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Energie & Management > Gas - Umlage soll Pleitewelle der Gasimporteure verhindern
Quelle: Pixabay / PublicDomainPictures
Gas

Umlage soll Pleitewelle der Gasimporteure verhindern

Seit Russland die Gaslieferung drosselt stellt sich für Gasgroßhändler die Existenzfrage. Die geplante Gasumlage soll die Gasmporteure stützen, könnte aber zum Problem für Kunden werden
Bis zu 15 Mrd. Euro wird der Bund alleine für die Rettung des Gasimporteurs Uniper lockermachen. Aber auch andere Unternehmen, die sich darauf verlassen haben, dass Gazprom soviel billiges Leitungsgas liefert, wie man verkaufen kann, stehen inzwischen vor den Ruinen ihres Geschäftsmodells. Um auch diese Firmen zu retten, hat der Bundestag das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) verabschiedet – denn eine Pleitewelle würde die ohnehin angespannte Versorgungslage weiter verschärfen. Man werde nicht zulassen, dass „die Versorgungssicherheit in Deutschland gefährdet wird“, sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Nach dem EnSiG kann die Bundesregierung den Gashändlern die Weitergabe ihrer gestiegenen Kosten an ihre Kunden auch dann gestatten, wenn das in den Verträgen mit diesen Kunden nicht vorgesehen ist. Das Gesetz sieht dafür zwei Möglichkeiten vor: nach Paragraph 24 kann der Gesetzgeber dem Gashändler gestatten, die vertraglich vereinbarten Preise anzupassen: statt ursprünglich vereinbarter 5 Cent müsste der Kunde (zum Beispiel ein Stadtwerk) dann zum möglicherweise 8 Cent/kWh bezahlen. Das Stadtwerk dürfte dann seinerseits die Preise für seine Kunden erhöhen. Die Belastung für die Endkunden hängt in diesem Fall unter anderem davon ab, welche Verträge sein Versorger abgeschlossen hat, ob dessen Lieferant russisches Gas eingekauft hat und wieviel.

Habeck will Kosten über die Gasumlage direkt erstatten

Die Belastung wäre also sehr unterschiedlich. Wirtschaftsminister Habeck will deswegen auf die zweite Möglichkeit zurückgreifen, gestiegene Beschaffungskosten weiterzureichen: Nach Paragraf 26 EnSiG kann die Regierung den Gashändlern die höheren Kosten für den Gaseinkauf auch direkt erstatten. Nach dem Vorschlag des Wirtschaftsministers will der Bund allerdings nur 90 % der höheren Kosten ersetzen. Die Mittel dafür sollen durch eine Gasumlage gleichmäßig von allen Gaskunden aufgebracht werden.

Der Wirtschaftsminister hat die Verordnung über die Gasumlage bereits in die Ressortabstimmung gegeben, sie soll noch im August in Kraft treten. Unklar ist, ab wann sie erhoben wird. Nach einer Mitteilung des Ministeriums „voraussichtlich ab 01.10.2022“. Im Zusammenhang mit der Rettung von Uniper hieß es dagegen: „Die Bundesregierung prüft die Einführung der Umlage ab 01.09.2022“. Erhoben werden soll sie bis zum 30. September 2024. Kompensiert würden Lieferungen zwischen dem 1.Oktober 2022 und dem 1. April 2024. Das bedeutet, dass die Importeure höhere Kosten, die vor dem 1.Oktober 2022 entstehen, selber tragen müssen.

Wie hoch die Umlage sein soll, steht noch nicht fest. Robert Habeck geht von einer Belastung zwischen 1,5 und 5 Cent pro Kilowattstunde aus. Für einen Haushalt, der 20.000 kWh Gas im Jahr verbraucht, wären das bis zu 1.000 Euro zusätzlich. Ob die Regierung damit auskommt, steht aber noch nicht fest.

Hohe Belastung der Stadtwerke und Verbraucher

Klar ist, dass nicht alle Verbraucher damit auskommen. Denn vor einer Anhebung der Preise sind nur jene Verbraucher geschützt, die einen langfristigen Liefervertrag haben. Sie müssen zusätzlich nur die Umlage bezahlen. Wer nur eine kurzfristige Vereinbarung mit seinem Gasversorger hat, muss damit rechnen, dass dieser seine Preise erhöht, weil der Versorger selber mehr für den Einkauf von Gas bezahlen muss. Für viele Stadtwerke ist Gas schon im letzten Jahr teurer geworden. Die Gasumlage wäre dann zusätzlich fällig.

Denn die Gasumlage deckt nur die Kostensteigerungen nach dem 1. Oktober 2022 ab. Muss ein Versorger bereits vorher höhere Preise bezahlen, kann er die im Rahmen seiner Lieferverträge bereits jetzt an seine Kunden weitergeben. Für viele Stadtwerke ist Gas schon im letzten Jahr teurer geworden und sie geben diese Preise auch weiter. Die Gasumlage müssen aber auch diese Kunden bezahlen.

In eine besonders schwierige Lage könnten die Stadtwerke kommen. Sie müssen ihren Kunden die Umlage in Rechnung stellen und an den Bund abführen. Kann ein Kunde die Umlage nicht bezahlen, bliebe die finanzielle Belastung zunächst bei ihnen hängen. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordert deswegen schnelle Sicherheit im Hinblick auf die Höhe der Umlage.

BDEW sieht Nachbesserungsbedarf

Die Versorgungsswirtschaft hält die Umlage im Prinzip für den richtigen Weg, um ihre Liquidität zu sichern. „Dominoeffekte im Energiemarkt“ müssten unter allen Umständen verhindert werden, heißt es beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Bei der „Ausgestaltung der Umlagenweitergabe“ sieht der Verband allerdings noch Verbesserungsbedarf. Um die Kosten für die Kunden abzufedern, sollte über eine „zeitliche Streckung der Umlage“ nachgedacht werden.

Die Regierung hat bereits ein Entlastungspaket geschnürt, von dem vorwiegend einkommensschwache Haushalte profitieren: zum 1. Januar 2023 erhalten sie das neue und höhere Bürgergeld statt Arbeitslosengeld II und mehr Wohngeld. Eine Ãœberprüfung des Kündigungsschutzes soll überforderte Mieter vor der Kündigung ihres Mietvertrages schützen und Unternehmen, die wegen der hohen Energiepreise in Bedrängnis geraten, stellt der Bund günstige Kredite der KfW, Zuschüsse und Bürgschaften in Aussicht.

Dienstag, 2.08.2022, 15:28 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Gas - Umlage soll Pleitewelle der Gasimporteure verhindern
Quelle: Pixabay / PublicDomainPictures
Gas
Umlage soll Pleitewelle der Gasimporteure verhindern
Seit Russland die Gaslieferung drosselt stellt sich für Gasgroßhändler die Existenzfrage. Die geplante Gasumlage soll die Gasmporteure stützen, könnte aber zum Problem für Kunden werden
Bis zu 15 Mrd. Euro wird der Bund alleine für die Rettung des Gasimporteurs Uniper lockermachen. Aber auch andere Unternehmen, die sich darauf verlassen haben, dass Gazprom soviel billiges Leitungsgas liefert, wie man verkaufen kann, stehen inzwischen vor den Ruinen ihres Geschäftsmodells. Um auch diese Firmen zu retten, hat der Bundestag das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) verabschiedet – denn eine Pleitewelle würde die ohnehin angespannte Versorgungslage weiter verschärfen. Man werde nicht zulassen, dass „die Versorgungssicherheit in Deutschland gefährdet wird“, sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Nach dem EnSiG kann die Bundesregierung den Gashändlern die Weitergabe ihrer gestiegenen Kosten an ihre Kunden auch dann gestatten, wenn das in den Verträgen mit diesen Kunden nicht vorgesehen ist. Das Gesetz sieht dafür zwei Möglichkeiten vor: nach Paragraph 24 kann der Gesetzgeber dem Gashändler gestatten, die vertraglich vereinbarten Preise anzupassen: statt ursprünglich vereinbarter 5 Cent müsste der Kunde (zum Beispiel ein Stadtwerk) dann zum möglicherweise 8 Cent/kWh bezahlen. Das Stadtwerk dürfte dann seinerseits die Preise für seine Kunden erhöhen. Die Belastung für die Endkunden hängt in diesem Fall unter anderem davon ab, welche Verträge sein Versorger abgeschlossen hat, ob dessen Lieferant russisches Gas eingekauft hat und wieviel.

Habeck will Kosten über die Gasumlage direkt erstatten

Die Belastung wäre also sehr unterschiedlich. Wirtschaftsminister Habeck will deswegen auf die zweite Möglichkeit zurückgreifen, gestiegene Beschaffungskosten weiterzureichen: Nach Paragraf 26 EnSiG kann die Regierung den Gashändlern die höheren Kosten für den Gaseinkauf auch direkt erstatten. Nach dem Vorschlag des Wirtschaftsministers will der Bund allerdings nur 90 % der höheren Kosten ersetzen. Die Mittel dafür sollen durch eine Gasumlage gleichmäßig von allen Gaskunden aufgebracht werden.

Der Wirtschaftsminister hat die Verordnung über die Gasumlage bereits in die Ressortabstimmung gegeben, sie soll noch im August in Kraft treten. Unklar ist, ab wann sie erhoben wird. Nach einer Mitteilung des Ministeriums „voraussichtlich ab 01.10.2022“. Im Zusammenhang mit der Rettung von Uniper hieß es dagegen: „Die Bundesregierung prüft die Einführung der Umlage ab 01.09.2022“. Erhoben werden soll sie bis zum 30. September 2024. Kompensiert würden Lieferungen zwischen dem 1.Oktober 2022 und dem 1. April 2024. Das bedeutet, dass die Importeure höhere Kosten, die vor dem 1.Oktober 2022 entstehen, selber tragen müssen.

Wie hoch die Umlage sein soll, steht noch nicht fest. Robert Habeck geht von einer Belastung zwischen 1,5 und 5 Cent pro Kilowattstunde aus. Für einen Haushalt, der 20.000 kWh Gas im Jahr verbraucht, wären das bis zu 1.000 Euro zusätzlich. Ob die Regierung damit auskommt, steht aber noch nicht fest.

Hohe Belastung der Stadtwerke und Verbraucher

Klar ist, dass nicht alle Verbraucher damit auskommen. Denn vor einer Anhebung der Preise sind nur jene Verbraucher geschützt, die einen langfristigen Liefervertrag haben. Sie müssen zusätzlich nur die Umlage bezahlen. Wer nur eine kurzfristige Vereinbarung mit seinem Gasversorger hat, muss damit rechnen, dass dieser seine Preise erhöht, weil der Versorger selber mehr für den Einkauf von Gas bezahlen muss. Für viele Stadtwerke ist Gas schon im letzten Jahr teurer geworden. Die Gasumlage wäre dann zusätzlich fällig.

Denn die Gasumlage deckt nur die Kostensteigerungen nach dem 1. Oktober 2022 ab. Muss ein Versorger bereits vorher höhere Preise bezahlen, kann er die im Rahmen seiner Lieferverträge bereits jetzt an seine Kunden weitergeben. Für viele Stadtwerke ist Gas schon im letzten Jahr teurer geworden und sie geben diese Preise auch weiter. Die Gasumlage müssen aber auch diese Kunden bezahlen.

In eine besonders schwierige Lage könnten die Stadtwerke kommen. Sie müssen ihren Kunden die Umlage in Rechnung stellen und an den Bund abführen. Kann ein Kunde die Umlage nicht bezahlen, bliebe die finanzielle Belastung zunächst bei ihnen hängen. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordert deswegen schnelle Sicherheit im Hinblick auf die Höhe der Umlage.

BDEW sieht Nachbesserungsbedarf

Die Versorgungsswirtschaft hält die Umlage im Prinzip für den richtigen Weg, um ihre Liquidität zu sichern. „Dominoeffekte im Energiemarkt“ müssten unter allen Umständen verhindert werden, heißt es beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Bei der „Ausgestaltung der Umlagenweitergabe“ sieht der Verband allerdings noch Verbesserungsbedarf. Um die Kosten für die Kunden abzufedern, sollte über eine „zeitliche Streckung der Umlage“ nachgedacht werden.

Die Regierung hat bereits ein Entlastungspaket geschnürt, von dem vorwiegend einkommensschwache Haushalte profitieren: zum 1. Januar 2023 erhalten sie das neue und höhere Bürgergeld statt Arbeitslosengeld II und mehr Wohngeld. Eine Ãœberprüfung des Kündigungsschutzes soll überforderte Mieter vor der Kündigung ihres Mietvertrages schützen und Unternehmen, die wegen der hohen Energiepreise in Bedrängnis geraten, stellt der Bund günstige Kredite der KfW, Zuschüsse und Bürgschaften in Aussicht.

Dienstag, 2.08.2022, 15:28 Uhr
Tom Weingärtner

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