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Energie & Management > Recht - Verbraucherzentrale NRW geht juristisch gegen Grundversorger vor
Quelle: Fotolia / vege
Recht

Verbraucherzentrale NRW geht juristisch gegen Grundversorger vor

Energieverbände und Unternehmen verurteilen die Abmahnungen der Verbraucherorganisation in Nordrhein-Westfalen gegen drei Energieversorger.
Die Verbraucherzentrale NRW hat Abmahnungen an die Kölner Rheinenergie, die Stadtwerke Gütersloh und die Wuppertaler WSW Energie & Wasser AG geschickt. Sie will damit juristisch gegen die Einteilung in Neu- und Bestandskunden im Grundversorgungstarif vorgehen. Die Rheinenergie ist in einer Stellungnahme "äußerst verwundert über das Vorgehen der VZ NRW". Auch die Energieverbände BDEW und VKU kritisieren das Vorgehen.

"Bei allem Verständnis für die nicht ganz einfache Situation der Grundversorger – so geht es nicht", schreibt die Verbraucherzentrale NRW. Die Benachteiligung von Verbrauchern, die ohne eigenes Verschulden in die Grundversorgung zurückfallen, sei rechtswidrig und widerspreche dem eigentlichen Schutzzweck der Grundversorgung. "Wir werden mit allen juristischen Mitteln gegen diese Benachteiligung vorgehen."

Grundversorgertarife von über 90 Cent pro kWh

In einer Untersuchung habe die Verbraucherzentrale festgestellt, dass von insgesamt 23 untersuchten Anbietern 18 Unternehmen einen Neukundentarif für die Stromgrundversorgung eingeführt haben. Der Preisunterschied zwischen Alt- und Neukunden betrage im Durchschnitt mehr als Doppelte. "Drei der untersuchten Anbieter nehmen aktuell sogar einen Neukundenarbeitspreis pro Kilowattstunde von über 90 Cent." Bei Energieversorgern, die auf eine Tarifspaltung verzichten, zahlen die Neukunden hingegen nur durchschnittlich 34 Cent/kWh.

Die Rheinenergie, als eines der betroffenen Unternehmen, sieht sich nicht nur juristisch auf der sicheren Seite. "Wir sehen unser Vorgehen von geltendem Recht gedeckt", heißt es in Stellungnahme des Unternehmens. Die Kölner berufen sich auf die Landeskartellbehörde NRW, diese soll im November klargestellt haben, "dass nichts gegen eine Aufteilung der Grundversorgungspreise spräche, wie wir sie vorgenommen haben". Auch die Landeskartellbehörde Niedersachsen würde das so sehen.
 
 
Die Rheinenergie wirft der Verbraucherzentrale hingegen vor, mit dem juristischen Vorgehen "indirekte Schützenhilfe für das Fehlverhalten einiger Stromvertriebsunternehmen am Markt zu leisten". Diese Unternehmen seien oftmals gar nicht insolvent, "sondern haben einfach ihre betriebswirtschaftlichen Risiken bei uns, den Grundversorgern, abgeladen und Kunden einfach herausgeworfen." 

VKU gibt Verbraucherverbänden Mitschuld an der Misere 

Für den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist das Vorgehen der Verbraucherorganisation ebenfalls nicht nachvollziehbar. "Das Problem sind die unseriösen Billigstrom-Anbieter", teilte der Verband mit. Die Aufteilung in Neu- und Bestandskunden könne sogar ein Gebot der kaufmännischen Sorgfaltspflicht sein. Gibt es in einem Netzgebiet tausende oder zehntausende Kunden, denen die Belieferung gekündigt wurden, müsse der Grundversorger extrem kurzfristig zu Höchstpreisen sehr große Mengen an zusätzlicher Energie beschaffen. 

Und auch auf ein anderes Risiko geht der Verband ein: Wenn die Grundversorger an den Großhandelsmärkten Strom einkaufen, dann müssen sie für diese eingekaufte Menge Sicherungsleistungen erbringen. "Der extrem teure kurzfristige Einkauf zusätzlicher Mengen und die dafür erforderlichen Sicherheiten können die Grundversorger selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen."

Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht die Abmahnung kritisch: "Die Verbraucherzentrale NRW ist auf dem Holzweg", heißt es. Schuld an der jetzigen Misere für die Verbraucher hätten die Billiganbieter mit ihren kurzfristigen Geschäftsmodellen. Dort sollte die Verbraucherzentrale NRW ansetzen. Der VKU weist den Verbraucherzentralen auch eine gewisse Mitschuld an den jetzigen schlechten Umständen für einige Verbraucher zu. Wer immer kurzfristig auf die höchste Einsparung setze – so wie es leider lange von Verbraucherorganisationen empfohlen wurde –, "bezahlt das auch mit einem höheren Risiko."

Die "Stichprobe der Preise für die Strom-Grundversorgung in NRW" der Verbraucherzentrale NRW kann auf deren Internetseite heruntergeladen werden.

Donnerstag, 13.01.2022, 17:02 Uhr
Stefan Sagmeister
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Verbraucherzentrale NRW geht juristisch gegen Grundversorger vor
Energieverbände und Unternehmen verurteilen die Abmahnungen der Verbraucherorganisation in Nordrhein-Westfalen gegen drei Energieversorger.
Die Verbraucherzentrale NRW hat Abmahnungen an die Kölner Rheinenergie, die Stadtwerke Gütersloh und die Wuppertaler WSW Energie & Wasser AG geschickt. Sie will damit juristisch gegen die Einteilung in Neu- und Bestandskunden im Grundversorgungstarif vorgehen. Die Rheinenergie ist in einer Stellungnahme "äußerst verwundert über das Vorgehen der VZ NRW". Auch die Energieverbände BDEW und VKU kritisieren das Vorgehen.

"Bei allem Verständnis für die nicht ganz einfache Situation der Grundversorger – so geht es nicht", schreibt die Verbraucherzentrale NRW. Die Benachteiligung von Verbrauchern, die ohne eigenes Verschulden in die Grundversorgung zurückfallen, sei rechtswidrig und widerspreche dem eigentlichen Schutzzweck der Grundversorgung. "Wir werden mit allen juristischen Mitteln gegen diese Benachteiligung vorgehen."

Grundversorgertarife von über 90 Cent pro kWh

In einer Untersuchung habe die Verbraucherzentrale festgestellt, dass von insgesamt 23 untersuchten Anbietern 18 Unternehmen einen Neukundentarif für die Stromgrundversorgung eingeführt haben. Der Preisunterschied zwischen Alt- und Neukunden betrage im Durchschnitt mehr als Doppelte. "Drei der untersuchten Anbieter nehmen aktuell sogar einen Neukundenarbeitspreis pro Kilowattstunde von über 90 Cent." Bei Energieversorgern, die auf eine Tarifspaltung verzichten, zahlen die Neukunden hingegen nur durchschnittlich 34 Cent/kWh.

Die Rheinenergie, als eines der betroffenen Unternehmen, sieht sich nicht nur juristisch auf der sicheren Seite. "Wir sehen unser Vorgehen von geltendem Recht gedeckt", heißt es in Stellungnahme des Unternehmens. Die Kölner berufen sich auf die Landeskartellbehörde NRW, diese soll im November klargestellt haben, "dass nichts gegen eine Aufteilung der Grundversorgungspreise spräche, wie wir sie vorgenommen haben". Auch die Landeskartellbehörde Niedersachsen würde das so sehen.
 
 
Die Rheinenergie wirft der Verbraucherzentrale hingegen vor, mit dem juristischen Vorgehen "indirekte Schützenhilfe für das Fehlverhalten einiger Stromvertriebsunternehmen am Markt zu leisten". Diese Unternehmen seien oftmals gar nicht insolvent, "sondern haben einfach ihre betriebswirtschaftlichen Risiken bei uns, den Grundversorgern, abgeladen und Kunden einfach herausgeworfen." 

VKU gibt Verbraucherverbänden Mitschuld an der Misere 

Für den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist das Vorgehen der Verbraucherorganisation ebenfalls nicht nachvollziehbar. "Das Problem sind die unseriösen Billigstrom-Anbieter", teilte der Verband mit. Die Aufteilung in Neu- und Bestandskunden könne sogar ein Gebot der kaufmännischen Sorgfaltspflicht sein. Gibt es in einem Netzgebiet tausende oder zehntausende Kunden, denen die Belieferung gekündigt wurden, müsse der Grundversorger extrem kurzfristig zu Höchstpreisen sehr große Mengen an zusätzlicher Energie beschaffen. 

Und auch auf ein anderes Risiko geht der Verband ein: Wenn die Grundversorger an den Großhandelsmärkten Strom einkaufen, dann müssen sie für diese eingekaufte Menge Sicherungsleistungen erbringen. "Der extrem teure kurzfristige Einkauf zusätzlicher Mengen und die dafür erforderlichen Sicherheiten können die Grundversorger selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen."

Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht die Abmahnung kritisch: "Die Verbraucherzentrale NRW ist auf dem Holzweg", heißt es. Schuld an der jetzigen Misere für die Verbraucher hätten die Billiganbieter mit ihren kurzfristigen Geschäftsmodellen. Dort sollte die Verbraucherzentrale NRW ansetzen. Der VKU weist den Verbraucherzentralen auch eine gewisse Mitschuld an den jetzigen schlechten Umständen für einige Verbraucher zu. Wer immer kurzfristig auf die höchste Einsparung setze – so wie es leider lange von Verbraucherorganisationen empfohlen wurde –, "bezahlt das auch mit einem höheren Risiko."

Die "Stichprobe der Preise für die Strom-Grundversorgung in NRW" der Verbraucherzentrale NRW kann auf deren Internetseite heruntergeladen werden.

Donnerstag, 13.01.2022, 17:02 Uhr
Stefan Sagmeister

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