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Energie & Management > Regenerative - Spanien erhebt Abgabe auf Grünstrom
Quelle: Shutterstock/lovelyday12
Regenerative

Spanien erhebt Abgabe auf Grünstrom

Während in Deutschland die hohe Abgabenlast auf Ökostrom kritisiert wird, geht Spanien den umgekehrten Weg. Die Begründung hat es in sich.
In einem Notpaket zur Stabilisierung der Haushalts-Strompreise angesichts der Energiepreis-Rallye hat die spanische Regierung einen Abschöpfungsmechanismus ins Parlament gebracht, der angebliche Gewinne aus CO2-neutral produzierenden Kraftwerken an Verbraucher zurückgeben soll. Zur Begründung teilte die Linkskoalition unter Pedro Sanchez mit, Wasser-, Wind-, Solar- und Atomkraftwerks-Betreiber müssten für ihren erzeugten Strom weder teures Gas noch teure CO2-Ausstoßrechte einkaufen und führen daher "außerordentliche" Zufallsgewinne ("Windfall profits") ein.

Laut dem europäischen Dachverband Windeurope soll auf Strom aus klimaneutral produzierenden Altanlagen, die vor dem Start des Europäischen Emissionsrechtehandelssystems (EU-ETS) im Oktober 2003 bereits in Betrieb waren, eine Sonderabgabe von 40 bis 80 Euro pro MWh erhoben werden.

"Untergräbt den Green Deal"

Sowohl Windeurope als auch die spanische Elektrizitätsbranche schäumen. Der europäische Windkraft-Dachverband rügte am 27. September, die Gesetzesinitiative spare fossile Kraftwerke aus und untergrabe damit den EU Green Deal sowie das Verursacherprinzip, das sich durch das ETS und die gesamte europäische Klima- und Energiegesetzgebung ziehe. Sie widerspreche auch dem Vertrauensschutz.

Hoffnung auf EU-Werkzeugkasten

Man freue sich, so Windeurope, auf den sogenannten Werkzeugkasten, den die EU-Kommission vor wenigen Tagen angekündigt hatte. In dieser "Toolbox" will Brüssel den Mitgliedsstaaten eine Richtschnur geben, welche ihrer Maßnahmen gegen die steigenden Energiepreise aus seiner Sicht mit dem EU-Energiebinnenmarkt vereinbar wären. Unausgesprochen hofft Windeurope, dass die EU der Sonderabgabe den Garaus macht.

Auch an Spaniens Begründung lässt Windeurope kein gutes Haar: In der Praxis profitierten die Windpark-Betreiber gar nicht von den explodierten Spotmarktpreisen, da sie den Großteil ihrer erwarteten Produktion in mehrjährigen Lieferverträgen (PPA) abseits der Strombörse vermarkteten. Bei einem PPA-Preis von 35 Euro pro MWh etwa müssten sie abzüglich Sonderabgabe künftig Windparks schließen, um Verluste zu begrenzen.

Atombranche droht mit Abschalten

Konzernkreise von Iberdrola, Endesa, Viesgo und EDP drohten laut El Pais indirekt mit rechtlichen Schritten, das dortige Atomforum ausdrücklich mit der vorzeitigen Abschaltung von Meilern. Die sieben spanischen Kernkraftwerke sollen eigentlich erst zwischen 2027 und 2035 vom Netz gehen. Sie decken 20 % des nationalen Stromverbrauchs und müssen während einer zehnjährigen Lizenzlaufzeit auch betrieben werden. Ein Abschalten bedarf einer ministeriellen Erlaubnis.

Der Stromverband Aelec teilte mit, die Branche sei weder für die derzeitige Lage verantwortlich, noch profitiere sie davon, wie man an den Börsenkursen der Mitgliedsunternehmen ablesen könne. 

Börsengekoppelter Haushaltsstrom als Problem

Hintergrund der Gesetzesinitiative: 11 der 28 Mio. spanischen Stromkunden unterliegen einem regulierten Tarif mit der Abkürzung PVPC, der den Großhandelspreis durchreicht. In der Vergangenheit waren dadurch die regulierten Strompreise, wie politisch beabsichtigt, niedrig. Seit dem Sommer steigt der Börsenpreis aber drastisch. Er markierte am 27. September ein spanisches Allzeithoch von 154,16 Euro pro MWh. Ein Jahr zuvor hatte er noch um die 46 Euro gelegen. Die Stromrechnung regulierter Haushaltskunden stieg daher allein im August auf Jahresbasis um 35 %. 

Ministerpräsident Pedro Sanchez hatte vor wenigen Tagen den Spaniern in einem Interview mit El Pais versprochen, dass sie bei durchschnittlichem Stromverbrauch in diesem Jahr inflationsbereinigt für ihn unterm Strich ähnlich viel zahlen wie 2018. Andere Maßnahmen seines Gesetzespakets umfassen die Senkung der Umsatzsteuer auf Strom von 21 auf 10 %, aber nur, sofern Strom im monatlichen Schnitt teurer ist als 45 Euro pro MWh, und die Senkung einer Regionalabgabe von 5,11 auf 0,5 %.

Der Fall Andasol 3

Rückwirkende Gesetzesänderungen mit finanziellen Nachteilen für Betroffene sind in Spaniens Energiewelt kein Novum: Die Stadtwerke München (SWM) verklagten mit ihren Partnern beim Solarthermie-Kraftwerk Andasol 3 das Land in den Zehner-Jahren auf Schadenersatz in dreistelliger Millionenhöhe, weil es dessen Förderung rückwirkend gekürzt hatte. Ein Schiedsgericht wies die Investitionsschutzklage im Dezember 2019 ab. Die Betreiber legten dagegen Rechtsmittel ein, die sie Anfang 2021 zurücknahmen. Denn der spanische Staat hatte die gesetzlichen Förderbedingungen für bestimmte Anlagen zwischenzeitlich nachgebessert, darunter die für Andasol 3, 

Dienstag, 28.09.2021, 13:29 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Regenerative - Spanien erhebt Abgabe auf Grünstrom
Quelle: Shutterstock/lovelyday12
Regenerative
Spanien erhebt Abgabe auf Grünstrom
Während in Deutschland die hohe Abgabenlast auf Ökostrom kritisiert wird, geht Spanien den umgekehrten Weg. Die Begründung hat es in sich.
In einem Notpaket zur Stabilisierung der Haushalts-Strompreise angesichts der Energiepreis-Rallye hat die spanische Regierung einen Abschöpfungsmechanismus ins Parlament gebracht, der angebliche Gewinne aus CO2-neutral produzierenden Kraftwerken an Verbraucher zurückgeben soll. Zur Begründung teilte die Linkskoalition unter Pedro Sanchez mit, Wasser-, Wind-, Solar- und Atomkraftwerks-Betreiber müssten für ihren erzeugten Strom weder teures Gas noch teure CO2-Ausstoßrechte einkaufen und führen daher "außerordentliche" Zufallsgewinne ("Windfall profits") ein.

Laut dem europäischen Dachverband Windeurope soll auf Strom aus klimaneutral produzierenden Altanlagen, die vor dem Start des Europäischen Emissionsrechtehandelssystems (EU-ETS) im Oktober 2003 bereits in Betrieb waren, eine Sonderabgabe von 40 bis 80 Euro pro MWh erhoben werden.

"Untergräbt den Green Deal"

Sowohl Windeurope als auch die spanische Elektrizitätsbranche schäumen. Der europäische Windkraft-Dachverband rügte am 27. September, die Gesetzesinitiative spare fossile Kraftwerke aus und untergrabe damit den EU Green Deal sowie das Verursacherprinzip, das sich durch das ETS und die gesamte europäische Klima- und Energiegesetzgebung ziehe. Sie widerspreche auch dem Vertrauensschutz.

Hoffnung auf EU-Werkzeugkasten

Man freue sich, so Windeurope, auf den sogenannten Werkzeugkasten, den die EU-Kommission vor wenigen Tagen angekündigt hatte. In dieser "Toolbox" will Brüssel den Mitgliedsstaaten eine Richtschnur geben, welche ihrer Maßnahmen gegen die steigenden Energiepreise aus seiner Sicht mit dem EU-Energiebinnenmarkt vereinbar wären. Unausgesprochen hofft Windeurope, dass die EU der Sonderabgabe den Garaus macht.

Auch an Spaniens Begründung lässt Windeurope kein gutes Haar: In der Praxis profitierten die Windpark-Betreiber gar nicht von den explodierten Spotmarktpreisen, da sie den Großteil ihrer erwarteten Produktion in mehrjährigen Lieferverträgen (PPA) abseits der Strombörse vermarkteten. Bei einem PPA-Preis von 35 Euro pro MWh etwa müssten sie abzüglich Sonderabgabe künftig Windparks schließen, um Verluste zu begrenzen.

Atombranche droht mit Abschalten

Konzernkreise von Iberdrola, Endesa, Viesgo und EDP drohten laut El Pais indirekt mit rechtlichen Schritten, das dortige Atomforum ausdrücklich mit der vorzeitigen Abschaltung von Meilern. Die sieben spanischen Kernkraftwerke sollen eigentlich erst zwischen 2027 und 2035 vom Netz gehen. Sie decken 20 % des nationalen Stromverbrauchs und müssen während einer zehnjährigen Lizenzlaufzeit auch betrieben werden. Ein Abschalten bedarf einer ministeriellen Erlaubnis.

Der Stromverband Aelec teilte mit, die Branche sei weder für die derzeitige Lage verantwortlich, noch profitiere sie davon, wie man an den Börsenkursen der Mitgliedsunternehmen ablesen könne. 

Börsengekoppelter Haushaltsstrom als Problem

Hintergrund der Gesetzesinitiative: 11 der 28 Mio. spanischen Stromkunden unterliegen einem regulierten Tarif mit der Abkürzung PVPC, der den Großhandelspreis durchreicht. In der Vergangenheit waren dadurch die regulierten Strompreise, wie politisch beabsichtigt, niedrig. Seit dem Sommer steigt der Börsenpreis aber drastisch. Er markierte am 27. September ein spanisches Allzeithoch von 154,16 Euro pro MWh. Ein Jahr zuvor hatte er noch um die 46 Euro gelegen. Die Stromrechnung regulierter Haushaltskunden stieg daher allein im August auf Jahresbasis um 35 %. 

Ministerpräsident Pedro Sanchez hatte vor wenigen Tagen den Spaniern in einem Interview mit El Pais versprochen, dass sie bei durchschnittlichem Stromverbrauch in diesem Jahr inflationsbereinigt für ihn unterm Strich ähnlich viel zahlen wie 2018. Andere Maßnahmen seines Gesetzespakets umfassen die Senkung der Umsatzsteuer auf Strom von 21 auf 10 %, aber nur, sofern Strom im monatlichen Schnitt teurer ist als 45 Euro pro MWh, und die Senkung einer Regionalabgabe von 5,11 auf 0,5 %.

Der Fall Andasol 3

Rückwirkende Gesetzesänderungen mit finanziellen Nachteilen für Betroffene sind in Spaniens Energiewelt kein Novum: Die Stadtwerke München (SWM) verklagten mit ihren Partnern beim Solarthermie-Kraftwerk Andasol 3 das Land in den Zehner-Jahren auf Schadenersatz in dreistelliger Millionenhöhe, weil es dessen Förderung rückwirkend gekürzt hatte. Ein Schiedsgericht wies die Investitionsschutzklage im Dezember 2019 ab. Die Betreiber legten dagegen Rechtsmittel ein, die sie Anfang 2021 zurücknahmen. Denn der spanische Staat hatte die gesetzlichen Förderbedingungen für bestimmte Anlagen zwischenzeitlich nachgebessert, darunter die für Andasol 3, 

Dienstag, 28.09.2021, 13:29 Uhr
Georg Eble

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