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Energie & Management > Österreich - Umweltministerin fühlt sich vom Koalitionspartner ausgebremst
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Umweltministerin fühlt sich vom Koalitionspartner ausgebremst

Beim Kongress von Oesterreichs Energie gab sich dessen Präsident Michael Strugl zuversichtlich hinsichtlich des Gelingens der Energiewende. Es fehlen aber noch etliche Energiegesetze.
Michael Strugl, der Präsident des österreichischen Elektrizitätswirtschaftsverbands und Generaldirektor des Stromkonzerns Verbund, gab sich zuversichtlich. „Wir wissen, wo wir hinwollen, und wir wissen auch, wie das geht. Endzeitstimmung ist es nicht, was wir jetzt brauchen und was die E-Wirtschaft vor sich herträgt“, betonte er zum Abschluss des Kongresses seines Verbands am 22. September in Wien. Die Branche habe das Know-how, die Ressourcen, die Projekte und eine Strategie, um die Energiewende zu meistern.

Wie berichtet, hatten Strugl und die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt, die Eckpunkte dieser Strategie am 19. September präsentiert. Geplant ist, die Ökostromerzeugung bis 2040 um etwa 90 % zu steigern, die Leistung der Anlagen sogar um 180 %. Das soll ermöglichen, das Ziel der Bundesregierung für das besagte Jahr zu erreichen: eine „klimaneutrale“ Energieversorgung von Österreichs Wirtschaft und Gesellschaft. Strugl räumte in seinem Resümee zum Kongress ein, dies sei ein „gewaltiges Programm. Aber die E-Wirtschaft kann und wird liefern. Man muss uns nur lassen. Das Zauberwort heißt Tun.“

„Man“ ist nicht zuletzt die österreichische Energiepolitik, von der Strugl einmal mehr die viel beschworenen „notwendigen Rahmenbedingungen“ einmahnte – von der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren bis zur Ausweisung bevorzugter Flächen zur Realisierung von Kraftwerks- und Leitungsprojekten.

Immerhin: Österreichs Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) streute der Branche bei ihrem Treffen Rosen. Zugeschaltet vom „Clean Energy Ministerial“ in Pittsburgh / Pennsylvania, flötete sie den 650 Gästen zu: „Dass die Stromversorgung so gut ist, ist das Verdienst von Ihnen allen. Die Resilienz des Systems ist unglaublich.“

Wichtig sei das gerade angesichts der aktuellen Herausforderungen: Österreich werde von den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine massiv getroffen. „Vor einem Jahr hätte niemand gedacht, dass wir auch nur in die Nähe einer Energielenkung kommen oder eine strategische Gasreserve brauchen. Aber jetzt brauchen wir beides. Und wir müssen raus aus der Nutzung von Erdgas, wo immer das möglich ist. Klarer als jetzt kann das kaum sein.“

„Überambitionierte“ Ministerin

Ganz voller Geigen hängt der Himmel dennoch nicht. Mehr als ein Jahr nach dem Beschluss des von Gewessler als „großer Baustein“ gelobten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) fehlt noch immer die wichtigste Rechtsnorm zu dessen Umsetzung, die Marktprämienverordnung. Die Ministerin teilte lediglich mit, es habe „unzählige Abstimmungsrunden mit dem Koalitionspartner“, der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP), gegeben: „Ich warte auf die Freigabe der Verordnung und weiß nicht, was dieser entgegensteht.“ Eine Behauptung, die auf dem Kongress lächelnd zur Kenntnis genommen wurde: Bekanntermaßen hängt der Haussegen zwischen Gewessler und manchen Mächtigen in der ÖVP seit langem schief, nicht zuletzt wegen ihrer in Wirtschaftskreisen als überambitioniert geltenden Klimapolitik.

Derlei wirkt sich wenig förderlich auf die Rechtssetzung im Energiesektor aus. Und die Liste des zu Erledigenden ist lang, zeigten bei dem Kongress die Ausführungen des Leiters der Klima- und Energiesektion im Energieministerium (BMK), Jürgen Schneider.

Ausständig ist etwa der Beschluss der Gesetzesnovelle über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz), deren Begutachtung diese Woche endete. Kritik gab es von allen Seiten. Umweltgruppen bemängelten die allzu weit gehenden Erleichterungen für Kraftwerksaus- und -neubauten. Die E-Wirtschaft wiederum begrüßte den Entwurf grundsätzlich, kritisierte aber strenge Bestimmungen hinsichtlich der für neue Projekte notwendigen Flächen.

Zum „Strommarktgesetz neu“ zur Umsetzung der Strombinnenmarktrichtlinie 2019/944 der EU beschied Schneider, dieses sei „gut im Zeitplan, wenn auch nicht in jenem, den wir uns vor der russischen Invasion in der Ukraine vornahmen“.

Noch vorzulegen hat das BMK unter anderem das Erbauerbare-Gase-Gesetz, das seit fast zwei Jahren ausständige Energieeffizienzgesetz, das ebenso lange fällige neue Klimaschutzgesetz und eine Novelle zum Gesetz über die Umweltförderung.

Gestandene E-Wirtschaftler kommentierten Strugls optimistische Worte der Redaktion gegenüber denn auch pragmatisch: Der Präsident und sein Team bemühten sich nach Kräften, die nötigen Rechtsakte voranzutreiben, und erzielten dabei im Rahmen des Möglichen manch schönen Erfolg. Doch was sich die Energiepolitik so leiste, sei alles andere als zauberhaft.

Donnerstag, 22.09.2022, 17:23 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Umweltministerin fühlt sich vom Koalitionspartner ausgebremst
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Österreich
Umweltministerin fühlt sich vom Koalitionspartner ausgebremst
Beim Kongress von Oesterreichs Energie gab sich dessen Präsident Michael Strugl zuversichtlich hinsichtlich des Gelingens der Energiewende. Es fehlen aber noch etliche Energiegesetze.
Michael Strugl, der Präsident des österreichischen Elektrizitätswirtschaftsverbands und Generaldirektor des Stromkonzerns Verbund, gab sich zuversichtlich. „Wir wissen, wo wir hinwollen, und wir wissen auch, wie das geht. Endzeitstimmung ist es nicht, was wir jetzt brauchen und was die E-Wirtschaft vor sich herträgt“, betonte er zum Abschluss des Kongresses seines Verbands am 22. September in Wien. Die Branche habe das Know-how, die Ressourcen, die Projekte und eine Strategie, um die Energiewende zu meistern.

Wie berichtet, hatten Strugl und die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt, die Eckpunkte dieser Strategie am 19. September präsentiert. Geplant ist, die Ökostromerzeugung bis 2040 um etwa 90 % zu steigern, die Leistung der Anlagen sogar um 180 %. Das soll ermöglichen, das Ziel der Bundesregierung für das besagte Jahr zu erreichen: eine „klimaneutrale“ Energieversorgung von Österreichs Wirtschaft und Gesellschaft. Strugl räumte in seinem Resümee zum Kongress ein, dies sei ein „gewaltiges Programm. Aber die E-Wirtschaft kann und wird liefern. Man muss uns nur lassen. Das Zauberwort heißt Tun.“

„Man“ ist nicht zuletzt die österreichische Energiepolitik, von der Strugl einmal mehr die viel beschworenen „notwendigen Rahmenbedingungen“ einmahnte – von der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren bis zur Ausweisung bevorzugter Flächen zur Realisierung von Kraftwerks- und Leitungsprojekten.

Immerhin: Österreichs Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) streute der Branche bei ihrem Treffen Rosen. Zugeschaltet vom „Clean Energy Ministerial“ in Pittsburgh / Pennsylvania, flötete sie den 650 Gästen zu: „Dass die Stromversorgung so gut ist, ist das Verdienst von Ihnen allen. Die Resilienz des Systems ist unglaublich.“

Wichtig sei das gerade angesichts der aktuellen Herausforderungen: Österreich werde von den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine massiv getroffen. „Vor einem Jahr hätte niemand gedacht, dass wir auch nur in die Nähe einer Energielenkung kommen oder eine strategische Gasreserve brauchen. Aber jetzt brauchen wir beides. Und wir müssen raus aus der Nutzung von Erdgas, wo immer das möglich ist. Klarer als jetzt kann das kaum sein.“

„Überambitionierte“ Ministerin

Ganz voller Geigen hängt der Himmel dennoch nicht. Mehr als ein Jahr nach dem Beschluss des von Gewessler als „großer Baustein“ gelobten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) fehlt noch immer die wichtigste Rechtsnorm zu dessen Umsetzung, die Marktprämienverordnung. Die Ministerin teilte lediglich mit, es habe „unzählige Abstimmungsrunden mit dem Koalitionspartner“, der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP), gegeben: „Ich warte auf die Freigabe der Verordnung und weiß nicht, was dieser entgegensteht.“ Eine Behauptung, die auf dem Kongress lächelnd zur Kenntnis genommen wurde: Bekanntermaßen hängt der Haussegen zwischen Gewessler und manchen Mächtigen in der ÖVP seit langem schief, nicht zuletzt wegen ihrer in Wirtschaftskreisen als überambitioniert geltenden Klimapolitik.

Derlei wirkt sich wenig förderlich auf die Rechtssetzung im Energiesektor aus. Und die Liste des zu Erledigenden ist lang, zeigten bei dem Kongress die Ausführungen des Leiters der Klima- und Energiesektion im Energieministerium (BMK), Jürgen Schneider.

Ausständig ist etwa der Beschluss der Gesetzesnovelle über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz), deren Begutachtung diese Woche endete. Kritik gab es von allen Seiten. Umweltgruppen bemängelten die allzu weit gehenden Erleichterungen für Kraftwerksaus- und -neubauten. Die E-Wirtschaft wiederum begrüßte den Entwurf grundsätzlich, kritisierte aber strenge Bestimmungen hinsichtlich der für neue Projekte notwendigen Flächen.

Zum „Strommarktgesetz neu“ zur Umsetzung der Strombinnenmarktrichtlinie 2019/944 der EU beschied Schneider, dieses sei „gut im Zeitplan, wenn auch nicht in jenem, den wir uns vor der russischen Invasion in der Ukraine vornahmen“.

Noch vorzulegen hat das BMK unter anderem das Erbauerbare-Gase-Gesetz, das seit fast zwei Jahren ausständige Energieeffizienzgesetz, das ebenso lange fällige neue Klimaschutzgesetz und eine Novelle zum Gesetz über die Umweltförderung.

Gestandene E-Wirtschaftler kommentierten Strugls optimistische Worte der Redaktion gegenüber denn auch pragmatisch: Der Präsident und sein Team bemühten sich nach Kräften, die nötigen Rechtsakte voranzutreiben, und erzielten dabei im Rahmen des Möglichen manch schönen Erfolg. Doch was sich die Energiepolitik so leiste, sei alles andere als zauberhaft.

Donnerstag, 22.09.2022, 17:23 Uhr
Klaus Fischer

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