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Energie & Management > Klimaschutz - Strengere CO2-Bepreisung der EU könnte Kohleverstromung bis 2030 beenden
Bild: Fotolia, bluedesign
Klimaschutz

Strengere CO2-Bepreisung der EU könnte Kohleverstromung bis 2030 beenden

Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) plädiert für eine höhere Bepreisung von Treibhausgasemissionen, um die neu gesetzten EU-Klimaschutzziele einzuhalten.
Eine Verschärfung des EU-Emissionshandelssystems (EU ETS) im Einklang mit dem Green Deal der EU könnte die Dekarbonisierung des europäischen Stromsektors dramatisch beschleunigen, sagt das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Es würde wahrscheinlich ein Ende der Kohleverstromung in Europa schon bis 2030 bedeuten.

In einer neuen Studie zeigt ein Potsdamer Forschungsteam die erheblichen Veränderungen auf, die Europas Stromsystem durchlaufen werde, sobald das neu beschlossene EU-Klimaziel zu einer Verknappung der ETS-Mengen führt. Höhere CO2-Preise von bis zu 130 Euro je Tonne, so schreiben die Autoren, seien nicht nur ein unvermeidlicher Schritt, um die Emissionen zu senken – sie würden auch viel schneller zu einem kostengünstigen, von erneuerbaren Energien geprägtem Stromsystem führen.

Siegeszug der erneuerbaren Stromerzeugung einläuten

„Wenn die EU ihr jüngst bestätigtes Ziel konsequent verfolgt, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken und entsprechend die Zertifikatsmengen im ETS anpasst, wird sich der Stromsektor überraschend schnell grundlegend verändern“, sagte Robert Pietzcker vom PIK. Dann würden die erneuerbaren Energien bereits 2030 fast drei Viertel der Stromerzeugung ausmachen und bereits 2040 null Emissionen im Stromsektor erreicht, so die Computermodelle.

Wenn der Wandel erst einmal eingeleitet wäre, würde er in beispielloser Weise an Geschwindigkeit gewinnen, sagen die Wissenschaftler. Um die Auswirkungen zu quantifizieren, untersuchten die Ökonomen Faktoren wie unterschiedlich scharfe Emissionsreduktionsziele, eine erhöhte Stromnachfrage, die sich aus der Sektorkopplung ergeben könnte, und Investitionen in den Ausbau der Übertragungsnetz-Infrastruktur, um erneuerbare Ressourcen in den europäischen Ländern besser zu bündeln.

Die Autoren berücksichtigten in ihrer Analyse, deren Ergebnisse auch in das Kopernikus-Projekt Ariadne einfließen, zudem die Auswirkung einer möglichen Nichtverfügbarkeit von neuen Kernkraftwerken sowie von Kraftwerken mit Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage, CCS). Bemerkenswerterweise erwiesen sich dabei weder Kernkraft noch fossile CCS-Kraftwerke in den Computersimulationen als relevant für die Emissionsreduktion.

„Anders als in den letzten Jahren zu beobachten war, wird das Ende der Kohle allerdings nicht dazu führen, dass in Zukunft mehr Strom in Gaskraftwerken erzeugt wird“, ergänzt Robert Pietzcker. „Bei CO2-Preisen von über 100 Euro pro Tonne CO2 erwarten wir, dass die gasbasierte Stromerzeugung bis 2030 auf weniger als 40 Prozent des Wertes von 2015 sinkt, und bis zum Jahr 2045 sogar auf weniger als vier Prozent."

Einziger Ausweg ist Wasserstoff aus Ökostrom

„Die Pläne zum Bau neuer Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke in einigen EU-Mitgliedstaaten fühlen sich an wie eine Zeitreise zurück ins Jahr 2005, als einige Energieversorger trotz des EU-ETS neue Kohlekraftwerke planten und damit Milliarden an stranded assets schufen, die ihre Investitionskosten nie zurückzahlen werden“, warnte Pietzcker. Die einzigen Neubauten, die ihre Investitionskosten wahrscheinlich wieder einspielen werden, seien Anlagen mit Turbinen, die auch mit hohen Anteilen von Wasserstoffbeimischung laufen können.

Die saisonale Wasserstoffspeicherung in Kombination mit einer besseren Vernetzung zwischen den EU-Mitgliedstaaten und dem Einsatz von Batterien könne einen stabilen Betrieb eines sauberen Stromsystems ermöglichen, das fast ausschließlich auf erneuerbaren Quellen basiert, sagt die Studie. Die Strompreise würden zunächst steigen, für den schnellen Ausbau der Wind- und Solarenergie, aber dann bis 2050 auf das heutige Niveau zurückkehren, so die Berechnungen.

„Die EU ist also gut beraten, ihr neues Ziel schnell in eine Verschärfung der ETS-Mengen umzusetzen, um eine bezahlbare und nachhaltige Transformation unseres Stromsystems zu gewährleisten“, folgern die Autoren abschließend.

Der Artikel: „Tightening EU ETS targets in line with the European Green Deal” ist im Internet in englischer Sprache erschienen.

Mittwoch, 28.04.2021, 11:46 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Klimaschutz - Strengere CO2-Bepreisung der EU könnte Kohleverstromung bis 2030 beenden
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Strengere CO2-Bepreisung der EU könnte Kohleverstromung bis 2030 beenden
Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) plädiert für eine höhere Bepreisung von Treibhausgasemissionen, um die neu gesetzten EU-Klimaschutzziele einzuhalten.
Eine Verschärfung des EU-Emissionshandelssystems (EU ETS) im Einklang mit dem Green Deal der EU könnte die Dekarbonisierung des europäischen Stromsektors dramatisch beschleunigen, sagt das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Es würde wahrscheinlich ein Ende der Kohleverstromung in Europa schon bis 2030 bedeuten.

In einer neuen Studie zeigt ein Potsdamer Forschungsteam die erheblichen Veränderungen auf, die Europas Stromsystem durchlaufen werde, sobald das neu beschlossene EU-Klimaziel zu einer Verknappung der ETS-Mengen führt. Höhere CO2-Preise von bis zu 130 Euro je Tonne, so schreiben die Autoren, seien nicht nur ein unvermeidlicher Schritt, um die Emissionen zu senken – sie würden auch viel schneller zu einem kostengünstigen, von erneuerbaren Energien geprägtem Stromsystem führen.

Siegeszug der erneuerbaren Stromerzeugung einläuten

„Wenn die EU ihr jüngst bestätigtes Ziel konsequent verfolgt, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken und entsprechend die Zertifikatsmengen im ETS anpasst, wird sich der Stromsektor überraschend schnell grundlegend verändern“, sagte Robert Pietzcker vom PIK. Dann würden die erneuerbaren Energien bereits 2030 fast drei Viertel der Stromerzeugung ausmachen und bereits 2040 null Emissionen im Stromsektor erreicht, so die Computermodelle.

Wenn der Wandel erst einmal eingeleitet wäre, würde er in beispielloser Weise an Geschwindigkeit gewinnen, sagen die Wissenschaftler. Um die Auswirkungen zu quantifizieren, untersuchten die Ökonomen Faktoren wie unterschiedlich scharfe Emissionsreduktionsziele, eine erhöhte Stromnachfrage, die sich aus der Sektorkopplung ergeben könnte, und Investitionen in den Ausbau der Übertragungsnetz-Infrastruktur, um erneuerbare Ressourcen in den europäischen Ländern besser zu bündeln.

Die Autoren berücksichtigten in ihrer Analyse, deren Ergebnisse auch in das Kopernikus-Projekt Ariadne einfließen, zudem die Auswirkung einer möglichen Nichtverfügbarkeit von neuen Kernkraftwerken sowie von Kraftwerken mit Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage, CCS). Bemerkenswerterweise erwiesen sich dabei weder Kernkraft noch fossile CCS-Kraftwerke in den Computersimulationen als relevant für die Emissionsreduktion.

„Anders als in den letzten Jahren zu beobachten war, wird das Ende der Kohle allerdings nicht dazu führen, dass in Zukunft mehr Strom in Gaskraftwerken erzeugt wird“, ergänzt Robert Pietzcker. „Bei CO2-Preisen von über 100 Euro pro Tonne CO2 erwarten wir, dass die gasbasierte Stromerzeugung bis 2030 auf weniger als 40 Prozent des Wertes von 2015 sinkt, und bis zum Jahr 2045 sogar auf weniger als vier Prozent."

Einziger Ausweg ist Wasserstoff aus Ökostrom

„Die Pläne zum Bau neuer Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke in einigen EU-Mitgliedstaaten fühlen sich an wie eine Zeitreise zurück ins Jahr 2005, als einige Energieversorger trotz des EU-ETS neue Kohlekraftwerke planten und damit Milliarden an stranded assets schufen, die ihre Investitionskosten nie zurückzahlen werden“, warnte Pietzcker. Die einzigen Neubauten, die ihre Investitionskosten wahrscheinlich wieder einspielen werden, seien Anlagen mit Turbinen, die auch mit hohen Anteilen von Wasserstoffbeimischung laufen können.

Die saisonale Wasserstoffspeicherung in Kombination mit einer besseren Vernetzung zwischen den EU-Mitgliedstaaten und dem Einsatz von Batterien könne einen stabilen Betrieb eines sauberen Stromsystems ermöglichen, das fast ausschließlich auf erneuerbaren Quellen basiert, sagt die Studie. Die Strompreise würden zunächst steigen, für den schnellen Ausbau der Wind- und Solarenergie, aber dann bis 2050 auf das heutige Niveau zurückkehren, so die Berechnungen.

„Die EU ist also gut beraten, ihr neues Ziel schnell in eine Verschärfung der ETS-Mengen umzusetzen, um eine bezahlbare und nachhaltige Transformation unseres Stromsystems zu gewährleisten“, folgern die Autoren abschließend.

Der Artikel: „Tightening EU ETS targets in line with the European Green Deal” ist im Internet in englischer Sprache erschienen.

Mittwoch, 28.04.2021, 11:46 Uhr
Susanne Harmsen

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