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Energie & Management > Kernkraft - Tschechien forscht an veränderter Brennstäbentechnologie
Quelle: Pixabay / Qubes Pictures
Kernkraft

Tschechien forscht an veränderter Brennstäbentechnologie

Tschechische Wissenschaftler wollen Brennstäbe sicherer machen. Eine Wasserstoff-Explosion wie in Fukushima könnte so verhindert werden. Allerdings ist das nicht so einfach.
Tschechien setzt bei der Energieversorgung langfristig vor allem auf Kernenergie. Die Regierung in Prag erntet dafür immer wieder scharfe Kritik aus Österreich und Deutschland, sei es mit Blick auf den Ausbau der tschechischen Kernkraftwerke in Dukovany und Temelin, sei es wegen der im Sommer 2022 gestarteten Initiative zur flächendeckenden Errichtung von sogenannten Mikroreaktoren. Neben allgemeinen Sicherheitsbedenken kommt dabei die mutmaßlich veraltete Technologie zur Sprache, womit die Reaktoren am Laufen gehalten würden.

Nuklearforscher der Technischen Hochschule Prag haben nun ein auf zehn Jahre angelegtes Projekt unter der Leitung von Martin Sevecek vorgestellt, womit diese Vorwürfe dauerhaft entkräftet werden sollen. Denn die Wissenschaftler testen Materialien, durch deren Einsatz sich die Sicherheit von Kernbrennstoffen deutlich erhöhen könnte.

Diese sollen selbst Bedingungen standhalten können, wie sie im Jahre 2011 ursächlich für den Unfall im japanischen Kernkraftwerk Fukushima waren. Hauptanliegen der Wissenschaftler in Prag ist es, mithilfe neuer Materialien deutlich die Zeitspanne zu verlängern, innerhalb derer sich bei Betriebsproblemen in einem Reaktor Unfällen entgegenwirken lässt.

Traditionell werden für die Hüllrohre von Brennstäben als Zirkalloy bezeichnete Zirkonium-Legierungen verwendet, die zu mehr als 90 Prozent aus Zirkonium sowie geringen Mengen Zinn, Eisen, Nickel und Chrom bestehen und die Uranoxid-Pellets im Inneren der Brennstäbe umschließen. Die Tschechen entwickeln diese Zirkonium-Legierungen weiter.
 
Zirkalloy-Hüllen würden seit Jahrzehnten verwendet, eine Zirkalloy-Hülle habe aber beispielsweise bei dem Unfall in Fukushima versagt, so Sevecek. Denn auch wenn ein Reaktor abgeschaltet sei, wird Restwärme produziert. Deren Menge sei zwar nicht so groß wie beim Betrieb des Reaktors, reiche aber immer noch aus, einen Unfall zu verursachen, wenn sie nicht abgeleitet werde.

In Fukushima hätten sich die ungekühlten Zirkalloy-Hüllen alsbald an der Oberfläche zu zersetzen begonnen, sodass Wasserstoff in dem gefluteten Reaktor freigesetzt wurde, der daraufhin explodierte – die entsprechenden Fernsehbilder gingen um die Welt.
 
Bei den Experimenten werden neuartige Zirkonium-Legierungen erprobt. Teilweise wird ganz auf Zirkonium verzichtet und bestehen die Hüllen allein aus Chrom oder Kombinationen aus Chrom und Chromnitrid oder aus Titan und Aluminium. Diese Materialien werden mit traditionellen Zirkonium-Legierungen verglichen.

Erst nach gründlichen Tests im Labor können die Hüllen in einem Reaktor eingesetzt werden, wobei sie für fünf Jahre einem Praxistest unterzogen werden. Bei einigen Materialien habe sich schon gezeigt, dass sich mit ihnen zwar grundsätzlich Unfälle verhüten ließen, sie aber für den Normalbetrieb im Kraftwerk noch nicht geeignet seien. 
 
Der Forschungsreaktor an der Technischen Universität in Prag eigne sich nicht für Materialtests, da er zu klein sei. Daher werden die dort erzeugten Proben umfassend im Teilchenbeschleuniger des Instituts für Kernphysik in Rez bei Prag überprüft. Auch fehle es an Geld, um sämtliche für die Experimente benötigten Geräte und Instrumente zu erwerben, so Sevecek. Daher würden Materialproben auch nach Brno oder an Forschungseinrichtungen in ganz Europa verschickt.
 

Dienstag, 10.01.2023, 13:28 Uhr
Karin Rogalska
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Quelle: Pixabay / Qubes Pictures
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Tschechien forscht an veränderter Brennstäbentechnologie
Tschechische Wissenschaftler wollen Brennstäbe sicherer machen. Eine Wasserstoff-Explosion wie in Fukushima könnte so verhindert werden. Allerdings ist das nicht so einfach.
Tschechien setzt bei der Energieversorgung langfristig vor allem auf Kernenergie. Die Regierung in Prag erntet dafür immer wieder scharfe Kritik aus Österreich und Deutschland, sei es mit Blick auf den Ausbau der tschechischen Kernkraftwerke in Dukovany und Temelin, sei es wegen der im Sommer 2022 gestarteten Initiative zur flächendeckenden Errichtung von sogenannten Mikroreaktoren. Neben allgemeinen Sicherheitsbedenken kommt dabei die mutmaßlich veraltete Technologie zur Sprache, womit die Reaktoren am Laufen gehalten würden.

Nuklearforscher der Technischen Hochschule Prag haben nun ein auf zehn Jahre angelegtes Projekt unter der Leitung von Martin Sevecek vorgestellt, womit diese Vorwürfe dauerhaft entkräftet werden sollen. Denn die Wissenschaftler testen Materialien, durch deren Einsatz sich die Sicherheit von Kernbrennstoffen deutlich erhöhen könnte.

Diese sollen selbst Bedingungen standhalten können, wie sie im Jahre 2011 ursächlich für den Unfall im japanischen Kernkraftwerk Fukushima waren. Hauptanliegen der Wissenschaftler in Prag ist es, mithilfe neuer Materialien deutlich die Zeitspanne zu verlängern, innerhalb derer sich bei Betriebsproblemen in einem Reaktor Unfällen entgegenwirken lässt.

Traditionell werden für die Hüllrohre von Brennstäben als Zirkalloy bezeichnete Zirkonium-Legierungen verwendet, die zu mehr als 90 Prozent aus Zirkonium sowie geringen Mengen Zinn, Eisen, Nickel und Chrom bestehen und die Uranoxid-Pellets im Inneren der Brennstäbe umschließen. Die Tschechen entwickeln diese Zirkonium-Legierungen weiter.
 
Zirkalloy-Hüllen würden seit Jahrzehnten verwendet, eine Zirkalloy-Hülle habe aber beispielsweise bei dem Unfall in Fukushima versagt, so Sevecek. Denn auch wenn ein Reaktor abgeschaltet sei, wird Restwärme produziert. Deren Menge sei zwar nicht so groß wie beim Betrieb des Reaktors, reiche aber immer noch aus, einen Unfall zu verursachen, wenn sie nicht abgeleitet werde.

In Fukushima hätten sich die ungekühlten Zirkalloy-Hüllen alsbald an der Oberfläche zu zersetzen begonnen, sodass Wasserstoff in dem gefluteten Reaktor freigesetzt wurde, der daraufhin explodierte – die entsprechenden Fernsehbilder gingen um die Welt.
 
Bei den Experimenten werden neuartige Zirkonium-Legierungen erprobt. Teilweise wird ganz auf Zirkonium verzichtet und bestehen die Hüllen allein aus Chrom oder Kombinationen aus Chrom und Chromnitrid oder aus Titan und Aluminium. Diese Materialien werden mit traditionellen Zirkonium-Legierungen verglichen.

Erst nach gründlichen Tests im Labor können die Hüllen in einem Reaktor eingesetzt werden, wobei sie für fünf Jahre einem Praxistest unterzogen werden. Bei einigen Materialien habe sich schon gezeigt, dass sich mit ihnen zwar grundsätzlich Unfälle verhüten ließen, sie aber für den Normalbetrieb im Kraftwerk noch nicht geeignet seien. 
 
Der Forschungsreaktor an der Technischen Universität in Prag eigne sich nicht für Materialtests, da er zu klein sei. Daher werden die dort erzeugten Proben umfassend im Teilchenbeschleuniger des Instituts für Kernphysik in Rez bei Prag überprüft. Auch fehle es an Geld, um sämtliche für die Experimente benötigten Geräte und Instrumente zu erwerben, so Sevecek. Daher würden Materialproben auch nach Brno oder an Forschungseinrichtungen in ganz Europa verschickt.
 

Dienstag, 10.01.2023, 13:28 Uhr
Karin Rogalska

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