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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Vielversprechend, aber kein Selbstläufer
Quelle: Fotolia / nmann77
E&M Vor 20 Jahren

Vielversprechend, aber kein Selbstläufer

Schon vor 20 Jahren haben sich Stadtwerke intensiv mit neuen Geschäftsfeldern beschäftigt. Eine Option, die geprüft wurde, ist das Gebäudemanagement.
Es ist ein Dauerbrenner, der immer wieder heiß diskutiert wird: Geschäftsmodelle, die es Stadtwerken ermöglichen, sich zukunftsfähig aufzustellen. Heutzutage geht es in erster Linie um digitale Produkte und Dienstleistungen, auch um solche, die sich auf Liegenschaften beziehen. Als Energieversorger und Verteilnetzbetreiber haben die kommunalen Unternehmen ohnehin bereits den Zugang zum Kunden. Das haben Berater auch schon 2001 gesehen, wie damals E&M-Redakteur Armin Müller erfahren hat. Natürlich ging es damals weniger um Bits und Bytes, sondern eher um Dienstleistungen, die den örtlichen Handwerksbetrieben ein Dorn im Auge waren.
 
Neben Kooperationen und Beteiligungen ist der Aufbau von neuen Geschäftsfeldern eine oft gewählte Strategie kommunaler Versorger, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit auszubauen. Dabei rückt die Dienstleistung „Facility Management“ (FM) in den Blickpunkt der Stadtwerke-Chefs.
 
Einige sind damit erfolgreich, andere haben Schwierigkeiten, weiß man beim Beratungsunternehmen LBD. Was macht aus Sicht der kommunalen Unternehmen den Reiz des Facility Managements aus? Zum einen ist es der Markt selbst: Das Volumen des FM-Marktes in Deutschland wird auf rund 100 Mrd. DM/a geschätzt, und obwohl der Anteil der externen, bereits fremdvergebenen FM-Leistungen in den vergangenen Jahren beständig gestiegen ist, bleiben noch immer 47 % des Potenzials unerschlossen; das Gebäudemanagement ist nach wie vor ein Wachstumsmarkt. Gleichzeitig ist der Markt stark fragmentiert, selbst einer der größten Anbieter in Deutschland – die DeTe Immobilien – verfügt über einen Marktanteil von nicht einmal 3 %. Daher bestehen auch für Newcomer gute Einstiegschancen.

Und die Startbedingungen für den Markteintritt im Gebäudemanagement sind für die meisten Stadtwerke sehr gut: „Viele Stadtwerke verfügen über langjährige Erfahrung im Management der eigenen Immobilien, dem Warten von Anlagen und dem Erbringen von FM-Leistungen für die Kommune,“ erklärt Dr. Christof Schorsch von der Berliner LBD-Beratungsgesellschaft mbH, die in den vergangenen Jahren eine Reihe von Stadtwerken beim Aufbau neuer Geschäftsfelder beraten hat. „Die Stadtwerke verfügen daher sowohl über qualifiziertes Personal als auch über ein bereits existierendes FM-Geschäft, auf das aufgebaut werden kann“. Stadtwerke könnten so bestehenden Kunden zusätzliche Dienstleistungen anbieten und damit auch ins Umland expandieren.

Handwerker versuchen Markteintritt zu verhindern
 
Dass ein Stadtwerk im Facility Management erfolgreich sein kann, zeigten etwa die Stadtwerke Düsseldorf, die gemeinsam mit der Vivendi-Tochter Dalkia die Innovatio gründeten. Das Unternehmen, das Leistungen im Bereich des Gebäudemanagements anbietet, wurde rasch so erfolgreich, dass die örtlichen Handwerksbetriebe versuchten, Innovatio auf dem Gerichtsweg aus dem Markt zu drängen. Nun aber hat das OLG Düsseldorf den Stadtwerken Recht gegeben: Auch als kommunales Unternehmen dürften sie über ihr Tochterunternehmen im Facility Management aktiv sein. Ein möglicher Konflikt mit der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung wurde von dem Gericht als nicht so gravierend angesehen, da der Gemeindeordnung nur eine sehr geringe Bindewirkung zukomme und dem Aktienrecht hier Vorrang gebühre.

Doch trotz der guten Voraussetzungen ist den Stadtwerken der Erfolg im FM-Geschäft nicht garantiert. Einige von ihnen, die bereits vor Jahren Tochterunternehmen für das Gebäudemanagement gegründet haben, sind mit deren Entwicklung nicht zufrieden und überlegen, das Geschäft wieder einzustellen. Die Gründe für den Misserfolg im Facility Management sind dabei fast immer dieselben: ungenügende Kenntnis des Marktes, fehlende Strategie und zu geringe Marktorientierung bei den Mitarbeitern.

Um die Chancen des Marktes richtig zu nutzen, müssen zunächst der Markt analysiert, Wettbewerber identifiziert und die eigenen Stärken und Schwächen klar beschrieben sein. „Nur weil man als Stadtwerk bereits Fernwärme-Anlagen gewartet hat, kennt man sich noch lange nicht im FM-Geschäft aus!“, meint Berater Schorsch. „Facility Management umfasst eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Dienstleistungen, und ein Newcomer sollte sich genauestens darüber informieren, wie der für ihn neue Markt funktioniert, welche Dienstleistungen oder Dienstleistungspakete nachgefragt werden, wer die Wettbewerber sind und wie diese erfolgreich am Markt agieren“.

Die Mitarbeiter sind einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren
 
Das Fehlen einer Strategie oder das Nicht-Einpassen der FM-Strategie in die Gesamtstrategie des Stadtwerkes ist vielleicht der überraschendste Fehler, der von Seiten der Stadtwerke immer wieder gemacht wird. Losgelöst von der Ausrichtung des Kerngeschäfts macht ein Engagement im Facility Management jedoch kaum Sinn. Was nützen dem Stadtwerk FM-Kunden im Umland, wenn es sich bei der Versorgung mit Strom und Gas klar auf das angestammte Versorgungsgebiet beschränkt? Wie soll eine bestehende Kooperation mit örtlichen Handwerksbetrieben bei der Installation von Solaranlagen erfolgreich fortgesetzt werden, wenn denselben Unternehmen Konkurrenz durch die neue FM-Tochter des Stadtwerkes droht? Der Gang in ein neues Geschäftsfeld wie das Facility Management muss dem Stadtwerk einen strategischen Vorteil verschaffen, andernfalls sollte es prüfen, ob es nicht vorteilhafter wäre, sich von diesen Tätigkeiten komplett zu trennen.

Die vielleicht schwierigste Frage bei der Planung des Markteintritts ist die nach den Mitarbeitern. Sind die existierenden Mitarbeiter sowohl fachlich kompetent – dies ist meist der Fall – als auch in der Lage, marktorientiert ihre Leistung zu verkaufen? Der Wechsel beispielsweise von der internen technischen Abteilung des Stadtwerkes in ein Facility Management-Unternehmen, das seine Leistungen im Wettbewerb zu anderen Dienstleistern anbietet, bringt einen gewaltigen Unterschied in den Kulturen mit sich, der zunächst oft unterschätzt wird. Insbesondere die Führungskräfte müssen vertriebs- und wettbewerbsorientiert denken und handeln. Manchmal kann die neue Ausrichtung nach innen wie nach außen nur durch eine neue Führungskraft glaubhaft vermittelt werden.

Dass sich ein Engagement im Facility Management für Stadtwerke lohnen kann, steht dabei außer Frage. Mit einem klaren Konzept und einer marktgerechten Umsetzung kann das Gebäudemanagement ein wichtiger Baustein im Rahmen einer erfolgreichen Wachstums-Strategie sein.
 

Freitag, 5.11.2021, 11:02 Uhr
Armin Müller und Fritz Wilhelm
Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Vielversprechend, aber kein Selbstläufer
Quelle: Fotolia / nmann77
E&M Vor 20 Jahren
Vielversprechend, aber kein Selbstläufer
Schon vor 20 Jahren haben sich Stadtwerke intensiv mit neuen Geschäftsfeldern beschäftigt. Eine Option, die geprüft wurde, ist das Gebäudemanagement.
Es ist ein Dauerbrenner, der immer wieder heiß diskutiert wird: Geschäftsmodelle, die es Stadtwerken ermöglichen, sich zukunftsfähig aufzustellen. Heutzutage geht es in erster Linie um digitale Produkte und Dienstleistungen, auch um solche, die sich auf Liegenschaften beziehen. Als Energieversorger und Verteilnetzbetreiber haben die kommunalen Unternehmen ohnehin bereits den Zugang zum Kunden. Das haben Berater auch schon 2001 gesehen, wie damals E&M-Redakteur Armin Müller erfahren hat. Natürlich ging es damals weniger um Bits und Bytes, sondern eher um Dienstleistungen, die den örtlichen Handwerksbetrieben ein Dorn im Auge waren.
 
Neben Kooperationen und Beteiligungen ist der Aufbau von neuen Geschäftsfeldern eine oft gewählte Strategie kommunaler Versorger, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit auszubauen. Dabei rückt die Dienstleistung „Facility Management“ (FM) in den Blickpunkt der Stadtwerke-Chefs.
 
Einige sind damit erfolgreich, andere haben Schwierigkeiten, weiß man beim Beratungsunternehmen LBD. Was macht aus Sicht der kommunalen Unternehmen den Reiz des Facility Managements aus? Zum einen ist es der Markt selbst: Das Volumen des FM-Marktes in Deutschland wird auf rund 100 Mrd. DM/a geschätzt, und obwohl der Anteil der externen, bereits fremdvergebenen FM-Leistungen in den vergangenen Jahren beständig gestiegen ist, bleiben noch immer 47 % des Potenzials unerschlossen; das Gebäudemanagement ist nach wie vor ein Wachstumsmarkt. Gleichzeitig ist der Markt stark fragmentiert, selbst einer der größten Anbieter in Deutschland – die DeTe Immobilien – verfügt über einen Marktanteil von nicht einmal 3 %. Daher bestehen auch für Newcomer gute Einstiegschancen.

Und die Startbedingungen für den Markteintritt im Gebäudemanagement sind für die meisten Stadtwerke sehr gut: „Viele Stadtwerke verfügen über langjährige Erfahrung im Management der eigenen Immobilien, dem Warten von Anlagen und dem Erbringen von FM-Leistungen für die Kommune,“ erklärt Dr. Christof Schorsch von der Berliner LBD-Beratungsgesellschaft mbH, die in den vergangenen Jahren eine Reihe von Stadtwerken beim Aufbau neuer Geschäftsfelder beraten hat. „Die Stadtwerke verfügen daher sowohl über qualifiziertes Personal als auch über ein bereits existierendes FM-Geschäft, auf das aufgebaut werden kann“. Stadtwerke könnten so bestehenden Kunden zusätzliche Dienstleistungen anbieten und damit auch ins Umland expandieren.

Handwerker versuchen Markteintritt zu verhindern
 
Dass ein Stadtwerk im Facility Management erfolgreich sein kann, zeigten etwa die Stadtwerke Düsseldorf, die gemeinsam mit der Vivendi-Tochter Dalkia die Innovatio gründeten. Das Unternehmen, das Leistungen im Bereich des Gebäudemanagements anbietet, wurde rasch so erfolgreich, dass die örtlichen Handwerksbetriebe versuchten, Innovatio auf dem Gerichtsweg aus dem Markt zu drängen. Nun aber hat das OLG Düsseldorf den Stadtwerken Recht gegeben: Auch als kommunales Unternehmen dürften sie über ihr Tochterunternehmen im Facility Management aktiv sein. Ein möglicher Konflikt mit der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung wurde von dem Gericht als nicht so gravierend angesehen, da der Gemeindeordnung nur eine sehr geringe Bindewirkung zukomme und dem Aktienrecht hier Vorrang gebühre.

Doch trotz der guten Voraussetzungen ist den Stadtwerken der Erfolg im FM-Geschäft nicht garantiert. Einige von ihnen, die bereits vor Jahren Tochterunternehmen für das Gebäudemanagement gegründet haben, sind mit deren Entwicklung nicht zufrieden und überlegen, das Geschäft wieder einzustellen. Die Gründe für den Misserfolg im Facility Management sind dabei fast immer dieselben: ungenügende Kenntnis des Marktes, fehlende Strategie und zu geringe Marktorientierung bei den Mitarbeitern.

Um die Chancen des Marktes richtig zu nutzen, müssen zunächst der Markt analysiert, Wettbewerber identifiziert und die eigenen Stärken und Schwächen klar beschrieben sein. „Nur weil man als Stadtwerk bereits Fernwärme-Anlagen gewartet hat, kennt man sich noch lange nicht im FM-Geschäft aus!“, meint Berater Schorsch. „Facility Management umfasst eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Dienstleistungen, und ein Newcomer sollte sich genauestens darüber informieren, wie der für ihn neue Markt funktioniert, welche Dienstleistungen oder Dienstleistungspakete nachgefragt werden, wer die Wettbewerber sind und wie diese erfolgreich am Markt agieren“.

Die Mitarbeiter sind einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren
 
Das Fehlen einer Strategie oder das Nicht-Einpassen der FM-Strategie in die Gesamtstrategie des Stadtwerkes ist vielleicht der überraschendste Fehler, der von Seiten der Stadtwerke immer wieder gemacht wird. Losgelöst von der Ausrichtung des Kerngeschäfts macht ein Engagement im Facility Management jedoch kaum Sinn. Was nützen dem Stadtwerk FM-Kunden im Umland, wenn es sich bei der Versorgung mit Strom und Gas klar auf das angestammte Versorgungsgebiet beschränkt? Wie soll eine bestehende Kooperation mit örtlichen Handwerksbetrieben bei der Installation von Solaranlagen erfolgreich fortgesetzt werden, wenn denselben Unternehmen Konkurrenz durch die neue FM-Tochter des Stadtwerkes droht? Der Gang in ein neues Geschäftsfeld wie das Facility Management muss dem Stadtwerk einen strategischen Vorteil verschaffen, andernfalls sollte es prüfen, ob es nicht vorteilhafter wäre, sich von diesen Tätigkeiten komplett zu trennen.

Die vielleicht schwierigste Frage bei der Planung des Markteintritts ist die nach den Mitarbeitern. Sind die existierenden Mitarbeiter sowohl fachlich kompetent – dies ist meist der Fall – als auch in der Lage, marktorientiert ihre Leistung zu verkaufen? Der Wechsel beispielsweise von der internen technischen Abteilung des Stadtwerkes in ein Facility Management-Unternehmen, das seine Leistungen im Wettbewerb zu anderen Dienstleistern anbietet, bringt einen gewaltigen Unterschied in den Kulturen mit sich, der zunächst oft unterschätzt wird. Insbesondere die Führungskräfte müssen vertriebs- und wettbewerbsorientiert denken und handeln. Manchmal kann die neue Ausrichtung nach innen wie nach außen nur durch eine neue Führungskraft glaubhaft vermittelt werden.

Dass sich ein Engagement im Facility Management für Stadtwerke lohnen kann, steht dabei außer Frage. Mit einem klaren Konzept und einer marktgerechten Umsetzung kann das Gebäudemanagement ein wichtiger Baustein im Rahmen einer erfolgreichen Wachstums-Strategie sein.
 

Freitag, 5.11.2021, 11:02 Uhr
Armin Müller und Fritz Wilhelm

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