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Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

"Stadtwerke haben da eine Riesenchance"

Bei PV-Mieterstrom fängt das Start-up Solarize da an, wo andere aufhören: bei mehreren gewerblichen Mietern und 10.000 kWh pro Jahr. Ein Gespräch mit dem Gründer Frederik Pfisterer.
E&M: Herr Pfisterer, Mieterstrom gibt es seit Jahren auch im Gewerbe, denken Sie an die Münchner Polarstern. Was ist da das Alleinstellungsmerkmal (USP) von Solarize? Richten Sie sich vornehmlich an Immobilienentwickler und -eigner oder auch an Stadtwerke?

Pfisterer: Wir sehen uns praktisch immer als Partner der Immobilienwirtschaft. Polarstern und andere haben sich Mieterstrom für die Wohnungswirtschaft auf die Fahnen geschrieben, aber alles unter 100 Kilowattpeak, alles unter 100.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch. Sobald man darüber geht, in die RLM (registrierende Leistungsmessung), ist Mieterstrom komplexer in Bezug auf die Energiesteuer: Man muss ab einem Verbrauch von 10.000 Kilowattstunden pro Jahr ausweisen, wie viel Strom aus der PV-Anlage steuerfrei bezogen wurde. Dazu braucht man eine viertelstündliche Bilanz. Das ist unser USP: eine Meter-to-Cash-Lösung für Microgrids, die solche größeren RLM-Strommengen revisionssicher abrechnen kann.

E&M: Ihr USP ist also, dass Sie in den RLM-Bereich gehen?

Pfisterer: Genau, immer auf Liegenschaften, in denen eine viertelstündliche Strombilanz notwendig ist, um die Zeitgleichheit zwischen lokaler Erzeugung und lokalem Verbrauch herstellen zu können.

E&M: Und meinen Sie, der Einzige zu sein?

Pfisterer: (lächelt) We like to believe. Wir haben das im Multi-Tenant-Bereich erfolgreich umgesetzt, da ist uns sonst niemand bekannt. Im Single-Tenant-Bereich − ein einziger Mieter − gibt es das schon. Da sind die PV-Anlagen Überschusseinspeiser.

E&M: Wie stehen Sie zu Stadtwerken?

Pfisterer: Nie als Konkurrenten, sondern als potenzielle Partner − im Gegensatz zur Polarstern, die ein vollständiges EVU ist. Wir wollen im Unterschied dazu nie die Assets halten. Wir überlassen immer dem Contractor, dem Dachpächter − gleichwohl ob er der Immobiliengesellschaft angegliedert oder ein fremder Dritter ist −, die Möglichkeit, das Dach zu bewirtschaften. Manche Stadtwerke haben angefangen, Dächer zu pachten und im großen Stil PV-Anlagen in den eigenen Bestand zu nehmen, auch Aufdach. Wir wollen der Partner der Wahl sein, um solche Mieterstrommodelle mit Großanlagen umzusetzen und abzurechnen. Unsere Bestandskunden sind Contractoren, um deren eigene PV-Anlagen ohne Infektionsrisiko zu bewirtschaften.

E&M: Sie meinen das Risiko, dass Gewerbesteuer anfällt oder im Amtsdeutsch die ‚erweiterte Gewerbesteuerkürzung‘ wegfällt?

Pfisterer: Genau. Aber nicht alle Immobilieneigentümer sind groß genug, um eine eigene Gesellschaft zu gründen. Es gibt auch Immobilienfonds, deren Gesellschaftsstruktur oder Geschäftszweck es nicht zulässt, Strom zu verkaufen. Dann vermitteln wir an Dritte, an Firmen wie Enviria und andere, die solche Dächer im großen Stil mieten. Da sehen wir für Stadtwerke die große Chance, gerade bei öffentlichen Liegenschaften, deren Dächer nicht durch den Eigentümer bewirtschaftet werden dürfen.

E&M: Wo sind die großen PV-Potenzialflächen?

Pfisterer: Jede Stadt hat eigene Liegenschaften, die bewirtschaftet werden können und sollten, um die Energiewende voranzutreiben. Das können Schulen, öffentliche Gebäude, Finanzämter oder Bahnhöfe sein, aber auch Gewerbeparks. Stadtwerke haben da eine Riesenchance, eine Art Innovationsabteilung für Mieterstrom zu bauen. Kürzlich haben die Stadtwerke Karlsruhe für diesen Bereich eine Tochter gegründet: die Badische Energie-Servicegesellschaft (BES). Die machen tolle Projekte genau mit solchen Themen und bieten auch an, Dachflächen im großen Stil zu pachten. Sinn macht das aus unserer Sicht ab 100 Kilowattpeak.

E&M: Was ist Ihr größtes Projekt?

Pfisterer: Das ist ein Gewerbepark in Karlsruhe, ein ehemaliges Siemens-Gelände mit insgesamt 1,4 Megawattpeak Aufdachleistung im Maximalausbau. Wir sind aber jetzt auch mit einigen Logistikern im Gespräch, die Mieterstrom anbieten möchten und extrem große Dachflächen haben.

E&M: Errichten Sie diese 1,4 Megawatt förderfrei oder teilen Sie sie so, dass sie unter die 750 Kilowatt kommen?

Pfisterer: In dem Fall werden das mehrere Anlagen unter 750 Kilowatt, aber nicht weil wir es müssten, sondern weil einfach die Dachsanierung so lange braucht. Photovoltaik lässt sich natürlich nur auf sanierten Dächer sinnvoll für 20, 25 Jahre Laufzeit installieren. Und deswegen gibt’s da Abschnitte zwischen 300 und 650 Kilowattpeak je nach Dachsanierungsplan, der über das Areal läuft. So ein Projekt dauert dann auch 14 bis 20 Monate.

E&M: Wie entwickelt sich der PV-Erzeugungsmarkt in Deutschland? Pexapark hatte für dieses Jahr 2.000 Megawatt neue Freifläche prognostiziert − förderfrei!

Pfisterer: Die Entwicklung im förderfreien Umfeld beschleunigt sich. Es gibt insgesamt auf Nichtwohnimmobilien ein Potenzial von etwa 16 Gigawattpeak. Wir sehen jetzt schon eine Verknappung im Installationsbereich. Da müssen auch Installationsbetriebe entstehen, die sich auf Anlagen über 100 Kilowattpeak spezialisieren. Davon gibt es in Deutschland viel zu wenige.

E&M: Wie gehen Sie mit dem Fachkräftemangel um?

Pfisterer: Durch hochqualitative Vorarbeit. Das heißt, wir kennen die Installateure, die Anlagen in der Größenordnung 100 bis 750 Kilowattpeak oder darüber bauen können. Wir sorgen dafür, dass praktisch alle Informationen vorliegen, bevor wir auf den Installateur zugehen. Das heißt, er erhält ein Drohnenaufmaß und Bilder von der AC-Technik. Er muss keinen Vertriebsmitarbeiter rausschicken, sondern bekommt von uns ein hochwertiges Briefing und kann darauf basierend mit dem geringstmöglichen Aufwand ein belastbares Angebot erstellen. 

E&M: Sie haben Büros in Berlin und Stuttgart. Baden-Württemberg gehört zu den Ländern mit PV-Pflicht. Spielt die Ihnen rein?

Pfisterer: Mit Sicherheit. Ich habe das große Glück, dass Baden-Württemberg vorangeht mit der PV-Pflicht auf Gewerbeimmobilien. Wir erwarten in diesem Segment jedes Jahr 2.700 Bauanträge und schon allein aufgrund dessen einen Ansturm.

E&M: Was kostet Solarstrom in Ihren Projekten mittlerweile?

Pfisterer: In der Regel je nach Reststromliefervertrag der Liegenschaft zwischen 14 und 18 Cent pro Kilowattstunde.

E&M: Angesichts der explodierten Strom-Spotpreise dürfte es Contractoren derzeit mehr einbringen, Solarstrom einzuspeisen, anstatt ihn im Objekt zu verbrauchen. Bilden Sie das ab in Ihrem Energiemanagementsystem?

Pfisterer: Wir arbeiten daran. Klar: Wenn der Marktwert Solar wie im Dezember bei 27,1 Cent pro Kilowattstunde liegt, kann es sein, dass die Direktvermarktung finanziell attraktiver ist als der Direktverbrauch. In dem Fall wollen wir in Zukunft anbieten, dass wir bilanziell einspeisen und im gleichen Maße der Netzverbrauch erhöht wird. Das auszuprobieren, ist in Klärung mit Netzbetreibern.

E&M: Ist die Ausschreibungspflicht ab 750 Kilowatt für Sie eine Obergrenze?

Pfisterer: Es kommt darauf an. Wir würden in der Regel nicht in Ausschreibungen gehen, weil wir die PV-Anlagen so dimensionieren, dass über 80 Prozent des erzeugten Stroms direkt verbraucht werden. Da ist die EEG-Vergütung Beiwerk und wir könnten mit dem Reststrom in die Direktvermarktung gehen. In vielen Liegenschaften wird 100 Prozent direkt verbraucht. Wenn es tatsächlich ein energieintensives Objekt ist, dann kann man da auch 750 Kilowattpeak bauen − ohne Ausschreibung!

E&M: Dann ist die Innovationsausschreibung am 1. April, unter anderem für PV über Parkplätzen, kein Thema für Sie?

Pfisterer: Nein.

E&M: Sie werben mit Full Service. Was heißt das konkret?
Pfisterer: Wir haben drei Servicebereiche:
  • ‚Planung und Projektmanagement‘, das ist eine Einmaldienstleistung zur Errichtung.
  • Dann haben wir Software as a Service: Wir stellen unsere Plattform zum Betrieb zur Verfügung. Da wird dann der Contractor Kunde und nutzt unsere Lösungen zu Abrechnung und Betrieb des Microgrids.
  • Für Leute, denen die zeitlichen Ressourcen fehlen, bieten wir auch noch Microgrid as a Service an. Das wäre dann der dritte Geschäftsbereich. Da nehmen wir BPO(Business Process Outsourcing)-Themen dazu, wie etwa Mieterwechsel managen.
E&M: Wie kommen Ihre Daten in die energiewirtschaftliche ERP(Unternehmenssteuerungs)- und Abrechnungssoftware eines EVU?

Pfisterer: Da wären wir im Prinzip ein Subledger-System. Wir würden die abrechnungsrelevanten Daten entweder als Buchhaltungsexport exportieren oder das Stadtwerk kann die Rechnungen herunterladen und in sein ERP-System einfügen. Wir bieten dafür auch Integrationsleistungen an.

 
Frederik Pfisterer
Quelle: Solarize

E&M: Wie finanziert sich Solarize?

Pfisterer: Wir sind Venture-Capital-finanziert. Davon kommt einiges von mir selbst, aber ich habe auch zehn Business Angels an Bord genommen, vorrangig aus den Bereichen Energie, Wirtschaft, Immobilien- und Finanzwirtschaft, und jetzt auch einen großen deutschen Venture-Capital-Geber: Picus Capital, die frühzeitig mit einem langfristigen Ansatz in Tech-Start-ups investiert.

E&M: Kann man aus der Energiebranche Namen von Investoren nennen?

Pfisterer: Herrn Dominik McInnis. Er ist derzeit Geschäftsführer bei einer Wind-PPA-Gesellschaft, der Wind Energy Trading AG in der Schweiz, und war vorher in den Bereichen PPA, Trading & Energiemärkte bei Alpiq tätig.
 

Zur Person: Frederik Pfisterer

Der Stuttgarter Computeringenieur Frederik Pfisterer (39) hat zwischen 2010 und 2020 eines der größten deutschen Fintech-Unternehmen mitaufgebaut und nach seinem Ausstieg die Solarize Energy Solutions GmbH gegründet, weil der damalige Vielflieger es ändern wollte, dass er von oben so viele große, leere Dächer sah. Mit seinem Bruder, der Asset Manager großer Gewerbeimmobilien ist, identifizierte er eine Marktlücke in gewerblichem Photovoltaikmieterstrom für mehrere Mieter (Multi-Tenant) mit hohem Gesamtverbrauch und daher registrierender Leistungsmessung (RLM). Solarize bietet Contractoren hierfür Beratung, Projektierung/Projektmanagement, Messkonzept, Software as a Service und Betrieb aus einer Hand.
 

Donnerstag, 10.03.2022, 09:00 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe -
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe
"Stadtwerke haben da eine Riesenchance"
Bei PV-Mieterstrom fängt das Start-up Solarize da an, wo andere aufhören: bei mehreren gewerblichen Mietern und 10.000 kWh pro Jahr. Ein Gespräch mit dem Gründer Frederik Pfisterer.
E&M: Herr Pfisterer, Mieterstrom gibt es seit Jahren auch im Gewerbe, denken Sie an die Münchner Polarstern. Was ist da das Alleinstellungsmerkmal (USP) von Solarize? Richten Sie sich vornehmlich an Immobilienentwickler und -eigner oder auch an Stadtwerke?

Pfisterer: Wir sehen uns praktisch immer als Partner der Immobilienwirtschaft. Polarstern und andere haben sich Mieterstrom für die Wohnungswirtschaft auf die Fahnen geschrieben, aber alles unter 100 Kilowattpeak, alles unter 100.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch. Sobald man darüber geht, in die RLM (registrierende Leistungsmessung), ist Mieterstrom komplexer in Bezug auf die Energiesteuer: Man muss ab einem Verbrauch von 10.000 Kilowattstunden pro Jahr ausweisen, wie viel Strom aus der PV-Anlage steuerfrei bezogen wurde. Dazu braucht man eine viertelstündliche Bilanz. Das ist unser USP: eine Meter-to-Cash-Lösung für Microgrids, die solche größeren RLM-Strommengen revisionssicher abrechnen kann.

E&M: Ihr USP ist also, dass Sie in den RLM-Bereich gehen?

Pfisterer: Genau, immer auf Liegenschaften, in denen eine viertelstündliche Strombilanz notwendig ist, um die Zeitgleichheit zwischen lokaler Erzeugung und lokalem Verbrauch herstellen zu können.

E&M: Und meinen Sie, der Einzige zu sein?

Pfisterer: (lächelt) We like to believe. Wir haben das im Multi-Tenant-Bereich erfolgreich umgesetzt, da ist uns sonst niemand bekannt. Im Single-Tenant-Bereich − ein einziger Mieter − gibt es das schon. Da sind die PV-Anlagen Überschusseinspeiser.

E&M: Wie stehen Sie zu Stadtwerken?

Pfisterer: Nie als Konkurrenten, sondern als potenzielle Partner − im Gegensatz zur Polarstern, die ein vollständiges EVU ist. Wir wollen im Unterschied dazu nie die Assets halten. Wir überlassen immer dem Contractor, dem Dachpächter − gleichwohl ob er der Immobiliengesellschaft angegliedert oder ein fremder Dritter ist −, die Möglichkeit, das Dach zu bewirtschaften. Manche Stadtwerke haben angefangen, Dächer zu pachten und im großen Stil PV-Anlagen in den eigenen Bestand zu nehmen, auch Aufdach. Wir wollen der Partner der Wahl sein, um solche Mieterstrommodelle mit Großanlagen umzusetzen und abzurechnen. Unsere Bestandskunden sind Contractoren, um deren eigene PV-Anlagen ohne Infektionsrisiko zu bewirtschaften.

E&M: Sie meinen das Risiko, dass Gewerbesteuer anfällt oder im Amtsdeutsch die ‚erweiterte Gewerbesteuerkürzung‘ wegfällt?

Pfisterer: Genau. Aber nicht alle Immobilieneigentümer sind groß genug, um eine eigene Gesellschaft zu gründen. Es gibt auch Immobilienfonds, deren Gesellschaftsstruktur oder Geschäftszweck es nicht zulässt, Strom zu verkaufen. Dann vermitteln wir an Dritte, an Firmen wie Enviria und andere, die solche Dächer im großen Stil mieten. Da sehen wir für Stadtwerke die große Chance, gerade bei öffentlichen Liegenschaften, deren Dächer nicht durch den Eigentümer bewirtschaftet werden dürfen.

E&M: Wo sind die großen PV-Potenzialflächen?

Pfisterer: Jede Stadt hat eigene Liegenschaften, die bewirtschaftet werden können und sollten, um die Energiewende voranzutreiben. Das können Schulen, öffentliche Gebäude, Finanzämter oder Bahnhöfe sein, aber auch Gewerbeparks. Stadtwerke haben da eine Riesenchance, eine Art Innovationsabteilung für Mieterstrom zu bauen. Kürzlich haben die Stadtwerke Karlsruhe für diesen Bereich eine Tochter gegründet: die Badische Energie-Servicegesellschaft (BES). Die machen tolle Projekte genau mit solchen Themen und bieten auch an, Dachflächen im großen Stil zu pachten. Sinn macht das aus unserer Sicht ab 100 Kilowattpeak.

E&M: Was ist Ihr größtes Projekt?

Pfisterer: Das ist ein Gewerbepark in Karlsruhe, ein ehemaliges Siemens-Gelände mit insgesamt 1,4 Megawattpeak Aufdachleistung im Maximalausbau. Wir sind aber jetzt auch mit einigen Logistikern im Gespräch, die Mieterstrom anbieten möchten und extrem große Dachflächen haben.

E&M: Errichten Sie diese 1,4 Megawatt förderfrei oder teilen Sie sie so, dass sie unter die 750 Kilowatt kommen?

Pfisterer: In dem Fall werden das mehrere Anlagen unter 750 Kilowatt, aber nicht weil wir es müssten, sondern weil einfach die Dachsanierung so lange braucht. Photovoltaik lässt sich natürlich nur auf sanierten Dächer sinnvoll für 20, 25 Jahre Laufzeit installieren. Und deswegen gibt’s da Abschnitte zwischen 300 und 650 Kilowattpeak je nach Dachsanierungsplan, der über das Areal läuft. So ein Projekt dauert dann auch 14 bis 20 Monate.

E&M: Wie entwickelt sich der PV-Erzeugungsmarkt in Deutschland? Pexapark hatte für dieses Jahr 2.000 Megawatt neue Freifläche prognostiziert − förderfrei!

Pfisterer: Die Entwicklung im förderfreien Umfeld beschleunigt sich. Es gibt insgesamt auf Nichtwohnimmobilien ein Potenzial von etwa 16 Gigawattpeak. Wir sehen jetzt schon eine Verknappung im Installationsbereich. Da müssen auch Installationsbetriebe entstehen, die sich auf Anlagen über 100 Kilowattpeak spezialisieren. Davon gibt es in Deutschland viel zu wenige.

E&M: Wie gehen Sie mit dem Fachkräftemangel um?

Pfisterer: Durch hochqualitative Vorarbeit. Das heißt, wir kennen die Installateure, die Anlagen in der Größenordnung 100 bis 750 Kilowattpeak oder darüber bauen können. Wir sorgen dafür, dass praktisch alle Informationen vorliegen, bevor wir auf den Installateur zugehen. Das heißt, er erhält ein Drohnenaufmaß und Bilder von der AC-Technik. Er muss keinen Vertriebsmitarbeiter rausschicken, sondern bekommt von uns ein hochwertiges Briefing und kann darauf basierend mit dem geringstmöglichen Aufwand ein belastbares Angebot erstellen. 

E&M: Sie haben Büros in Berlin und Stuttgart. Baden-Württemberg gehört zu den Ländern mit PV-Pflicht. Spielt die Ihnen rein?

Pfisterer: Mit Sicherheit. Ich habe das große Glück, dass Baden-Württemberg vorangeht mit der PV-Pflicht auf Gewerbeimmobilien. Wir erwarten in diesem Segment jedes Jahr 2.700 Bauanträge und schon allein aufgrund dessen einen Ansturm.

E&M: Was kostet Solarstrom in Ihren Projekten mittlerweile?

Pfisterer: In der Regel je nach Reststromliefervertrag der Liegenschaft zwischen 14 und 18 Cent pro Kilowattstunde.

E&M: Angesichts der explodierten Strom-Spotpreise dürfte es Contractoren derzeit mehr einbringen, Solarstrom einzuspeisen, anstatt ihn im Objekt zu verbrauchen. Bilden Sie das ab in Ihrem Energiemanagementsystem?

Pfisterer: Wir arbeiten daran. Klar: Wenn der Marktwert Solar wie im Dezember bei 27,1 Cent pro Kilowattstunde liegt, kann es sein, dass die Direktvermarktung finanziell attraktiver ist als der Direktverbrauch. In dem Fall wollen wir in Zukunft anbieten, dass wir bilanziell einspeisen und im gleichen Maße der Netzverbrauch erhöht wird. Das auszuprobieren, ist in Klärung mit Netzbetreibern.

E&M: Ist die Ausschreibungspflicht ab 750 Kilowatt für Sie eine Obergrenze?

Pfisterer: Es kommt darauf an. Wir würden in der Regel nicht in Ausschreibungen gehen, weil wir die PV-Anlagen so dimensionieren, dass über 80 Prozent des erzeugten Stroms direkt verbraucht werden. Da ist die EEG-Vergütung Beiwerk und wir könnten mit dem Reststrom in die Direktvermarktung gehen. In vielen Liegenschaften wird 100 Prozent direkt verbraucht. Wenn es tatsächlich ein energieintensives Objekt ist, dann kann man da auch 750 Kilowattpeak bauen − ohne Ausschreibung!

E&M: Dann ist die Innovationsausschreibung am 1. April, unter anderem für PV über Parkplätzen, kein Thema für Sie?

Pfisterer: Nein.

E&M: Sie werben mit Full Service. Was heißt das konkret?
Pfisterer: Wir haben drei Servicebereiche:
  • ‚Planung und Projektmanagement‘, das ist eine Einmaldienstleistung zur Errichtung.
  • Dann haben wir Software as a Service: Wir stellen unsere Plattform zum Betrieb zur Verfügung. Da wird dann der Contractor Kunde und nutzt unsere Lösungen zu Abrechnung und Betrieb des Microgrids.
  • Für Leute, denen die zeitlichen Ressourcen fehlen, bieten wir auch noch Microgrid as a Service an. Das wäre dann der dritte Geschäftsbereich. Da nehmen wir BPO(Business Process Outsourcing)-Themen dazu, wie etwa Mieterwechsel managen.
E&M: Wie kommen Ihre Daten in die energiewirtschaftliche ERP(Unternehmenssteuerungs)- und Abrechnungssoftware eines EVU?

Pfisterer: Da wären wir im Prinzip ein Subledger-System. Wir würden die abrechnungsrelevanten Daten entweder als Buchhaltungsexport exportieren oder das Stadtwerk kann die Rechnungen herunterladen und in sein ERP-System einfügen. Wir bieten dafür auch Integrationsleistungen an.

 
Frederik Pfisterer
Quelle: Solarize

E&M: Wie finanziert sich Solarize?

Pfisterer: Wir sind Venture-Capital-finanziert. Davon kommt einiges von mir selbst, aber ich habe auch zehn Business Angels an Bord genommen, vorrangig aus den Bereichen Energie, Wirtschaft, Immobilien- und Finanzwirtschaft, und jetzt auch einen großen deutschen Venture-Capital-Geber: Picus Capital, die frühzeitig mit einem langfristigen Ansatz in Tech-Start-ups investiert.

E&M: Kann man aus der Energiebranche Namen von Investoren nennen?

Pfisterer: Herrn Dominik McInnis. Er ist derzeit Geschäftsführer bei einer Wind-PPA-Gesellschaft, der Wind Energy Trading AG in der Schweiz, und war vorher in den Bereichen PPA, Trading & Energiemärkte bei Alpiq tätig.
 

Zur Person: Frederik Pfisterer

Der Stuttgarter Computeringenieur Frederik Pfisterer (39) hat zwischen 2010 und 2020 eines der größten deutschen Fintech-Unternehmen mitaufgebaut und nach seinem Ausstieg die Solarize Energy Solutions GmbH gegründet, weil der damalige Vielflieger es ändern wollte, dass er von oben so viele große, leere Dächer sah. Mit seinem Bruder, der Asset Manager großer Gewerbeimmobilien ist, identifizierte er eine Marktlücke in gewerblichem Photovoltaikmieterstrom für mehrere Mieter (Multi-Tenant) mit hohem Gesamtverbrauch und daher registrierender Leistungsmessung (RLM). Solarize bietet Contractoren hierfür Beratung, Projektierung/Projektmanagement, Messkonzept, Software as a Service und Betrieb aus einer Hand.
 

Donnerstag, 10.03.2022, 09:00 Uhr
Georg Eble

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