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Energie & Management > Österreich - Verbund warnt vor Scheitern der Energiewende
Quelle: Fotolia.com, YuI
Österreich

Verbund warnt vor Scheitern der Energiewende

Noch fehlen wichtige rechtliche und regulatorische Bedingungen. Auch die Akzeptanz der Bevölkerung ist nicht gesichert, hieß es bei der Internationalen Energiewirtschaftstagung.
„Den Verbund als den größten Stromerzeuger Österreichs betrifft die Energiewende ganz besonders.“ Das betonte Michael Strugl, der Generaldirektor des Konzerns, am 10. September bei der Internationalen Energiewirtschaftstagung (IEWT) in Wien.

Strugl erläuterte, sein Unternehmen produziere jährlich rund 33 Mrd. kWh elektrische Energie, davon 97 % mithilfe von Wasserkraftwerken und Windparks. Zum Vergleich: Der gesamte österreichische Strombedarf liegt bei etwa 70 Mrd. kWh pro Jahr. Als zentrale Herausforderungen für die Energiewende erachtet Strugl einerseits das Zustandebringen der noch ausstehenden rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen, andererseits die Akzeptanz der Bevölkerung für den Infrastrukturausbau: „Bei fast jedem Projekt gibt es mittlerweile Widerstand. Wenn wir den nicht überwinden, schaffen wir die Energiewende nicht.“ Somit bestehe eindeutig Handlungsbedarf.

Laut Strugl liegt mit dem Paket um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) seit kurzem eine wesentliche rechtliche Grundlage für die Energiewende in Österreich vor. Dem Paket zufolge soll die Stromproduktion mittels erneuerbarer Energien bis 2030 bekanntlich um rund 27 Mrd. kWh pro Jahr oder etwa 50 % gesteigert werden. Leistungsseitig bedeutet das fast eine Verdopplung der gesamten derzeitigen Kapazitäten zur Stromerzeugung (inklusive thermischer Anlagen auf Basis von Erdgas) von etwa 24.000 MW um 19.500 MW auf 43.500 MW. In der Folge erwartet Strugl für das Sommerhalbjahr erhebliche Erzeugungsüberschüsse von rund 10 Mrd. kWh, denen im Winterhalbjahr ein ebenso großer Produktionsmangel gegenüberstehen dürfte. Um dies zu bewältigen, müssten die Stromnetze ausgebaut und die Möglichkeiten zu saisonalen Speicherung elektrischer Energie massiv erweitert werden.

Der Verbund verfügt laut Strugl zurzeit über Pumpspeicherkraftwerke mit etwa 3.800 MW Leistung. Sämtliche österreichischen Energieversorger kommen gemeinsam auf etwa 4.500 MW. Der Verbund selbst arbeitet derzeit am Projekt „Limberg III“, der Erweiterung seiner Kraftwerksgruppe Kaprun im Bundesland Salzburg um etwa 480 MW auf 1.300 MW. Die Fertigstellung ist für 2025 vorgesehen, die Investitionen sollen sich auf 480. Mio. Euro belaufen.

Mit den geplanten und zum Teil bereits in Realisierung befindlichen Ausbauprojekten sämtlicher österreichischer Energieunternehmen lassen sich Strugl zufolge insgesamt etwa 9.000 MW an Pumpspeichern darstellen: „Brauchen würden wir aber 11.000 MW. Das heißt, es klafft eine Lücke von 2.000 bis 3.000 MW.“ Mit welchen Technologien diese geschlossen werden könnte, sei noch Gegenstand von Diskussionen. Großbatterien, wie sie mittlerweile mehrere österreichische Energieunternehmen, darunter auch der Verbund, einsetzen, eignen sich laut Strugl eher für den Ausgleich kurzfristiger Erzeugungsschwankungen als für die längerfristige Speicherung.

Herausforderung „Additionality“

Klar ist ihm zufolge nicht zuletzt deshalb, dass über das EAG-Paket hinaus weitere rechtliche sowie regulatorische Rahmenbedingungen für die Energiewende geschaffen werden müssen. Dies betrifft nicht zuletzt den Bereich grüne Gase inklusive mittels Ökostrom elektrolytisch erzeugten grünen Wasserstoffs. Ein Problem dabei sieht Strugl in den derzeitigen Vorgaben seitens der Europäischen Union. Diesen zufolge gilt Wasserstoff nur dann als „grün“, wenn er mithilfe eigens dafür errichteter Ökostromanlagen erzeugt wird („Additionality“).

Die Nutzung von Ökostrom aus bestehenden Anlagen wie etwa den österreichischen Wasserkraftwerken ist nach gegenwärtigem Stand nicht zulässig. „Wenn sich das nicht ändert, hätten wir einen massiven Wettbewerbsnachteil“, warnte Strugl. Der Anteil der Erneuerbaren an der Stromproduktion Österreichs liege schon jetzt bei etwa 75 %. Eine unbegrenzte Erweiterung der Kapazitäten sei nicht möglich.

Schritt zur Sektorkopplung

Was die künftige Versorgung der EU insgesamt mit (grünem) Wasserstoff betrifft, erwartet Strugl, dass diese zumindest teilweise mithilfe von Importen erfolgen muss. Nicht zuletzt aus diesem Grunde erwarb der Verbund die 51-%-Mehrheit am Gas-Fernleitungsbetreiber Gas Connect Austria (GCA) von der OMV. Diese Akquisition hilft dem Verbund auch, die Sektorkopplung zwischen Strom und Gas zu bewältigen, die als wesentlich für das Gelingen der Energiewende gilt, ergänzte Strugl. Schon derzeit betreibt sein Konzern über seine Tochtergesellschaft Austrian Power Grid (APG) das österreichische Übertragungsnetz für Strom. Mit dem Kauf der GCA sei daher ein „strategischer Schritt“ in Richtung Sektorkopplung erfolgt.

Montag, 13.09.2021, 14:12 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Verbund warnt vor Scheitern der Energiewende
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Österreich
Verbund warnt vor Scheitern der Energiewende
Noch fehlen wichtige rechtliche und regulatorische Bedingungen. Auch die Akzeptanz der Bevölkerung ist nicht gesichert, hieß es bei der Internationalen Energiewirtschaftstagung.
„Den Verbund als den größten Stromerzeuger Österreichs betrifft die Energiewende ganz besonders.“ Das betonte Michael Strugl, der Generaldirektor des Konzerns, am 10. September bei der Internationalen Energiewirtschaftstagung (IEWT) in Wien.

Strugl erläuterte, sein Unternehmen produziere jährlich rund 33 Mrd. kWh elektrische Energie, davon 97 % mithilfe von Wasserkraftwerken und Windparks. Zum Vergleich: Der gesamte österreichische Strombedarf liegt bei etwa 70 Mrd. kWh pro Jahr. Als zentrale Herausforderungen für die Energiewende erachtet Strugl einerseits das Zustandebringen der noch ausstehenden rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen, andererseits die Akzeptanz der Bevölkerung für den Infrastrukturausbau: „Bei fast jedem Projekt gibt es mittlerweile Widerstand. Wenn wir den nicht überwinden, schaffen wir die Energiewende nicht.“ Somit bestehe eindeutig Handlungsbedarf.

Laut Strugl liegt mit dem Paket um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) seit kurzem eine wesentliche rechtliche Grundlage für die Energiewende in Österreich vor. Dem Paket zufolge soll die Stromproduktion mittels erneuerbarer Energien bis 2030 bekanntlich um rund 27 Mrd. kWh pro Jahr oder etwa 50 % gesteigert werden. Leistungsseitig bedeutet das fast eine Verdopplung der gesamten derzeitigen Kapazitäten zur Stromerzeugung (inklusive thermischer Anlagen auf Basis von Erdgas) von etwa 24.000 MW um 19.500 MW auf 43.500 MW. In der Folge erwartet Strugl für das Sommerhalbjahr erhebliche Erzeugungsüberschüsse von rund 10 Mrd. kWh, denen im Winterhalbjahr ein ebenso großer Produktionsmangel gegenüberstehen dürfte. Um dies zu bewältigen, müssten die Stromnetze ausgebaut und die Möglichkeiten zu saisonalen Speicherung elektrischer Energie massiv erweitert werden.

Der Verbund verfügt laut Strugl zurzeit über Pumpspeicherkraftwerke mit etwa 3.800 MW Leistung. Sämtliche österreichischen Energieversorger kommen gemeinsam auf etwa 4.500 MW. Der Verbund selbst arbeitet derzeit am Projekt „Limberg III“, der Erweiterung seiner Kraftwerksgruppe Kaprun im Bundesland Salzburg um etwa 480 MW auf 1.300 MW. Die Fertigstellung ist für 2025 vorgesehen, die Investitionen sollen sich auf 480. Mio. Euro belaufen.

Mit den geplanten und zum Teil bereits in Realisierung befindlichen Ausbauprojekten sämtlicher österreichischer Energieunternehmen lassen sich Strugl zufolge insgesamt etwa 9.000 MW an Pumpspeichern darstellen: „Brauchen würden wir aber 11.000 MW. Das heißt, es klafft eine Lücke von 2.000 bis 3.000 MW.“ Mit welchen Technologien diese geschlossen werden könnte, sei noch Gegenstand von Diskussionen. Großbatterien, wie sie mittlerweile mehrere österreichische Energieunternehmen, darunter auch der Verbund, einsetzen, eignen sich laut Strugl eher für den Ausgleich kurzfristiger Erzeugungsschwankungen als für die längerfristige Speicherung.

Herausforderung „Additionality“

Klar ist ihm zufolge nicht zuletzt deshalb, dass über das EAG-Paket hinaus weitere rechtliche sowie regulatorische Rahmenbedingungen für die Energiewende geschaffen werden müssen. Dies betrifft nicht zuletzt den Bereich grüne Gase inklusive mittels Ökostrom elektrolytisch erzeugten grünen Wasserstoffs. Ein Problem dabei sieht Strugl in den derzeitigen Vorgaben seitens der Europäischen Union. Diesen zufolge gilt Wasserstoff nur dann als „grün“, wenn er mithilfe eigens dafür errichteter Ökostromanlagen erzeugt wird („Additionality“).

Die Nutzung von Ökostrom aus bestehenden Anlagen wie etwa den österreichischen Wasserkraftwerken ist nach gegenwärtigem Stand nicht zulässig. „Wenn sich das nicht ändert, hätten wir einen massiven Wettbewerbsnachteil“, warnte Strugl. Der Anteil der Erneuerbaren an der Stromproduktion Österreichs liege schon jetzt bei etwa 75 %. Eine unbegrenzte Erweiterung der Kapazitäten sei nicht möglich.

Schritt zur Sektorkopplung

Was die künftige Versorgung der EU insgesamt mit (grünem) Wasserstoff betrifft, erwartet Strugl, dass diese zumindest teilweise mithilfe von Importen erfolgen muss. Nicht zuletzt aus diesem Grunde erwarb der Verbund die 51-%-Mehrheit am Gas-Fernleitungsbetreiber Gas Connect Austria (GCA) von der OMV. Diese Akquisition hilft dem Verbund auch, die Sektorkopplung zwischen Strom und Gas zu bewältigen, die als wesentlich für das Gelingen der Energiewende gilt, ergänzte Strugl. Schon derzeit betreibt sein Konzern über seine Tochtergesellschaft Austrian Power Grid (APG) das österreichische Übertragungsnetz für Strom. Mit dem Kauf der GCA sei daher ein „strategischer Schritt“ in Richtung Sektorkopplung erfolgt.

Montag, 13.09.2021, 14:12 Uhr
Klaus Fischer

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