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In den Alpen über dem Nebelmeer liefern PV-Anlagen dreimal so viel Strom wie im Schweizer Mittelland. Das ist die Erfahrung der Axpo. Sie nutzt die neue Solarförderung zum Ausbau.
Auch Photovoltaik-Anlagen mit ihrer schwankenden Stromproduktion sollen der Schweiz helfen, die sich auftuende Stromlücke sicher zu schließen. Der dortige Energiekonzern Axpo nutzt jetzt nach eigenen Angaben die Impulse einer neuen Notfall-Förderung der PV für die nächsten Winter, um sein bis 2030 laufendes Ausbauprogramm auf mehr als 1.200 MW in einer "Solaroffensive" zu versechsfachen.
Das Berner Bundesparlament hatte im Herbst ein "dringliches Bundesgesetz zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter" beschlossen. Unter anderem wird der Ausbau der PV gefördert, und zwar mit zusätzlichen Geldern und einfacheren Bewilligungsverfahren. Das Notgesetz läuft entweder Ende 2025 aus oder, sobald die Schweiz 2 Milliarden kWh einheimischen Solarstrom pro Jahr erreicht hat.
Zum Vergleich: Bis 2030 will Axpo alleine jährlich 1,5 Milliarden kWh PV-Strom erzeugen. Das entspricht bilanziell dem Bedarf von mehr als 300.000
durchschnittlichen Schweizer Haushalten. Der Konzern rechnet mit Investitionen von 1,5 Milliarden Franken (1,5 Milliarden Euro). Die Kombination der erhöhten Strompreise mit der ausgeweiteten Förderung erlaube diese "Offensive", erklärte Axpo-CEO Christoph Brand.
Erste Erfahrungen mit Winter-PV
Erste Erfahrungen mit Anlagen in alpinen Höhen hat Axpo zusammen mit den Basler IWB 2500 Meter über dem Meer gesammelt: "Alpin Solar", mit 2,2 MW Leistung die größte PV-Anlage der Schweiz, erzeugt neben dem Staudamm des Muttsees in der Innerschweiz, aufs Jahr hochgerechnet, 3,3 Millionen kWh Ökostrom. Sie war von Oktober 2021 bis August 2000 schrittweise in Betrieb genommen worden (wir berichteten).
Davon wird die Hälfte im Winter produziert werden. Alpine Solaranlagen über dem Nebelmeer liefern im Winter rund dreimal so viel Strom wie vergleichbare Anlagen im Schweizer Mittelland, teilt die Axpo mit. Die ersten Erfahrungen mit "Alpin Solar" bestätigten die Größenordnung, hieß es.
Ein nächstes Projekt, das sich noch im Genehmigungsverfahren befindet, ist die 10-MW-Anlage "Nalp Solar" neben dem Nalps-Stausee im Kanton Graubünden. Die Bagger sollen im Frühjahr 2024 rollen, der erste Strom soll im Herbst 2025 fließen. Aber auch im Mittelland plant die Axpo einen PV-Zubau, etwa mit Dachanlagen auf Industrie- und Wohngebäuden sowie Freiflächenanlagen.
Mit der Umsetzung betraut sind jeweils die Axpo-Tochtergesellschaft CKW (Centralschweizerische Kraftwerke) zusammen mit der französischen Axpo-Tochter Urbasolar.
Stromlücke seit kaum flankiertem Atomausstieg
Die Schweiz hatte 2013 nach Fukushima in der "Energiestrategie 2050" den Atomausstieg in dem Sinne beschlossen, dass neue Meiler keine Bewilligung mehr bekamen und die alten bis 2034 ohne verlängerte Genehmigungen vom Netz gehen. 2019 schaltete die Berner BKW das Atomkraftwerk Mühleberg ab. Seither laufen noch vier Meiler an drei Standorten: Beznau, Gösgen und Leibstadt.
Eigentlich sollte laut NZZ bis 2020 ein Gaskraftwerk Mühleberg ersetzen, doch die Entscheidung wurde vertagt. Erst im Frühjahr 2022, also kurz nach Beginn des Ukrainekrieges, beschloss die Zentralregierung, der Bundesrat, den Bau zweier Gasblöcke. PV und Biogas zusammen erzeugen nun ähnliche Strommengen wie einst Mühleberg. Die Stromlücke der Schweiz soll sich laut Axpo bis 2050 auf 50 Milliarden kWh ausweiten. Der Konzern will sie grundsätzlich technologieoffen decken.
Dienstag, 22.11.2022, 15:36 Uhr
Georg Eble
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