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Energie & Management > Österreich -
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

"Versorgungssicherheit gibt es nicht zum Nulltarif"

Die Wiener Netze investieren innerhalb der kommenden zehn Jahre insgesamt etwa 3 Mrd. Euro, um ihre Infrastruktur und die Netze für die Energiewende tauglich zu machen.
Mit rund 96,57 Euro pro Jahr bezahlt ein durchschnittlicher Wiener Haushalt gemessen an der Kaufkraft zurzeit rund 36 % weniger für die Nutzung des regionalen Verteilernetzes als vor der Liberalisierung des österreichischen Strommarktes vor 20 Jahren.

Doch das wird nicht so bleiben, berichtete der Geschäftsführer der Wiener Netze, Thomas Maderbacher, bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 3. Dezember. Per 1. Januar steigen die von der Regulierungsbehörde E-Control festgelegten Netzgebühren für durchschnittliche Wiener Haushaltskunden mit rund 2.500 kWh Jahresverbrauch um etwa 24 Euro pro Jahr. In den folgenden Jahren sind laut Maderbacher ähnliche Steigerungen zu erwarten.

Als Grund nannte der Manager die Energiewende und die dadurch bedingte Umstrukturierung der Stromerzeugung. Statt auf wenigen leistungsstarken Großkraftwerken werde diese künftig auf einer Vielzahl von Kleinanlagen auf Basis erneuerbarer Energien beruhen. Heuer verzeichneten die Wiener Netze doppelt so viele Anfragen auf Anschluss von PV-Anlagen wie noch vor zwei Jahren. Entsprechend müsse das Unternehmen sein Leitungssystem umgestalten. Innerhalb der kommenden zehn Jahre werden dafür etwa 3 Mrd. Euro aufgewandt, erläuterte Maderbacher.

Notwendig ist ihm zufolge eine Umgestaltung der Struktur der Netztarife: Eine zunehmende Zahl von Kunden verfügt über eigene Anlagen zur Stromerzeugung, insbesondere Photovoltaik-Paneele. Sie beziehen daher weniger Strom aus dem öffentlichen Netz. Die von ihnen benötigte Leistung bleibt allerdings gleich. Weil in Bereichen wie dem Verkehr und der Raumwärme immer mehr elektrische Energie genutzt wird, ist sogar mit einem höheren Bedarf an Leistung zu rechnen.

„Wir müssen unsere Netze auf diesen erhöhten Leistungsbedarf auslegen, um die Versorgungssicherheit weiterhin zu gewährleisten. Das gibt es nicht zum Nulltarif“, betonte Maderbacher. Die E-Control habe bereits vor einiger Zeit einen Vorschlag für eine neue Netztarifstruktur ausgearbeitet. Laut Maderbacher läuft dieser darauf hinaus, den Preis für die Leistung mit etwa einem Viertel der gesamten Netzkosten zu gewichten. Zurzeit bezahlt jeder österreichische Haushalt für seinen Netzanschluss unabhängig von der benötigten Leistung eine Pauschale von 30 Euro pro Jahr. Der Transport der benötigten kWh wird gesondert abgerechnet.

Wer mehr Leistung braucht, soll auch mehr bezahlen

Wann die neue Netztarifstruktur eingeführt wird, ist offen. In der Vergangenheit hatte die E-Control als Voraussetzung den weitgehenden Abschluss der Installation digitaler Stromzähler (Smart Meter) bei den Endkunden genannt. Mit diesen Geräten kann die von den Kunden tatsächlich benötigte Leistung gemessen werden. Geplant war, bis Ende 2020 mindestens 80 % der Kunden mit Smart Metern auszustatten. Doch dieses Ziel wurde von der überwiegenden Zahl der Verteilernetzbetreiber verfehlt – nicht zuletzt, weil Geräte, wie sie die E-Control vorschrieb, auf dem Markt nicht verfügbar waren und daher erst eigens entwickelt werden mussten.

In der Folge wurde das Ausrollungsziel abgeändert. Nunmehr gelten mindestens 80 % bis Ende 2024, wie dies die EU-Kommission für ganz Europa festgelegt hat. In Wien verfügen zurzeit etwa 24 % der Kunden über Smart Meter, teilte Maderbacher auf Anfrage der Redaktion mit. Sein Unternehmen liege damit österreichweit „im Mittelfeld. Bis Ende 2025 wollen wir auf 90 bis 95 % kommen“.

Maderbacher plädierte dafür, mit der zumindest schrittweisen Umstellung in Richtung Leistungsbepreisung nicht mehr allzulange zuzuwarten. Es gebe eine Reihe von Überlegungen, wie dies auch ohne Smart Meter erfolgen könnte. „Wir als Netzbetreiber haben viel Erfahrung, welche Leistung ein durchschnittlicher Haushalt braucht.“ Daran lasse sich ansetzen. Klar ist laut Maderbacher: Wer mehr Leistung benötigt, sollte dafür auch mehr bezahlen. Für einen durchschnittlichen Haushalt dagegen, dessen Verbrauchsverhalten die Netze kaum belaste, solle sich auch durch die Leistungsbepreisung an der Höhe der Netzkosten faktisch nichts ändern: „Die Idee ist: Ein normaler Haushalt darf die Änderung bei der Tarifstruktur nicht spüren.“

Noch nicht abschätzen lässt sich Maderbacher zufolge, wie sich die im Kommen befindlichen Energiegemeinschaften auf die Netze auswirken: „Da fehlen uns noch die Erfahrungen.“ Daher bleibe abzuwarten, ob die von der Politik versprochene Entlastung der Netze durch die lokale Nutzung selbst erzeugten Stroms tatsächlich eintrete.

Freitag, 3.12.2021, 13:23 Uhr
Klaus Fischer
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"Versorgungssicherheit gibt es nicht zum Nulltarif"
Die Wiener Netze investieren innerhalb der kommenden zehn Jahre insgesamt etwa 3 Mrd. Euro, um ihre Infrastruktur und die Netze für die Energiewende tauglich zu machen.
Mit rund 96,57 Euro pro Jahr bezahlt ein durchschnittlicher Wiener Haushalt gemessen an der Kaufkraft zurzeit rund 36 % weniger für die Nutzung des regionalen Verteilernetzes als vor der Liberalisierung des österreichischen Strommarktes vor 20 Jahren.

Doch das wird nicht so bleiben, berichtete der Geschäftsführer der Wiener Netze, Thomas Maderbacher, bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 3. Dezember. Per 1. Januar steigen die von der Regulierungsbehörde E-Control festgelegten Netzgebühren für durchschnittliche Wiener Haushaltskunden mit rund 2.500 kWh Jahresverbrauch um etwa 24 Euro pro Jahr. In den folgenden Jahren sind laut Maderbacher ähnliche Steigerungen zu erwarten.

Als Grund nannte der Manager die Energiewende und die dadurch bedingte Umstrukturierung der Stromerzeugung. Statt auf wenigen leistungsstarken Großkraftwerken werde diese künftig auf einer Vielzahl von Kleinanlagen auf Basis erneuerbarer Energien beruhen. Heuer verzeichneten die Wiener Netze doppelt so viele Anfragen auf Anschluss von PV-Anlagen wie noch vor zwei Jahren. Entsprechend müsse das Unternehmen sein Leitungssystem umgestalten. Innerhalb der kommenden zehn Jahre werden dafür etwa 3 Mrd. Euro aufgewandt, erläuterte Maderbacher.

Notwendig ist ihm zufolge eine Umgestaltung der Struktur der Netztarife: Eine zunehmende Zahl von Kunden verfügt über eigene Anlagen zur Stromerzeugung, insbesondere Photovoltaik-Paneele. Sie beziehen daher weniger Strom aus dem öffentlichen Netz. Die von ihnen benötigte Leistung bleibt allerdings gleich. Weil in Bereichen wie dem Verkehr und der Raumwärme immer mehr elektrische Energie genutzt wird, ist sogar mit einem höheren Bedarf an Leistung zu rechnen.

„Wir müssen unsere Netze auf diesen erhöhten Leistungsbedarf auslegen, um die Versorgungssicherheit weiterhin zu gewährleisten. Das gibt es nicht zum Nulltarif“, betonte Maderbacher. Die E-Control habe bereits vor einiger Zeit einen Vorschlag für eine neue Netztarifstruktur ausgearbeitet. Laut Maderbacher läuft dieser darauf hinaus, den Preis für die Leistung mit etwa einem Viertel der gesamten Netzkosten zu gewichten. Zurzeit bezahlt jeder österreichische Haushalt für seinen Netzanschluss unabhängig von der benötigten Leistung eine Pauschale von 30 Euro pro Jahr. Der Transport der benötigten kWh wird gesondert abgerechnet.

Wer mehr Leistung braucht, soll auch mehr bezahlen

Wann die neue Netztarifstruktur eingeführt wird, ist offen. In der Vergangenheit hatte die E-Control als Voraussetzung den weitgehenden Abschluss der Installation digitaler Stromzähler (Smart Meter) bei den Endkunden genannt. Mit diesen Geräten kann die von den Kunden tatsächlich benötigte Leistung gemessen werden. Geplant war, bis Ende 2020 mindestens 80 % der Kunden mit Smart Metern auszustatten. Doch dieses Ziel wurde von der überwiegenden Zahl der Verteilernetzbetreiber verfehlt – nicht zuletzt, weil Geräte, wie sie die E-Control vorschrieb, auf dem Markt nicht verfügbar waren und daher erst eigens entwickelt werden mussten.

In der Folge wurde das Ausrollungsziel abgeändert. Nunmehr gelten mindestens 80 % bis Ende 2024, wie dies die EU-Kommission für ganz Europa festgelegt hat. In Wien verfügen zurzeit etwa 24 % der Kunden über Smart Meter, teilte Maderbacher auf Anfrage der Redaktion mit. Sein Unternehmen liege damit österreichweit „im Mittelfeld. Bis Ende 2025 wollen wir auf 90 bis 95 % kommen“.

Maderbacher plädierte dafür, mit der zumindest schrittweisen Umstellung in Richtung Leistungsbepreisung nicht mehr allzulange zuzuwarten. Es gebe eine Reihe von Überlegungen, wie dies auch ohne Smart Meter erfolgen könnte. „Wir als Netzbetreiber haben viel Erfahrung, welche Leistung ein durchschnittlicher Haushalt braucht.“ Daran lasse sich ansetzen. Klar ist laut Maderbacher: Wer mehr Leistung benötigt, sollte dafür auch mehr bezahlen. Für einen durchschnittlichen Haushalt dagegen, dessen Verbrauchsverhalten die Netze kaum belaste, solle sich auch durch die Leistungsbepreisung an der Höhe der Netzkosten faktisch nichts ändern: „Die Idee ist: Ein normaler Haushalt darf die Änderung bei der Tarifstruktur nicht spüren.“

Noch nicht abschätzen lässt sich Maderbacher zufolge, wie sich die im Kommen befindlichen Energiegemeinschaften auf die Netze auswirken: „Da fehlen uns noch die Erfahrungen.“ Daher bleibe abzuwarten, ob die von der Politik versprochene Entlastung der Netze durch die lokale Nutzung selbst erzeugten Stroms tatsächlich eintrete.

Freitag, 3.12.2021, 13:23 Uhr
Klaus Fischer

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