundeseinheitlich fachliche Standards für den Schutz der Vogelbestände und eine punktuelle Reform des Artenschutzrechts, die Unsicherheiten bestehender Regelungen beseitigt“, betonte Baake vor einer digitalen Medienrunde. „Uns ist wichtig, dass der Klimaschutz nicht gegen den Artenschutz und umgekehrt ausgespielt wird. Wir brauchen einen fairen Interessensausgleich.“ Der Vorschlag hat es in sich: Statt 16 unterschiedliche Standards für den Artenschutz soll es künftig ein bundesweit einheitliches Regelwerk geben, was ein großer Fortschritt zu heutigen Situation wäre.

Nach Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes soll es nach den Vorstellungen der Stiftung künftig um alle nachgewiesenen Nistplätze von zehn durch Kollisionen mit Windturbinen besonders gefährdete Greifvogelarten wie Seeadler oder Rotmilan einen sogenannten inneren Schutzabstand geben, ein No-Go-Areal für neue Windturbinen. In einer Zone zwischen diesem inneren und einem je nach Vogelart noch festzulegenden äußeren Abstandsradius soll die artenschutzrechtliche Genehmigung neuer Windenergieanlagen durchaus möglich sein – und zwar unter einer Voraussetzung.

Kameras sollen Vögel identifizieren

Um das Risiko eines Vogelschlags zu minimieren, müssen die Betreiber sogenannte Ablenkflächen für die Tiere oder ein neuartiges Vogeldetektionssystem mit eingebauten Kameras an ihren Anlagen installieren. Die von den Kameras aufgenommenen Bilder werden zu Daten, die mithilfe künstlicher Rechnerintelligenz mit digitalen Vogelbildbibliotheken abgeglichen werden. Ein Abschaltautomatismus lässt die Windturbinen idealerweise binnen 30 Sekunden austrudeln, sobald ein gefährdeter Vogel erkannt worden ist. Außerhalb des äußeren Schutzabstands sollen Windenergieanlagen, so die Stiftung, artenschutzrechtlich immer zulässig sein.

Um den Bestand der nicht nur durch die Windenergie gefährdeten Vogelarten besser zu schützen, schlug Stiftungsdirektor Baake außerdem ein 100 Millionen Euro schweres Bund-Länder-Artenschutzprogramm vor. Träger dafür könnte die Gemeinschaftaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) sein. „Unsere Vorschläge sind sowohl mit unserer Verfassung als auch mit dem Europarecht kompatibel.“ Und nicht nur das: „Ein entsprechendes Gesetz könnte nach der Bundestagswahl bei entsprechenden politischen Mehrheiten ganz schnell umgesetzt werden“, betonte Baake.

Die von der Stiftung Klimaneutralität vorgelegten Vorschläge bewertete Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR), als „sehr spannende Ansätze“. Nach seiner Einschätzung braucht es für die artenschutzrechtliche Genehmigung von Windturbinen „in der Tat mehr Verbindlichkeit“. Nach seinen Vorstellungen sollte es zusätzlich zu dem von der Stiftung Klimaneutralität vorgesehen 100-Millionen-Euro-Artenschutzprogramm eine Bundesstiftung geben, die weitere Maßnahmen für den Artenschutz finanziert: „Es wäre wünschenswert, wenn die Betreiber von Windparks Gelder in diese Stiftung einzahlen würden.“ Niebert geht nicht davon aus, dass alle im DNR organisierten Naturschutzverbände ein nach den Vorschlägen der Stiftung geändertes Bundesnaturschutzgesetz einhellig begrüßen würden: „Das Gros unserer Mitglieder schon, da wir endlich transparente und nachvollziehbare Regeln bekommen.“

Beifall für die neuen Gutachten und Vorschläge der Stiftung Klimaneutralität gab es auch von Thomas Griese. Der frühere Staatssekretär im Umwelt- und Energieministerium von Rheinland-Pfalz, der seit kurzem dem Vorstand des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW angehört, hatte noch im vergangenen Dezember an einem Artenschutzpapier der Umweltministerkonferenz (UMK) mitgewirkt: „Was die Stiftung vorgelegt hat, hilft uns weiter. Statt Handlungsempfehlungen wie von der UMK zeigt die Stiftung den Weg zu bundesweit rechtsverbindlichen Regelungen.“ Noch ein Plus sieht Griese in den vorgelegten Gutachten: „Spricht beispielsweise das Helgoländer Papier von über zwei Dutzend Vogelarten, die durch die Windkraft gefährdet werden, haben die Gutachter nun zehn Arten ermittelt.“

In Kürze, so die Ankündigung von Rainer Baake, will die Stiftung ein weiteres Gutachten vorlegen, wie der Genehmigungsprozess für neue Windturbinen deutlich verkürzt werden kann: „Statt mehrerer Jahre soll es grünes Licht künftig bereits nach wenigen Monaten geben.“
 

Dienstag, 4.05.2021, 15:25 Uhr
Ralf Köpke

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