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Energie & Management > Verbände - Stromerlösabschöpfung ungerecht und zu bürokratisch
Quelle: Stauke, Fotolia
Verbände

Stromerlösabschöpfung ungerecht und zu bürokratisch

Das Konzept der Bundesregierung für die Erlösabschöpfung von Stromerzeugungsanlagen stößt bei den Betroffenen auf vielfältige Kritik. So auch bei den Stadtwerken sagte VKU-Chef Liebing.
In der Energiepreiskrise gingen auch die Strompreise in ungeahnte Höhen. Die Bundesregierung plant nun, „Übergewinne“, also nicht vorhergesehene Erlöse, bei den Erzeugern abzuschöpfen. Damit sollen auch die Entlastungspakete für die Bevölkerung von den hohen Energiepreisen finanziert werden. Allerdings soll dies nicht in Form einer Steuer geschehen, wie vom BDEW favorisiert, sondern oberhalb einer pauschal festgelegten Erlösgrenze. Dagegen protestierten viele Verbände, darunter der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE), weil den Unternehmen damit Geld für Investitionen fehle.

Am 11. November hat auch Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) zu dem Konzept Stellung genommen. Die Abschöpfung von Übergewinnen aus Effekten der derzeitigen Energiekrise sei grundsätzlich nachvollziehbar. „Die vorgesehene Ausgestaltung greift jedoch massiv in etablierte Marktmechanismen ein und birgt das Risiko von gravierenden Nachwirkungen“, warnte der Stadtwerkeverbandschef zugleich. „Auch der operative Aufwand wird immens sein“, so Liebing.

Im Hinblick auf die langsam wieder absinkenden Preise stelle sich auch die Frage der Verhältnismäßigkeit dieses Instruments. Im Oktober 2022 werde voraussichtlich ein Wind Onshore-Monatsmittelwert von 128 Euro/MWh zu erzielen sein, der weit entfernt von den Preishöhen aus dem Sommer ist. Die Prognose für diesen November sehe ähnlich aus. „Mit sinkenden Preisen wird es auch immer weniger abzuschöpfen geben, sodass das Aufwand-Nutzen-Verhältnis immer fraglicher wird“, gibt Liebing an die Adresse der Bundesregierung zu bedenken.

Ungerechtigkeiten vorprogrammiert

Bei den meisten Anlagenbetreibern sollen virtuelle Erlöse Abschöpfungsgrundlage sein, die anhand eines theoretischen Benchmarks ermittelt werden. Das vorgesehene Modell berücksichtigt aber nicht, inwieweit diese Erlöse bei den Unternehmen tatsächlich entstanden sind. „Damit droht die Gefahr, dass Erlöse abgeschöpft werden, die bei den Unternehmen gar nicht entstanden sind“, warnt der Stadtwerkeverband. Die im Modell vorgesehenen Sicherheitszuschläge seien zu gering, um drohende Ungerechtigkeiten abzufedern.

Nach Einschätzung des VKU ist dies auch ein Grund, weshalb Betreiber von erneuerbaren Energie-Anlagen kaum noch direkte Stromlieferverträge (PPA) abschließen werden. Denn Basis der Abschöpfung sollen auch hier die möglichen Einnahmen am Spotmarkt sein, selbst wenn die Erlöse aus dem PPA darunter liegen.

Auch das vorgesehene Verfahren der Hedging-Korrektur, das den Abschöpfungsbetrag bei Strommengen, die langfristig verkauft wurden – zu Preisen unterhalb heutiger Spotmarktpreise – entsprechend reduziert, sei nicht in jedem Fall geeignet, Anlagenbetreiber vor der Abschöpfung nicht vorhandener Erlöse zu schützen. So werde beispielsweise übersehen, dass die am Terminmarkt eingegangenen Lieferpflichten nicht immer mit der Anlagenverfügbarkeit korrespondieren.

Wärmeerzeuger benachteiligt

„Insbesondere bei wärmegeführten KWK-Anlagen ist das nicht der Fall“, erläuterte Liebing. Wenn die Anlage zum Liefertermin keinen Strom produziert, muss Strom zu unkalkulierbaren Preisen am Spotmarkt beschafft werden. „Daraus entstehende Verluste sind im Regierungskonzept der Hedging-Korrektur nicht berücksichtigt“, so der VKU-Chef.

Darüber hinaus sei der Referenzwert für Abfallverstromungsanlagen mit 10 Ct/kWh deutlich zu niedrig bemessen. Die thermische Abfallverwertung sei in der aktuellen Energiekrise doppelt belastet: Erstens sind die Kosten für Hilfs- und Betriebsstoffe deutlich angestiegen. Zweitens wirke sich die Energiekrise auch auf die Konjunktur und damit das Müllaufkommen aus. Beide Effekte verteuerten den Betrieb von Abfallverbrennungsanlagen und führten zu steigenden Energieerzeugungskosten und Risiken.

Auch die Preise auf dem Altholzmarkt seien enorm gestiegen und zudem sehr volatil. Dieser Entwicklung trage das Abschöpfungskonzept keine Rechnung, da es auf historische Stromerlöse Bezug nimmt. Ein weiterer Kritikpunkt des Verbandes ist, dass die Erlösobergrenze für Anlagen, die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert sind, zum Teil weit unterhalb derjenigen für Anlagen ohne EEG-Förderung liegt. Aus all diesen Gründen fordert der Verband, das Konzept vor dem Beschluss im Kabinett Mitte November zu überarbeiten.

Freitag, 11.11.2022, 15:20 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Verbände - Stromerlösabschöpfung ungerecht und zu bürokratisch
Quelle: Stauke, Fotolia
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Stromerlösabschöpfung ungerecht und zu bürokratisch
Das Konzept der Bundesregierung für die Erlösabschöpfung von Stromerzeugungsanlagen stößt bei den Betroffenen auf vielfältige Kritik. So auch bei den Stadtwerken sagte VKU-Chef Liebing.
In der Energiepreiskrise gingen auch die Strompreise in ungeahnte Höhen. Die Bundesregierung plant nun, „Übergewinne“, also nicht vorhergesehene Erlöse, bei den Erzeugern abzuschöpfen. Damit sollen auch die Entlastungspakete für die Bevölkerung von den hohen Energiepreisen finanziert werden. Allerdings soll dies nicht in Form einer Steuer geschehen, wie vom BDEW favorisiert, sondern oberhalb einer pauschal festgelegten Erlösgrenze. Dagegen protestierten viele Verbände, darunter der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE), weil den Unternehmen damit Geld für Investitionen fehle.

Am 11. November hat auch Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) zu dem Konzept Stellung genommen. Die Abschöpfung von Übergewinnen aus Effekten der derzeitigen Energiekrise sei grundsätzlich nachvollziehbar. „Die vorgesehene Ausgestaltung greift jedoch massiv in etablierte Marktmechanismen ein und birgt das Risiko von gravierenden Nachwirkungen“, warnte der Stadtwerkeverbandschef zugleich. „Auch der operative Aufwand wird immens sein“, so Liebing.

Im Hinblick auf die langsam wieder absinkenden Preise stelle sich auch die Frage der Verhältnismäßigkeit dieses Instruments. Im Oktober 2022 werde voraussichtlich ein Wind Onshore-Monatsmittelwert von 128 Euro/MWh zu erzielen sein, der weit entfernt von den Preishöhen aus dem Sommer ist. Die Prognose für diesen November sehe ähnlich aus. „Mit sinkenden Preisen wird es auch immer weniger abzuschöpfen geben, sodass das Aufwand-Nutzen-Verhältnis immer fraglicher wird“, gibt Liebing an die Adresse der Bundesregierung zu bedenken.

Ungerechtigkeiten vorprogrammiert

Bei den meisten Anlagenbetreibern sollen virtuelle Erlöse Abschöpfungsgrundlage sein, die anhand eines theoretischen Benchmarks ermittelt werden. Das vorgesehene Modell berücksichtigt aber nicht, inwieweit diese Erlöse bei den Unternehmen tatsächlich entstanden sind. „Damit droht die Gefahr, dass Erlöse abgeschöpft werden, die bei den Unternehmen gar nicht entstanden sind“, warnt der Stadtwerkeverband. Die im Modell vorgesehenen Sicherheitszuschläge seien zu gering, um drohende Ungerechtigkeiten abzufedern.

Nach Einschätzung des VKU ist dies auch ein Grund, weshalb Betreiber von erneuerbaren Energie-Anlagen kaum noch direkte Stromlieferverträge (PPA) abschließen werden. Denn Basis der Abschöpfung sollen auch hier die möglichen Einnahmen am Spotmarkt sein, selbst wenn die Erlöse aus dem PPA darunter liegen.

Auch das vorgesehene Verfahren der Hedging-Korrektur, das den Abschöpfungsbetrag bei Strommengen, die langfristig verkauft wurden – zu Preisen unterhalb heutiger Spotmarktpreise – entsprechend reduziert, sei nicht in jedem Fall geeignet, Anlagenbetreiber vor der Abschöpfung nicht vorhandener Erlöse zu schützen. So werde beispielsweise übersehen, dass die am Terminmarkt eingegangenen Lieferpflichten nicht immer mit der Anlagenverfügbarkeit korrespondieren.

Wärmeerzeuger benachteiligt

„Insbesondere bei wärmegeführten KWK-Anlagen ist das nicht der Fall“, erläuterte Liebing. Wenn die Anlage zum Liefertermin keinen Strom produziert, muss Strom zu unkalkulierbaren Preisen am Spotmarkt beschafft werden. „Daraus entstehende Verluste sind im Regierungskonzept der Hedging-Korrektur nicht berücksichtigt“, so der VKU-Chef.

Darüber hinaus sei der Referenzwert für Abfallverstromungsanlagen mit 10 Ct/kWh deutlich zu niedrig bemessen. Die thermische Abfallverwertung sei in der aktuellen Energiekrise doppelt belastet: Erstens sind die Kosten für Hilfs- und Betriebsstoffe deutlich angestiegen. Zweitens wirke sich die Energiekrise auch auf die Konjunktur und damit das Müllaufkommen aus. Beide Effekte verteuerten den Betrieb von Abfallverbrennungsanlagen und führten zu steigenden Energieerzeugungskosten und Risiken.

Auch die Preise auf dem Altholzmarkt seien enorm gestiegen und zudem sehr volatil. Dieser Entwicklung trage das Abschöpfungskonzept keine Rechnung, da es auf historische Stromerlöse Bezug nimmt. Ein weiterer Kritikpunkt des Verbandes ist, dass die Erlösobergrenze für Anlagen, die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert sind, zum Teil weit unterhalb derjenigen für Anlagen ohne EEG-Förderung liegt. Aus all diesen Gründen fordert der Verband, das Konzept vor dem Beschluss im Kabinett Mitte November zu überarbeiten.

Freitag, 11.11.2022, 15:20 Uhr
Susanne Harmsen

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