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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Und sie drehen sich doch: Die Veteranen sind wichtig
Quelle: Björn Braun 200% / Fotolia
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe

Und sie drehen sich doch: Die Veteranen sind wichtig

Das ist alt, kann das weg? Eine Frage, die sich seit Januar häufiger stellt, sobald ein Veteran unter den Windkrafträdern ins Blickfeld gerät.
Alte Windenergieanlagen, zumeist aus der Leistungsklasse unter 1 MW, rutschen aktuell reihenweise aus der EEG-Förderung, weil sie „Ü20“ sind. Wer 20 Jahre lang einen Aufschlag je Kilowattstunde erhalten hatte, balgt sich nun an der Strombörse ums Auskommen, also um den bestmöglichen Preis. Das ist teils beschwerlich, weg können die Klein-Turbinen deswegen aber noch lange nicht.

Bis 2025 fallen Altanlagen mit in Summe etwa 15.000 MW Leistung aus der Förderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Es gibt Begehrlichkeiten aus verschiedener Perspektive, all die TW600, V47, N27 aus den Häusern Tacke, Vestas oder Nordex am Leben zu erhalten. Eines der schlagendsten Argumente ist, dass an vielen Stellen die alten Mühlen nicht so einfach durch moderne Turbinen der 5-MW-Klasse ersetzt werden können.

Repowering eine gute Idee, aber längst nicht die Regel

Repowering soll der Energiewende eigentlich Schwung verleihen. Vorausgesetzt, leistungsstärkere Anlagen ersetzen die betagten Winzlinge. Zu einem hohen Prozentsatz, sagt BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm, befänden sich Ü20-Windenergieanlagen außerhalb planerisch festgeschriebener Windvorranggebiete. Wo nicht ausgetauscht werden kann, gilt mithin die Leitlinie: Bei guter Verfassung ist der Weiterbetrieb von Altanlagen sinnvoll. Ja, sogar wichtig: Denn gingen 2021 tatsächlich alle Altanlagen ersatzlos vom Netz, würde es einen Nettorückbau an Leistung geben, weil in diesem Jahr vermutlich nur etwa 2.200 bis 2.400 MW neue Kapazitäten entstehen.

Anfang 2021 waren noch fast 4.500 Windenergieanlagen mit 3.400 MW in Betrieb, deren Förderung über das EEG ausgelaufen ist. Davon gehören 1.200 mit zusammen 500 MW sogar in die Altersklasse Ü25. Das Balgen an der Strombörse um möglichst lukrative Erträge, zu denen ein Weiterbetrieb - bei laufenden Kosten für Betrieb, Wartung und Reparatur - ökonomisch sinnvoll erscheint, kann für Altanlagen von existenzieller Bedeutung sein.

Der Preisverfall im Corona-Jahr 2020 hätte vielen Altanlagen den Garaus machen können. Daher gab es für das laufende Jahr ein Bonbon der Bundesregierung, über den Marktpreis hinaus je kWh 0,25 bis 1 Cent zusätzlich zu zahlen. Nicht nur deshalb hatten die Windmüller der ersten Stunde Grund zur Freude: Die Marktwerte für an Land erzeugte Windenergie liegen im Jahr 2021 deutlich über 4 Cent pro kWh und kletterten im Juli sogar auf das Allzeithoch von 6,8 Cent.

Ein Jahr Bonusaufschlag "schiebt notwendige Reparaturen oder den Verkauf auf"

Nicht alle lebenserhaltenden Maßnahmen für Ü20-Anlagen finden Zustimmung in der Branche. Christoph Dany, Geschäftsführer der Hanse Windkraft, findet, „dass es keine Bestandsförderung für Altanlagen mehr geben muss“. Sie führe „zu nichts“, außer dass Betreibende womöglich notwendige Reparaturen und den Verkauf aufschöben. Hanse Windkraft kauft gezielt Anlagen auf, die ausgefördert sind oder nur noch wenige EEG-Jahre vor sich haben. Deren Ökostrom bleibt weiter im Markt und zahlt damit auf das Klimakonto des Mutterunternehmens ein, der Stadtwerke München. Auch andere Energiekonzerne finden Gefallen an Altanlagen und binden deren Strom in langfristige Abnahmeverträge (PPA) ein.

Noch eine andere Idee für die Kraftwerke aus der Gründerzeit der Energiewende stammt aus dem im Aufbau befindlichen Projekt „Rückenwind“. Dabei sollen die Ü20-Anlagen tatsächlich von der Landkarte verschwinden, von der Deutschlands. Anschließend sollen sie aber in Staaten, die noch Nachholbedarf in Sachen Energiewende haben, wieder aufgebaut werden. Bernd Weidmann, Projektmitbegründer und Geschäftsführer der Zweitmarkt-Plattform „windturbine.com“, hat Kontakte ins Baltikum hergestellt. Das Ziel ist eine möglichst lange Betriebszeit, während der der Alteigentümer weiter am Ertrag beteiligt sei. Weidmann schätzt, dass eine Anlage nach zehn Jahren mit jährlich 1 Mio. kWh Strom dem Verkäufer alle zwölf ​Monate noch 5.000 bis 10.000 Euro einbringen könne.

So gesehen, können Ü20-Anlagen durchaus auch weg, aber niemals gehen sie so ganz.

Dienstag, 31.08.2021, 16:50 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Und sie drehen sich doch: Die Veteranen sind wichtig
Quelle: Björn Braun 200% / Fotolia
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe
Und sie drehen sich doch: Die Veteranen sind wichtig
Das ist alt, kann das weg? Eine Frage, die sich seit Januar häufiger stellt, sobald ein Veteran unter den Windkrafträdern ins Blickfeld gerät.
Alte Windenergieanlagen, zumeist aus der Leistungsklasse unter 1 MW, rutschen aktuell reihenweise aus der EEG-Förderung, weil sie „Ü20“ sind. Wer 20 Jahre lang einen Aufschlag je Kilowattstunde erhalten hatte, balgt sich nun an der Strombörse ums Auskommen, also um den bestmöglichen Preis. Das ist teils beschwerlich, weg können die Klein-Turbinen deswegen aber noch lange nicht.

Bis 2025 fallen Altanlagen mit in Summe etwa 15.000 MW Leistung aus der Förderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Es gibt Begehrlichkeiten aus verschiedener Perspektive, all die TW600, V47, N27 aus den Häusern Tacke, Vestas oder Nordex am Leben zu erhalten. Eines der schlagendsten Argumente ist, dass an vielen Stellen die alten Mühlen nicht so einfach durch moderne Turbinen der 5-MW-Klasse ersetzt werden können.

Repowering eine gute Idee, aber längst nicht die Regel

Repowering soll der Energiewende eigentlich Schwung verleihen. Vorausgesetzt, leistungsstärkere Anlagen ersetzen die betagten Winzlinge. Zu einem hohen Prozentsatz, sagt BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm, befänden sich Ü20-Windenergieanlagen außerhalb planerisch festgeschriebener Windvorranggebiete. Wo nicht ausgetauscht werden kann, gilt mithin die Leitlinie: Bei guter Verfassung ist der Weiterbetrieb von Altanlagen sinnvoll. Ja, sogar wichtig: Denn gingen 2021 tatsächlich alle Altanlagen ersatzlos vom Netz, würde es einen Nettorückbau an Leistung geben, weil in diesem Jahr vermutlich nur etwa 2.200 bis 2.400 MW neue Kapazitäten entstehen.

Anfang 2021 waren noch fast 4.500 Windenergieanlagen mit 3.400 MW in Betrieb, deren Förderung über das EEG ausgelaufen ist. Davon gehören 1.200 mit zusammen 500 MW sogar in die Altersklasse Ü25. Das Balgen an der Strombörse um möglichst lukrative Erträge, zu denen ein Weiterbetrieb - bei laufenden Kosten für Betrieb, Wartung und Reparatur - ökonomisch sinnvoll erscheint, kann für Altanlagen von existenzieller Bedeutung sein.

Der Preisverfall im Corona-Jahr 2020 hätte vielen Altanlagen den Garaus machen können. Daher gab es für das laufende Jahr ein Bonbon der Bundesregierung, über den Marktpreis hinaus je kWh 0,25 bis 1 Cent zusätzlich zu zahlen. Nicht nur deshalb hatten die Windmüller der ersten Stunde Grund zur Freude: Die Marktwerte für an Land erzeugte Windenergie liegen im Jahr 2021 deutlich über 4 Cent pro kWh und kletterten im Juli sogar auf das Allzeithoch von 6,8 Cent.

Ein Jahr Bonusaufschlag "schiebt notwendige Reparaturen oder den Verkauf auf"

Nicht alle lebenserhaltenden Maßnahmen für Ü20-Anlagen finden Zustimmung in der Branche. Christoph Dany, Geschäftsführer der Hanse Windkraft, findet, „dass es keine Bestandsförderung für Altanlagen mehr geben muss“. Sie führe „zu nichts“, außer dass Betreibende womöglich notwendige Reparaturen und den Verkauf aufschöben. Hanse Windkraft kauft gezielt Anlagen auf, die ausgefördert sind oder nur noch wenige EEG-Jahre vor sich haben. Deren Ökostrom bleibt weiter im Markt und zahlt damit auf das Klimakonto des Mutterunternehmens ein, der Stadtwerke München. Auch andere Energiekonzerne finden Gefallen an Altanlagen und binden deren Strom in langfristige Abnahmeverträge (PPA) ein.

Noch eine andere Idee für die Kraftwerke aus der Gründerzeit der Energiewende stammt aus dem im Aufbau befindlichen Projekt „Rückenwind“. Dabei sollen die Ü20-Anlagen tatsächlich von der Landkarte verschwinden, von der Deutschlands. Anschließend sollen sie aber in Staaten, die noch Nachholbedarf in Sachen Energiewende haben, wieder aufgebaut werden. Bernd Weidmann, Projektmitbegründer und Geschäftsführer der Zweitmarkt-Plattform „windturbine.com“, hat Kontakte ins Baltikum hergestellt. Das Ziel ist eine möglichst lange Betriebszeit, während der der Alteigentümer weiter am Ertrag beteiligt sei. Weidmann schätzt, dass eine Anlage nach zehn Jahren mit jährlich 1 Mio. kWh Strom dem Verkäufer alle zwölf ​Monate noch 5.000 bis 10.000 Euro einbringen könne.

So gesehen, können Ü20-Anlagen durchaus auch weg, aber niemals gehen sie so ganz.

Dienstag, 31.08.2021, 16:50 Uhr
Volker Stephan

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