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Energie & Management > Wärme - Versorger wollen Marshallplan für Wärmewende
Quelle: Fotolia / Detlef
Wärme

Versorger wollen Marshallplan für Wärmewende

Ein halbes Dutzend Energieversorger hat ein Grundsatzpapier für die Wärmewende erarbeitet. Adressat ist die Politik. Mit Branchenverbänden habe man sich zuvor „ausgetauscht“, heißt es.
Wenn es um Grundsatzfragen der Energieversorgung im Land oder um Forderungen an die Bundespolitik geht, sind es für gewöhnlich Verbände wie der BDEW oder VKU, die die Deutungshoheit für die Branche übernehmen. Beim Thema Wärmewende haben Energieunternehmen jetzt selber das Heft in die Hand genommen. In einem 22 Seiten umfassenden „Policy Paper“ haben sie zusammengestellt, was der Staat aus ihrer Sicht tun muss, damit die Wärmewende gelingen kann. Zentrale Forderung: eine Förderpolitik wie beim Marshallplan nach dem Zweiten Weltkrieg.

Hinter dem Papier stehen Enercity, Stadtwerke München, Hamburger Energiewerke, Stadtwerke Energie Jena-Pößneck, Elektrizitätswerke Schönau und GP Joule. Zudem haben sich mit Jena Wohnen und Märkischer Scholle zwei Unternehmen der Wohnungswirtschaft der Initiative angeschlossen. Die acht haben ihr Konzept am „Roundtable Wärmewende“ entwickelt. Ins Leben gerufen hat den runden Tisch der ehemalige Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup (SPD) zusammen mit einer Berliner Kommunikationsberatung.

„Der Roundtable Wärmewende sieht die Wärmwende als Gemeinschaftsprojekt von Energie- und Wohnungswirtschaft an. Daher haben wir einen Vorschlag für eine interdisziplinäre und sektorübergreifende Vorgehensweise vorgelegt, die Kosten spart und umsetzbar ist“, erklärt Mindrup gegenüber E&M. Branchenorganisationen kommen in dem Papier nicht zu Wort, werden aber dem Vernehmen nach nicht übergangen.

Vertiefung mit VKU und BDEW in den nächsten Wochen

Im Zuge der Erarbeitung „haben wir uns gemeinsam mit unseren Mitgliedsunternehmen vertraulich mit Verbänden der Energie- und Wohnungswirtschaft sowie weiteren Verbänden aus der Zivilgesellschaft austauscht“, berichtet Mindrup. Ziel der aktuellen Vorschläge sei es, „eine Debatte anzustoßen, die angesichts der aktuellen Lage des Klima- und Transformationsfonds dringend erforderlich ist“. Diese Debatte werde man in den nächsten Wochen auch mit VKU und BDEW vertiefen.

Der runde Tisch hält die bisherigen staatlichen Förderinstrumente für die Wärmewende nicht mehr für „angemessen“. Die Stadtwerke und Wohnungsunternehmen plädieren für eine Förderlandschaft, die „sich nicht nur an einer integrierten Energieleitplanung orientiert, sondern auch das Least Cost Planning-Prinzip anwendet, um Gesamtwirtschaftlichkeit und das Nutzen von Synergien im Energiesystem sicherzustellen.“

Und sie fordern eine „Fokussierung des öffentlichen Mitteleinsatzes“ sowie einen „sektorübergreifenden Ansatz“. Nur eine sektorübergreifende Energiewende sei bezahlbar, aufgrund eines zunehmend elektrifizierten Wärmesektors gelte es, „die Kosten für die Stromerzeugung und den Stromtransport sowie die bauliche Realisierbarkeit von Stromnetzverstärkungen in der Wärmeplanung zwingend zu berücksichtigen“, heißt es in dem Papier.

Wichtig vor allem Förderkredite und Bürgschaften

Was die notwendigen Ausgaben für die Wärmewende angeht, differenzieren die Autoren zwischen Mitteln für Planung, Investitionen und Betriebskosten. Staatliche Zuschussmittel sollten nach Auffassung der Stadwerke dort „konzentriert vergeben werden, wo alternative Finanzierungsinstrumente nicht zur Anwendung kommen können“. „Die tatsächliche Hauptlast der Finanzierung sollte durch staatliche Förderkredite und Bürgschaften gestemmt werden“, so die Empfehlung. Diese unterlägen nicht der Schuldenbremse. Damit, so die Autoren, könnten die notwendigen Investitionen angestoßen werden. „Auch die Marshallplan-Mittel nach dem Zweiten Weltkrieg wurden so eingesetzt.“

Potenzial im ländlichen Raum

Auch dazu, wozu das Geld des Staates in erster Linie dienen sollte, haben die Stadtwerke konkrete Vorstellungen. Die „Förderung der Gebäudehülle“ sollte in den nächsten Jahren auf Gebäude konzentriert werden, für die es zur Installation von Einzelhaus-Wärmepumpen keine Alternative in Form von Fern- oder Nahwärmenetzen gibt. In Gebieten, die mit Fern- oder Nahwärme versorgt werden, sollte sie auf besonders schlecht gedämmte Gebäude – „worst performing buildings“ – zielen. Ein weiterer Vorschlag: Kredite oder Zuschüsse zur Optimierung der Haustechnik, der Nutzung erneuerbarer Energien und zur Reduzierung der Lüftungswärmeverluste sollten unabhängig von einer Gebietskategorie aufgelegt werden.

„Gegenüber den meisten Studien sehen wir ein höheres Potenzial bei Wärmenetzen, Wärmespeichern, vor allem im ländlichen Raum, sowie dem Einsatz erneuerbarer Energien und damit einhergehende, mögliche Kostenreduktionen beim Ausbau der Stromnetze und der energetischen Gebäudesanierung“, betont Klaus Mindrup. Bleibt abzuwarten, ob sich die Verbandswelt allen Vorschlägen anschließt.

Das „Policy Paper Roundtable Wärmewende“ steht kostenfrei als Download bereit.

 

Montag, 29.04.2024, 17:11 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Wärme - Versorger wollen Marshallplan für Wärmewende
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Versorger wollen Marshallplan für Wärmewende
Ein halbes Dutzend Energieversorger hat ein Grundsatzpapier für die Wärmewende erarbeitet. Adressat ist die Politik. Mit Branchenverbänden habe man sich zuvor „ausgetauscht“, heißt es.
Wenn es um Grundsatzfragen der Energieversorgung im Land oder um Forderungen an die Bundespolitik geht, sind es für gewöhnlich Verbände wie der BDEW oder VKU, die die Deutungshoheit für die Branche übernehmen. Beim Thema Wärmewende haben Energieunternehmen jetzt selber das Heft in die Hand genommen. In einem 22 Seiten umfassenden „Policy Paper“ haben sie zusammengestellt, was der Staat aus ihrer Sicht tun muss, damit die Wärmewende gelingen kann. Zentrale Forderung: eine Förderpolitik wie beim Marshallplan nach dem Zweiten Weltkrieg.

Hinter dem Papier stehen Enercity, Stadtwerke München, Hamburger Energiewerke, Stadtwerke Energie Jena-Pößneck, Elektrizitätswerke Schönau und GP Joule. Zudem haben sich mit Jena Wohnen und Märkischer Scholle zwei Unternehmen der Wohnungswirtschaft der Initiative angeschlossen. Die acht haben ihr Konzept am „Roundtable Wärmewende“ entwickelt. Ins Leben gerufen hat den runden Tisch der ehemalige Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup (SPD) zusammen mit einer Berliner Kommunikationsberatung.

„Der Roundtable Wärmewende sieht die Wärmwende als Gemeinschaftsprojekt von Energie- und Wohnungswirtschaft an. Daher haben wir einen Vorschlag für eine interdisziplinäre und sektorübergreifende Vorgehensweise vorgelegt, die Kosten spart und umsetzbar ist“, erklärt Mindrup gegenüber E&M. Branchenorganisationen kommen in dem Papier nicht zu Wort, werden aber dem Vernehmen nach nicht übergangen.

Vertiefung mit VKU und BDEW in den nächsten Wochen

Im Zuge der Erarbeitung „haben wir uns gemeinsam mit unseren Mitgliedsunternehmen vertraulich mit Verbänden der Energie- und Wohnungswirtschaft sowie weiteren Verbänden aus der Zivilgesellschaft austauscht“, berichtet Mindrup. Ziel der aktuellen Vorschläge sei es, „eine Debatte anzustoßen, die angesichts der aktuellen Lage des Klima- und Transformationsfonds dringend erforderlich ist“. Diese Debatte werde man in den nächsten Wochen auch mit VKU und BDEW vertiefen.

Der runde Tisch hält die bisherigen staatlichen Förderinstrumente für die Wärmewende nicht mehr für „angemessen“. Die Stadtwerke und Wohnungsunternehmen plädieren für eine Förderlandschaft, die „sich nicht nur an einer integrierten Energieleitplanung orientiert, sondern auch das Least Cost Planning-Prinzip anwendet, um Gesamtwirtschaftlichkeit und das Nutzen von Synergien im Energiesystem sicherzustellen.“

Und sie fordern eine „Fokussierung des öffentlichen Mitteleinsatzes“ sowie einen „sektorübergreifenden Ansatz“. Nur eine sektorübergreifende Energiewende sei bezahlbar, aufgrund eines zunehmend elektrifizierten Wärmesektors gelte es, „die Kosten für die Stromerzeugung und den Stromtransport sowie die bauliche Realisierbarkeit von Stromnetzverstärkungen in der Wärmeplanung zwingend zu berücksichtigen“, heißt es in dem Papier.

Wichtig vor allem Förderkredite und Bürgschaften

Was die notwendigen Ausgaben für die Wärmewende angeht, differenzieren die Autoren zwischen Mitteln für Planung, Investitionen und Betriebskosten. Staatliche Zuschussmittel sollten nach Auffassung der Stadwerke dort „konzentriert vergeben werden, wo alternative Finanzierungsinstrumente nicht zur Anwendung kommen können“. „Die tatsächliche Hauptlast der Finanzierung sollte durch staatliche Förderkredite und Bürgschaften gestemmt werden“, so die Empfehlung. Diese unterlägen nicht der Schuldenbremse. Damit, so die Autoren, könnten die notwendigen Investitionen angestoßen werden. „Auch die Marshallplan-Mittel nach dem Zweiten Weltkrieg wurden so eingesetzt.“

Potenzial im ländlichen Raum

Auch dazu, wozu das Geld des Staates in erster Linie dienen sollte, haben die Stadtwerke konkrete Vorstellungen. Die „Förderung der Gebäudehülle“ sollte in den nächsten Jahren auf Gebäude konzentriert werden, für die es zur Installation von Einzelhaus-Wärmepumpen keine Alternative in Form von Fern- oder Nahwärmenetzen gibt. In Gebieten, die mit Fern- oder Nahwärme versorgt werden, sollte sie auf besonders schlecht gedämmte Gebäude – „worst performing buildings“ – zielen. Ein weiterer Vorschlag: Kredite oder Zuschüsse zur Optimierung der Haustechnik, der Nutzung erneuerbarer Energien und zur Reduzierung der Lüftungswärmeverluste sollten unabhängig von einer Gebietskategorie aufgelegt werden.

„Gegenüber den meisten Studien sehen wir ein höheres Potenzial bei Wärmenetzen, Wärmespeichern, vor allem im ländlichen Raum, sowie dem Einsatz erneuerbarer Energien und damit einhergehende, mögliche Kostenreduktionen beim Ausbau der Stromnetze und der energetischen Gebäudesanierung“, betont Klaus Mindrup. Bleibt abzuwarten, ob sich die Verbandswelt allen Vorschlägen anschließt.

Das „Policy Paper Roundtable Wärmewende“ steht kostenfrei als Download bereit.

 

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Manfred Fischer

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