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Energie & Management > Gas - Umlagewirrwarr und Steuersenkung lassen Versorger ächzen
Quelle: Pixabay / Harry Strauss
Gas

Umlagewirrwarr und Steuersenkung lassen Versorger ächzen

Die deutschen Haushalte benötigen Geduld und Spürsinn, um das Rechnungswirrwarr nach gekippter Gasumlage und gesenkten Steuern zu entschlüsseln. Versorger verfahren hier uneinheitlich.
Der kritische Blick auf die Gasrechnungen lohnt sich seit dem vergangenen Quartal dieses Jahres wie selten zuvor. Denn es sammelt sich eine Menge Kleingedrucktes rund um Abschläge, Umlagen, Mehrwertsteuersenkung an, das verstanden und geprüft werden will. Die Versorger in Deutschland ächzen unter den kurzfristig getroffenen und umzusetzenden Vorgaben des Bundes – und handeln in den Abrechnungen sehr unterschiedlich.

Die Stadtwerke Pirmasens etwa hatten zum Oktober nichts an den Abschlagszahlungen der Kundschaft geändert. Das mag clever erscheinen, denn so umgingen die Südwestpfälzer das Problem mit der erst beschlossenen und schließlich kurz vor Einführung gekippten Umlage zur Stützung der Gasimporteure (Aufschlag von 2,419 Ct netto je kWh). Gleichwohl erhöhte der Versorger die Abschläge auch auf Basis dieser Umlage mit erstmaliger Wirkung zum 1. November.

Und nun haben die Stadtwerke beschlossen, so Geschäftsführer Christoph Dörr in einer Mitteilung, die höheren Abschläge nicht um die wegfallende Umlage zu bereinigen. Dies soll dazu dienen, die "Verbraucher vor hohen Nachzahlungen zu schützen." Wer sich das aber nicht leisten kann, dem wolle das Unternehmen den Abschlag dann doch individuell senken. Spätestens mit der Jahresrechnung, verspricht Dörr, "ziehen wir alles wieder glatt".

Dazu zählt auch eine weitere Besonderheit in Pirmasens: Die verbliebenen Umlagen auf den Gaspreis (für Speicher, Bilanzierung) in Höhe von netto 0,67 Ct/kWh verrechnen die Stadtwerke ab November bei den höheren Abschlägen noch mit dem Steuersatz von 19 %. Der wird jedoch rückwirkend zum 1. Oktober laut Gesetzesänderung nur noch 7 % betragen. Hier will Pirmasens die Rechtsgültigkeit der Novelle abwarten. Sodann würden die Stadtwerke die Senkung rückwirkend ab Oktober erstatten. Oder – sofern es sich um stichtagsbezogene Verträge für ein volles Kalenderjahr handelt – die Steuersenkung auf die komplette Jahresrechnung entfallen lassen.
 
 
Gasag zögert Endabrechnungen wegen ermäßigter Steuer hinaus

Auf die ausstehende Rechtskraft verweist auch die Gasag. Um den Steuersatz von 7 % korrekt anzuwenden, verzichtet der Berliner Versorger vorerst auf Endabrechnungen, die in den maßgeblichen Zeitraum ab Oktober hineinragen. Es könne hier zu "Verzögerungen" kommen. Aus den Oktober-Abschlägen, so teilte das Unternehmen mit, hatte die Gasag die vom Bund gestrichene Gasumlage jedenfalls noch herausrechnen können. Wegen der anderen Umlagen habe das Unternehmen die Preise "kurzfristig aktualisiert". Sie liegen nun laut Darstellung im Internet um 0,75 Ct brutto je Kilowattstunde höher. Hier ist noch der Steuersatz von 19 % eingerechnet. Eine Sprecherin der Gasag erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, mit der Reduzierung noch zu warten.

Wie Pirmasens verfahren auch weitere Versorger aus Rheinland-Pfalz. Die Mainzer Stadtwerke teilen auf ihrer Internetseite mit, die zum 7. Oktober erhöhten Abschlagszahlungen in der kalkulierten Höhe beizubehalten. Wegen der weggefallenen Gasbeschaffungsumlage zu viel gezahltes Geld würde "natürlich als Guthaben bei der Jahresrechnung berücksichtigt", heißt es weiter. Es sei denn, Kunden wünschten eine sofortige Rückzahlung. Die Abschläge nicht rückwirkend anzupassen, ist nach Informationen von dpa auch die Verfahrensweise der Pfalzwerke in Ludwigshafen. Sie wollen die Erstattung in die Jahresrechnung einfließen lassen.

Der hessische Energieversorger Mainova hat es nach eigenen Angaben vermeiden können, die Gasbeschaffungsumlage in die Preise einzubeziehen. Die Abschläge der Frankfurter blieben unverändert. Beim Nachbarn in Darmstadt wird Arbeit nötig: Entega werde den Arbeitspreis für die verbrauchte Kilowattstunde Gas ab November wieder um gut zwei Cent für die angekündigte und einberechnete Umlage senken, heißt es im Netz-Auftritt. Erfolgte Erhöhungen würden "automatisch in voller Höhe zurückgenommen".

Der Bund will ferner den Dezember kostenfrei stellen und im Rahmen des 200-Milliarden-Entlastungspakets die Abschlagszahlung für diesen Monat übernehmen. Hier herrscht bei vielen Versorgern noch Unklarheit, wie dies erfolgen soll. Die Gasag-Sprecherin vermochte es nicht, einen Zeitpunkt für entsprechende Mitteilungen an die Kundschaft zu nennen. Auch Mainova, Pfalzwerke und Stadtwerke Mainz etwa warten noch genauere Bestimmungen Berlins ab.

Der Darmstädter Versorger Entega verzichtet übrigens – wie viele andere Unternehmen auch – auf neue Anschreiben im Zusammenhang mit den Abgaben an die Kundinnen und Kunden. Informationen erfolgen über die Internetseite oder die Kanäle der Sozialen Medien. Warum keine Briefpost mehr herausgeht, darauf lässt auch ein Hinweis der Stadtwerke Pirmasens schließen. Sie informierten mit sechs Wochen Vorlauf per Kundenbrief über die (zurückgenommene) Gasumlage. Das Hin und Her "kostete die Stadtwerke Pirmasens unnötigerweise rund 40.000 Euro", so der Versorger. Zumindest das Porto soll also nicht wieder anfallen.

Donnerstag, 13.10.2022, 14:46 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Gas - Umlagewirrwarr und Steuersenkung lassen Versorger ächzen
Quelle: Pixabay / Harry Strauss
Gas
Umlagewirrwarr und Steuersenkung lassen Versorger ächzen
Die deutschen Haushalte benötigen Geduld und Spürsinn, um das Rechnungswirrwarr nach gekippter Gasumlage und gesenkten Steuern zu entschlüsseln. Versorger verfahren hier uneinheitlich.
Der kritische Blick auf die Gasrechnungen lohnt sich seit dem vergangenen Quartal dieses Jahres wie selten zuvor. Denn es sammelt sich eine Menge Kleingedrucktes rund um Abschläge, Umlagen, Mehrwertsteuersenkung an, das verstanden und geprüft werden will. Die Versorger in Deutschland ächzen unter den kurzfristig getroffenen und umzusetzenden Vorgaben des Bundes – und handeln in den Abrechnungen sehr unterschiedlich.

Die Stadtwerke Pirmasens etwa hatten zum Oktober nichts an den Abschlagszahlungen der Kundschaft geändert. Das mag clever erscheinen, denn so umgingen die Südwestpfälzer das Problem mit der erst beschlossenen und schließlich kurz vor Einführung gekippten Umlage zur Stützung der Gasimporteure (Aufschlag von 2,419 Ct netto je kWh). Gleichwohl erhöhte der Versorger die Abschläge auch auf Basis dieser Umlage mit erstmaliger Wirkung zum 1. November.

Und nun haben die Stadtwerke beschlossen, so Geschäftsführer Christoph Dörr in einer Mitteilung, die höheren Abschläge nicht um die wegfallende Umlage zu bereinigen. Dies soll dazu dienen, die "Verbraucher vor hohen Nachzahlungen zu schützen." Wer sich das aber nicht leisten kann, dem wolle das Unternehmen den Abschlag dann doch individuell senken. Spätestens mit der Jahresrechnung, verspricht Dörr, "ziehen wir alles wieder glatt".

Dazu zählt auch eine weitere Besonderheit in Pirmasens: Die verbliebenen Umlagen auf den Gaspreis (für Speicher, Bilanzierung) in Höhe von netto 0,67 Ct/kWh verrechnen die Stadtwerke ab November bei den höheren Abschlägen noch mit dem Steuersatz von 19 %. Der wird jedoch rückwirkend zum 1. Oktober laut Gesetzesänderung nur noch 7 % betragen. Hier will Pirmasens die Rechtsgültigkeit der Novelle abwarten. Sodann würden die Stadtwerke die Senkung rückwirkend ab Oktober erstatten. Oder – sofern es sich um stichtagsbezogene Verträge für ein volles Kalenderjahr handelt – die Steuersenkung auf die komplette Jahresrechnung entfallen lassen.
 
 
Gasag zögert Endabrechnungen wegen ermäßigter Steuer hinaus

Auf die ausstehende Rechtskraft verweist auch die Gasag. Um den Steuersatz von 7 % korrekt anzuwenden, verzichtet der Berliner Versorger vorerst auf Endabrechnungen, die in den maßgeblichen Zeitraum ab Oktober hineinragen. Es könne hier zu "Verzögerungen" kommen. Aus den Oktober-Abschlägen, so teilte das Unternehmen mit, hatte die Gasag die vom Bund gestrichene Gasumlage jedenfalls noch herausrechnen können. Wegen der anderen Umlagen habe das Unternehmen die Preise "kurzfristig aktualisiert". Sie liegen nun laut Darstellung im Internet um 0,75 Ct brutto je Kilowattstunde höher. Hier ist noch der Steuersatz von 19 % eingerechnet. Eine Sprecherin der Gasag erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, mit der Reduzierung noch zu warten.

Wie Pirmasens verfahren auch weitere Versorger aus Rheinland-Pfalz. Die Mainzer Stadtwerke teilen auf ihrer Internetseite mit, die zum 7. Oktober erhöhten Abschlagszahlungen in der kalkulierten Höhe beizubehalten. Wegen der weggefallenen Gasbeschaffungsumlage zu viel gezahltes Geld würde "natürlich als Guthaben bei der Jahresrechnung berücksichtigt", heißt es weiter. Es sei denn, Kunden wünschten eine sofortige Rückzahlung. Die Abschläge nicht rückwirkend anzupassen, ist nach Informationen von dpa auch die Verfahrensweise der Pfalzwerke in Ludwigshafen. Sie wollen die Erstattung in die Jahresrechnung einfließen lassen.

Der hessische Energieversorger Mainova hat es nach eigenen Angaben vermeiden können, die Gasbeschaffungsumlage in die Preise einzubeziehen. Die Abschläge der Frankfurter blieben unverändert. Beim Nachbarn in Darmstadt wird Arbeit nötig: Entega werde den Arbeitspreis für die verbrauchte Kilowattstunde Gas ab November wieder um gut zwei Cent für die angekündigte und einberechnete Umlage senken, heißt es im Netz-Auftritt. Erfolgte Erhöhungen würden "automatisch in voller Höhe zurückgenommen".

Der Bund will ferner den Dezember kostenfrei stellen und im Rahmen des 200-Milliarden-Entlastungspakets die Abschlagszahlung für diesen Monat übernehmen. Hier herrscht bei vielen Versorgern noch Unklarheit, wie dies erfolgen soll. Die Gasag-Sprecherin vermochte es nicht, einen Zeitpunkt für entsprechende Mitteilungen an die Kundschaft zu nennen. Auch Mainova, Pfalzwerke und Stadtwerke Mainz etwa warten noch genauere Bestimmungen Berlins ab.

Der Darmstädter Versorger Entega verzichtet übrigens – wie viele andere Unternehmen auch – auf neue Anschreiben im Zusammenhang mit den Abgaben an die Kundinnen und Kunden. Informationen erfolgen über die Internetseite oder die Kanäle der Sozialen Medien. Warum keine Briefpost mehr herausgeht, darauf lässt auch ein Hinweis der Stadtwerke Pirmasens schließen. Sie informierten mit sechs Wochen Vorlauf per Kundenbrief über die (zurückgenommene) Gasumlage. Das Hin und Her "kostete die Stadtwerke Pirmasens unnötigerweise rund 40.000 Euro", so der Versorger. Zumindest das Porto soll also nicht wieder anfallen.

Donnerstag, 13.10.2022, 14:46 Uhr
Volker Stephan

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