E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Smart Grids - Verteilnetzausbau mit Smart Metern optimieren
Quelle: Fotolia / Ben Chams
Smart Grids

Verteilnetzausbau mit Smart Metern optimieren

Auf der Tagung „Zukünftige Stromnetze 2023“ standen Chancen und Hürden des Smart-Meter-Rollouts im Fokus von Politik und Praxis. Bessere Netzüberwachung kann den Ausbau optimieren.
Noch sei das Verteilnetz eine „Black Box“, über die zu wenig bekannt ist. Darin waren sich Vertreter von Forschung und Technik auf der Berliner Tagung „Zukünftige Stromnetze 2023“ einig. Um zu wissen, wo und wann besonders viel Leistung abgefordert wird, benötigen die Netzbetreiber genauere Informationen. Dafür sei der Smart-Meter-Rollout unerlässlich. Dies gelte um so mehr, wenn an die Verteilnetze immer mehr zeitweilige Erzeuger wie Dachsolaranlagen und größere Verbraucher in Haushalten wie Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen angeschlossen werden.

Reform des Rollout-Gesetzes bis Mai 2023

Bisher blieb der Rollout intelligenter Messeinrichtungen in Deutschland vielfach stecken, weil die gesetzlichen Anforderungen zu restriktiv waren. Daher hatte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) Ende 2022 einen Neustart mit vereinfachten Regeln angeschoben. Dieser solle laut Plan bis Mitte Mai dieses Jahres alle Schritte des Gesetzgebungsverfahrens durchlaufen haben, kündigte Jury von Allesch, Referent im BMWK, an. Für die weitere Ausgestaltung sei dann nicht mehr das Bundesamt für Informationssicherheit, sondern die Bundesnetzagentur zuständig, was praxisnäher sei.

Damit solle der Rollout sofort möglich sein, auch steuerbare Messeinrichtungen erlaubt werden und weitere Anpassungen durch Updates erfolgen, sagte Allesch. Auch das Warten auf drei zertifizierte Hersteller habe damit ein Ende. Smart Meter dürften auch für einen Verbrauch bis 100.000 kWh pro Jahr verbaut werden. Ziel für 2025 sei eine Abdeckung mit den neuen Zählern von 20 Prozent bei kleinen und mittleren Erzeugern und Verbrauchern. Die gleiche Quote solle für große Anschlüsse bis 2028 erreicht werden, so der Gesetzentwurf.

Praxisbericht zur Netzdigitalisierung

Aus Krefeld berichtete Kristof Kamps, Teamleiter Technologien & Standards der Netzgesellschaft Niederrhein (NGN) von den Erfahrungen einer vollständigen Digitalisierung eines Niederspannungsnetzes. „Bisher waren wir im Netz im Blindflug“, schilderte er die Situation zuvor. Durch die Ausstattung von 70 Prozent aller Ortsnetztrafos mit digitalen Messeinrichtungen gewann sein Team erstmals verlässliche Daten zur Netzbelastung, erläuterte Kamps.

Damit sei es möglich, die Stellen zu identifizieren, wo Netzausbau tatsächlich nötig ist. Auch könnten die Netze stärker belastet werden, als zuvor angenommen, nannte Kamps als Erkenntnis. Dank der digitalen Daten könnten Anträge auf Neuanschluss von PV-Anlagen, Wallboxen fürs Elektroauto oder Wärmepumpen schneller beschieden werden, weil der Techniker „auf Knopfdruck“ sehen könne, ob dafür noch Platz im betreffenden Netzabschnitt ist. Für die Zukunft sei auch eine Steuerung größerer Erzeuger oder Verbraucher im Netz wünschenswert, um den Ausbau nicht ausufern zu lassen, schloss Kamps.
 
Die Referenten zu Smart Metern auf der Stromnetztagung 2023 (v.li.o.n.re.u.) Jury von Allesch (BMWK) Alix von Haken (Flexqgrid), Niklas Joos (FfE) und Kristof Kamps (NGN)
Quelle: Conexio

Vorausschauendes Engpassmanagement im Test

Mit solcher Steuerung von Netzengpässen beschäftigte sich das Team von Alix von Haken, im Projekt „flexQgrid“ der Netze BW. Nach ihren Ergebnissen sei es möglich, als Basis Prognosemodelle für Verbrauch und Erzeugung aus der Mittelspannungsebene zu übernehmen. Wichtig wäre eine Standardisierung der Kundenschnittstellen mit dem Engpassmanagement, damit beide künftig auch automatisiert kommunizieren könnten, sagte von Haken. Die Smart Meter selbst müssten dafür ebenfalls in der Hardware besser interoperabel werden.

Auch Flex Q Grid kam zum Ergebnis, dass bei minutenschneller Reaktion digitaler Systeme auf Schwankungen im Netz mit weniger Ausbau mehr Versorgungssicherheit zu erreichen wäre. Um Verbraucher und Erzeuger steuerbar zu machen, sei es bei einigen Systemen wie PV-Anlagen nötig, aufzurüsten. Dagegen könnten vielleicht schon vorhandene Regeleinrichtungen von Batterien als Gateway eingesetzt werden, regte von Haken an.

Netzintegration bidirektionaler Elektrofahrzeuge

Niklas Jooss, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) berichtete von Simulationen, die verschiedene Anreize zu netzdienlichem Verhalten von Prosumern untersuchten. Demnach führten niedrige Strompreise und darauf ausgerichtetes Laden von E-Mobilen möglicherweise zu Netzüberlastungen, beispielsweise mittags. Höhere Netzentgelte würden kaum als Gegensteuerung greifen.

Daher sei die netzdienlichste und kostengünstigste Variante tatsächlich die Fernsteuerung der Be- und Entladung von E-Auto-Batterien durch den Netzbetreiber, so das Fazit der Untersuchungen, sagte Joos. Dafür werde gerade das Energiewirtschaftsgesetz (§14a) überarbeitet. Er zeigte sich überzeugt, dass dennoch die Fahrzeuge für die Nutzer immer genügend Ladung bereitstellen könnten für die nächste Fahrt.

Donnerstag, 26.01.2023, 15:44 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Smart Grids - Verteilnetzausbau mit Smart Metern optimieren
Quelle: Fotolia / Ben Chams
Smart Grids
Verteilnetzausbau mit Smart Metern optimieren
Auf der Tagung „Zukünftige Stromnetze 2023“ standen Chancen und Hürden des Smart-Meter-Rollouts im Fokus von Politik und Praxis. Bessere Netzüberwachung kann den Ausbau optimieren.
Noch sei das Verteilnetz eine „Black Box“, über die zu wenig bekannt ist. Darin waren sich Vertreter von Forschung und Technik auf der Berliner Tagung „Zukünftige Stromnetze 2023“ einig. Um zu wissen, wo und wann besonders viel Leistung abgefordert wird, benötigen die Netzbetreiber genauere Informationen. Dafür sei der Smart-Meter-Rollout unerlässlich. Dies gelte um so mehr, wenn an die Verteilnetze immer mehr zeitweilige Erzeuger wie Dachsolaranlagen und größere Verbraucher in Haushalten wie Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen angeschlossen werden.

Reform des Rollout-Gesetzes bis Mai 2023

Bisher blieb der Rollout intelligenter Messeinrichtungen in Deutschland vielfach stecken, weil die gesetzlichen Anforderungen zu restriktiv waren. Daher hatte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) Ende 2022 einen Neustart mit vereinfachten Regeln angeschoben. Dieser solle laut Plan bis Mitte Mai dieses Jahres alle Schritte des Gesetzgebungsverfahrens durchlaufen haben, kündigte Jury von Allesch, Referent im BMWK, an. Für die weitere Ausgestaltung sei dann nicht mehr das Bundesamt für Informationssicherheit, sondern die Bundesnetzagentur zuständig, was praxisnäher sei.

Damit solle der Rollout sofort möglich sein, auch steuerbare Messeinrichtungen erlaubt werden und weitere Anpassungen durch Updates erfolgen, sagte Allesch. Auch das Warten auf drei zertifizierte Hersteller habe damit ein Ende. Smart Meter dürften auch für einen Verbrauch bis 100.000 kWh pro Jahr verbaut werden. Ziel für 2025 sei eine Abdeckung mit den neuen Zählern von 20 Prozent bei kleinen und mittleren Erzeugern und Verbrauchern. Die gleiche Quote solle für große Anschlüsse bis 2028 erreicht werden, so der Gesetzentwurf.

Praxisbericht zur Netzdigitalisierung

Aus Krefeld berichtete Kristof Kamps, Teamleiter Technologien & Standards der Netzgesellschaft Niederrhein (NGN) von den Erfahrungen einer vollständigen Digitalisierung eines Niederspannungsnetzes. „Bisher waren wir im Netz im Blindflug“, schilderte er die Situation zuvor. Durch die Ausstattung von 70 Prozent aller Ortsnetztrafos mit digitalen Messeinrichtungen gewann sein Team erstmals verlässliche Daten zur Netzbelastung, erläuterte Kamps.

Damit sei es möglich, die Stellen zu identifizieren, wo Netzausbau tatsächlich nötig ist. Auch könnten die Netze stärker belastet werden, als zuvor angenommen, nannte Kamps als Erkenntnis. Dank der digitalen Daten könnten Anträge auf Neuanschluss von PV-Anlagen, Wallboxen fürs Elektroauto oder Wärmepumpen schneller beschieden werden, weil der Techniker „auf Knopfdruck“ sehen könne, ob dafür noch Platz im betreffenden Netzabschnitt ist. Für die Zukunft sei auch eine Steuerung größerer Erzeuger oder Verbraucher im Netz wünschenswert, um den Ausbau nicht ausufern zu lassen, schloss Kamps.
 
Die Referenten zu Smart Metern auf der Stromnetztagung 2023 (v.li.o.n.re.u.) Jury von Allesch (BMWK) Alix von Haken (Flexqgrid), Niklas Joos (FfE) und Kristof Kamps (NGN)
Quelle: Conexio

Vorausschauendes Engpassmanagement im Test

Mit solcher Steuerung von Netzengpässen beschäftigte sich das Team von Alix von Haken, im Projekt „flexQgrid“ der Netze BW. Nach ihren Ergebnissen sei es möglich, als Basis Prognosemodelle für Verbrauch und Erzeugung aus der Mittelspannungsebene zu übernehmen. Wichtig wäre eine Standardisierung der Kundenschnittstellen mit dem Engpassmanagement, damit beide künftig auch automatisiert kommunizieren könnten, sagte von Haken. Die Smart Meter selbst müssten dafür ebenfalls in der Hardware besser interoperabel werden.

Auch Flex Q Grid kam zum Ergebnis, dass bei minutenschneller Reaktion digitaler Systeme auf Schwankungen im Netz mit weniger Ausbau mehr Versorgungssicherheit zu erreichen wäre. Um Verbraucher und Erzeuger steuerbar zu machen, sei es bei einigen Systemen wie PV-Anlagen nötig, aufzurüsten. Dagegen könnten vielleicht schon vorhandene Regeleinrichtungen von Batterien als Gateway eingesetzt werden, regte von Haken an.

Netzintegration bidirektionaler Elektrofahrzeuge

Niklas Jooss, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) berichtete von Simulationen, die verschiedene Anreize zu netzdienlichem Verhalten von Prosumern untersuchten. Demnach führten niedrige Strompreise und darauf ausgerichtetes Laden von E-Mobilen möglicherweise zu Netzüberlastungen, beispielsweise mittags. Höhere Netzentgelte würden kaum als Gegensteuerung greifen.

Daher sei die netzdienlichste und kostengünstigste Variante tatsächlich die Fernsteuerung der Be- und Entladung von E-Auto-Batterien durch den Netzbetreiber, so das Fazit der Untersuchungen, sagte Joos. Dafür werde gerade das Energiewirtschaftsgesetz (§14a) überarbeitet. Er zeigte sich überzeugt, dass dennoch die Fahrzeuge für die Nutzer immer genügend Ladung bereitstellen könnten für die nächste Fahrt.

Donnerstag, 26.01.2023, 15:44 Uhr
Susanne Harmsen

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.