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Energie & Management > Gas - Spanien plant Pyrenäen-Pipeline
Quelle: Fotolia / tomas
Gas

Spanien plant Pyrenäen-Pipeline

Mit einer besseren Anbindung an die Gasnetze der europäischen Nachbarn könnte Spanien sein Potential zum LNG-Import besser nutzen. Das Nachbarland Frankreich will das Projekt prüfen.
Spanien will sein Potenzial für den Import von Flüssigerdgas (LNG) künftig besser nutzen und damit eine aktivere Rolle bei der EU-Gasversorgung spielen. Die Regierung in Madrid setzt jedenfalls auf mehr europäische Zusammenarbeit beim Ausbau der Gasinfrastruktur. Das Land ist aber kaum an andere Länder angebunden. Mit einer zusätzlichen Pipeline nach Frankreich oder Italien könnten die spanischen LNG-Terminals besser genutzt und der europäische Energiemarkt stärker vernetzt werden.

Laut Medienberichten stehen das iberische Nachbarland Portugal und Deutschland dem Vorhaben zum Bau einer neuen Pipeline durch die Pyrenäen offen gegenüber. Das "Midcat"-Projekt sieht den Bau einer knapp 230 Kilometer langen Gasleitung zwischen den Städten Hostalric in Katalonien und dem französischen Barbaira vor. Portugal könnte seine westliche Randlage als Vorteil nutzen. Mit dem Tiefwasserhafen Sines existiert eine Anbindung an den Nordatlantik. In der Küstenstadt befindet sich auch Portugals Regasifizierungsanlage für Flüssigerdgas. Von dort aus könnte Gas durch Spanien weiterverteilt werden.

Die Pläne für die Pipeline erhalten zunehmend Rückenwind auf europäischer Ebene. Spaniens nördlicher Nachbar Frankreich hätte eine Schlüsselrolle beim Bau der Gasleitung durch die Pyrenäen. Das Land wird jedoch vor allem über die Nordsee aus Norwegen versorgt und besitzt drei eigene LNG-Terminals. Aus französischer Perspektive besteht daher wenig Bedarf an dem Projekt. Dennoch kündigte Präsident Emmanuel Macron laut der Tageszeitung El Mundo an, das Vorhaben zu prüfen.

Finanzierung noch offen

Wer die zu erwartenden rund 3 Mrd. Euro für eine Pipeline durch die Pyrenäen aufbringen soll, ist noch offen. Bei einer Einigung zwischen Spanien und Frankreich könnte die Europäische Union einen finanziellen Beitrag leisten. Im europäischen Vergleich gehört Spanien mit sechs Terminals zur Umwandlung von Flüssiggas zu den wichtigsten Standorten. Die Anlagen verfügen über eine Jahreskapazität von maximal 60 Mrd. Kubikmeter. Allerdings erklärte ein Sprecher der EU-Kommission am Dienstag, die geplante Midcat-Gaspipeline sei kein Projekt von gemeinsamem europäischen Interesse.

Auf der iberischen Halbinsel sind zwar die Gasnetze von Spanien und Portugal miteinander verbunden, die Vernetzung mit dem Rest des Kontinents ist aber gering. Die Kapazität der beiden bestehenden Röhren nach Frankreich umfasst bislang nur 7 Mrd. m3 pro Jahr. Auf diesem Weg könnten also rechnerisch nur 12 % der spanischen Maximalproduktion exportiert werden. Somit kann Spanien sein Potenzial zur Umwandlung von Flüssigerdgas nur zu einem geringen Teil ausschöpfen. Momentan steht das Land für 3 % der Regasifizierungsmenge in Europa. Laut der Wirtschaftszeitung Expansión sieht der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez das Potenzial seines Landes bei einem Anteil von 30 %.

Fertigstellung in neun Monaten möglich

Eine zusätzliche Anbindung an Frankreich würde erheblich dazu beitragen, diesem Anteil näherzukommen. Der jährliche Durchfluss könnte in dem Fall auf 10 Mrd. bis 15 Mrd. m3 erhöht werden. Laut der Wirtschaftszeitung Cinco Días geht die spanische Regierung davon aus, dass eine weitere Röhre durch die Pyrenäen bereits innerhalb von acht bis neun Monaten fertiggestellt werden könnte. Als Alternative zur Midcat-Leitung durch die Pyrenäen wird in Spanien ein Anschluss an das italienische Gasnetz diskutiert. Hier käme der Bau einer Pipeline von Barcelona ins norditalienische Livorno in Betracht. Die Anlage in Barcelona gehört zu den größten, die in Europa Flüssiggas umwandeln können.

Der voraussichtliche Aufwand wäre allerdings wesentlich höher als bei der Pyrenäen-Lösung. Dazu tragen ein Mehrfaches an Entfernung, ein längerer Umsetzungszeitraum und entsprechend höhere Kosten durch die Verlegung der Rohre unter Wasser bei. Dennoch hätte das Projekt auch einen Nutzen für die europäische Gasversorgung: Italien besitzt bereits mehrere Anbindungen an die Gasnetze anderer Länder. Dadurch könnte die Bedeutung als Drehscheibe künftig noch zunehmen. Zu Beginn der Diskussionen um die Midcat-Pipeline sorgte für viel Skepsis, dass das Vorhaben den europäischen Dekarbonisierungszielen zuwider laufen könnte. Mittlerweile kristallisiert sich aber heraus, dass es kein teures Projekt für fossile Energien mit kurzer Nutzungsdauer werden dürfte. Moderne Pipelines könnten in Zukunft auch für den Transport von Wasserstoff eingesetzt werden.

Sowohl Spanien als auch Portugal verfügen über ausgezeichnete natürliche Voraussetzungen, um kostengünstig Wasserstoff mit Hilfe von erneuerbaren Energien herzustellen. Diesen Standortvorteil könnten die iberischen Länder nutzen, um zu einer klimaschonenden Versorgung der Industrie im Norden des Kontinents beizutragen.

Dienstag, 6.09.2022, 13:34 Uhr
Ali Ulucay
Energie & Management > Gas - Spanien plant Pyrenäen-Pipeline
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Gas
Spanien plant Pyrenäen-Pipeline
Mit einer besseren Anbindung an die Gasnetze der europäischen Nachbarn könnte Spanien sein Potential zum LNG-Import besser nutzen. Das Nachbarland Frankreich will das Projekt prüfen.
Spanien will sein Potenzial für den Import von Flüssigerdgas (LNG) künftig besser nutzen und damit eine aktivere Rolle bei der EU-Gasversorgung spielen. Die Regierung in Madrid setzt jedenfalls auf mehr europäische Zusammenarbeit beim Ausbau der Gasinfrastruktur. Das Land ist aber kaum an andere Länder angebunden. Mit einer zusätzlichen Pipeline nach Frankreich oder Italien könnten die spanischen LNG-Terminals besser genutzt und der europäische Energiemarkt stärker vernetzt werden.

Laut Medienberichten stehen das iberische Nachbarland Portugal und Deutschland dem Vorhaben zum Bau einer neuen Pipeline durch die Pyrenäen offen gegenüber. Das "Midcat"-Projekt sieht den Bau einer knapp 230 Kilometer langen Gasleitung zwischen den Städten Hostalric in Katalonien und dem französischen Barbaira vor. Portugal könnte seine westliche Randlage als Vorteil nutzen. Mit dem Tiefwasserhafen Sines existiert eine Anbindung an den Nordatlantik. In der Küstenstadt befindet sich auch Portugals Regasifizierungsanlage für Flüssigerdgas. Von dort aus könnte Gas durch Spanien weiterverteilt werden.

Die Pläne für die Pipeline erhalten zunehmend Rückenwind auf europäischer Ebene. Spaniens nördlicher Nachbar Frankreich hätte eine Schlüsselrolle beim Bau der Gasleitung durch die Pyrenäen. Das Land wird jedoch vor allem über die Nordsee aus Norwegen versorgt und besitzt drei eigene LNG-Terminals. Aus französischer Perspektive besteht daher wenig Bedarf an dem Projekt. Dennoch kündigte Präsident Emmanuel Macron laut der Tageszeitung El Mundo an, das Vorhaben zu prüfen.

Finanzierung noch offen

Wer die zu erwartenden rund 3 Mrd. Euro für eine Pipeline durch die Pyrenäen aufbringen soll, ist noch offen. Bei einer Einigung zwischen Spanien und Frankreich könnte die Europäische Union einen finanziellen Beitrag leisten. Im europäischen Vergleich gehört Spanien mit sechs Terminals zur Umwandlung von Flüssiggas zu den wichtigsten Standorten. Die Anlagen verfügen über eine Jahreskapazität von maximal 60 Mrd. Kubikmeter. Allerdings erklärte ein Sprecher der EU-Kommission am Dienstag, die geplante Midcat-Gaspipeline sei kein Projekt von gemeinsamem europäischen Interesse.

Auf der iberischen Halbinsel sind zwar die Gasnetze von Spanien und Portugal miteinander verbunden, die Vernetzung mit dem Rest des Kontinents ist aber gering. Die Kapazität der beiden bestehenden Röhren nach Frankreich umfasst bislang nur 7 Mrd. m3 pro Jahr. Auf diesem Weg könnten also rechnerisch nur 12 % der spanischen Maximalproduktion exportiert werden. Somit kann Spanien sein Potenzial zur Umwandlung von Flüssigerdgas nur zu einem geringen Teil ausschöpfen. Momentan steht das Land für 3 % der Regasifizierungsmenge in Europa. Laut der Wirtschaftszeitung Expansión sieht der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez das Potenzial seines Landes bei einem Anteil von 30 %.

Fertigstellung in neun Monaten möglich

Eine zusätzliche Anbindung an Frankreich würde erheblich dazu beitragen, diesem Anteil näherzukommen. Der jährliche Durchfluss könnte in dem Fall auf 10 Mrd. bis 15 Mrd. m3 erhöht werden. Laut der Wirtschaftszeitung Cinco Días geht die spanische Regierung davon aus, dass eine weitere Röhre durch die Pyrenäen bereits innerhalb von acht bis neun Monaten fertiggestellt werden könnte. Als Alternative zur Midcat-Leitung durch die Pyrenäen wird in Spanien ein Anschluss an das italienische Gasnetz diskutiert. Hier käme der Bau einer Pipeline von Barcelona ins norditalienische Livorno in Betracht. Die Anlage in Barcelona gehört zu den größten, die in Europa Flüssiggas umwandeln können.

Der voraussichtliche Aufwand wäre allerdings wesentlich höher als bei der Pyrenäen-Lösung. Dazu tragen ein Mehrfaches an Entfernung, ein längerer Umsetzungszeitraum und entsprechend höhere Kosten durch die Verlegung der Rohre unter Wasser bei. Dennoch hätte das Projekt auch einen Nutzen für die europäische Gasversorgung: Italien besitzt bereits mehrere Anbindungen an die Gasnetze anderer Länder. Dadurch könnte die Bedeutung als Drehscheibe künftig noch zunehmen. Zu Beginn der Diskussionen um die Midcat-Pipeline sorgte für viel Skepsis, dass das Vorhaben den europäischen Dekarbonisierungszielen zuwider laufen könnte. Mittlerweile kristallisiert sich aber heraus, dass es kein teures Projekt für fossile Energien mit kurzer Nutzungsdauer werden dürfte. Moderne Pipelines könnten in Zukunft auch für den Transport von Wasserstoff eingesetzt werden.

Sowohl Spanien als auch Portugal verfügen über ausgezeichnete natürliche Voraussetzungen, um kostengünstig Wasserstoff mit Hilfe von erneuerbaren Energien herzustellen. Diesen Standortvorteil könnten die iberischen Länder nutzen, um zu einer klimaschonenden Versorgung der Industrie im Norden des Kontinents beizutragen.

Dienstag, 6.09.2022, 13:34 Uhr
Ali Ulucay

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