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Energie & Management > Österreich - Strom- und Gasnetztarife steigen
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Strom- und Gasnetztarife steigen

Bei Strom müssen Haushalte mit einer durchschnittlichen Erhöhung um 8,9 % rechnen, bei Gas mit 4,09 %. Spitzen liegen weit höher. Die Arbeiterkammer fordert ein „Schutzpaket“.  
Die österreichische Regulierungsbehörde E-Control veröffentlichte am 21. Dezember die Verordnungen bezüglich der Strom- und Gasnetztarife für 2022. Im Strombereich erhöhen sich diese über alle Kundengruppen (Industrie, Gewerbe und Haushalte) hinweg gerechnet im bundesweiten Durchschnitt gegenüber 2020 um rund 9,1 %. Ein durchschnittlicher Haushalt mit 3.500 kWh Jahresverbrauch muss um etwa 8,9 % oder insgesamt 21 Euro mehr bezahlen als im Vorjahr.

Regional unterscheiden sich die Veränderungen gegenüber 2020 deutlich. Im Netzgebiet Linz sinken die Tarife für einen Haushalt um 2,0 % auf 4,80 Cent/kWh. Dagegen steigen sie in Wien um 14,6 % auf 5,77 Cent/kWh, in Vorarlberg um 12,6 % auf 4,44 Cent und im Burgenland um 10,9 % auf 6,87 Cent.

In den Erläuterungen zu der Verordnung heißt es, die Erhöhungen seien notwendig, um die Netze zu ertüchtigen und zu erweitern. Überdies müssten den Netzbetreibern die Kosten für die flächendeckende Installation einer digitalen Messinfrastruktur (Smart Metering) abgegolten werden. Zu berücksichtigen seien ferner die höheren Kosten für die Beschaffung der elektrischen Energie zum Ausgleich der Netzverluste. Diese wird auf den Großhandelsmärkten eingekauft.

Primär zu Anstiegen der Netztarife kommt es auch im Gassektor. Ein Durchschnittshaushalt mit 15.000 kWh Jahresbedarf hat, bundesweit gerechnet, gegenüber 2020 mit einer Steigerung um 4,09 % oder insgesamt 12,35 Euro zu rechnen. Auch hier sind die regionalen Unterschiede erheblich. So sinkt der Netztarif in Vorarlberg um etwa 4,0 % auf 1,20 Cent/kWh, in der Steiermark um 2,20 % auf 1,63 Cent und in Kärnten um 0,44 % auf 2,04 Cent. Die größten Erhöhungen verzeichnen dem gegenüber das Burgenland mit 7,77 % auf 1,86 Cent/kWh, Wien mit 6,22 % auf 1,88 Cent sowie Oberösterreich mit 5,55 % auf 1,59 Cent/kWh.

Zugrunde liegt dabei folgender Effekt: Im Jahr 2020 benötigten die Kunden infolge der Covid-Pandemie weniger Erdgas. In der Folge sanken die Einnahmen der Netzbetreiber. Dies ist ihnen in den Folgejahren über ihr „Regulierungskonto“ auszugleichen. Daher müssen die Netztarife angehoben werden. Betroffen sind von dieser Entwicklung nicht nur Haushalte, sondern auch Industriekunden.

Laut den Erläuterungen zur Tarifverordnung steigen die Netzkosten für ein Unternehmen mit 90 GWh Jahresbedarf in Wien um 28,5 % auf 181.460 Euro, in Niederösterreich um 24,3 % auf 124.100 Euro und in Oberösterreich um 21,6 % auf 111.030 Euro. Einzig in Vorarlberg sinkt der Netztarif für einen solchen Kunden, konkret um 5,4 % auf 218.390 Euro. Allerdings hält die E-Control in den Erläuterungen zur Verordnung fest: „Trotz der deutlichen Erhöhung im Netzbereich Wien zeigt die Entgeltentwicklung, dass es in den Jahren zuvor zu deutlichen Senkungen gekommen ist und das Niveau der Entgelte unter jenen des Jahres 2014 liegt. Auch die Entwicklung des Musterkunden im Netzbereich Oberösterreich zeigt ein ähnliches Bild.“

Arbeiterkammer will „Schutzpaket“

Nicht zuletzt angesichts der steigenden Netztarife, insbesondere aber der Preiserhöhungen im Großhandel mit Strom und Gas, schlägt die Arbeiterkammer (AK) Alarm. Bei einer Pressekonferenz am 21. Dezember forderte die Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik der AK, Christa Schlager, ein „Schutzpaket vor Weihnachten“ für Haushaltskunden. Die Energieunternehmen sollten bis zum Ende der angelaufenen Heizperiode auch bei Zahlungsschwierigkeiten oder -ausfällen auf die Abschaltung der Strom, Gas-, sowie Wärmeversorgung ihrer Kunden verzichten.

Das Klima- und Energieministerium (BMK) müsse mit den Versorgern diesbezügliche Vereinbarungen schließen, wie das am Beginn der Pandemie geschehen sei. Weiters verlangt die AK, den Kunden ein Recht auf Zahlung ihrer Energierechnungen in Raten über 24 Monate hinweg zu gewähren. Die Bundesländer wiederum sollten ihr zufolge die Heizkostenzuschüsse „spürbar“ aufstocken, um insbesondere wirtschaftlich schwächere Kunden zu unterstützen. Schließlich fordert die Kammer die „befristete Reduktion der Umsatzsteuer für Strom und Gas auf den Mindestsatz von 10 %“. Dies sehe auch die EU-Kommission in ihrer „Toolbox“ zur Unterstützung der Kunden vor.

Auf die Frage der Redaktion, warum die AK der nunmehrigen Erhöhung der Strom- und Gasnetztarife zugestimmt hatte, konstatierte Josef Thoman, Referent in Schlagers Abteilung, die Netze müssten rasch ausgebaut und ertüchtigt werden, um die Energiewende zu bewältigen. Dafür seien entsprechende Finanzmittel und damit Tariferhöhungen unerlässlich: „Das trifft sich jetzt einfach ungünstig.“

Weihnachten für E-Control-Vorstände?

Stichwort Arbeiterkammer: Deren Referentin für Energiepolitik, Dorothea Herzele, ist seit vergangener Woche Vorsitzende des Aufsichtsrats der E-Control. Angesprochen auf die immer noch ausstehenden Verträge der seit Frühjahr im Amt befindlichen E-Control-Vorstände Wolfgang Urbantschitsch und Alfons Haber beschied Herzele der Redaktion am Rande der Pressekonferenz, sie wolle die Causa nicht im Detail kommentieren. Nur so viel: „Weihnachten steht vor der Türe.“

Dienstag, 21.12.2021, 15:24 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Strom- und Gasnetztarife steigen
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Österreich
Strom- und Gasnetztarife steigen
Bei Strom müssen Haushalte mit einer durchschnittlichen Erhöhung um 8,9 % rechnen, bei Gas mit 4,09 %. Spitzen liegen weit höher. Die Arbeiterkammer fordert ein „Schutzpaket“.  
Die österreichische Regulierungsbehörde E-Control veröffentlichte am 21. Dezember die Verordnungen bezüglich der Strom- und Gasnetztarife für 2022. Im Strombereich erhöhen sich diese über alle Kundengruppen (Industrie, Gewerbe und Haushalte) hinweg gerechnet im bundesweiten Durchschnitt gegenüber 2020 um rund 9,1 %. Ein durchschnittlicher Haushalt mit 3.500 kWh Jahresverbrauch muss um etwa 8,9 % oder insgesamt 21 Euro mehr bezahlen als im Vorjahr.

Regional unterscheiden sich die Veränderungen gegenüber 2020 deutlich. Im Netzgebiet Linz sinken die Tarife für einen Haushalt um 2,0 % auf 4,80 Cent/kWh. Dagegen steigen sie in Wien um 14,6 % auf 5,77 Cent/kWh, in Vorarlberg um 12,6 % auf 4,44 Cent und im Burgenland um 10,9 % auf 6,87 Cent.

In den Erläuterungen zu der Verordnung heißt es, die Erhöhungen seien notwendig, um die Netze zu ertüchtigen und zu erweitern. Überdies müssten den Netzbetreibern die Kosten für die flächendeckende Installation einer digitalen Messinfrastruktur (Smart Metering) abgegolten werden. Zu berücksichtigen seien ferner die höheren Kosten für die Beschaffung der elektrischen Energie zum Ausgleich der Netzverluste. Diese wird auf den Großhandelsmärkten eingekauft.

Primär zu Anstiegen der Netztarife kommt es auch im Gassektor. Ein Durchschnittshaushalt mit 15.000 kWh Jahresbedarf hat, bundesweit gerechnet, gegenüber 2020 mit einer Steigerung um 4,09 % oder insgesamt 12,35 Euro zu rechnen. Auch hier sind die regionalen Unterschiede erheblich. So sinkt der Netztarif in Vorarlberg um etwa 4,0 % auf 1,20 Cent/kWh, in der Steiermark um 2,20 % auf 1,63 Cent und in Kärnten um 0,44 % auf 2,04 Cent. Die größten Erhöhungen verzeichnen dem gegenüber das Burgenland mit 7,77 % auf 1,86 Cent/kWh, Wien mit 6,22 % auf 1,88 Cent sowie Oberösterreich mit 5,55 % auf 1,59 Cent/kWh.

Zugrunde liegt dabei folgender Effekt: Im Jahr 2020 benötigten die Kunden infolge der Covid-Pandemie weniger Erdgas. In der Folge sanken die Einnahmen der Netzbetreiber. Dies ist ihnen in den Folgejahren über ihr „Regulierungskonto“ auszugleichen. Daher müssen die Netztarife angehoben werden. Betroffen sind von dieser Entwicklung nicht nur Haushalte, sondern auch Industriekunden.

Laut den Erläuterungen zur Tarifverordnung steigen die Netzkosten für ein Unternehmen mit 90 GWh Jahresbedarf in Wien um 28,5 % auf 181.460 Euro, in Niederösterreich um 24,3 % auf 124.100 Euro und in Oberösterreich um 21,6 % auf 111.030 Euro. Einzig in Vorarlberg sinkt der Netztarif für einen solchen Kunden, konkret um 5,4 % auf 218.390 Euro. Allerdings hält die E-Control in den Erläuterungen zur Verordnung fest: „Trotz der deutlichen Erhöhung im Netzbereich Wien zeigt die Entgeltentwicklung, dass es in den Jahren zuvor zu deutlichen Senkungen gekommen ist und das Niveau der Entgelte unter jenen des Jahres 2014 liegt. Auch die Entwicklung des Musterkunden im Netzbereich Oberösterreich zeigt ein ähnliches Bild.“

Arbeiterkammer will „Schutzpaket“

Nicht zuletzt angesichts der steigenden Netztarife, insbesondere aber der Preiserhöhungen im Großhandel mit Strom und Gas, schlägt die Arbeiterkammer (AK) Alarm. Bei einer Pressekonferenz am 21. Dezember forderte die Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik der AK, Christa Schlager, ein „Schutzpaket vor Weihnachten“ für Haushaltskunden. Die Energieunternehmen sollten bis zum Ende der angelaufenen Heizperiode auch bei Zahlungsschwierigkeiten oder -ausfällen auf die Abschaltung der Strom, Gas-, sowie Wärmeversorgung ihrer Kunden verzichten.

Das Klima- und Energieministerium (BMK) müsse mit den Versorgern diesbezügliche Vereinbarungen schließen, wie das am Beginn der Pandemie geschehen sei. Weiters verlangt die AK, den Kunden ein Recht auf Zahlung ihrer Energierechnungen in Raten über 24 Monate hinweg zu gewähren. Die Bundesländer wiederum sollten ihr zufolge die Heizkostenzuschüsse „spürbar“ aufstocken, um insbesondere wirtschaftlich schwächere Kunden zu unterstützen. Schließlich fordert die Kammer die „befristete Reduktion der Umsatzsteuer für Strom und Gas auf den Mindestsatz von 10 %“. Dies sehe auch die EU-Kommission in ihrer „Toolbox“ zur Unterstützung der Kunden vor.

Auf die Frage der Redaktion, warum die AK der nunmehrigen Erhöhung der Strom- und Gasnetztarife zugestimmt hatte, konstatierte Josef Thoman, Referent in Schlagers Abteilung, die Netze müssten rasch ausgebaut und ertüchtigt werden, um die Energiewende zu bewältigen. Dafür seien entsprechende Finanzmittel und damit Tariferhöhungen unerlässlich: „Das trifft sich jetzt einfach ungünstig.“

Weihnachten für E-Control-Vorstände?

Stichwort Arbeiterkammer: Deren Referentin für Energiepolitik, Dorothea Herzele, ist seit vergangener Woche Vorsitzende des Aufsichtsrats der E-Control. Angesprochen auf die immer noch ausstehenden Verträge der seit Frühjahr im Amt befindlichen E-Control-Vorstände Wolfgang Urbantschitsch und Alfons Haber beschied Herzele der Redaktion am Rande der Pressekonferenz, sie wolle die Causa nicht im Detail kommentieren. Nur so viel: „Weihnachten steht vor der Türe.“

Dienstag, 21.12.2021, 15:24 Uhr
Klaus Fischer

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