E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Ullrich:
Quelle: Fotolia/ty
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe

Ullrich: "Politischer Rückwind sorgt für Aufwind"

Die Stadtwerke Aachen (Stawag) wollen bis 2030 klimaneutral werden. Ein E&M-Gespräch mit Vorstand Wilfried Ullrich.
E&M: Herr Ullrich, die Stawag hat sich ambitionierte Ziele für die Klimaneutralität gesetzt, die 2030 geschafft sein soll. Was heißt das für Ihren Ökostromvertrieb? Müssen Sie bei diesem Geschäft mehrere Schippen drauflegen?

Ullrich: Wir gehen zweigleisig vor: Einerseits bewerben wir weiter unsere Ökostromprodukte, damit sich unsere Kunden schnell und unkompliziert für den Klimaschutz engagieren können. Unsere Ökostromquote am Gesamtabsatz liegt derzeit bei rund 30 Prozent. Andererseits setzen wir gezielt auf eigene grüne Anlagen und den Ausbau der erneuerbaren Energien. Bei einer Vergrünung ausschließlich über den Zertifikateeinkauf befürchten wir − nicht ganz zu Unrecht − den Vorwurf von Greenwashing. Diese zweigleisige Strategie wollen wir auch in den nächsten beiden Jahren beibehalten.

E&M: Warum?

Ullrich: Das Interesse am Klimaschutzthema steigt, was nicht nur die Fridays-for-Future-Aktivitäten zeigen. Die neuen Klimaziele aus Brüssel und das novellierte Klimaschutzgesetz der Bundesregierung sind zwei weitere Eckpunkte für unsere Entscheidung, die Ökostromaktivitäten auszubauen. Diese neuen Vorgaben werden meines Erachtens mehr Privat- und Gewerbekunden zum Wechseln bewegen. Parallel werden wir einige Kampagnen und Aktionen starten, um mehr Ökostromkunden zu gewinnen. Unsere Planungen gehen deshalb für die kommenden zwei Jahre von einem Anstieg der Ökostromquote auf bis zu 50 Prozent aus.

E&M: Welche Kampagnen und Aktionen plant die Stawag konkret, um den Ökostromabsatz anzukurbeln?

„Wir haben seit Kurzem einen neuen grünen Stromtarif für E-Autos“

Ullrich: Es wird verschiedene Werbekampagnen geben, mit der wir unser Ziel ‚Klimaneutralität 2030‘ darstellen und bewerben. In diesem Zuge werden wir stets auf unsere Ökostromprodukte hinweisen, da sie ein probates Mittel sind, um dieses Ziel zu erreichen. Seit Kurzem haben wir auch einen neuen grünen Stromtarif für E-Autos. Bei dem durchaus spürbaren Hochlauf der Elektromobilität in Aachen hilft uns auch ein solches Produkt, neue Kunden zu gewinnen. Parallel wird unser Strommix auch immer grüner werden, für 2030 ist dann die Vollergrünung geplant. Mal schauen, ob wir es in Aachen über unsere Vertriebsaktivitäten schaffen, schon früher nur noch rein grünen Strom anzubieten.
 
Wilfried Ullrich: „Unsere Planungen gehen für die kommenden zwei Jahre von einem Anstieg der Ökostromquote auf bis zu 50 Prozent aus“
Quelle: Stawag

E&M: Die Stadt Aachen will in den kommenden Jahren massiv in eigene Photovoltaikanlagen investieren. Ist das nicht eine indirekte Werbekampagne, um die Aachener Bürger auf Ihr Ökostromprodukt aufmerksam zu machen?

Ullrich: Sicherlich verschaffen die Solarpläne der Stadt Aachen den erneuerbaren Energien eine gewisse Öffentlichkeit vor Ort. Ob wir davon profitieren, wird sich zeigen. Zusammen mit ausgewählten Handwerksbetrieben bieten wir ein Solarcontracting an. Den Ein- und Zweifamilienhausbesitzern, die wir bislang dafür gewinnen konnten, bieten wir für die Reststromlieferung natürlich unser Ökostromprodukt an. 2020 konnten wir gut 180-mal ein Solarcontracting abschließen, Für dieses Jahr rechnen wir trotz eingeschränkter Vertriebsmöglichkeiten mit 200 und mehr Verträgen. Auch wenn wir über diesen Weg unseren Ökostromabsatz nur leicht erhöhen können, gewinnen wir so meist neue Kunden, denen wir andere Stawag-Produkte und -Dienstleistungen präsentieren können.

E&M: Die Stawag hat in den zurückliegenden Jahren mehrere Stadtwerke wie in Rösrath, Ruppichterorth oder Wachtberg neu gegründet und dabei voll auf die Karte Ökostrom gesetzt. Ist diese Rechnung aufgegangen?

Ullrich: Ja, in diesen drei Städten haben wir derzeit einen Marktanteil, der bei rund 25 Prozent liegt. Unsere Strategie, uns bewusst als lokale und ökologische Alternative zu positionieren, ist meines Erachtens aufgegangen.

E&M: Bei Grünstrom kann die Stawag durchaus einige Erfolge verbuchen, wie wollen Sie Kunden für grüne Wärme gewinnen?

Ullrich: Mit dem neuen Klimaleitbild, wonach wir auch bei der Wärmeversorgung 2030 klimaneutral sein wollen, verstärken wir unsere entsprechenden Aktivitäten. Im Mittelpunkt unserer grünen Wärmestrategie steht die Nah- und Fernwärme, die wir hocheffizient und zum Teil schon jetzt klimaneutral erzeugen und deren Absatz wir weiter erhöhen wollen. Dass wir in den zurückliegenden Jahren über das Kleinkesselcontracting auf Erdgasbasis mehr als 700 neue Kunden gewinnen konnten, zeigt meines Erachtens, dass wir im Wärmegeschäft gut unterwegs sind. Derzeit überarbeiten wir unser Produktportfolio, um auch die Contractingangebote deutlich klimafreundlicher zu machen − so werden dort grünes Gas, Solarthermie und Wärmepumpen ein größeres Gewicht erhalten. Wir sind zuversichtlich, hier die Erwartungen unserer Kunden zu treffen. Außerdem werden wir bald eine Klimaoption für die individuelle Gasversorgung anbieten. Bei grünen Wärmeprodukten haben wir noch einiges vor.

E&M: Wie reagieren Ihre Kunden auf die Neuheiten im Wärmesektor?

Ullrich: Durchweg positiv. Wir spüren mit unseren grünen Produkten dank des politischen Rückenwinds auch Aufwind im Vertriebsgeschäft. E&M
 

Freitag, 16.07.2021, 10:02 Uhr
Ralf Köpke
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Ullrich:
Quelle: Fotolia/ty
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe
Ullrich: "Politischer Rückwind sorgt für Aufwind"
Die Stadtwerke Aachen (Stawag) wollen bis 2030 klimaneutral werden. Ein E&M-Gespräch mit Vorstand Wilfried Ullrich.
E&M: Herr Ullrich, die Stawag hat sich ambitionierte Ziele für die Klimaneutralität gesetzt, die 2030 geschafft sein soll. Was heißt das für Ihren Ökostromvertrieb? Müssen Sie bei diesem Geschäft mehrere Schippen drauflegen?

Ullrich: Wir gehen zweigleisig vor: Einerseits bewerben wir weiter unsere Ökostromprodukte, damit sich unsere Kunden schnell und unkompliziert für den Klimaschutz engagieren können. Unsere Ökostromquote am Gesamtabsatz liegt derzeit bei rund 30 Prozent. Andererseits setzen wir gezielt auf eigene grüne Anlagen und den Ausbau der erneuerbaren Energien. Bei einer Vergrünung ausschließlich über den Zertifikateeinkauf befürchten wir − nicht ganz zu Unrecht − den Vorwurf von Greenwashing. Diese zweigleisige Strategie wollen wir auch in den nächsten beiden Jahren beibehalten.

E&M: Warum?

Ullrich: Das Interesse am Klimaschutzthema steigt, was nicht nur die Fridays-for-Future-Aktivitäten zeigen. Die neuen Klimaziele aus Brüssel und das novellierte Klimaschutzgesetz der Bundesregierung sind zwei weitere Eckpunkte für unsere Entscheidung, die Ökostromaktivitäten auszubauen. Diese neuen Vorgaben werden meines Erachtens mehr Privat- und Gewerbekunden zum Wechseln bewegen. Parallel werden wir einige Kampagnen und Aktionen starten, um mehr Ökostromkunden zu gewinnen. Unsere Planungen gehen deshalb für die kommenden zwei Jahre von einem Anstieg der Ökostromquote auf bis zu 50 Prozent aus.

E&M: Welche Kampagnen und Aktionen plant die Stawag konkret, um den Ökostromabsatz anzukurbeln?

„Wir haben seit Kurzem einen neuen grünen Stromtarif für E-Autos“

Ullrich: Es wird verschiedene Werbekampagnen geben, mit der wir unser Ziel ‚Klimaneutralität 2030‘ darstellen und bewerben. In diesem Zuge werden wir stets auf unsere Ökostromprodukte hinweisen, da sie ein probates Mittel sind, um dieses Ziel zu erreichen. Seit Kurzem haben wir auch einen neuen grünen Stromtarif für E-Autos. Bei dem durchaus spürbaren Hochlauf der Elektromobilität in Aachen hilft uns auch ein solches Produkt, neue Kunden zu gewinnen. Parallel wird unser Strommix auch immer grüner werden, für 2030 ist dann die Vollergrünung geplant. Mal schauen, ob wir es in Aachen über unsere Vertriebsaktivitäten schaffen, schon früher nur noch rein grünen Strom anzubieten.
 
Wilfried Ullrich: „Unsere Planungen gehen für die kommenden zwei Jahre von einem Anstieg der Ökostromquote auf bis zu 50 Prozent aus“
Quelle: Stawag

E&M: Die Stadt Aachen will in den kommenden Jahren massiv in eigene Photovoltaikanlagen investieren. Ist das nicht eine indirekte Werbekampagne, um die Aachener Bürger auf Ihr Ökostromprodukt aufmerksam zu machen?

Ullrich: Sicherlich verschaffen die Solarpläne der Stadt Aachen den erneuerbaren Energien eine gewisse Öffentlichkeit vor Ort. Ob wir davon profitieren, wird sich zeigen. Zusammen mit ausgewählten Handwerksbetrieben bieten wir ein Solarcontracting an. Den Ein- und Zweifamilienhausbesitzern, die wir bislang dafür gewinnen konnten, bieten wir für die Reststromlieferung natürlich unser Ökostromprodukt an. 2020 konnten wir gut 180-mal ein Solarcontracting abschließen, Für dieses Jahr rechnen wir trotz eingeschränkter Vertriebsmöglichkeiten mit 200 und mehr Verträgen. Auch wenn wir über diesen Weg unseren Ökostromabsatz nur leicht erhöhen können, gewinnen wir so meist neue Kunden, denen wir andere Stawag-Produkte und -Dienstleistungen präsentieren können.

E&M: Die Stawag hat in den zurückliegenden Jahren mehrere Stadtwerke wie in Rösrath, Ruppichterorth oder Wachtberg neu gegründet und dabei voll auf die Karte Ökostrom gesetzt. Ist diese Rechnung aufgegangen?

Ullrich: Ja, in diesen drei Städten haben wir derzeit einen Marktanteil, der bei rund 25 Prozent liegt. Unsere Strategie, uns bewusst als lokale und ökologische Alternative zu positionieren, ist meines Erachtens aufgegangen.

E&M: Bei Grünstrom kann die Stawag durchaus einige Erfolge verbuchen, wie wollen Sie Kunden für grüne Wärme gewinnen?

Ullrich: Mit dem neuen Klimaleitbild, wonach wir auch bei der Wärmeversorgung 2030 klimaneutral sein wollen, verstärken wir unsere entsprechenden Aktivitäten. Im Mittelpunkt unserer grünen Wärmestrategie steht die Nah- und Fernwärme, die wir hocheffizient und zum Teil schon jetzt klimaneutral erzeugen und deren Absatz wir weiter erhöhen wollen. Dass wir in den zurückliegenden Jahren über das Kleinkesselcontracting auf Erdgasbasis mehr als 700 neue Kunden gewinnen konnten, zeigt meines Erachtens, dass wir im Wärmegeschäft gut unterwegs sind. Derzeit überarbeiten wir unser Produktportfolio, um auch die Contractingangebote deutlich klimafreundlicher zu machen − so werden dort grünes Gas, Solarthermie und Wärmepumpen ein größeres Gewicht erhalten. Wir sind zuversichtlich, hier die Erwartungen unserer Kunden zu treffen. Außerdem werden wir bald eine Klimaoption für die individuelle Gasversorgung anbieten. Bei grünen Wärmeprodukten haben wir noch einiges vor.

E&M: Wie reagieren Ihre Kunden auf die Neuheiten im Wärmesektor?

Ullrich: Durchweg positiv. Wir spüren mit unseren grünen Produkten dank des politischen Rückenwinds auch Aufwind im Vertriebsgeschäft. E&M
 

Freitag, 16.07.2021, 10:02 Uhr
Ralf Köpke

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.