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Energie & Management > Strom - Studie sieht Probleme bei der Spitzenlastdeckung
Der Umbau der Energieversorgung ist in vielen Bereichen eine Herausforderung. Quelle: Shutterstock / lovelyday12
Strom

Studie sieht Probleme bei der Spitzenlastdeckung

Mit der künftigen Stromversorgung in Deutschland befasst sich eine Studie von Mc Kinsey. Die Ergebnisse sind teils ernüchternd.
Die zu Spitzenlastzeiten verfügbare Leistung, so haben die Analysen des Unternehmens- und Strategieberaters Mc Kinsey für den halbjährlich erhobenen Energiewende-Index (EWI) ergeben, sinkt durch den geplanten Ausstieg aus Kernkraft und Kohleverstromung im Jahr 2030 von 99.000 auf 90.000 MW. Demgegenüber stehe eine steigende Spitzenlast von 120.000 MW. Die zu erwartende Stromlücke entspricht danach ungefähr der Produktion von 30 thermischen Großkraftwerken.

Auch der massive Ausbau der erneuerbaren Energien wird nach den Erkenntnissen der Autoren nicht ausreichen, um das Defizit zu decken, sie sehen eine Lösung nur im Bau neuer Gaskraftwerke und im temporären Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken. „Die Kombination aus sinkender gesicherter Kapazität und durch die Elektrifizierung steigende Spitzenlast kann zu Versorgungslücken führen. Selbst bei einem flächendeckenden Umstieg auf erneuerbare Energien sind weitere Maßnahmen nötig, um das System zu stabilisieren“, kommentierte Thomas Vahlenkamp, Senior-Partner bei dem Beratungsunternehmen.

Konventionelle Kraftwerke als Backup

Beim Thema Gaskraftwerke hat die Studie allerdings erhebliche Zweifel, ob sie angesichts der langen Bau- und Planungszeiten schnell genug zur Verfügung stehen. Zudem seien die Investitionen in diese Anlagen mit Unsicherheiten verbunden, was Laufzeiten und die Umstellung auf Wasserstoff angeht. Am ehesten könnte der Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken beim Lückenfüllen helfen – selbst wenn nur wenige am Netz bleiben würden. Wegen ihres punktuellen Einsatzes wären auch die zusätzlichen Emissionen gering. Allerdings müssten die Kraftwerksbetreiber für die Bereitstellung dieser Leistung bezahlt werden.

Weitere Möglichkeiten zur Problemlösung sieht Mc Kinsey in einer Steigerung der Stromimporte. Allerdings sei nicht zu erwarten, dass mehr als 10.000 MW zur Verfügung stehen würden, da die Nachbarländer selbst mit steigenden Stromspitzen fertig werden müssten. Beim kurzfristigen Ãœberbrücken von Engpässen könnten auch Batteriespeicher helfen. Der Netzentwicklungsplan sieht hier bis 2030 eine Leistung aus dezentralen Systemen und Großspeichern von zusammen 10.000 MW vor.

Auch der Verbraucher kann etwas tun

Einen weiteren Ansatz in Sachen Spitzenlastabdeckung machen die Experten am anderen Ende aus, nämlich beim Verbraucher. Durch das Anpassen der Nachfrage könnte der Strombedarf um rund 8.000 MW gesenkt werden. Der Wert umfasst die Möglichkeiten intelligenter Verbrauchssteuerung durch Smart Meter sowie die Ausschreibung abschaltbarer Lasten im industriellen Bereich. Zusätzliches Potenzial würden E-Autos bieten, die netzdienlich eingesetzt werden. Rund 3.000 MW könnten bereitgestellt werden, wenn nur rund ein Viertel der Fahrzeuge auch zur Stromeinspeisung zur Verfügung steht. Gleiches gilt für Wärmepumpen, die abschaltbar sind. 5.000 MW setzt die Erhebung hier an, das mögliche Gesamtpotenzial liegt allerdings um ein Vielfaches höher.

Eine problematische Entwicklung sieht die Studie gleich in mehreren Bereichen der Energieversorgung. Dazu gehören die hohen Haushaltsstromkosten sowie die mittlerweile orbitanten Ausgaben für Redispatch-Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Stromnetze stabil zu halten. Sie sind zuletzt von 9,6 Euro/MWh auf 27 Euro/MWh geklettert. Bezifferten sich die Gesamtkosten für die Eingriffe in den Netzbetrieb – etwa durch Zuschalten von konventionellen Kraftwerken und Abregelung von Erneuerbaren-Anlagen – im 3. Quartal 2021 noch auf 55 Millionen Euro, waren es im 1. Quartal 2022 rund 930 Millionen Euro. Neben den Energiepreissteigerungen sind der Studie zufolge das erhöhte Gefälle bei der Stromerzeugung im Norden und im Süden der Bundesrepublik die Gründe.

Dazu passt die Feststellung, dass der Ausbau der Transportnetze erst die Hälfte der Zielmarke von 5.553 Kilometer erreicht hat. In den vergangenen beiden Quartalen wurden 290 Kilometer fertig, das Ziel sind jedoch 550 Kilometer pro Halbjahr.

Dienstag, 7.03.2023, 14:58 Uhr
Günter Drewnitzky
Energie & Management > Strom - Studie sieht Probleme bei der Spitzenlastdeckung
Der Umbau der Energieversorgung ist in vielen Bereichen eine Herausforderung. Quelle: Shutterstock / lovelyday12
Strom
Studie sieht Probleme bei der Spitzenlastdeckung
Mit der künftigen Stromversorgung in Deutschland befasst sich eine Studie von Mc Kinsey. Die Ergebnisse sind teils ernüchternd.
Die zu Spitzenlastzeiten verfügbare Leistung, so haben die Analysen des Unternehmens- und Strategieberaters Mc Kinsey für den halbjährlich erhobenen Energiewende-Index (EWI) ergeben, sinkt durch den geplanten Ausstieg aus Kernkraft und Kohleverstromung im Jahr 2030 von 99.000 auf 90.000 MW. Demgegenüber stehe eine steigende Spitzenlast von 120.000 MW. Die zu erwartende Stromlücke entspricht danach ungefähr der Produktion von 30 thermischen Großkraftwerken.

Auch der massive Ausbau der erneuerbaren Energien wird nach den Erkenntnissen der Autoren nicht ausreichen, um das Defizit zu decken, sie sehen eine Lösung nur im Bau neuer Gaskraftwerke und im temporären Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken. „Die Kombination aus sinkender gesicherter Kapazität und durch die Elektrifizierung steigende Spitzenlast kann zu Versorgungslücken führen. Selbst bei einem flächendeckenden Umstieg auf erneuerbare Energien sind weitere Maßnahmen nötig, um das System zu stabilisieren“, kommentierte Thomas Vahlenkamp, Senior-Partner bei dem Beratungsunternehmen.

Konventionelle Kraftwerke als Backup

Beim Thema Gaskraftwerke hat die Studie allerdings erhebliche Zweifel, ob sie angesichts der langen Bau- und Planungszeiten schnell genug zur Verfügung stehen. Zudem seien die Investitionen in diese Anlagen mit Unsicherheiten verbunden, was Laufzeiten und die Umstellung auf Wasserstoff angeht. Am ehesten könnte der Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken beim Lückenfüllen helfen – selbst wenn nur wenige am Netz bleiben würden. Wegen ihres punktuellen Einsatzes wären auch die zusätzlichen Emissionen gering. Allerdings müssten die Kraftwerksbetreiber für die Bereitstellung dieser Leistung bezahlt werden.

Weitere Möglichkeiten zur Problemlösung sieht Mc Kinsey in einer Steigerung der Stromimporte. Allerdings sei nicht zu erwarten, dass mehr als 10.000 MW zur Verfügung stehen würden, da die Nachbarländer selbst mit steigenden Stromspitzen fertig werden müssten. Beim kurzfristigen Ãœberbrücken von Engpässen könnten auch Batteriespeicher helfen. Der Netzentwicklungsplan sieht hier bis 2030 eine Leistung aus dezentralen Systemen und Großspeichern von zusammen 10.000 MW vor.

Auch der Verbraucher kann etwas tun

Einen weiteren Ansatz in Sachen Spitzenlastabdeckung machen die Experten am anderen Ende aus, nämlich beim Verbraucher. Durch das Anpassen der Nachfrage könnte der Strombedarf um rund 8.000 MW gesenkt werden. Der Wert umfasst die Möglichkeiten intelligenter Verbrauchssteuerung durch Smart Meter sowie die Ausschreibung abschaltbarer Lasten im industriellen Bereich. Zusätzliches Potenzial würden E-Autos bieten, die netzdienlich eingesetzt werden. Rund 3.000 MW könnten bereitgestellt werden, wenn nur rund ein Viertel der Fahrzeuge auch zur Stromeinspeisung zur Verfügung steht. Gleiches gilt für Wärmepumpen, die abschaltbar sind. 5.000 MW setzt die Erhebung hier an, das mögliche Gesamtpotenzial liegt allerdings um ein Vielfaches höher.

Eine problematische Entwicklung sieht die Studie gleich in mehreren Bereichen der Energieversorgung. Dazu gehören die hohen Haushaltsstromkosten sowie die mittlerweile orbitanten Ausgaben für Redispatch-Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Stromnetze stabil zu halten. Sie sind zuletzt von 9,6 Euro/MWh auf 27 Euro/MWh geklettert. Bezifferten sich die Gesamtkosten für die Eingriffe in den Netzbetrieb – etwa durch Zuschalten von konventionellen Kraftwerken und Abregelung von Erneuerbaren-Anlagen – im 3. Quartal 2021 noch auf 55 Millionen Euro, waren es im 1. Quartal 2022 rund 930 Millionen Euro. Neben den Energiepreissteigerungen sind der Studie zufolge das erhöhte Gefälle bei der Stromerzeugung im Norden und im Süden der Bundesrepublik die Gründe.

Dazu passt die Feststellung, dass der Ausbau der Transportnetze erst die Hälfte der Zielmarke von 5.553 Kilometer erreicht hat. In den vergangenen beiden Quartalen wurden 290 Kilometer fertig, das Ziel sind jedoch 550 Kilometer pro Halbjahr.

Dienstag, 7.03.2023, 14:58 Uhr
Günter Drewnitzky

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