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Energie & Management > Gas - Verbände fordern Nachbesserung am Energiesicherungsgesetz
Quelle: Fotolia / WoGi
Gas

Verbände fordern Nachbesserung am Energiesicherungsgesetz

Unternehmensverbände und Fachorganisationen fordern Nachbesserungen am Gesetzesentwurf zum Energiesicherungsgesetz. Er soll die deutsche Kontrolle von kritischer Infrastruktur sichern.
Eine Anhörung von Experten und Expertinnen im Energieausschuss des Bundestags war von Zustimmung gekennzeichnet, aber auch Kritik an der von der Ampelkoalition vorgesehenen Änderung des Energiesicherungsgesetzes. Sorgen bereiten Unternehmensverbänden und Fachorganisationen besonders die möglichen Eingriffe in Eigentumsverhältnisse und in die Autonomie bei der Preisgestaltung.

Die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP wollen die neuen Maßnahmen am 12. Mai im Bundestag abschließend beraten und verabschieden. Sie sollen der Politik mehr Instrumente an die Hand geben, um angesichts der Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Kernpunkte dabei sind:
  • die Möglichkeit, Betreiber von kritischer Infrastruktur unter Treuhandverwaltung zu stellen oder sogar zu enteignen,
  • und Regelungen, die Lieferanten und Versorgern kurzfristige Preissteigerungen bei Gas im Falle von Lieferengpässen oder teurerer Beschaffung erlauben.
Energiehändlerverband warnt vor Insolvenzen im In- und Ausland

Am weitesten in seiner Kritik ging nicht ganz unerwartet der Verband Deutscher Energiehändler (Efet). Laut Vorstand Jan Haizmann gehen die Vorschriften zur Treuhandverwaltung und Enteignung zu weit. Bei Energieversorgern, die mehrheitlich über deutsche Anteilseigner verfügten, hält er Finanzhilfen für sinnvoller als eine Übernahme durch den Staat.

Zudem sagt Efet Deutschland bei Eingriffen in Gaspreise Konflikte mit internationalem Recht voraus. Gasverträge werden meist nach englischem Recht geschlossen, daher seien Preisänderungen womöglich nicht durchsetzbar oder landeten vor Gericht. Jan Haizmann warnte vor Vertragskündigungen, finanziellen Schieflagen und Insolvenzen im In- und Ausland.

​Netzagentur verteidigt Preisanpassungsnorm

Für die Bundesnetzagentur, die bereits im Falle von Gazprom Germania durch die Bundesregierung als Treuhänderin eingesetzt worden war, stellte Präsident Klaus Müller die Wirksamkeit der geplanten Preisanpassungsnorm heraus. Sie sei zwingend notwendig, um etwa im Falle ausbleibender oder reduzierter Gaslieferungen aus Russland die Gaslieferketten aufrechtzuerhalten. Andernfalls breche der Markt „kaskadenartig“ zusammen und die Versorgungssicherheit gerate in Gefahr. Gasimporteure müssten das Recht haben, im Falle stark steigender Beschaffungspreise die Kosten an die Kundschaft weiterzureichen, um selbst nicht zahlungsunfähig zu werden.

BDEW"unzureichende" Entschädigungsregelungen

Am anderen Ende der Gas-Lieferkette, bei Firmen, erwartet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) allerdings durch die Weitergabe von Preissprüngen ebenfalls Insolvenzen und Schließungen. Daher empfiehlt DIHK-Energiereferent Sebastian Bolay, Gaslieferanten direkt finanziell zu stützen oder Kosten entlang der Lieferketten allenfalls über ein Stufenmodell weiterzugeben. Staatliche Eingriffe ins Eigentum dürfe es ferner nur im äußersten Notfall geben, der Bundestag solle dies zudem – auch im Nachhinein – kontrollieren dürfen.

Um finanzielle Folgen eines Gaslieferstopps aus Russland abzufedern, schlägt der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vor, ähnlich wie in der Corona-Pandemie die Insolvenzantragspflicht für wirtschaftlich angeschlagene Energieversorger vorübergehend auszusetzen. Dies öffne die Tür für Anträge auf staatliche Unterstützungsgelder und verhindere Überschuldungen, so Alexander Götz, Geschäftsführer der Abteilung Energiewirtschaft im VKU.

Den Aspekt der Entschädigungen brachte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in die Debatte ein. Die Regelungen seien weder konkret genug noch auf einen kompletten Gas-Lieferstopp ausgerichtet, kritisierte Geertje Stolzenburg, Fachgebietsleiterin Energiewirtschaftsrecht.

Über das Zusammenspiel mit der Bundesnetzagentur verlangt die Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) Gas mehr Klarheit und Rechtssicherheit. Denn die FNB könnten im Falle rückläufiger Gaseinspeisung das Netz stabilisieren müssen, ohne dass die Netzagentur bereits die Regie als Bundeslastverteiler übernehme. Dieser Übergang der Verantwortung an die Regulierungsbehörde sei auch aus haftungsrechtlichen Gründen in den Gesetzentwurf einzufügen. Insgesamt begrüßt die VNB die Gesetzesnovelle jedoch.

Dienstag, 10.05.2022, 14:46 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Gas - Verbände fordern Nachbesserung am Energiesicherungsgesetz
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Gas
Verbände fordern Nachbesserung am Energiesicherungsgesetz
Unternehmensverbände und Fachorganisationen fordern Nachbesserungen am Gesetzesentwurf zum Energiesicherungsgesetz. Er soll die deutsche Kontrolle von kritischer Infrastruktur sichern.
Eine Anhörung von Experten und Expertinnen im Energieausschuss des Bundestags war von Zustimmung gekennzeichnet, aber auch Kritik an der von der Ampelkoalition vorgesehenen Änderung des Energiesicherungsgesetzes. Sorgen bereiten Unternehmensverbänden und Fachorganisationen besonders die möglichen Eingriffe in Eigentumsverhältnisse und in die Autonomie bei der Preisgestaltung.

Die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP wollen die neuen Maßnahmen am 12. Mai im Bundestag abschließend beraten und verabschieden. Sie sollen der Politik mehr Instrumente an die Hand geben, um angesichts der Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Kernpunkte dabei sind:
  • die Möglichkeit, Betreiber von kritischer Infrastruktur unter Treuhandverwaltung zu stellen oder sogar zu enteignen,
  • und Regelungen, die Lieferanten und Versorgern kurzfristige Preissteigerungen bei Gas im Falle von Lieferengpässen oder teurerer Beschaffung erlauben.
Energiehändlerverband warnt vor Insolvenzen im In- und Ausland

Am weitesten in seiner Kritik ging nicht ganz unerwartet der Verband Deutscher Energiehändler (Efet). Laut Vorstand Jan Haizmann gehen die Vorschriften zur Treuhandverwaltung und Enteignung zu weit. Bei Energieversorgern, die mehrheitlich über deutsche Anteilseigner verfügten, hält er Finanzhilfen für sinnvoller als eine Übernahme durch den Staat.

Zudem sagt Efet Deutschland bei Eingriffen in Gaspreise Konflikte mit internationalem Recht voraus. Gasverträge werden meist nach englischem Recht geschlossen, daher seien Preisänderungen womöglich nicht durchsetzbar oder landeten vor Gericht. Jan Haizmann warnte vor Vertragskündigungen, finanziellen Schieflagen und Insolvenzen im In- und Ausland.

​Netzagentur verteidigt Preisanpassungsnorm

Für die Bundesnetzagentur, die bereits im Falle von Gazprom Germania durch die Bundesregierung als Treuhänderin eingesetzt worden war, stellte Präsident Klaus Müller die Wirksamkeit der geplanten Preisanpassungsnorm heraus. Sie sei zwingend notwendig, um etwa im Falle ausbleibender oder reduzierter Gaslieferungen aus Russland die Gaslieferketten aufrechtzuerhalten. Andernfalls breche der Markt „kaskadenartig“ zusammen und die Versorgungssicherheit gerate in Gefahr. Gasimporteure müssten das Recht haben, im Falle stark steigender Beschaffungspreise die Kosten an die Kundschaft weiterzureichen, um selbst nicht zahlungsunfähig zu werden.

BDEW"unzureichende" Entschädigungsregelungen

Am anderen Ende der Gas-Lieferkette, bei Firmen, erwartet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) allerdings durch die Weitergabe von Preissprüngen ebenfalls Insolvenzen und Schließungen. Daher empfiehlt DIHK-Energiereferent Sebastian Bolay, Gaslieferanten direkt finanziell zu stützen oder Kosten entlang der Lieferketten allenfalls über ein Stufenmodell weiterzugeben. Staatliche Eingriffe ins Eigentum dürfe es ferner nur im äußersten Notfall geben, der Bundestag solle dies zudem – auch im Nachhinein – kontrollieren dürfen.

Um finanzielle Folgen eines Gaslieferstopps aus Russland abzufedern, schlägt der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vor, ähnlich wie in der Corona-Pandemie die Insolvenzantragspflicht für wirtschaftlich angeschlagene Energieversorger vorübergehend auszusetzen. Dies öffne die Tür für Anträge auf staatliche Unterstützungsgelder und verhindere Überschuldungen, so Alexander Götz, Geschäftsführer der Abteilung Energiewirtschaft im VKU.

Den Aspekt der Entschädigungen brachte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in die Debatte ein. Die Regelungen seien weder konkret genug noch auf einen kompletten Gas-Lieferstopp ausgerichtet, kritisierte Geertje Stolzenburg, Fachgebietsleiterin Energiewirtschaftsrecht.

Über das Zusammenspiel mit der Bundesnetzagentur verlangt die Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) Gas mehr Klarheit und Rechtssicherheit. Denn die FNB könnten im Falle rückläufiger Gaseinspeisung das Netz stabilisieren müssen, ohne dass die Netzagentur bereits die Regie als Bundeslastverteiler übernehme. Dieser Übergang der Verantwortung an die Regulierungsbehörde sei auch aus haftungsrechtlichen Gründen in den Gesetzentwurf einzufügen. Insgesamt begrüßt die VNB die Gesetzesnovelle jedoch.

Dienstag, 10.05.2022, 14:46 Uhr
Volker Stephan

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