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Energie & Management > Gas - Gas-Export bei Gazprom weiter auf Talfahrt
Quelle: Pixabay / Mimzy
Gas

Gas-Export bei Gazprom weiter auf Talfahrt

Die russische Kreditratingagentur ACRA bescheinigt Gazprom ein stabiles Geschäftsportfolio. Doch die Gasexporte brechen weiter ein, auch wenn die Liefermenge nach China steigt.
Die russische Kreditratingagentur ACRA erwartet, dass Gazprom 2023 per Pipeline insgesamt 81 Milliarden Kubikmeter Gas exportiert, wovon 60 Milliarden Kubikmeter Gas auf Europa und die Türkei entfallen. 2019 exportierte der russische Gaskonzern im Vergleich dazu in europäische Länder und in die Türkei noch 191 Milliarden Kubikmeter Gas. Übriggeblieben ist gemessen daran nicht einmal ein Drittel, das über die Ukraine und die Schwarzmeergasleitungen Turkish Stream und Blue Stream transportiert werden kann. Selbst das prognostizierte Exportwachstum nach China von 15,5 Milliarden Kubikmetern im Jahr 2022 auf 21 Milliarden Kubikmeter Gas in 2023 bleibt hinter den Erwartungen zurück und kann diese Lücke keinesfalls füllen.

Abnehmer in Südosteuropa

Vorausgesetzt die Türkei nutzt ihre Kapazitäten 2023 voll aus bleiben rund 30 Milliarden Kubikmeter, die Europa über die Ukraine und einen Strang der Schwarzmeergasleitung Turkish Stream importieren kann. Nach Südosteuropa gelangten im letzten Jahr türkischen Medien zufolge über Turkish Stream 12,5 Milliarden Kubikmeter. Ein Großteil davon nahm Ungarn ab. Dafür setzte sich der ungarische Außenminister Peter Szijjarto in Gesprächen mit Moskau ein, um Gaslieferungen über die südliche Transportroute sicherzustellen. Serbien, Bulgarien, Nordmazedonien und Griechenland sind ebenfalls an diese Transportroute angeschlossen. Allerdings bezieht Bulgarien seit April 2022 kein Gas mehr aus Russland, weil es die Bezahlprozedur in Rubel ausschlug.

Über die Ukraine importiert Italien vornehmlich Gas aus Russland. Von 29,2 Milliarden Kubikmetern im Jahr 2021 seien im letzten Jahr 13,2 Milliarden Kubikmeter übriggeblieben. Enthalten seien darin 0,2 Milliarden Kubikmeter in Form von LNG, erläuterte Energieexperte Sergej Kolobanow vom Zentrum der Brennstoff- und Energiewirtschaft gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti jüngst im Januar.

Mit Blick auf erhöhte Gaslieferungen aus Algerien stellte Eni-Chef Claudio Descalzi laut italienischen Medien im Januar in Aussicht, ab Winter 2024/2025 ganz auf russische Gasimporte verzichten zu können. Im letzten Dezember sprach Energieminister Gilberto Pichetto Fratin von 20 Millionen Kubikmetern am Tag, sprich der Hälfte der Importmenge von 2022, die in diesem Jahr noch nötig seien. An erhöhten Gaslieferungen aus Aserbaidschan über den Südlichen Gaskorridor hat Italien wie auch Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Slowakei großes Interesse. Bis 2027 wolle Aserbaidschan die Durchleitungskapazität für Gas nach Europa verdoppeln, verkündete Szijjarto zu seinem Gespräch mit Aserbaidschans Wirtschaftsminister Mikayil Jabbarov am 24. Januar.

LNG als Ausgleich für den Wegfall in Nordwesteuropa

Nach Deutschland gelangen kleine russische Gasmengen nach Angaben der Bundesnetzagentur über Ringflüsse des europäischen Leitungsnetzes und LNG. Nach Angaben von Statista ergeben sich aus den monatlichen Gasimporten bis zu den Sprengstoffanschlägen an Nord Stream im September rund 29 Milliarden Kubikmeter Gas, die der ehemalige Gaskunde Nummer eins Gazprom im Jahr 2022 abnahm. Zusammen mit Italien und Ungarn ist das die Hälfte des Gasexports ins sogenannte ferne Ausland, den der russische Gaskonzern für 2022 vermeldete.
 

In Österreich kommt russisches Gas über die Ukraine und Ungarn von Turk Stream an. Nach Angaben von Fernleitungsnetzbetreiber Gas Connect Austria sind das seit 19. Januar etwa 30 Millionen Kubikmeter am Tag, wovon ein Drittel aus dem Süden kommt. Auch die zentraleuropäische Alpenrepublik arbeitet daran sich aus der russischen Abhängigkeit zu befreien und führt LNG über Deutschland und Italien ein.

Wie sich der LNG-Export entwickelt, hat ACRA in seinen Bewertungen zu Gazprom nicht berücksichtigt. Den durchschnittlichen Preis im Jahr für Gasexporte bezifferte die Rating-Agentur auf 500–700 US-Dollar je 1000 Kubikmeter Gas (umgerechnet 460-644 Euro je 1000 Kubikmeter) in den Jahren 2023–2025. Ob das die ausfallenden Exporte wettmachen kann, steht nicht im Rating. Stabilität und hohe Kreditwürdigkeit führt ACRA auf den Staatsanteil zurück. Insofern hängt Gazproms Schicksal am Kurs der russischen Regierung.

Montag, 30.01.2023, 11:26 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne
Energie & Management > Gas - Gas-Export bei Gazprom weiter auf Talfahrt
Quelle: Pixabay / Mimzy
Gas
Gas-Export bei Gazprom weiter auf Talfahrt
Die russische Kreditratingagentur ACRA bescheinigt Gazprom ein stabiles Geschäftsportfolio. Doch die Gasexporte brechen weiter ein, auch wenn die Liefermenge nach China steigt.
Die russische Kreditratingagentur ACRA erwartet, dass Gazprom 2023 per Pipeline insgesamt 81 Milliarden Kubikmeter Gas exportiert, wovon 60 Milliarden Kubikmeter Gas auf Europa und die Türkei entfallen. 2019 exportierte der russische Gaskonzern im Vergleich dazu in europäische Länder und in die Türkei noch 191 Milliarden Kubikmeter Gas. Übriggeblieben ist gemessen daran nicht einmal ein Drittel, das über die Ukraine und die Schwarzmeergasleitungen Turkish Stream und Blue Stream transportiert werden kann. Selbst das prognostizierte Exportwachstum nach China von 15,5 Milliarden Kubikmetern im Jahr 2022 auf 21 Milliarden Kubikmeter Gas in 2023 bleibt hinter den Erwartungen zurück und kann diese Lücke keinesfalls füllen.

Abnehmer in Südosteuropa

Vorausgesetzt die Türkei nutzt ihre Kapazitäten 2023 voll aus bleiben rund 30 Milliarden Kubikmeter, die Europa über die Ukraine und einen Strang der Schwarzmeergasleitung Turkish Stream importieren kann. Nach Südosteuropa gelangten im letzten Jahr türkischen Medien zufolge über Turkish Stream 12,5 Milliarden Kubikmeter. Ein Großteil davon nahm Ungarn ab. Dafür setzte sich der ungarische Außenminister Peter Szijjarto in Gesprächen mit Moskau ein, um Gaslieferungen über die südliche Transportroute sicherzustellen. Serbien, Bulgarien, Nordmazedonien und Griechenland sind ebenfalls an diese Transportroute angeschlossen. Allerdings bezieht Bulgarien seit April 2022 kein Gas mehr aus Russland, weil es die Bezahlprozedur in Rubel ausschlug.

Über die Ukraine importiert Italien vornehmlich Gas aus Russland. Von 29,2 Milliarden Kubikmetern im Jahr 2021 seien im letzten Jahr 13,2 Milliarden Kubikmeter übriggeblieben. Enthalten seien darin 0,2 Milliarden Kubikmeter in Form von LNG, erläuterte Energieexperte Sergej Kolobanow vom Zentrum der Brennstoff- und Energiewirtschaft gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti jüngst im Januar.

Mit Blick auf erhöhte Gaslieferungen aus Algerien stellte Eni-Chef Claudio Descalzi laut italienischen Medien im Januar in Aussicht, ab Winter 2024/2025 ganz auf russische Gasimporte verzichten zu können. Im letzten Dezember sprach Energieminister Gilberto Pichetto Fratin von 20 Millionen Kubikmetern am Tag, sprich der Hälfte der Importmenge von 2022, die in diesem Jahr noch nötig seien. An erhöhten Gaslieferungen aus Aserbaidschan über den Südlichen Gaskorridor hat Italien wie auch Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Slowakei großes Interesse. Bis 2027 wolle Aserbaidschan die Durchleitungskapazität für Gas nach Europa verdoppeln, verkündete Szijjarto zu seinem Gespräch mit Aserbaidschans Wirtschaftsminister Mikayil Jabbarov am 24. Januar.

LNG als Ausgleich für den Wegfall in Nordwesteuropa

Nach Deutschland gelangen kleine russische Gasmengen nach Angaben der Bundesnetzagentur über Ringflüsse des europäischen Leitungsnetzes und LNG. Nach Angaben von Statista ergeben sich aus den monatlichen Gasimporten bis zu den Sprengstoffanschlägen an Nord Stream im September rund 29 Milliarden Kubikmeter Gas, die der ehemalige Gaskunde Nummer eins Gazprom im Jahr 2022 abnahm. Zusammen mit Italien und Ungarn ist das die Hälfte des Gasexports ins sogenannte ferne Ausland, den der russische Gaskonzern für 2022 vermeldete.
 

In Österreich kommt russisches Gas über die Ukraine und Ungarn von Turk Stream an. Nach Angaben von Fernleitungsnetzbetreiber Gas Connect Austria sind das seit 19. Januar etwa 30 Millionen Kubikmeter am Tag, wovon ein Drittel aus dem Süden kommt. Auch die zentraleuropäische Alpenrepublik arbeitet daran sich aus der russischen Abhängigkeit zu befreien und führt LNG über Deutschland und Italien ein.

Wie sich der LNG-Export entwickelt, hat ACRA in seinen Bewertungen zu Gazprom nicht berücksichtigt. Den durchschnittlichen Preis im Jahr für Gasexporte bezifferte die Rating-Agentur auf 500–700 US-Dollar je 1000 Kubikmeter Gas (umgerechnet 460-644 Euro je 1000 Kubikmeter) in den Jahren 2023–2025. Ob das die ausfallenden Exporte wettmachen kann, steht nicht im Rating. Stabilität und hohe Kreditwürdigkeit führt ACRA auf den Staatsanteil zurück. Insofern hängt Gazproms Schicksal am Kurs der russischen Regierung.

Montag, 30.01.2023, 11:26 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne

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