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Energie & Management > Österreich - Stillstand bei Energielenkungsverordnung
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Stillstand bei Energielenkungsverordnung

Die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition stocken. Vorschläge der Sozialdemokraten wurden von der konservativ-grünen Regierung bislang nicht beantwortet.

Bei den Verhandlungen zwischen der Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen einerseits und den oppositionellen Sozialdemokraten (SPÖ) andererseits über die geplante Energielenkungsverordnung herrscht Stillstand. Das bestätigte der stellvertretende Klubchef der SPÖ im Parlament, Jörg Leichtfried, am 7. September bei einer Pressekonferenz in Wien.

Mit der Verordnung sollen insbesondere Energieversorgern, aber auch Industrieunternehmen, die Kosten für die Umstellung von Kraft- und Heizwerken von Erdgas auf andere Brennstoffe mit insgesamt 250 Mio. Euro abgegolten werden. Am 23. August hatten die Regierungsparteien im Hauptausschuss des Nationalrats, der ersten Kammer des Bundesparlaments, die notwendige Zweidrittelmehrheit nicht zustande gebracht. Alle drei Oppositionsparteien, die SPÖ, die rechtsgerichtete FPÖ und die liberalen Neos, stimmten gegen den Antrag der ÖVP und der Grünen.

Kraftwerk Mellach bleibt Thema

In der Folge übermittelte die SPÖ der Regierung Textvorschläge für die Verordnung sowie für eine möglicherweise nötige Änderung des Energielenkungsgesetzes, auf die diese sich stützen müsste. Aus der SPÖ hieß es gegenüber der Redaktion, es gehe um Folgendes: Die Sozialdemokraten möchten die besonders umstrittenen Abgeltungen für die Rückrüstung des Kraftwerks Mellach von Gas auf Steinkohle aus den Verhandlungen ausklammern und eine rasche Lösung für die Umstellung der gasbetriebenen Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) und Fernheizwerke finden.

Nach Ansicht der SPÖ sollte der Verbund, der größte österreichische Stromkonzern Österreichs, bei den Kosten für die Rückrüstung von Mellach in Vorlage gehen und diese bis auf Weiteres aus seinen angeblichen „Übergewinnen“ infolge der massiv gestiegenen Preise im Stromgroßhandel finanzieren.

Die Pikanterie: Von diesen Vorschlägen würde insbesondere die als SPÖ-nahe geltende Wien Energie profitieren, die bekanntlich wegen der Absicherung ihrer Börsengeschäfte im Gerede ist. Der Verbund dagegen wird dem Umfeld der ÖVP zugerechnet. Verbund-Generaldirektor Michael Strugl war vor der Übernahme seiner nunmehrigen Funktion ÖVP-Politiker und Wirtschaftslandesrat in Oberösterreich. Der SPÖ zufolge steht eine Antwort der Bundesregierung auf ihre Vorschläge bislang aus: „Sie haben uns vergangene Woche gesagt, sie prüfen, was wir ihnen geschickt haben. Seither haben wir nichts mehr gehört.“

Wie berichtet, hatte Strugl die seinerzeitige Ablehnung der Verordnung durch die Opposition scharf kritisiert. Ihm zufolge verzögert sich die Rückrüstung dadurch von Januar bis April 2023. Strugl sprach in diesem Zusammenhang von „populistischen Argumentationen und parteipolitischem Hickhack.“

Gerüchtehalber Koalitionsquerelen

Aus Parlamentarierkreisen war zu hören, die bislang nicht erfolgte Reaktion der Regierung auf die Vorschläge der SPÖ hänge möglicherweise mit koalitionsinternen Querelen zusammen. Die ÖVP sei nicht unglücklich, Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) blockieren zu können, selbst um den Preis der Verzögerung bei der Energielenkungsverordnung. Gewessler hatte sich mit ambitionierten, wenngleich sachlich teilweise umstrittenen, Vorschlägen für das neue Energieeffizienzgesetz sowie das geplante Klimaschutzgesetz bei der ÖVP unbeliebt gemacht.

Am 5. September betonte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in einem Interview im österreichischen Fernsehen, Österreich schütze das Klima auch ohne das Klimaschutzgesetz, dessen Beschluss im Regierungsprogramm verankert ist. Nehammer ergänzte, er wolle sich die Klimapolitik „nicht schlechtreden“ lassen. Dies ist indessen schwerlich nötig: Nach Angaben des Umweltbundesamtes befinden sich die CO2-Emissionen auf dem Niveau von 1990, obwohl sie laut dem Kyotoprotokoll bereits im Jahr 2012 um 13 % unter diesem Wert hätten liegen müssen. Das Ziel der „Klimaneutralität“ im Jahr 2040, das Nehammers ÖVP und die Grünen in ihrem Regierungsprogramm festschrieben, ist in weiter Ferne.


Mittwoch, 7.09.2022, 13:59 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Stillstand bei Energielenkungsverordnung
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Österreich
Stillstand bei Energielenkungsverordnung
Die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition stocken. Vorschläge der Sozialdemokraten wurden von der konservativ-grünen Regierung bislang nicht beantwortet.

Bei den Verhandlungen zwischen der Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen einerseits und den oppositionellen Sozialdemokraten (SPÖ) andererseits über die geplante Energielenkungsverordnung herrscht Stillstand. Das bestätigte der stellvertretende Klubchef der SPÖ im Parlament, Jörg Leichtfried, am 7. September bei einer Pressekonferenz in Wien.

Mit der Verordnung sollen insbesondere Energieversorgern, aber auch Industrieunternehmen, die Kosten für die Umstellung von Kraft- und Heizwerken von Erdgas auf andere Brennstoffe mit insgesamt 250 Mio. Euro abgegolten werden. Am 23. August hatten die Regierungsparteien im Hauptausschuss des Nationalrats, der ersten Kammer des Bundesparlaments, die notwendige Zweidrittelmehrheit nicht zustande gebracht. Alle drei Oppositionsparteien, die SPÖ, die rechtsgerichtete FPÖ und die liberalen Neos, stimmten gegen den Antrag der ÖVP und der Grünen.

Kraftwerk Mellach bleibt Thema

In der Folge übermittelte die SPÖ der Regierung Textvorschläge für die Verordnung sowie für eine möglicherweise nötige Änderung des Energielenkungsgesetzes, auf die diese sich stützen müsste. Aus der SPÖ hieß es gegenüber der Redaktion, es gehe um Folgendes: Die Sozialdemokraten möchten die besonders umstrittenen Abgeltungen für die Rückrüstung des Kraftwerks Mellach von Gas auf Steinkohle aus den Verhandlungen ausklammern und eine rasche Lösung für die Umstellung der gasbetriebenen Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) und Fernheizwerke finden.

Nach Ansicht der SPÖ sollte der Verbund, der größte österreichische Stromkonzern Österreichs, bei den Kosten für die Rückrüstung von Mellach in Vorlage gehen und diese bis auf Weiteres aus seinen angeblichen „Übergewinnen“ infolge der massiv gestiegenen Preise im Stromgroßhandel finanzieren.

Die Pikanterie: Von diesen Vorschlägen würde insbesondere die als SPÖ-nahe geltende Wien Energie profitieren, die bekanntlich wegen der Absicherung ihrer Börsengeschäfte im Gerede ist. Der Verbund dagegen wird dem Umfeld der ÖVP zugerechnet. Verbund-Generaldirektor Michael Strugl war vor der Übernahme seiner nunmehrigen Funktion ÖVP-Politiker und Wirtschaftslandesrat in Oberösterreich. Der SPÖ zufolge steht eine Antwort der Bundesregierung auf ihre Vorschläge bislang aus: „Sie haben uns vergangene Woche gesagt, sie prüfen, was wir ihnen geschickt haben. Seither haben wir nichts mehr gehört.“

Wie berichtet, hatte Strugl die seinerzeitige Ablehnung der Verordnung durch die Opposition scharf kritisiert. Ihm zufolge verzögert sich die Rückrüstung dadurch von Januar bis April 2023. Strugl sprach in diesem Zusammenhang von „populistischen Argumentationen und parteipolitischem Hickhack.“

Gerüchtehalber Koalitionsquerelen

Aus Parlamentarierkreisen war zu hören, die bislang nicht erfolgte Reaktion der Regierung auf die Vorschläge der SPÖ hänge möglicherweise mit koalitionsinternen Querelen zusammen. Die ÖVP sei nicht unglücklich, Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) blockieren zu können, selbst um den Preis der Verzögerung bei der Energielenkungsverordnung. Gewessler hatte sich mit ambitionierten, wenngleich sachlich teilweise umstrittenen, Vorschlägen für das neue Energieeffizienzgesetz sowie das geplante Klimaschutzgesetz bei der ÖVP unbeliebt gemacht.

Am 5. September betonte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in einem Interview im österreichischen Fernsehen, Österreich schütze das Klima auch ohne das Klimaschutzgesetz, dessen Beschluss im Regierungsprogramm verankert ist. Nehammer ergänzte, er wolle sich die Klimapolitik „nicht schlechtreden“ lassen. Dies ist indessen schwerlich nötig: Nach Angaben des Umweltbundesamtes befinden sich die CO2-Emissionen auf dem Niveau von 1990, obwohl sie laut dem Kyotoprotokoll bereits im Jahr 2012 um 13 % unter diesem Wert hätten liegen müssen. Das Ziel der „Klimaneutralität“ im Jahr 2040, das Nehammers ÖVP und die Grünen in ihrem Regierungsprogramm festschrieben, ist in weiter Ferne.


Mittwoch, 7.09.2022, 13:59 Uhr
Klaus Fischer

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