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Energie & Management > Kernkraft - Umstrittenes deutsches Engagment bei ungarischem AKW-Neubau
Quelle: Pixabay / Markus Distelrath
Kernkraft

Umstrittenes deutsches Engagment bei ungarischem AKW-Neubau

Das deutsche Zögern bei der Exportgenehmigung für Teile des neuen Kernkraftwerks Paks II sorgt für Verstimmung zwischen Berlin und Budapest
Die ab 2024 geplante Erweiterung des ungarischen Kernkraftwerks Paks um zwei Reaktoren sorgt derzeit für Spannungen zwischen den Regierungen in Berlin und Budapest. Denn das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) hat bislang noch keine Genehmigung für den Export eines Kontrollsystems erteilt, das die deutsche Siemens Energy zusammen mit der französischen Framatome nach Paks liefern soll. Die französische Exportbehörde hingegen hat für Framatome schon grünes Licht gegeben.

Ungarn wirft Berlin nun eine gezielte Blockade vor und droht mit einem Ausschluss von Siemens Energy vom Bau der beiden Blöcke. Es bleibe abzuwarten, ob das Unternehmen den Zuschlag erhält, so der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas. Die Deutschen seien für den Bau „nicht unverzichtbar“, da drei oder vier andere westeuropäische Unternehmen an ihre Stelle treten könnten. Dabei bleibt er jedoch eine Antwort schuldig, wer dies sein könne.

Im Übrigen ist Siemens Energy längst vertraglich gebunden und verfügt nach eigenen Angaben als einziger Anbieter über ein System, das eine Qualifizierung und Zertifizierung nach europäischen Normen und Standards sowie nach der Internationalen Elektrotechnischen Kommission nachweisen kann.
 
Federführend beim Ausbau des Kernkraftwerks ist die russische Rosatom. Sie hatte das deutsch-französische Konsortium Framatome und Siemens Energy mit dem Bau der Kontrollsysteme für das neue Kraftwerk Paks beauftragt. Im Oktober 2021 wurde der entsprechende Vertrag geschlossen. Zuvor war schon ein Kontrakt über die Herstellung von Turbinen durch eine ungarische Tochter der US-amerikanischen General Electric unterzeichnet worden.
 
Frankreich und Ungarn gegen Sanktionen gegen Russland

Außenminister Peter Szijjarto zufolge erörtert Ungarn derzeit mit Framatome verschiedene Szenarien, um den Ausbau von Paks gegebenenfalls auch ohne deutsche Beteiligung zu realisieren. Frankreich unterstütze die ungarische Position, dass EU-Sanktionen sich nicht auf russische Kernenergie beziehen dürften.
 
Für Siemens Energy gelte grundsätzlich das Primat der Politik, betonte ein Sprecher. Hierzu gehöre selbstverständlich auch, sich an bestehende Sanktionsregelungen zu halten. Das Unternehmen sei längst nicht mehr in der „heißen“ Nukleartechnik vertreten, da Siemens 2011 den Ausstieg aus der Atomkraft bekannt gab. Allerdings engagiere es sich noch in der sogenannten betrieblichen Leittechnik. Dabei handele es sich rechtlich gesehen um eine Technologie mit doppeltem Verwendungszweck, weshalb nach dem derzeitigen europäischen Regelungsumfeld die zuständige nationale Ausfuhrbehörde die zivile Nutzung genehmigen müsse.
 
Ungarn will ab 2024 das neue Kernkraftwerk bauen 

Ungarn hält unterdessen am Baubeginn 2024 für die beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Paks II fest. Sie könnten dann realistischerweise um das Jahr 2032 in Betrieb genommen werden, so Kanzleramtsminister Gergely Gulyas. Mit der Erweiterung um zwei Blöcke soll die gesamte installierte Leistung in Paks von 2.000 MW auf 4.400 MW steigen. Bisher wird in Paks die Hälfte des in ganz Ungarn erzeugten Stroms und ein Drittel des dort auch verbrauchten Stroms produziert.
 
Mit dem Ausbau werde Ungarn, das derzeit 85 Prozent seiner Öl- und Gasreserven aus Russland bezieht, in seiner Energieversorgung deutlich eigenständiger, verspricht die Regierung in Budapest. Allerdings wird die Erweiterung von Paks nahezu vollständig über Kredite Moskaus an Ungarn finanziert, wodurch das mittelosteuropäische Land dann doch langfristig an Russland gebunden ist.

Dienstag, 28.02.2023, 09:23 Uhr
Karin Rogalska
Energie & Management > Kernkraft - Umstrittenes deutsches Engagment bei ungarischem AKW-Neubau
Quelle: Pixabay / Markus Distelrath
Kernkraft
Umstrittenes deutsches Engagment bei ungarischem AKW-Neubau
Das deutsche Zögern bei der Exportgenehmigung für Teile des neuen Kernkraftwerks Paks II sorgt für Verstimmung zwischen Berlin und Budapest
Die ab 2024 geplante Erweiterung des ungarischen Kernkraftwerks Paks um zwei Reaktoren sorgt derzeit für Spannungen zwischen den Regierungen in Berlin und Budapest. Denn das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) hat bislang noch keine Genehmigung für den Export eines Kontrollsystems erteilt, das die deutsche Siemens Energy zusammen mit der französischen Framatome nach Paks liefern soll. Die französische Exportbehörde hingegen hat für Framatome schon grünes Licht gegeben.

Ungarn wirft Berlin nun eine gezielte Blockade vor und droht mit einem Ausschluss von Siemens Energy vom Bau der beiden Blöcke. Es bleibe abzuwarten, ob das Unternehmen den Zuschlag erhält, so der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas. Die Deutschen seien für den Bau „nicht unverzichtbar“, da drei oder vier andere westeuropäische Unternehmen an ihre Stelle treten könnten. Dabei bleibt er jedoch eine Antwort schuldig, wer dies sein könne.

Im Übrigen ist Siemens Energy längst vertraglich gebunden und verfügt nach eigenen Angaben als einziger Anbieter über ein System, das eine Qualifizierung und Zertifizierung nach europäischen Normen und Standards sowie nach der Internationalen Elektrotechnischen Kommission nachweisen kann.
 
Federführend beim Ausbau des Kernkraftwerks ist die russische Rosatom. Sie hatte das deutsch-französische Konsortium Framatome und Siemens Energy mit dem Bau der Kontrollsysteme für das neue Kraftwerk Paks beauftragt. Im Oktober 2021 wurde der entsprechende Vertrag geschlossen. Zuvor war schon ein Kontrakt über die Herstellung von Turbinen durch eine ungarische Tochter der US-amerikanischen General Electric unterzeichnet worden.
 
Frankreich und Ungarn gegen Sanktionen gegen Russland

Außenminister Peter Szijjarto zufolge erörtert Ungarn derzeit mit Framatome verschiedene Szenarien, um den Ausbau von Paks gegebenenfalls auch ohne deutsche Beteiligung zu realisieren. Frankreich unterstütze die ungarische Position, dass EU-Sanktionen sich nicht auf russische Kernenergie beziehen dürften.
 
Für Siemens Energy gelte grundsätzlich das Primat der Politik, betonte ein Sprecher. Hierzu gehöre selbstverständlich auch, sich an bestehende Sanktionsregelungen zu halten. Das Unternehmen sei längst nicht mehr in der „heißen“ Nukleartechnik vertreten, da Siemens 2011 den Ausstieg aus der Atomkraft bekannt gab. Allerdings engagiere es sich noch in der sogenannten betrieblichen Leittechnik. Dabei handele es sich rechtlich gesehen um eine Technologie mit doppeltem Verwendungszweck, weshalb nach dem derzeitigen europäischen Regelungsumfeld die zuständige nationale Ausfuhrbehörde die zivile Nutzung genehmigen müsse.
 
Ungarn will ab 2024 das neue Kernkraftwerk bauen 

Ungarn hält unterdessen am Baubeginn 2024 für die beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Paks II fest. Sie könnten dann realistischerweise um das Jahr 2032 in Betrieb genommen werden, so Kanzleramtsminister Gergely Gulyas. Mit der Erweiterung um zwei Blöcke soll die gesamte installierte Leistung in Paks von 2.000 MW auf 4.400 MW steigen. Bisher wird in Paks die Hälfte des in ganz Ungarn erzeugten Stroms und ein Drittel des dort auch verbrauchten Stroms produziert.
 
Mit dem Ausbau werde Ungarn, das derzeit 85 Prozent seiner Öl- und Gasreserven aus Russland bezieht, in seiner Energieversorgung deutlich eigenständiger, verspricht die Regierung in Budapest. Allerdings wird die Erweiterung von Paks nahezu vollständig über Kredite Moskaus an Ungarn finanziert, wodurch das mittelosteuropäische Land dann doch langfristig an Russland gebunden ist.

Dienstag, 28.02.2023, 09:23 Uhr
Karin Rogalska

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