E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Erdgas - Studie sieht genug Alternativen für schnellen Gasausstieg
Erdgasspeicher Hardefeld. Bild: Storengy
Erdgas

Studie sieht genug Alternativen für schnellen Gasausstieg

Erdgas im Gebäudesektor muss schnell ersetzt werden, um die neuen Klimaziele zu erreichen. Alternativen zeigt eine Studie, die die Elektrizitätswerke Schönau in Auftrag gegeben haben.
Ja, auch die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) hätten auf Erdgas gesetzt, um den Kohle- und Ölanteil bei der Wärmeerzeugung zu ersetzen. Das gab Peter Ugolini-Schmidt, der energiepolitische Sprecher des Ökostrompioniers aus Baden-Württemberg, bei einer Podiumsdiskussion, die sich mit der Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) befasste, unumwunden zu.

Jetzt sei es allerdings an der Zeit, umzudenken und gegenzusteuern. Die Untersuchung „Was Erdgas wirklich kostet – Roadmap für den Gasausstieg im Wärmesektor“ habe sich deshalb nicht nur mit den Kosten, die der Brennstoff verursacht, befasst, sondern auch mit den zur Verfügung stehenden Alternativen.

Die von Isabel Schrems, wissenschaftliche Referentin beim FÖS, vorgestellten Daten ließen so manchen der rund 180 Teilnehmer der Onlineveranstaltung aufhorchen. Danach verursacht Erdgas im Gebäudebereich einen CO2-Ausstoß von 91,5 bis 107,2 Mio. Tonnen im Jahr, was mit Klimakosten zwischen 18 und 21 Mrd. Euro gleichgesetzt wird. Und: Die meisten dieser Kosten schlagen sich noch nicht im Preis für das Produkt nieder. Bei einer vollständigen Einrechnung müsste der Gaspreis um 50 % höher liegen.

In dem Zusammenhang verlangt die Studie, den Brennstoffemissionshandel weiterzuentwickeln, im Jahr 2030 müsse er sich auf 215 Euro pro Tonne CO2 belaufen, der Ausstoß des Klimagases zum Heizen dürfe dann nur noch 67 Mio. Tonnen jährlich betragen.

Solarthermie, Geothermie, Biomasse und Abwärme

Das Potenzial, Erdgas beim Heizen zu ersetzen, so die FÖS-Studie, sei bereits heute vorhanden. Solarthermie, Biomasse, Geothermie und Abwärme könnten schon jetzt fast doppelt so viel Energie bereitstellen, wie gebraucht wird.
 
 
Damit die Umstellung vorankommt, so die Autoren, solle die Politik:
  • KWK-Anlagen stärker in Richtung erneuerbare Energie fördern
  • Austauschprämien nicht nur für Öl-, sondern auch für Gasheizungen zahlen
  • Effizienzstandards beim Bauen erhöhen
  • Wärmenetze fördern und entsprechende kommunale Konzepte
Mit einem Einbauverbot für Gasheizungen müsse außerdem verhindert werden, dass jetzt noch von Öl- auf Gasheizung umgestiegen wird. Einen weiteren Ausbau der Gasinfrastruktur dürfe es nicht geben.

Das mit Verena Graichen (stellvertretende Bundesvorsitzende des BUND), Carolin Schenuit (geschäftsführende Vorständin FÖS), Nina Scheer (MdB SPD) und Sebastian Sladek (Vorstandsmitglied EWS) besetzte Podium beschäftigte sich nach der Vorstellung der Studie ausführlich mit der Frage, was Erdgas im Hinblick auf die Energiewende denn nun eigentlich sei: Brückentechnologie oder Risikofaktor?

Als äußerst ärgerlich wurde von Teilnehmern und Podium eingestuft, dass Ulrich Benterbusch, Ministerialdirigent im Bundeswirtschaftsministerium, absagte, als die Veranstaltung schon begonnen hatte, und auch keine Vertretung zur Verfügung stand. Ob Benterbusch freilich folgender Einstiegsaussage von Sladek viel Argumentatives hätte entgegensetzen können, sei dahingestellt: „Es fehlt an Konsequenz, die Politik muss endlich ins Handeln kommen.“ Und: „Es wurde viel wichtige Zeit verloren.“

Der EWS-Chef kritisierte, dass die Gasförderung, beispielsweise im Bereich KWK, heute höher ausfällt als die Unterstützung der Erneuerbaren.

Wasserstoff: zum Verheizen zu schade

Einig war sich die Runde beim Thema Wasserstoff. Tenor: Zum Verheizen zu wertvoll, zu hohe Umwandlungsverluste, zuerst müsse die Industrie damit versorgt werden, um Prozesse CO2-frei zu gestalten. Graichen bemühte in dem Zusammenhang vor allem das Thema Effizienz: „Wir haben nicht so viel Erneuerbare, dass uns die Effizienz egal sein könne.“ Es gebe greifbare Alternativen, vor allem Wärmepumpen. Auch seien neue Ideen gefragt, etwa bei der Abwärmenutzung. Zudem verwies sie auf die Bedeutung von Dämmmaßnahmen, auch stimme die Wohnungsgröße nicht immer mit den persönlichen Bedürfnissen überein.

Sladek erklärte, Investments in eine Erdgasinfrastruktur würden in Zukunft riskant sein. Bei EWS baue man aktuell Nahwärmenetze mit Abfallholzbeheizung aus und verstärke die Nutzung industrieller Abwärme sowie den Bau von Solarthermie- und Biogasanlagen.

Nina Scheer hält es vor allem für nötig, dass Ausbauhemmnisse bei den erneuerbaren Energien beseitigt werden. Davon gebe es einen ganzen Strauß. Der Ausbau müsse in allen Bereichen schneller gehen. Gleichzeitig verlangte sie den Abbau klimaschädlicher Subventionen.

Deutliche Worte brachte das Podium auch in die Schlussrunde ein. Sladek: „Der Zubau Erneuerbarer muss Fahrt aufnehmen. Da muss mehr Dampf in den Kessel.“ Oder: „Viel wichtige Zeit ist verloren gegangen.“ Graichen: „Wir brauchen Maßnahmen. Ziele haben wir genug.“

Mittwoch, 9.06.2021, 14:29 Uhr
Günter Drewnitzky
Energie & Management > Erdgas - Studie sieht genug Alternativen für schnellen Gasausstieg
Erdgasspeicher Hardefeld. Bild: Storengy
Erdgas
Studie sieht genug Alternativen für schnellen Gasausstieg
Erdgas im Gebäudesektor muss schnell ersetzt werden, um die neuen Klimaziele zu erreichen. Alternativen zeigt eine Studie, die die Elektrizitätswerke Schönau in Auftrag gegeben haben.
Ja, auch die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) hätten auf Erdgas gesetzt, um den Kohle- und Ölanteil bei der Wärmeerzeugung zu ersetzen. Das gab Peter Ugolini-Schmidt, der energiepolitische Sprecher des Ökostrompioniers aus Baden-Württemberg, bei einer Podiumsdiskussion, die sich mit der Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) befasste, unumwunden zu.

Jetzt sei es allerdings an der Zeit, umzudenken und gegenzusteuern. Die Untersuchung „Was Erdgas wirklich kostet – Roadmap für den Gasausstieg im Wärmesektor“ habe sich deshalb nicht nur mit den Kosten, die der Brennstoff verursacht, befasst, sondern auch mit den zur Verfügung stehenden Alternativen.

Die von Isabel Schrems, wissenschaftliche Referentin beim FÖS, vorgestellten Daten ließen so manchen der rund 180 Teilnehmer der Onlineveranstaltung aufhorchen. Danach verursacht Erdgas im Gebäudebereich einen CO2-Ausstoß von 91,5 bis 107,2 Mio. Tonnen im Jahr, was mit Klimakosten zwischen 18 und 21 Mrd. Euro gleichgesetzt wird. Und: Die meisten dieser Kosten schlagen sich noch nicht im Preis für das Produkt nieder. Bei einer vollständigen Einrechnung müsste der Gaspreis um 50 % höher liegen.

In dem Zusammenhang verlangt die Studie, den Brennstoffemissionshandel weiterzuentwickeln, im Jahr 2030 müsse er sich auf 215 Euro pro Tonne CO2 belaufen, der Ausstoß des Klimagases zum Heizen dürfe dann nur noch 67 Mio. Tonnen jährlich betragen.

Solarthermie, Geothermie, Biomasse und Abwärme

Das Potenzial, Erdgas beim Heizen zu ersetzen, so die FÖS-Studie, sei bereits heute vorhanden. Solarthermie, Biomasse, Geothermie und Abwärme könnten schon jetzt fast doppelt so viel Energie bereitstellen, wie gebraucht wird.
 
 
Damit die Umstellung vorankommt, so die Autoren, solle die Politik:
  • KWK-Anlagen stärker in Richtung erneuerbare Energie fördern
  • Austauschprämien nicht nur für Öl-, sondern auch für Gasheizungen zahlen
  • Effizienzstandards beim Bauen erhöhen
  • Wärmenetze fördern und entsprechende kommunale Konzepte
Mit einem Einbauverbot für Gasheizungen müsse außerdem verhindert werden, dass jetzt noch von Öl- auf Gasheizung umgestiegen wird. Einen weiteren Ausbau der Gasinfrastruktur dürfe es nicht geben.

Das mit Verena Graichen (stellvertretende Bundesvorsitzende des BUND), Carolin Schenuit (geschäftsführende Vorständin FÖS), Nina Scheer (MdB SPD) und Sebastian Sladek (Vorstandsmitglied EWS) besetzte Podium beschäftigte sich nach der Vorstellung der Studie ausführlich mit der Frage, was Erdgas im Hinblick auf die Energiewende denn nun eigentlich sei: Brückentechnologie oder Risikofaktor?

Als äußerst ärgerlich wurde von Teilnehmern und Podium eingestuft, dass Ulrich Benterbusch, Ministerialdirigent im Bundeswirtschaftsministerium, absagte, als die Veranstaltung schon begonnen hatte, und auch keine Vertretung zur Verfügung stand. Ob Benterbusch freilich folgender Einstiegsaussage von Sladek viel Argumentatives hätte entgegensetzen können, sei dahingestellt: „Es fehlt an Konsequenz, die Politik muss endlich ins Handeln kommen.“ Und: „Es wurde viel wichtige Zeit verloren.“

Der EWS-Chef kritisierte, dass die Gasförderung, beispielsweise im Bereich KWK, heute höher ausfällt als die Unterstützung der Erneuerbaren.

Wasserstoff: zum Verheizen zu schade

Einig war sich die Runde beim Thema Wasserstoff. Tenor: Zum Verheizen zu wertvoll, zu hohe Umwandlungsverluste, zuerst müsse die Industrie damit versorgt werden, um Prozesse CO2-frei zu gestalten. Graichen bemühte in dem Zusammenhang vor allem das Thema Effizienz: „Wir haben nicht so viel Erneuerbare, dass uns die Effizienz egal sein könne.“ Es gebe greifbare Alternativen, vor allem Wärmepumpen. Auch seien neue Ideen gefragt, etwa bei der Abwärmenutzung. Zudem verwies sie auf die Bedeutung von Dämmmaßnahmen, auch stimme die Wohnungsgröße nicht immer mit den persönlichen Bedürfnissen überein.

Sladek erklärte, Investments in eine Erdgasinfrastruktur würden in Zukunft riskant sein. Bei EWS baue man aktuell Nahwärmenetze mit Abfallholzbeheizung aus und verstärke die Nutzung industrieller Abwärme sowie den Bau von Solarthermie- und Biogasanlagen.

Nina Scheer hält es vor allem für nötig, dass Ausbauhemmnisse bei den erneuerbaren Energien beseitigt werden. Davon gebe es einen ganzen Strauß. Der Ausbau müsse in allen Bereichen schneller gehen. Gleichzeitig verlangte sie den Abbau klimaschädlicher Subventionen.

Deutliche Worte brachte das Podium auch in die Schlussrunde ein. Sladek: „Der Zubau Erneuerbarer muss Fahrt aufnehmen. Da muss mehr Dampf in den Kessel.“ Oder: „Viel wichtige Zeit ist verloren gegangen.“ Graichen: „Wir brauchen Maßnahmen. Ziele haben wir genug.“

Mittwoch, 9.06.2021, 14:29 Uhr
Günter Drewnitzky

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.