Quelle: BP
Im Jahr 2003 stellte die Deutsche BP AG ihre ambitionierten Pläne für das Erdgasgeschäft hierzulande vor und setzte dabei ganz auf die künftige Regulierungsbehörde.
Trotz aller regulatorischen Unwägbarkeiten war vor 20 Jahren eine Aufbruchstimmung im Gasmarkt zu spüren. Während allerdings die etablierten Importeure und Versorger im sich immer deutlicher abzeichnenden Regulierer den Leibhaften sahen, versprachen sich neue Marktteilnehmer ohne eigene Netze von einer staatlichen Behörde einheitliche Spielregeln, die den Eintritt in den Wettbewerb erleichtern.
Der damalige E&M-Chefreporter Ralf Köpke beobachtete die Aktivitäten der neuen Player und berichtete auch über deren Ambitionen auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien.
In den nächsten vier bis fünf Jahren will die Deutsche BP AG einen Anteil von rund fünf Prozent am deutschen Gasgeschäft haben. Diese Zielvorgabe nannte Vorstandschef Wilhelm Bonse-Geuking auf der Bilanzpressekonferenz für das Geschäftsjahr 2002. Dabei soll es nicht bleiben: „Mittelfristig wollen wir diese Quote sogar auf 15 Prozent ausbauen.“ Ähnlich forsche Töne gab es zuletzt, als die Wingas AG ankündigte, den Erdgasmarkt aufwirbeln zu wollen. Klar ist eines: Mit dem Erdgasgeschäft will BP die Einbrüche im Tankstellen- und Shop-Geschäft kompensieren.
Die Zahlen für die ersten drei Monate dieses Jahres erhärten den Trend, dass die Bundesbürger mit ihren vier- und zweirädrigen Untersätzen nicht mehr so häufig zur Zapfsäule rollen. Schon 2002 machte BP mit Erdgas direkt und indirekt schon ein gutes Geschäft: Die 1,9 Mrd. Euro Überschuss aus dem letzten Geschäftsjahr (Umsatz: 40,2 Mrd. Euro) seien zum großen Teil aus Buchgewinnen im Zusammenhang mit Firmenverkäufen (darunter 25 % an der Ruhrgas) erzielt worden, erläuterte Finanzvorstand Thomas Hetmann.
Bei der geplanten „energetischen Diversifizierung“ ist die Deutsche BP, die über keine Netze verfügt, auf die Hilfe aus Berlin angewiesen, sprich auf die angekündigte Wettbewerbsbehörde. Dazu Bonse-Geuking: „Ich hatte mir wesentlich mehr von der Verbändevereinbarung II in Sachen Wettbewerbsgleichheit versprochen, doch ich bin ziemlich enttäuscht worden.“ Beim Kampf um erste Kunden habe er sich oft gefühlt, wie ein Boxer, dessen Schlaghand auf dem Rücken festgebunden worden sei, der aber gegen einen beidhändig schlagenden Faustkämpfer anzutreten hatte.
„Wir sind keine Hochstapler“
Nach Worten Bonse-Geukings habe die BP in den vergangenen Monaten an die 100 Angebote verschickt, letztendlich aber nur drei Verträge über kleinere Mengen abgeschlossen. Die Forderung des Konzerns für die künftige Wettbewerbsbehörde im Energiesektor skizziert Bonse-Geuking so: „Wir erwarten, dass ein Regulator ein transaktions-unabhängiges System einrichtet, eine durchgreifende Trennung des Netzbetriebes von den Vertriebs- und Handelsaktivitäten erreicht wird sowie ein zentraler, unabhängiger Systemdienstleister für den Netzbetrieb installiert wird.“
Das klingt nach starkem Tobak: Wie Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, dem nach bisherigen Erkenntnissen eher eine Verbändevereinbarung light für die Regulierungsbehörde vorschwebt, darauf reagiert, dürfte nicht nur in der Hamburger BP-Zentrale mit Spannung erwartet werden.
Angst, dass er mit seinen vollmundigen Ankündigungen Schiffbruch erleidet (Original-Ton: „Wir sind keine Hochstapler“), hat Bonse-Geuking überhaupt nicht: „Wir verfügen jederzeit überausreichende Mengen, die wir einkaufen und handeln können.“ Dabei verweist er auf Potenziale des BP-Konzerns in der Nordsee, in Russland, in Algerien und im Nil-Delta. Außerdem verfüge BP den Zugriff auf große Menge verflüssigtes Erdgas (LNG) aus der Karibik. „Ich bin mir sicher, dass das LNG seine Zukunft noch vor sich hat“, betont der BP-Chef, „wenn beispielsweise Großbritannien in zwei, drei Jahren Nettoimporteur beim Erdgas wird, dann steigt die Attraktivität vom LNG.“
Neben dem Kraft- und Schmierstoffgeschäft, bei dem BP dank der Übernahme von Veba Öl und Aral zum bundesweiten Marktführer avanciert ist, setzt der Öl- und Gaskonzern auch weiter auf die Solarenergie. Mit einem Anteil von 17 Prozent auf dem Weltmarkt und über 20 Prozent in Deutschland gehört BP auch im Solargeschäft zu den Marktführern. Um auch in diesem Bereich weitere Marktanteile zu gewinnen, setzt BP nicht nur auf eine neu entwickelte Zelle mit einem Rekordwirkungsgrad von 18,3 Prozent, sondern vor allem auf die Integration seiner Solarmodule bei der Sanierung von Flachdächern. Außerdem zählt BP auf Kooperationen mit VW oder Lufthansa, die Solarkomponenten für ihre Fahrzeuge respektive Flieger einsetzen.
Kein Verständnis zeigte Bonse-Geuking auf die mittlerweile mehrmals erhobene Forderung aus Industriekreisen, bei der anstehenden Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes die Vergütung für Solarstrom zu verringern: „Photovoltaik ist ein absoluter Zukunftsmarkt, und es wäre falsch jetzt auf die Bremse zu treten.“
Samstag, 3.06.2023, 15:27 Uhr
Ralf Köpke
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