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Energie & Management > Europa - Versorgungssicherheit gelingt nur europäisch
Quelle: Fotolia / koya979
Europa

Versorgungssicherheit gelingt nur europäisch

Das 5. Deutsch-Französische Energieforum in Berlin diskutierte die Versorgung der EU-Länder vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine. Fazit: Eine Lösung gelingt nur gemeinsam.
Zum fünften Mal tagte am 24. November das Deutsch-Französische Energieforum in Berlin. Es wird in Kooperation mit dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), dem französischen Energiewendeministerium und dem Auswärtigen Amt organisiert. Bei der Diskussion der Strategien, um die Abhängigkeit von russischen Brennstoffen im Zuge des Ukrainekrieges zu verringern, machten alle Referenten deutlich, dass dies nur gemeinsam in der EU gelingen kann.

Francois Delattre, Botschafter Frankreichs in Deutschland, hob die Sicherung der Energieversorgung als Gemeinschaftsaufgabe hervor. So sei es nur dank gemeinsamer Anstrengungen und mithilfe der vorhandenen Flüssigerdgas-Terminals (LNG) möglich gewesen, auch bei halbierten Liefermengen aus Russland die europäischen Gasspeicher für diesen Winter gut zu füllen. Er dankte Deutschland, „das aktuell die Stromversorgung unterstützt, während viele französische Kernkraftwerke gewartet werden müssen“.

Klimaschutz nicht vergessen

Für die Bundesregierung bekräftigte Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär im BMWK, dass Europa über gemeinsame Einkäufe am Weltmarkt günstiger Gas einkaufen könne. Trotz der aktuellen Herausforderungen für die Versorgungssicherheit werde das Ziel des Klimaschutzes und der Energiewende nicht vergessen, versicherte er. Europaweit müsse der Ausbau erneuerbarer Energieanlagen schnell vorangetrieben werden, weil dies die Preise senke und den Kontinent unabhängiger mache, appellierte Wenzel.

Dem schloss sich Marcus Hicken, Beauftragter für Energieaußenpolitik im Auswärtigen Amt an, der auf die bereits geschlossenen Verträge zur Produktion von erneuerbarem Wasserstoff in Chile, Australien und Namibia verwies sowie auf Projekte für erneuerbare Stromproduktion in Entwicklungsländern. „Klimaschutz bleibt eine globale Aufgabe, auch wenn Deutschland und Europa wichtige Impulse setzen“, sagte Hicken.

Fossiles Gas wird weltweit teurer als erneuerbare Energien

Aus Sicht der Klimaforschung benannte Prof. Andreas Löschel von der Ruhr-Universität Bochum Herausforderungen der Energiewende, um den Klimawandel einzudämmen. Auch wenn kurzfristig wieder mehr Kohle eingesetzt würde, um russisches Erdgas zu ersetzen, müsse die Energiewende Fahrt aufnehmen, so sein Appell. Als Berichterstatter für die Weltklimakonferenz sieht er bei Durchsetzung aller international beschlossenen Maßnahmen die Klimaerwärmung auf 1,7 Grad Celsius zusteuern. Immerhin machten die hohen Preise für fossile Brennstoffe erneuerbare Energien noch konkurrenzfähiger, konstatierte Löschel.

Laura Cozzi, leitende Energiemodelliererin der Internationale Energieagentur (IEA), sagte ein Ende der weltweit steigenden Gasnachfrage ab 2030 voraus. Auch durch den Wegfall billigen russischen Pipelinegases würden die Preise in Dimensionen steigen, in denen Erdgas nicht mehr preiswerter als erneuerbare Energiequellen sei. „Schon heute halten viele Entwicklungsländer den Bau von Gasturbinen für zu teuer“, sagte Cozzi. Es sei wichtig, dass weltweit mehr in erneuerbare Energien investiert würde als in fossile. Das hätten inzwischen selbst die USA mit ihrem Inflation Reduction Act (IRA) angestoßen.
 
Die europäische Vernetzung sichert Deutschlands Gas- und Frankreichs Stromversorgung.
Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken
Quelle: Bruegel

Europa solle jetzt schon eine Festlegung treffen, wie viel russisches Erdgas in Zukunft noch importiert werden dürfe, mahnte Georg Zachmann, Senior Fellow bei der Denkfabrik Bruegel. Da Russland noch einzelne Länder zum Beispiel in Südosteuropa oder auch Italien beliefere, gebe es sonst weiter Wege zur Erpressung oder Versuche, die europäische Gemeinschaft aufzuspalten.

Wegen der hohen Preise sei es vielleicht nicht sinnvoll oder durchsetzbar, ein komplettes Embargo für russisches Erdgas aufzusetzen. „Genau festgelegte Marktanteile, Anteile in Lieferrouten und ein Handel ausschließlich durch einen Pooling-Mechanismus könnten Wege sein, Importe aus Russland künftig zu regulieren“, schlug Zachmann vor.

Er plädierte nachdrücklich dafür, innerhalb Europas darauf zu achten, dass alle Mitgliedsländer ihre Energieversorgung auch preislich noch absichern können, sonst könnte der gemeinsame Markt zusammenbrechen, warnte der Berater. „Nicht alle Länder haben die Ressourcen, Unternehmen und Haushalte so von hohen Energiekosten zu entlasten wie Deutschland“, erinnerte Zachmann. Darum solle es gemeinsame Hilfen für die Industrie geben, aber auch Programme, die beim Energiesparen unterstützen und einen schnellen Aufbau erneuerbarer Energieanlagen. Auch Sardinien habe beispielsweise genug Sonnenstunden, um viel Solarstrom zu erzeugen, erinnerte er als Alternative zu außereuropäischen Projekten.

Donnerstag, 24.11.2022, 13:28 Uhr
Susanne Harmsen
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Quelle: Fotolia / koya979
Europa
Versorgungssicherheit gelingt nur europäisch
Das 5. Deutsch-Französische Energieforum in Berlin diskutierte die Versorgung der EU-Länder vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine. Fazit: Eine Lösung gelingt nur gemeinsam.
Zum fünften Mal tagte am 24. November das Deutsch-Französische Energieforum in Berlin. Es wird in Kooperation mit dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), dem französischen Energiewendeministerium und dem Auswärtigen Amt organisiert. Bei der Diskussion der Strategien, um die Abhängigkeit von russischen Brennstoffen im Zuge des Ukrainekrieges zu verringern, machten alle Referenten deutlich, dass dies nur gemeinsam in der EU gelingen kann.

Francois Delattre, Botschafter Frankreichs in Deutschland, hob die Sicherung der Energieversorgung als Gemeinschaftsaufgabe hervor. So sei es nur dank gemeinsamer Anstrengungen und mithilfe der vorhandenen Flüssigerdgas-Terminals (LNG) möglich gewesen, auch bei halbierten Liefermengen aus Russland die europäischen Gasspeicher für diesen Winter gut zu füllen. Er dankte Deutschland, „das aktuell die Stromversorgung unterstützt, während viele französische Kernkraftwerke gewartet werden müssen“.

Klimaschutz nicht vergessen

Für die Bundesregierung bekräftigte Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär im BMWK, dass Europa über gemeinsame Einkäufe am Weltmarkt günstiger Gas einkaufen könne. Trotz der aktuellen Herausforderungen für die Versorgungssicherheit werde das Ziel des Klimaschutzes und der Energiewende nicht vergessen, versicherte er. Europaweit müsse der Ausbau erneuerbarer Energieanlagen schnell vorangetrieben werden, weil dies die Preise senke und den Kontinent unabhängiger mache, appellierte Wenzel.

Dem schloss sich Marcus Hicken, Beauftragter für Energieaußenpolitik im Auswärtigen Amt an, der auf die bereits geschlossenen Verträge zur Produktion von erneuerbarem Wasserstoff in Chile, Australien und Namibia verwies sowie auf Projekte für erneuerbare Stromproduktion in Entwicklungsländern. „Klimaschutz bleibt eine globale Aufgabe, auch wenn Deutschland und Europa wichtige Impulse setzen“, sagte Hicken.

Fossiles Gas wird weltweit teurer als erneuerbare Energien

Aus Sicht der Klimaforschung benannte Prof. Andreas Löschel von der Ruhr-Universität Bochum Herausforderungen der Energiewende, um den Klimawandel einzudämmen. Auch wenn kurzfristig wieder mehr Kohle eingesetzt würde, um russisches Erdgas zu ersetzen, müsse die Energiewende Fahrt aufnehmen, so sein Appell. Als Berichterstatter für die Weltklimakonferenz sieht er bei Durchsetzung aller international beschlossenen Maßnahmen die Klimaerwärmung auf 1,7 Grad Celsius zusteuern. Immerhin machten die hohen Preise für fossile Brennstoffe erneuerbare Energien noch konkurrenzfähiger, konstatierte Löschel.

Laura Cozzi, leitende Energiemodelliererin der Internationale Energieagentur (IEA), sagte ein Ende der weltweit steigenden Gasnachfrage ab 2030 voraus. Auch durch den Wegfall billigen russischen Pipelinegases würden die Preise in Dimensionen steigen, in denen Erdgas nicht mehr preiswerter als erneuerbare Energiequellen sei. „Schon heute halten viele Entwicklungsländer den Bau von Gasturbinen für zu teuer“, sagte Cozzi. Es sei wichtig, dass weltweit mehr in erneuerbare Energien investiert würde als in fossile. Das hätten inzwischen selbst die USA mit ihrem Inflation Reduction Act (IRA) angestoßen.
 
Die europäische Vernetzung sichert Deutschlands Gas- und Frankreichs Stromversorgung.
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Quelle: Bruegel

Europa solle jetzt schon eine Festlegung treffen, wie viel russisches Erdgas in Zukunft noch importiert werden dürfe, mahnte Georg Zachmann, Senior Fellow bei der Denkfabrik Bruegel. Da Russland noch einzelne Länder zum Beispiel in Südosteuropa oder auch Italien beliefere, gebe es sonst weiter Wege zur Erpressung oder Versuche, die europäische Gemeinschaft aufzuspalten.

Wegen der hohen Preise sei es vielleicht nicht sinnvoll oder durchsetzbar, ein komplettes Embargo für russisches Erdgas aufzusetzen. „Genau festgelegte Marktanteile, Anteile in Lieferrouten und ein Handel ausschließlich durch einen Pooling-Mechanismus könnten Wege sein, Importe aus Russland künftig zu regulieren“, schlug Zachmann vor.

Er plädierte nachdrücklich dafür, innerhalb Europas darauf zu achten, dass alle Mitgliedsländer ihre Energieversorgung auch preislich noch absichern können, sonst könnte der gemeinsame Markt zusammenbrechen, warnte der Berater. „Nicht alle Länder haben die Ressourcen, Unternehmen und Haushalte so von hohen Energiekosten zu entlasten wie Deutschland“, erinnerte Zachmann. Darum solle es gemeinsame Hilfen für die Industrie geben, aber auch Programme, die beim Energiesparen unterstützen und einen schnellen Aufbau erneuerbarer Energieanlagen. Auch Sardinien habe beispielsweise genug Sonnenstunden, um viel Solarstrom zu erzeugen, erinnerte er als Alternative zu außereuropäischen Projekten.

Donnerstag, 24.11.2022, 13:28 Uhr
Susanne Harmsen

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