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Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

"Viele machen große Augen"

Eine Stadtwerketochter bietet Stadtwerken eine digitale Plattform, die den gesamten Kundenlebenszyklus abbildet. Mandy Schwerendt erläutert, was es damit auf sich hat.
E&M: Frau Schwerendt, Lynqtech hat eine Plattform geschaffen, um eine vollständige Customer Journey abzubilden. Dazu muss sie aber erst einmal mit Daten gefüttert werden. Wie gut ist die Datenbasis, die Sie üblicherweise vorfinden?

Schwerendt: Viele Stadtwerke wissen gar nicht, welche Daten sie überhaupt zur Verfügung haben, weil sie bisher nicht die Möglichkeit hatten, sie zu analysieren und zu verknüpfen. Andere sammeln zwar Daten, können sie aber nicht strukturieren und verknüpfen. Viele machen dann große Augen, wenn sie sehen, was alles schon möglich ist und welche Informationen man in kurzer Zeit aus den Daten ziehen kann.
 
„Qualitative Daten gehören zum Gesamtbild“
 
E&M: Meist geht es ja dabei um quantitative Daten wie den Verbrauch, den Rechnungsbetrag oder die Anzahl der Anrufe im Kundencenter. Wie verhält es sich mit qualitativen Daten?

Schwerendt: Zum Gesamtbild des Kunden gehören natürlich auch qualitative Daten wie Präferenzen, Einstellungen und Interessen, die man aus Gesprächen oder Reaktionen auf bestimmte Maßnahmen ermitteln kann. Man kann zum Beispiel anhand von Blog-Beiträgen oder Newslettern testen, was den Kunden interessiert. Gleichzeitig bekommt man dabei Aufschluss darüber, welche Themen in der Breite auf Interesse stoßen und welche nur individuell relevant sind. Solche Informationen fließen ebenfalls in die Plattform ein.

E&M: Sie betonen die Bedeutung des End-to-End-Prozesses. Wo ist der Anfang, wo das Ende?

Schwerendt: Wie wurde der Kunde gewonnen − das ist der erste Ansatzpunkt. Daraus lassen sich Rückschlüsse ziehen, mit welchen Maßnahmen er gehalten werden kann oder auch, wenn er gekündigt hat, wiedergewonnen werden kann. Und selbst wenn er kündigt, kann man ihn dabei begleiten und schon mit entsprechender Kommunikation die Grundlage für eine Rückkehr legen. Der Energieversorger sollte ganz klar die Interaktion mit dem Kunden in den Mittelpunkt stellen und nicht den Zählpunkt.

E&M: Einem Newsletter kann der Kunde ausweichen, einen Blog-Beitrag kann er ignorieren, seine Rechnung nicht. Das müsste doch ein guter Ansatzpunkt sein, um mit dem Kunden zu interagieren.
 
Lynqtech-Geschäftsführerin Mandy Schwerendt
Quelle: Lynqtech

Schwerendt: Wir haben einmal das Potenzial der Rechnung untersucht und festgestellt, dass den Kunden vor allem interessiert, ob er etwas nachzahlen muss oder ob er ein Guthaben hat. Kaum jemand achtet auf die weiteren Inhalte der Rechnung. Deshalb halte ich es nicht für zielführend, erst bei der Rechnung anzusetzen. Man könnte den Kunden beispielsweise dazu ermuntern, seinen Verbrauch regelmäßig zu ermitteln, auch wenn er noch keinen Smart Meter hat, und ihm dann Empfehlungen zur Anpassung der monatlichen Abschlagszahlung geben, damit er am Ende keine Nachzahlung hat. Wir haben schon oft die Rückmeldung bekommen, dass die Kunden lieber etwas höhere Abschläge zahlen und dafür am Ende keine böse Überraschung erleben.
 
„Chance, trotz Preisanpassung die Kunden zu binden“
 
E&M: Angesichts der Turbulenzen am Beschaffungsmarkt sind Preisanpassungen abzusehen. Sehen Sie die Gefahr, dass Stadtwerke in dieser Situation viele Kunden verlieren, möglicherweise an die großen Konzerne?

Schwerendt: An die großen Konzerne vielleicht, an die Billiganbieter sicherlich nicht. Man hat ja in den vergangenen Wochen gesehen, dass eine Reihe von ihnen pleitegegangen ist. Ich sehe für die Stadtwerke jetzt aber vielmehr die Chance, trotz Preisanpassung die Kunden zu binden. Es überlegen derzeit viele Häuser, mit welchen Maßnahmen sie Mehrwerte schaffen können, auch wenn sie die Preise erhöhen müssen.
 
„Nicht zielführend, erst bei der Rechnung anzusetzen“
 
E&M: Welche Maßnahmen könnten das sein?

Schwerendt: Sie könnten den Kunden im Rahmen eines Partnernetzwerks in der Region Angebote machen. Kombiangebote mit Partnern aus der regionalen Wirtschaft sind denkbar. Das geht aber nur mit einer digitalen Basis wie unserer Plattform, die alle dafür notwendigen Prozesse abbildet.

E&M: Gibt es noch Potenzial, die Kosten durch eine interne Digitalisierung zu reduzieren und so für den Kunden die notwendigen Preiserhöhungen etwas abzufedern?

Schwerendt: Wir stellen immer wieder fest, dass sich Stadtwerke nicht fragen, wie sich ihre Cost to Serve entwickeln werden und wie sie die interne Effizienz noch weiter erhöhen können. Das ist wirklich überraschend. Zugegebenermaßen ist es allerdings auch schwierig, den gesamten Lebenszyklus eines Kunden zu erfassen und abzubilden. Aber gerade das wollen wir ja mit unserer Plattform erreichen. Daneben sollten die Unternehmen jedoch unbedingt überlegen, wie sie den Selfservice des Kunden stärken können. Denn der Kunde soll in der Interaktion mit dem Stadtwerk so viel wie möglich selbst machen. Auch das erhöht die Effizienz.

E&M: … und vielleicht auch die Fehleranfälligkeit von Prozessen und Daten? Er könnte frustriert einen Prozess abrechnen oder an irgendeiner Stelle falsche Daten eingeben.

Schwerendt: Die Gefahr besteht. Aber man kann ihn vieles selbst machen lassen und trotzdem dabei begleiten. Etwa bei der Zählerablesung. Unserer Erfahrung nach verwechseln viele Kunden Zählernummer und Zählerstand. Man kann online, bevor der Endkunde die Zahlen eingibt, fragen, ob er sich unsicher ist, und ihm eine Grafik anbieten, die zeigt, wo er den Zählerstand findet. Wir bieten unseren Partnern auch an, das Kundenverhalten anonymisiert zu tracken, um herauszufinden, ob die Endkunden immer an bestimmten Stellen hin und her springen. Dann hat man eine Indikation dafür, dass ein Schritt nicht selbsterklärend ist. Man kann sogar noch eine Umfrage obendrauf setzen, um noch mehr Gewissheit zu bekommen.

E&M: Das bedeutet, das Kundencenter wird schon bald ausgedient haben?

Schwerendt: Das glaube ich nicht, denn es gibt immer noch Kunden − vorwiegend Menschen höheren Alters −, die gerne ins Kundencenter gehen und sich von Mitarbeitern beraten lassen. Man könnte allerdings bei dieser Gelegenheit gemeinsam zuerst das Anliegen klären und dann den Kunden darauf hinweisen, dass es einen digitalen Prozess gibt. So nach dem Motto: ‚Lassen Sie uns die Schritte mal gemeinsam durchgehen. Ich erklär Ihnen das und wenn Sie das in Zukunft so machen, haben Sie noch eine Ersparnis von 20 Euro.‘
 
„Es kommt auf den finanziellen Anreiz an“
 
E&M: Dann stellt sich die Frage, wie man die Mitarbeiter schult, damit die Digitalisierungsoffensive auch tatsächlich greift.

Schwerendt: Es kommt sicherlich viel auf das Geschick der Mitarbeiter an, aber natürlich auch auf den finanziellen Anreiz für den Endkunden. Aber das kann man testen. Und am Ende erweist es sich vielleicht als sinnvoll, bestimmte Kunden tatsächlich noch im Kundencenter zu betreuen und ihnen eine Rechnung auf Papier zu schicken. Das ist überhaupt unser wesentlicher Ansatzpunkt: Wir wollen mit der Plattform die Stadtwerke in die Lage versetzen, bestimmte Prozesse schnell anzulegen und am Markt zu testen. Wir wollen ihnen Flexibilität geben, auf jeder Stufe der Customer Journey etwas auszuprobieren. Das war auch unsere eigene Motivation, die Plattform zu schaffen. Weil wir früher gemerkt haben, dass uns selbst die Möglichkeiten fehlen, etwas auszuprobieren und schnell umzusetzen.

E&M: Andere Plattformbetreiber nehmen das allerdings für sich ebenfalls in Anspruch und mit SAP haben Sie einen Konkurrenten, der schon seit Jahren den Markt dominiert.

Schwerendt: SAP hat den End-to-End-Prozess nicht so im Blick wie wir, eher den Fokus auf der Abrechnung. Deshalb sind wir nicht ohne Weiteres vergleichbar. Aber unserer Erfahrung nach suchen mehr und mehr Stadtwerke nach einer Alternative zu SAP, weil sie gerade erkennen, was es bringt, den Lebenszyklus eines Kunden als einen integrierten Prozess zu betrachten, von der Kundengewinnung über die Abrechnung bis zur Vertragsverlängerung und, wenn es sein muss, bis zur Kündigung. Und wir wollen natürlich die Kunden, die heute bei SAP sind, für uns gewinnen. Wir kommen ja auch selbst aus der SAP-Welt und haben dann eine eigene Lösung geschaffen, da wir bestimmte Dinge nicht umsetzen konnten.

E&M: Spüren Sie im Markt, dass die S/4HANA-Umstellung die Stadtwerke im Moment sehr beschäftigt?

Schwerendt: Ja, wir sehen, dass viele Stadtwerke derzeit eine Art Markterkundung machen. Das nehmen wir sehr wohl wahr. Aus meiner Sicht wird das auch 2022 und 2023 noch sein. In diesen beiden Jahren werden an vielen Stellen im Markt die Weichen gestellt.

Zur Person:
Mandy Schwerendt ist Geschäftsführerin der Lynqtech GmbH, die 2020 aus der Enercity AG, dem kommunalen Energieversorger in Hannover, ausgegründet wurde. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und Stationen in der Luftfahrtindustrie leitete sie bei Enercity den Bereich Businessanalyse und IT-Portfoliomanagement. Anschließend war sie als Referentin für Unternehmensstrategie für den Vorstand des Unternehmens tätig. Bis Mitte 2020 verantwortete sie die strategische Neuaufstellung des B2C-Vertriebs und damit auch die Entwicklung der digitalen Vertriebsplattform, die heute durch Lynqtech weiterentwickelt und vertrieben wird.

Montag, 14.02.2022, 08:10 Uhr
Fritz Wilhelm
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Quelle: E&M
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"Viele machen große Augen"
Eine Stadtwerketochter bietet Stadtwerken eine digitale Plattform, die den gesamten Kundenlebenszyklus abbildet. Mandy Schwerendt erläutert, was es damit auf sich hat.
E&M: Frau Schwerendt, Lynqtech hat eine Plattform geschaffen, um eine vollständige Customer Journey abzubilden. Dazu muss sie aber erst einmal mit Daten gefüttert werden. Wie gut ist die Datenbasis, die Sie üblicherweise vorfinden?

Schwerendt: Viele Stadtwerke wissen gar nicht, welche Daten sie überhaupt zur Verfügung haben, weil sie bisher nicht die Möglichkeit hatten, sie zu analysieren und zu verknüpfen. Andere sammeln zwar Daten, können sie aber nicht strukturieren und verknüpfen. Viele machen dann große Augen, wenn sie sehen, was alles schon möglich ist und welche Informationen man in kurzer Zeit aus den Daten ziehen kann.
 
„Qualitative Daten gehören zum Gesamtbild“
 
E&M: Meist geht es ja dabei um quantitative Daten wie den Verbrauch, den Rechnungsbetrag oder die Anzahl der Anrufe im Kundencenter. Wie verhält es sich mit qualitativen Daten?

Schwerendt: Zum Gesamtbild des Kunden gehören natürlich auch qualitative Daten wie Präferenzen, Einstellungen und Interessen, die man aus Gesprächen oder Reaktionen auf bestimmte Maßnahmen ermitteln kann. Man kann zum Beispiel anhand von Blog-Beiträgen oder Newslettern testen, was den Kunden interessiert. Gleichzeitig bekommt man dabei Aufschluss darüber, welche Themen in der Breite auf Interesse stoßen und welche nur individuell relevant sind. Solche Informationen fließen ebenfalls in die Plattform ein.

E&M: Sie betonen die Bedeutung des End-to-End-Prozesses. Wo ist der Anfang, wo das Ende?

Schwerendt: Wie wurde der Kunde gewonnen − das ist der erste Ansatzpunkt. Daraus lassen sich Rückschlüsse ziehen, mit welchen Maßnahmen er gehalten werden kann oder auch, wenn er gekündigt hat, wiedergewonnen werden kann. Und selbst wenn er kündigt, kann man ihn dabei begleiten und schon mit entsprechender Kommunikation die Grundlage für eine Rückkehr legen. Der Energieversorger sollte ganz klar die Interaktion mit dem Kunden in den Mittelpunkt stellen und nicht den Zählpunkt.

E&M: Einem Newsletter kann der Kunde ausweichen, einen Blog-Beitrag kann er ignorieren, seine Rechnung nicht. Das müsste doch ein guter Ansatzpunkt sein, um mit dem Kunden zu interagieren.
 
Lynqtech-Geschäftsführerin Mandy Schwerendt
Quelle: Lynqtech

Schwerendt: Wir haben einmal das Potenzial der Rechnung untersucht und festgestellt, dass den Kunden vor allem interessiert, ob er etwas nachzahlen muss oder ob er ein Guthaben hat. Kaum jemand achtet auf die weiteren Inhalte der Rechnung. Deshalb halte ich es nicht für zielführend, erst bei der Rechnung anzusetzen. Man könnte den Kunden beispielsweise dazu ermuntern, seinen Verbrauch regelmäßig zu ermitteln, auch wenn er noch keinen Smart Meter hat, und ihm dann Empfehlungen zur Anpassung der monatlichen Abschlagszahlung geben, damit er am Ende keine Nachzahlung hat. Wir haben schon oft die Rückmeldung bekommen, dass die Kunden lieber etwas höhere Abschläge zahlen und dafür am Ende keine böse Überraschung erleben.
 
„Chance, trotz Preisanpassung die Kunden zu binden“
 
E&M: Angesichts der Turbulenzen am Beschaffungsmarkt sind Preisanpassungen abzusehen. Sehen Sie die Gefahr, dass Stadtwerke in dieser Situation viele Kunden verlieren, möglicherweise an die großen Konzerne?

Schwerendt: An die großen Konzerne vielleicht, an die Billiganbieter sicherlich nicht. Man hat ja in den vergangenen Wochen gesehen, dass eine Reihe von ihnen pleitegegangen ist. Ich sehe für die Stadtwerke jetzt aber vielmehr die Chance, trotz Preisanpassung die Kunden zu binden. Es überlegen derzeit viele Häuser, mit welchen Maßnahmen sie Mehrwerte schaffen können, auch wenn sie die Preise erhöhen müssen.
 
„Nicht zielführend, erst bei der Rechnung anzusetzen“
 
E&M: Welche Maßnahmen könnten das sein?

Schwerendt: Sie könnten den Kunden im Rahmen eines Partnernetzwerks in der Region Angebote machen. Kombiangebote mit Partnern aus der regionalen Wirtschaft sind denkbar. Das geht aber nur mit einer digitalen Basis wie unserer Plattform, die alle dafür notwendigen Prozesse abbildet.

E&M: Gibt es noch Potenzial, die Kosten durch eine interne Digitalisierung zu reduzieren und so für den Kunden die notwendigen Preiserhöhungen etwas abzufedern?

Schwerendt: Wir stellen immer wieder fest, dass sich Stadtwerke nicht fragen, wie sich ihre Cost to Serve entwickeln werden und wie sie die interne Effizienz noch weiter erhöhen können. Das ist wirklich überraschend. Zugegebenermaßen ist es allerdings auch schwierig, den gesamten Lebenszyklus eines Kunden zu erfassen und abzubilden. Aber gerade das wollen wir ja mit unserer Plattform erreichen. Daneben sollten die Unternehmen jedoch unbedingt überlegen, wie sie den Selfservice des Kunden stärken können. Denn der Kunde soll in der Interaktion mit dem Stadtwerk so viel wie möglich selbst machen. Auch das erhöht die Effizienz.

E&M: … und vielleicht auch die Fehleranfälligkeit von Prozessen und Daten? Er könnte frustriert einen Prozess abrechnen oder an irgendeiner Stelle falsche Daten eingeben.

Schwerendt: Die Gefahr besteht. Aber man kann ihn vieles selbst machen lassen und trotzdem dabei begleiten. Etwa bei der Zählerablesung. Unserer Erfahrung nach verwechseln viele Kunden Zählernummer und Zählerstand. Man kann online, bevor der Endkunde die Zahlen eingibt, fragen, ob er sich unsicher ist, und ihm eine Grafik anbieten, die zeigt, wo er den Zählerstand findet. Wir bieten unseren Partnern auch an, das Kundenverhalten anonymisiert zu tracken, um herauszufinden, ob die Endkunden immer an bestimmten Stellen hin und her springen. Dann hat man eine Indikation dafür, dass ein Schritt nicht selbsterklärend ist. Man kann sogar noch eine Umfrage obendrauf setzen, um noch mehr Gewissheit zu bekommen.

E&M: Das bedeutet, das Kundencenter wird schon bald ausgedient haben?

Schwerendt: Das glaube ich nicht, denn es gibt immer noch Kunden − vorwiegend Menschen höheren Alters −, die gerne ins Kundencenter gehen und sich von Mitarbeitern beraten lassen. Man könnte allerdings bei dieser Gelegenheit gemeinsam zuerst das Anliegen klären und dann den Kunden darauf hinweisen, dass es einen digitalen Prozess gibt. So nach dem Motto: ‚Lassen Sie uns die Schritte mal gemeinsam durchgehen. Ich erklär Ihnen das und wenn Sie das in Zukunft so machen, haben Sie noch eine Ersparnis von 20 Euro.‘
 
„Es kommt auf den finanziellen Anreiz an“
 
E&M: Dann stellt sich die Frage, wie man die Mitarbeiter schult, damit die Digitalisierungsoffensive auch tatsächlich greift.

Schwerendt: Es kommt sicherlich viel auf das Geschick der Mitarbeiter an, aber natürlich auch auf den finanziellen Anreiz für den Endkunden. Aber das kann man testen. Und am Ende erweist es sich vielleicht als sinnvoll, bestimmte Kunden tatsächlich noch im Kundencenter zu betreuen und ihnen eine Rechnung auf Papier zu schicken. Das ist überhaupt unser wesentlicher Ansatzpunkt: Wir wollen mit der Plattform die Stadtwerke in die Lage versetzen, bestimmte Prozesse schnell anzulegen und am Markt zu testen. Wir wollen ihnen Flexibilität geben, auf jeder Stufe der Customer Journey etwas auszuprobieren. Das war auch unsere eigene Motivation, die Plattform zu schaffen. Weil wir früher gemerkt haben, dass uns selbst die Möglichkeiten fehlen, etwas auszuprobieren und schnell umzusetzen.

E&M: Andere Plattformbetreiber nehmen das allerdings für sich ebenfalls in Anspruch und mit SAP haben Sie einen Konkurrenten, der schon seit Jahren den Markt dominiert.

Schwerendt: SAP hat den End-to-End-Prozess nicht so im Blick wie wir, eher den Fokus auf der Abrechnung. Deshalb sind wir nicht ohne Weiteres vergleichbar. Aber unserer Erfahrung nach suchen mehr und mehr Stadtwerke nach einer Alternative zu SAP, weil sie gerade erkennen, was es bringt, den Lebenszyklus eines Kunden als einen integrierten Prozess zu betrachten, von der Kundengewinnung über die Abrechnung bis zur Vertragsverlängerung und, wenn es sein muss, bis zur Kündigung. Und wir wollen natürlich die Kunden, die heute bei SAP sind, für uns gewinnen. Wir kommen ja auch selbst aus der SAP-Welt und haben dann eine eigene Lösung geschaffen, da wir bestimmte Dinge nicht umsetzen konnten.

E&M: Spüren Sie im Markt, dass die S/4HANA-Umstellung die Stadtwerke im Moment sehr beschäftigt?

Schwerendt: Ja, wir sehen, dass viele Stadtwerke derzeit eine Art Markterkundung machen. Das nehmen wir sehr wohl wahr. Aus meiner Sicht wird das auch 2022 und 2023 noch sein. In diesen beiden Jahren werden an vielen Stellen im Markt die Weichen gestellt.

Zur Person:
Mandy Schwerendt ist Geschäftsführerin der Lynqtech GmbH, die 2020 aus der Enercity AG, dem kommunalen Energieversorger in Hannover, ausgegründet wurde. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und Stationen in der Luftfahrtindustrie leitete sie bei Enercity den Bereich Businessanalyse und IT-Portfoliomanagement. Anschließend war sie als Referentin für Unternehmensstrategie für den Vorstand des Unternehmens tätig. Bis Mitte 2020 verantwortete sie die strategische Neuaufstellung des B2C-Vertriebs und damit auch die Entwicklung der digitalen Vertriebsplattform, die heute durch Lynqtech weiterentwickelt und vertrieben wird.

Montag, 14.02.2022, 08:10 Uhr
Fritz Wilhelm

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