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Energie & Management > Gas - Uniper muss
Quelle: Fotolia / tomas
Gas

Uniper muss "sehr bald" Erdgas aus Speichern entnehmen

Uniper hat einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen bei der Bundesregierung gestellt. Bereits kommende Woche muss der Versorger möglicherweise auf Gas für den Winter zurückgreifen.
Wintermodus im Juli: „Voraussichtlich schon sehr bald, gegebenenfalls ab der nächsten Woche", müsse Uniper Erdgas aus seinen Speichern entnehmen, sagte der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns, Klaus-Dieter Maubach, auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz. Und er sprach von einer „Notfallmaßnahme, bei der es ausschließlich um die Erfüllung der Gasverträge mit unseren Kunden sowie um die Sicherstellung unserer Liquidität geht.“

Kunden werde man zeitnah über die aktuelle Lage informieren und darüber, „dass deutliche Preiserhöhungen zu erwarten sind“. Auch zu Einschnitten bei Stadtwerke und Industrieunternehmen könnte es kommen. „Im Einzelnen werden wir Lieferkürzungen im Rahmen bestehender Verträge nicht ausschließen können“, sagte Maubach auf der Veranstaltung am 8. Juli und betonte: „Die Situation lässt uns keine andere Wahl.“ Die Gasspeicher des Konzerns sind dem Vernehmen nach zu insgesamt 54 % voll, Uniper selbst habe aktuell 40 % seiner gebuchten Kapazitäten gefüllt.

Schnell braucht das Düsseldorfer Unternehmen offenbar auch finanzielle Hilfe. Kaum dass die entsprechenden Mechanismen dafür am 8. Juli vom Bundestag im Energiesicherungsgesetz festgeschrieben worden sind, hat Uniper bei der Bundesregierung einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen gestellt.

Der mit dem Antrag eingereichte Vorschlag basiert laut Ad-hoc-Mitteilung des Unternehmens zunächst auf einer sogenannten fairen Kostenverteilung nach Paragraf 24 und/oder Paragraf 26 Energiesicherungsgesetz (EnSiG). Darüber hinaus sehe der Vorschlag zusätzliche Fremdkapitalmittel durch eine Aufstockung der – noch nicht gezogenen – KfW-Kreditlinie vor.

Uniper hofft auf „relevante Beteiligung“ des Bundes

Und schließlich hofft man auf eine „relevante Beteiligung“ des Bundes an der Uniper SE. Parallel dazu hat der finnische Mutterkonzern Fortum in Berlin vorgeschlagen, Uniper zu restrukturieren. Ziel: Gründung einer Versorgungssicherheitsgesellschaft im Eigentum des Staates.

Die Bundesregierung habe mit Paragraf 29 EnSiG die Voraussetzung geschaffen, sich an Unternehmen direkt zu beteiligen. Die Anwendung des Paragrafen habe Priorität über die Mechanismen, die es Unternehmen ermöglichen, erhöhte Beschaffungskosten Kunden weiterreichen zu können, sagte Maubach.

Hintergrund: Paragraf 24 EnSiG ermöglicht eine Preisanpassungsklausel in Kundenverträgen, Paragraf 26 zielt auf eine allgemeine Umlage der Kosten. Beide Paragrafen kommen nur alternativ in Betracht, die Entscheidung darüber liegt bei der Bundesregierung. Für Paragraf 26 bedarf es noch einer Verordnung zur Anwendung.

Uniper, so Maubach, sei infolge der Lieferkürzungen in eine besonders prekäre Situation geraten. Unter den gegenwärtigen Bedingungen verzeichne man „tägliche Mittelabflüsse im mittleren zweistelligen Millionenbereich, eine Situation, die für uns nicht lange durchhaltbar ist.“ In nur drei Wochen fehlten Uniper Gasmengen in der Größenordnung von einem Prozent des gesamten deutschen Gasverbrauchs. „Damit kommen 660.000 Haushalte ein ganzes Jahr aus.“

Weitere Kredite schweben dem Management nicht vor. Die Ratingagentur S&P hat Uniper kürzlich herabgestuft, der Versorger rangiert nur noch knapp über „Non-Investment-Grade“. Ein weiteres Abrutschen gelte es „mit aller Macht zu verhindern“, so Maubach. Kredite allein würden in dieser Situation nicht mehr nützen, ausschlaggebend seine andere Kennziffern, insofern komme man um eine relevante Eigenkapitalbeteiligung nicht herum.

Verluste von zehn Mrd. Euro möglich 

Zur Höhe der angestrebten Beteiligung wollte sich der Vorstandsvorsitzende nicht äußern. Extremszenario: Bei einem Gaspreis von 200 Euro pro MWh und den Volumina, die Uniper fehlen, könnten sich die Verluste bis Ende des Jahres auf bis zu 10 Mrd. Euro anhäufen.

Die neuen Sicherungsmechnismen im Gesetz bezeichnet Maubach als „kommunizierende Röhren.“ „Je weniger wir weitergeben an Kunden – weil Paragraf 26 oder 24 nicht aktiviert werden –, umso mehr Mittel brauchen wir, um nicht in eine finanzielle Schieflage zu geraten.“

Positiv äußerte er sich zum Engagement von Fortum: „Unser Mehrheitsaktionär hat sich in unserem Unternehmen schon über die Maßen engagiert.“ Fortum habe für das 80-prozentige Aktienpaket rund 7,5 Mrd. Euro ausgegeben, sagte er. „Zusätzlich verfügen wir über 4 Milliarden Cash-Kreditlinie von Fortum plus 4 Milliarden Garantien.“

Die Bundesregierung hat unterdessen bereits Unterstützung für den angeschlagenen Versorger signalisiert. "Wir haben uns auf alle Fälle politisch entschieden, dass wir Uniper helfen werden", sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) nach einem Treffen mit Wirtschaftsverbänden in München.

Freitag, 8.07.2022, 18:23 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Gas - Uniper muss
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Gas
Uniper muss "sehr bald" Erdgas aus Speichern entnehmen
Uniper hat einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen bei der Bundesregierung gestellt. Bereits kommende Woche muss der Versorger möglicherweise auf Gas für den Winter zurückgreifen.
Wintermodus im Juli: „Voraussichtlich schon sehr bald, gegebenenfalls ab der nächsten Woche", müsse Uniper Erdgas aus seinen Speichern entnehmen, sagte der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns, Klaus-Dieter Maubach, auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz. Und er sprach von einer „Notfallmaßnahme, bei der es ausschließlich um die Erfüllung der Gasverträge mit unseren Kunden sowie um die Sicherstellung unserer Liquidität geht.“

Kunden werde man zeitnah über die aktuelle Lage informieren und darüber, „dass deutliche Preiserhöhungen zu erwarten sind“. Auch zu Einschnitten bei Stadtwerke und Industrieunternehmen könnte es kommen. „Im Einzelnen werden wir Lieferkürzungen im Rahmen bestehender Verträge nicht ausschließen können“, sagte Maubach auf der Veranstaltung am 8. Juli und betonte: „Die Situation lässt uns keine andere Wahl.“ Die Gasspeicher des Konzerns sind dem Vernehmen nach zu insgesamt 54 % voll, Uniper selbst habe aktuell 40 % seiner gebuchten Kapazitäten gefüllt.

Schnell braucht das Düsseldorfer Unternehmen offenbar auch finanzielle Hilfe. Kaum dass die entsprechenden Mechanismen dafür am 8. Juli vom Bundestag im Energiesicherungsgesetz festgeschrieben worden sind, hat Uniper bei der Bundesregierung einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen gestellt.

Der mit dem Antrag eingereichte Vorschlag basiert laut Ad-hoc-Mitteilung des Unternehmens zunächst auf einer sogenannten fairen Kostenverteilung nach Paragraf 24 und/oder Paragraf 26 Energiesicherungsgesetz (EnSiG). Darüber hinaus sehe der Vorschlag zusätzliche Fremdkapitalmittel durch eine Aufstockung der – noch nicht gezogenen – KfW-Kreditlinie vor.

Uniper hofft auf „relevante Beteiligung“ des Bundes

Und schließlich hofft man auf eine „relevante Beteiligung“ des Bundes an der Uniper SE. Parallel dazu hat der finnische Mutterkonzern Fortum in Berlin vorgeschlagen, Uniper zu restrukturieren. Ziel: Gründung einer Versorgungssicherheitsgesellschaft im Eigentum des Staates.

Die Bundesregierung habe mit Paragraf 29 EnSiG die Voraussetzung geschaffen, sich an Unternehmen direkt zu beteiligen. Die Anwendung des Paragrafen habe Priorität über die Mechanismen, die es Unternehmen ermöglichen, erhöhte Beschaffungskosten Kunden weiterreichen zu können, sagte Maubach.

Hintergrund: Paragraf 24 EnSiG ermöglicht eine Preisanpassungsklausel in Kundenverträgen, Paragraf 26 zielt auf eine allgemeine Umlage der Kosten. Beide Paragrafen kommen nur alternativ in Betracht, die Entscheidung darüber liegt bei der Bundesregierung. Für Paragraf 26 bedarf es noch einer Verordnung zur Anwendung.

Uniper, so Maubach, sei infolge der Lieferkürzungen in eine besonders prekäre Situation geraten. Unter den gegenwärtigen Bedingungen verzeichne man „tägliche Mittelabflüsse im mittleren zweistelligen Millionenbereich, eine Situation, die für uns nicht lange durchhaltbar ist.“ In nur drei Wochen fehlten Uniper Gasmengen in der Größenordnung von einem Prozent des gesamten deutschen Gasverbrauchs. „Damit kommen 660.000 Haushalte ein ganzes Jahr aus.“

Weitere Kredite schweben dem Management nicht vor. Die Ratingagentur S&P hat Uniper kürzlich herabgestuft, der Versorger rangiert nur noch knapp über „Non-Investment-Grade“. Ein weiteres Abrutschen gelte es „mit aller Macht zu verhindern“, so Maubach. Kredite allein würden in dieser Situation nicht mehr nützen, ausschlaggebend seine andere Kennziffern, insofern komme man um eine relevante Eigenkapitalbeteiligung nicht herum.

Verluste von zehn Mrd. Euro möglich 

Zur Höhe der angestrebten Beteiligung wollte sich der Vorstandsvorsitzende nicht äußern. Extremszenario: Bei einem Gaspreis von 200 Euro pro MWh und den Volumina, die Uniper fehlen, könnten sich die Verluste bis Ende des Jahres auf bis zu 10 Mrd. Euro anhäufen.

Die neuen Sicherungsmechnismen im Gesetz bezeichnet Maubach als „kommunizierende Röhren.“ „Je weniger wir weitergeben an Kunden – weil Paragraf 26 oder 24 nicht aktiviert werden –, umso mehr Mittel brauchen wir, um nicht in eine finanzielle Schieflage zu geraten.“

Positiv äußerte er sich zum Engagement von Fortum: „Unser Mehrheitsaktionär hat sich in unserem Unternehmen schon über die Maßen engagiert.“ Fortum habe für das 80-prozentige Aktienpaket rund 7,5 Mrd. Euro ausgegeben, sagte er. „Zusätzlich verfügen wir über 4 Milliarden Cash-Kreditlinie von Fortum plus 4 Milliarden Garantien.“

Die Bundesregierung hat unterdessen bereits Unterstützung für den angeschlagenen Versorger signalisiert. "Wir haben uns auf alle Fälle politisch entschieden, dass wir Uniper helfen werden", sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) nach einem Treffen mit Wirtschaftsverbänden in München.

Freitag, 8.07.2022, 18:23 Uhr
Manfred Fischer

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