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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Steuern, endlich!
Bild: Mitarbeiter beim Einbau eines Smart Meter Bild: EVM, Sascha Ditscher
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe

Steuern, endlich!

Ein Dokument mit technischen Eckpunkten trifft entscheidende Weichenstellungen für den künftigen Einsatz der intelligenten Messsysteme. Die Branche lobt es.
Das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende hat den intelligenten Messsystemen eine ganz zentrale Rolle zugewiesen. Die elektronischen Zähler mit den Smart-Meter-Gateways (SMGW) als Kommunikationseinheit sollen als zentrale Datendrehscheibe fungieren, die Einspeisung und die Last vor allem in den Verteilnetzen transparent machen und die sichere Einbindung und Steuerung von Anlagen in Smart Grids gewährleisten. Sie sollen. Damit sie den ihnen zugedachten Part auch wirklich vollständig ausfüllen können, bedarf es aber noch einer Weiterentwicklung der technischen Standards der Smart-Meter-Gateways.
 
Bereits verfügbare SMGW-Gerätetechnik soll verwendet werden
 
Im Mai hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) gemeinsam mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ein 19-seitiges Papier mit technischen Eckpunkten veröffentlicht. Diese sollen als Grundlage für die Weiterentwicklung der technischen Richtlinien und Schutzprofile des BSI über das sogenannte Stufenmodell dienen. Das BSI schreibt dazu auf seiner Internetseite: „Anspruch dieses Eckpunkte-Dokuments ist es, kurz und präzise wichtige technische Weichenstellungen für die Smart-Meter-Gateway-Infrastruktur (SMGW-Infrastruktur) im Dialog mit den Branchen und Partnerbehörden herbeizuführen und damit den SMGW-Rollout-Prozess zu beschleunigen.“

Zwar ist immer wieder aus dem Markt zu hören, dass die Corona-Pandemie den Einbau der Geräte allenfalls im Frühjahr 2020 gebremst hat. Richtig vorangekommen sind die Messstellenbetreiber bisher dennoch nicht. So hat etwa das langwierige Zertifizierungsverfahren der Smart-Meter-Gateways beim BSI dazu beigetragen, dass der Rollout um Jahre hinter den ursprünglich vom Gesetzgeber beabsichtigten Zeitplan zurückgefallen ist. Allerdings hat der noch begrenzte Funktionsumfang der Geräte bislang bei den Kunden ohnehin wenig Begeisterung für die neue Technologie entfacht.

Doch nun soll alles schnell gehen. Deshalb seien die technischen Eckpunkte auch so angelegt, „dass die geplanten funktionalen und systemtechnischen Erweiterungen unter Verwendung der bereits verfügbaren zertifizierten SMGW-Gerätetechnik ermöglicht werden“, heißt es in der Einleitung des Dokuments. Ministerium und Behörde wollen so Planungs- und vor allem Investitionssicherheit für die Unternehmen schaffen. Demnach sollen neue Funktionen und Anwendungen über Software-Updates erfolgen.
 
Mehrwertdienste schon heute möglich
 
Volker Schirra weist darauf hin, dass die intelligenten Messsysteme schon heute Mehrwertdienste ermöglichen wie zum Beispiel die Visualisierung der Energiedaten in Webportalen. „Die Digitalisierung der Energiewende wird aber nur gelingen, wenn möglichst viele Anwendungsfälle mit den bereits verfügbaren Gateways umgesetzt werden können“, so der Geschäftsführer des Metering-Dienstleisters Voltaris. Zu diesen Anwendungsfällen zählt er dynamische Tarife, die Einbindung neuer flexibler Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und Stromspeicher, die Integration der Elektromobilität und die intelligente Netzsteuerung.

Bislang wurden die Smart-Meter-Gateways von vier Anbietern, nämlich PPC, EMH Metering, Sagemcom Dr. Neuhaus und Theben, in einem ersten Verfahren für vier sogenannte Tarifanwendungsfälle zertifiziert: datensparsame Tarife (TAF1), zeitvariable Tarife (TAF2), Abruf von Messwerten im Bedarfsfall (TAF6) und die Zählerstandsgangmessung (TAF7).

In einem Rezertifizierungsverfahren, das PPC und EMH Metering ebenfalls durchlaufen haben, sind drei weitere Anwendungen hinzugekommen: der Abruf der Ist-Einspeisung einer Erzeugungsanlage (TAF9), der Abruf von Netzzustandsdaten (TAF 10) und die hochfrequente Messwertbereitstellung für Mehrwertdienste (TAF14). Mithilfe von TAF 9 und TAF 10 erhalten Netzbetreiber wesentliche Informationen über die aktuelle Situation in ihren Netzen und können möglichen Netzengpässen vorbeugen. Der Tarifanwendungsfall 14 ist Grundlage für neue Geschäftsmodelle, die auf minütliche oder noch granularere Messwerte setzen.
 
Mit den technischen Eckpunkten wollen BMWi und BSI Lösungen aufzeigen, mit denen schnellstmöglich weitere Einsatzbereiche erschlossen werden. Ein solcher Einsatzbereich ist etwa die sichere und standardisierte Fernsteuerung von Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen
Bild: Fraport AG


Mit den technischen Eckpunkten wollen BMWi und BSI Lösungen aufzeigen, mit denen schnellstmöglich weitere Einsatzbereiche erschlossen werden. Ein solcher Einsatzbereich ist etwa die sichere und standardisierte Fernsteuerung von Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen. BMWi und BSI bewerten in ihrem Papier drei Optionen, die dorthin führen: die Steuerung über proprietäre Technik, die Steuerung mit Verarbeitung im Smart-Meter-Gateway und die Steuerung über den CLS-Proxy-Kanal (CLS = Controllable Local Systems) des Gateways.

Bei der zuletzt genannten Variante wird die Steuerung von einer externen Steuereinheit übernommen, die den CLS-Kanal nutzt, um mit den Anlagen zu kommunizieren. „Die Steuereinheit kann dabei als eigenständige Komponente oder als Energiemanagementsystem ausgeführt sein, oder aber als logische Einheit Teil einer steuerbaren Anlage wie etwa einer Ladeeinrichtung sein“, schreiben die Autoren und setzen die CLS-Option in ihrer Bewertung an die erste Stelle mit der Begründung: schnell und mit hohem Sicherheitsstandard umzusetzen.
 
Steuerung über den CLS-Kanal ist präferierte Option
 
Beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) sieht man es grundsätzlich positiv, dass BMWi und BSI von der Vorstellung des Smart-Meter-Gateways als zentraler Plattform etwas abgerückt sind und mehrere für die Digitalisierung der Energiewende wesentliche Anwendungsfälle über den CLS-Proxy-Kanal laufen sollen.

Dies bedeute, dass das SMGW mit dem CLS-Kanal als „Türsteher“ fungiere, während die Verarbeitung der Daten in Back-End-Systemen erfolgen und eben nicht im Gateway selbst. „Da die betreffenden Verarbeitungsvorgänge aufgrund ihrer Komplexität nicht absehbar standardisiert im SMGW umzusetzen sind, ist die Lösung mit dem CLS-Kanal ein sinnvoller Weg. Andere Lösungen dürfen jedoch nicht verboten werden“, so die Autoren in einer Stellungnahme des Verbands.

Konkret unterstützt der BNE den Vorschlag von BMWi und BSi, den CLS-Kanal für Anlagen zu nutzen, die im 15-Minuten-Takt gesteuert werden. Für die hochfrequente Steuerung müssten aber in einer Übergangszeit noch proprietäre Systeme eingesetzt werden.

„Zu Recht stuft das Eckpunktepapier die Relevanz der Fernsteuerung von Anlagen für die Energiewende als sehr hoch ein“, sagt Voltaris-Geschäftsführer Schirra. Insbesondere der Hochlauf der Elektromobilität, der Ersatz der Rundsteuerempfänger bei Nachtspeicherheizungen und das Submetering erforderten das sichere Steuern und Schalten der Anlagen, um die Netzstabilität zu gewährleisten und den kostenintensiven Netzausbau zu reduzieren. Der Steuerbox − angebunden an das intelligente Messsystem − komme dabei eine Schlüsselrolle zu.

Peter Heuell, Geschäftsführer des Smart-Meter-Gateway-Herstellers EMH Metering, begrüßt vor allem, dass das Eckpunktepapier ausdrücklich Energiemanagementsysteme zu den Steuereinheiten zählt. Denn Home-Energiemanagementsysteme würden die technische Basis für die Spitzenglättung legen, mit der unter anderem die Elektromobilität in die Stromnetze integriert werden soll. „Was jetzt noch fehlt, ist die Möglichkeit des priorisierten Ladens. Dafür eignen sich Wallboxen, die mit einem speziellen Prio-Knopf versehen sind. Sie geben dem Kunden die Freiheit, das E-Auto für einen begrenzten Zeitraum unabhängig von der Spitzenglättung zu laden“, erklärt Heuell. Dadurch werde die Spitzenglättung noch verbraucherfreundlicher.
 
Zentrale Forderungen der Branche berücksichtigt
 
Als „Durchbruch“ bezeichnet der EMH-Metering-Chef die Klärung der Frage nach dem Einsatz des Smart-Meter-Gateways in der Ladeinfrastruktur. Zukünftig werde die Smart-Meter-Gateway-Infrastruktur nur am Netzanschlusspunkt der Säule zum Netzbetreiber verlangt. Die Anbindung an das Fahrzeug oder an weitere Ladesäulen könne durch proprietäre Systeme erfolgen. „Dieser Konsens macht den Weg frei für den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur“, lobt Heuell.

Überhaupt sieht er es als „großen Gewinn“ des Eckpunktepapiers an, dass es neben der standardisierten Infrastruktur des Smart-Meter-Gateways auch proprietäre Marktlösungen aufzeige. Es schaffe dadurch einen Konsens zwischen den Interessengruppen und nehme auch die Marktteilnehmer mit, die dem Einsatz des SMGW bisher skeptisch gegenüberstanden.
 
Die Frage nach dem Einsatz des Smart-Meter-Gateways in der Ladeinfrastruktur ist geklärt: Zukünftig wird die Smart-Meter-Gateway-Infrastruktur nur am Netzanschlusspunkt der Säule verlangt
Bild: LEW

Dass für die netzverträgliche Integration von Flexibilitäten und die aktive Beteiligung des Endkunden an der Energiewende der Zustand am Netzanschlusspunkt als wichtigste Zielgröße dient, gehe deutlich aus dem Eckpunktepapier hervor, sagt Ingo Schönberg. Der Vorstandsvorsitzende von PPC würdigt das Dokument als „strukturiertes Konzept“, in dem lokale Use Cases als Energieanwendungsfälle für E-Mobilität, Steuerung und Submetering ausgestaltet werden.

„Die breite Zustimmung aus der Energiebranche zu Inhalt und Vorgehensweise des Eckpunktepapiers spricht für sich“, betont er. Den Grund für die hohe Akzeptanz sieht er in der Tatsache, dass zentrale Forderungen der Branche berücksichtigt wurden, etwa mit dem transparenten CLS-Proxy zur Anbindung lokaler Anwendungen oder der Option einer zweiten WAN-Anbindung (Wide Area Network) für nicht-energiewirtschaftlich relevante Vorgänge. Letztere könne unter anderem für Wartungsaufgaben oder Software-Updates in den Anlagen genutzt werden, heißt es im Eckpunktepapier.

„Vollrollout nur noch eine Frage der Zeit“

Die zusätzliche Anbindung soll mit einer Firewall abgesichert werden. „Das BSI muss die genaue technische Umsetzung dafür bald definieren“, fordert Heuell. Für energiewirtschaftliche Daten gelte aber weiterhin, dass sie ausschließlich über das SMGW übertragen werden dürfen.

Jeweils ein Kapitel zum Mehrspartenmesswesen und zum Submetering runden das Eckpunktepapier ab. BMWi und BSI unterstreichen dabei die Bedeutung der beiden Themen für das Messwesen im Besonderen und den Energiemarkt im Allgemeinen.

Nach Überzeugung von Schönberg bietet der systemische Ansatz im Eckpunktepapier ausreichend Spielraum für Innovationen. Gleichzeitig merkt er an, dass das Bundeswirtschaftsministerium als mögliches Mengengerüst im Jahr 2030, wenn weitere Funktionen verfügbar sind und der Pflichteinbau auf die entsprechenden Einsatzbereiche ausgedehnt ist, eine Zahl von mindestens 15 Mio. Smart-Meter-Gateways annimmt. „Damit macht das BMWi erstmals deutlich, dass der Vollrollout nur noch eine Frage der Zeit ist“, so der PPC-Chef.

Voltaris-Geschäftsführer Schirra zeigt sich zuversichtlich, dass die Hersteller mit der technischen Umsetzung der neuen Anforderungen noch in diesem Jahr beginnen können. „Essenziell aus unserer Sicht ist es, dass für die bisher verbauten und beschafften Gateways die angekündigten Funktionserweiterungen über Software-Updates bereitgestellt werden, um den Rollout voranzutreiben, um Mehrwerte auch für Netzbetreiber zu ermöglichen und Planungs- und Investitionssicherheit zu gewährleisten.“

Donnerstag, 15.07.2021, 09:20 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Steuern, endlich!
Bild: Mitarbeiter beim Einbau eines Smart Meter Bild: EVM, Sascha Ditscher
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe
Steuern, endlich!
Ein Dokument mit technischen Eckpunkten trifft entscheidende Weichenstellungen für den künftigen Einsatz der intelligenten Messsysteme. Die Branche lobt es.
Das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende hat den intelligenten Messsystemen eine ganz zentrale Rolle zugewiesen. Die elektronischen Zähler mit den Smart-Meter-Gateways (SMGW) als Kommunikationseinheit sollen als zentrale Datendrehscheibe fungieren, die Einspeisung und die Last vor allem in den Verteilnetzen transparent machen und die sichere Einbindung und Steuerung von Anlagen in Smart Grids gewährleisten. Sie sollen. Damit sie den ihnen zugedachten Part auch wirklich vollständig ausfüllen können, bedarf es aber noch einer Weiterentwicklung der technischen Standards der Smart-Meter-Gateways.
 
Bereits verfügbare SMGW-Gerätetechnik soll verwendet werden
 
Im Mai hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) gemeinsam mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ein 19-seitiges Papier mit technischen Eckpunkten veröffentlicht. Diese sollen als Grundlage für die Weiterentwicklung der technischen Richtlinien und Schutzprofile des BSI über das sogenannte Stufenmodell dienen. Das BSI schreibt dazu auf seiner Internetseite: „Anspruch dieses Eckpunkte-Dokuments ist es, kurz und präzise wichtige technische Weichenstellungen für die Smart-Meter-Gateway-Infrastruktur (SMGW-Infrastruktur) im Dialog mit den Branchen und Partnerbehörden herbeizuführen und damit den SMGW-Rollout-Prozess zu beschleunigen.“

Zwar ist immer wieder aus dem Markt zu hören, dass die Corona-Pandemie den Einbau der Geräte allenfalls im Frühjahr 2020 gebremst hat. Richtig vorangekommen sind die Messstellenbetreiber bisher dennoch nicht. So hat etwa das langwierige Zertifizierungsverfahren der Smart-Meter-Gateways beim BSI dazu beigetragen, dass der Rollout um Jahre hinter den ursprünglich vom Gesetzgeber beabsichtigten Zeitplan zurückgefallen ist. Allerdings hat der noch begrenzte Funktionsumfang der Geräte bislang bei den Kunden ohnehin wenig Begeisterung für die neue Technologie entfacht.

Doch nun soll alles schnell gehen. Deshalb seien die technischen Eckpunkte auch so angelegt, „dass die geplanten funktionalen und systemtechnischen Erweiterungen unter Verwendung der bereits verfügbaren zertifizierten SMGW-Gerätetechnik ermöglicht werden“, heißt es in der Einleitung des Dokuments. Ministerium und Behörde wollen so Planungs- und vor allem Investitionssicherheit für die Unternehmen schaffen. Demnach sollen neue Funktionen und Anwendungen über Software-Updates erfolgen.
 
Mehrwertdienste schon heute möglich
 
Volker Schirra weist darauf hin, dass die intelligenten Messsysteme schon heute Mehrwertdienste ermöglichen wie zum Beispiel die Visualisierung der Energiedaten in Webportalen. „Die Digitalisierung der Energiewende wird aber nur gelingen, wenn möglichst viele Anwendungsfälle mit den bereits verfügbaren Gateways umgesetzt werden können“, so der Geschäftsführer des Metering-Dienstleisters Voltaris. Zu diesen Anwendungsfällen zählt er dynamische Tarife, die Einbindung neuer flexibler Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und Stromspeicher, die Integration der Elektromobilität und die intelligente Netzsteuerung.

Bislang wurden die Smart-Meter-Gateways von vier Anbietern, nämlich PPC, EMH Metering, Sagemcom Dr. Neuhaus und Theben, in einem ersten Verfahren für vier sogenannte Tarifanwendungsfälle zertifiziert: datensparsame Tarife (TAF1), zeitvariable Tarife (TAF2), Abruf von Messwerten im Bedarfsfall (TAF6) und die Zählerstandsgangmessung (TAF7).

In einem Rezertifizierungsverfahren, das PPC und EMH Metering ebenfalls durchlaufen haben, sind drei weitere Anwendungen hinzugekommen: der Abruf der Ist-Einspeisung einer Erzeugungsanlage (TAF9), der Abruf von Netzzustandsdaten (TAF 10) und die hochfrequente Messwertbereitstellung für Mehrwertdienste (TAF14). Mithilfe von TAF 9 und TAF 10 erhalten Netzbetreiber wesentliche Informationen über die aktuelle Situation in ihren Netzen und können möglichen Netzengpässen vorbeugen. Der Tarifanwendungsfall 14 ist Grundlage für neue Geschäftsmodelle, die auf minütliche oder noch granularere Messwerte setzen.
 
Mit den technischen Eckpunkten wollen BMWi und BSI Lösungen aufzeigen, mit denen schnellstmöglich weitere Einsatzbereiche erschlossen werden. Ein solcher Einsatzbereich ist etwa die sichere und standardisierte Fernsteuerung von Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen
Bild: Fraport AG


Mit den technischen Eckpunkten wollen BMWi und BSI Lösungen aufzeigen, mit denen schnellstmöglich weitere Einsatzbereiche erschlossen werden. Ein solcher Einsatzbereich ist etwa die sichere und standardisierte Fernsteuerung von Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen. BMWi und BSI bewerten in ihrem Papier drei Optionen, die dorthin führen: die Steuerung über proprietäre Technik, die Steuerung mit Verarbeitung im Smart-Meter-Gateway und die Steuerung über den CLS-Proxy-Kanal (CLS = Controllable Local Systems) des Gateways.

Bei der zuletzt genannten Variante wird die Steuerung von einer externen Steuereinheit übernommen, die den CLS-Kanal nutzt, um mit den Anlagen zu kommunizieren. „Die Steuereinheit kann dabei als eigenständige Komponente oder als Energiemanagementsystem ausgeführt sein, oder aber als logische Einheit Teil einer steuerbaren Anlage wie etwa einer Ladeeinrichtung sein“, schreiben die Autoren und setzen die CLS-Option in ihrer Bewertung an die erste Stelle mit der Begründung: schnell und mit hohem Sicherheitsstandard umzusetzen.
 
Steuerung über den CLS-Kanal ist präferierte Option
 
Beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) sieht man es grundsätzlich positiv, dass BMWi und BSI von der Vorstellung des Smart-Meter-Gateways als zentraler Plattform etwas abgerückt sind und mehrere für die Digitalisierung der Energiewende wesentliche Anwendungsfälle über den CLS-Proxy-Kanal laufen sollen.

Dies bedeute, dass das SMGW mit dem CLS-Kanal als „Türsteher“ fungiere, während die Verarbeitung der Daten in Back-End-Systemen erfolgen und eben nicht im Gateway selbst. „Da die betreffenden Verarbeitungsvorgänge aufgrund ihrer Komplexität nicht absehbar standardisiert im SMGW umzusetzen sind, ist die Lösung mit dem CLS-Kanal ein sinnvoller Weg. Andere Lösungen dürfen jedoch nicht verboten werden“, so die Autoren in einer Stellungnahme des Verbands.

Konkret unterstützt der BNE den Vorschlag von BMWi und BSi, den CLS-Kanal für Anlagen zu nutzen, die im 15-Minuten-Takt gesteuert werden. Für die hochfrequente Steuerung müssten aber in einer Übergangszeit noch proprietäre Systeme eingesetzt werden.

„Zu Recht stuft das Eckpunktepapier die Relevanz der Fernsteuerung von Anlagen für die Energiewende als sehr hoch ein“, sagt Voltaris-Geschäftsführer Schirra. Insbesondere der Hochlauf der Elektromobilität, der Ersatz der Rundsteuerempfänger bei Nachtspeicherheizungen und das Submetering erforderten das sichere Steuern und Schalten der Anlagen, um die Netzstabilität zu gewährleisten und den kostenintensiven Netzausbau zu reduzieren. Der Steuerbox − angebunden an das intelligente Messsystem − komme dabei eine Schlüsselrolle zu.

Peter Heuell, Geschäftsführer des Smart-Meter-Gateway-Herstellers EMH Metering, begrüßt vor allem, dass das Eckpunktepapier ausdrücklich Energiemanagementsysteme zu den Steuereinheiten zählt. Denn Home-Energiemanagementsysteme würden die technische Basis für die Spitzenglättung legen, mit der unter anderem die Elektromobilität in die Stromnetze integriert werden soll. „Was jetzt noch fehlt, ist die Möglichkeit des priorisierten Ladens. Dafür eignen sich Wallboxen, die mit einem speziellen Prio-Knopf versehen sind. Sie geben dem Kunden die Freiheit, das E-Auto für einen begrenzten Zeitraum unabhängig von der Spitzenglättung zu laden“, erklärt Heuell. Dadurch werde die Spitzenglättung noch verbraucherfreundlicher.
 
Zentrale Forderungen der Branche berücksichtigt
 
Als „Durchbruch“ bezeichnet der EMH-Metering-Chef die Klärung der Frage nach dem Einsatz des Smart-Meter-Gateways in der Ladeinfrastruktur. Zukünftig werde die Smart-Meter-Gateway-Infrastruktur nur am Netzanschlusspunkt der Säule zum Netzbetreiber verlangt. Die Anbindung an das Fahrzeug oder an weitere Ladesäulen könne durch proprietäre Systeme erfolgen. „Dieser Konsens macht den Weg frei für den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur“, lobt Heuell.

Überhaupt sieht er es als „großen Gewinn“ des Eckpunktepapiers an, dass es neben der standardisierten Infrastruktur des Smart-Meter-Gateways auch proprietäre Marktlösungen aufzeige. Es schaffe dadurch einen Konsens zwischen den Interessengruppen und nehme auch die Marktteilnehmer mit, die dem Einsatz des SMGW bisher skeptisch gegenüberstanden.
 
Die Frage nach dem Einsatz des Smart-Meter-Gateways in der Ladeinfrastruktur ist geklärt: Zukünftig wird die Smart-Meter-Gateway-Infrastruktur nur am Netzanschlusspunkt der Säule verlangt
Bild: LEW

Dass für die netzverträgliche Integration von Flexibilitäten und die aktive Beteiligung des Endkunden an der Energiewende der Zustand am Netzanschlusspunkt als wichtigste Zielgröße dient, gehe deutlich aus dem Eckpunktepapier hervor, sagt Ingo Schönberg. Der Vorstandsvorsitzende von PPC würdigt das Dokument als „strukturiertes Konzept“, in dem lokale Use Cases als Energieanwendungsfälle für E-Mobilität, Steuerung und Submetering ausgestaltet werden.

„Die breite Zustimmung aus der Energiebranche zu Inhalt und Vorgehensweise des Eckpunktepapiers spricht für sich“, betont er. Den Grund für die hohe Akzeptanz sieht er in der Tatsache, dass zentrale Forderungen der Branche berücksichtigt wurden, etwa mit dem transparenten CLS-Proxy zur Anbindung lokaler Anwendungen oder der Option einer zweiten WAN-Anbindung (Wide Area Network) für nicht-energiewirtschaftlich relevante Vorgänge. Letztere könne unter anderem für Wartungsaufgaben oder Software-Updates in den Anlagen genutzt werden, heißt es im Eckpunktepapier.

„Vollrollout nur noch eine Frage der Zeit“

Die zusätzliche Anbindung soll mit einer Firewall abgesichert werden. „Das BSI muss die genaue technische Umsetzung dafür bald definieren“, fordert Heuell. Für energiewirtschaftliche Daten gelte aber weiterhin, dass sie ausschließlich über das SMGW übertragen werden dürfen.

Jeweils ein Kapitel zum Mehrspartenmesswesen und zum Submetering runden das Eckpunktepapier ab. BMWi und BSI unterstreichen dabei die Bedeutung der beiden Themen für das Messwesen im Besonderen und den Energiemarkt im Allgemeinen.

Nach Überzeugung von Schönberg bietet der systemische Ansatz im Eckpunktepapier ausreichend Spielraum für Innovationen. Gleichzeitig merkt er an, dass das Bundeswirtschaftsministerium als mögliches Mengengerüst im Jahr 2030, wenn weitere Funktionen verfügbar sind und der Pflichteinbau auf die entsprechenden Einsatzbereiche ausgedehnt ist, eine Zahl von mindestens 15 Mio. Smart-Meter-Gateways annimmt. „Damit macht das BMWi erstmals deutlich, dass der Vollrollout nur noch eine Frage der Zeit ist“, so der PPC-Chef.

Voltaris-Geschäftsführer Schirra zeigt sich zuversichtlich, dass die Hersteller mit der technischen Umsetzung der neuen Anforderungen noch in diesem Jahr beginnen können. „Essenziell aus unserer Sicht ist es, dass für die bisher verbauten und beschafften Gateways die angekündigten Funktionserweiterungen über Software-Updates bereitgestellt werden, um den Rollout voranzutreiben, um Mehrwerte auch für Netzbetreiber zu ermöglichen und Planungs- und Investitionssicherheit zu gewährleisten.“

Donnerstag, 15.07.2021, 09:20 Uhr
Fritz Wilhelm

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