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Energie & Management > Regenerative - So soll die Erlösabschöpfung durchgepeitscht werden
Quelle: Fotolia / Jürgen Fälchle
Regenerative

So soll die Erlösabschöpfung durchgepeitscht werden

Offenbar steht der Zeitplan, mit dem die Bundesregierung die Stromerlösabschöpfung ins parlamentarische Verfahren geben will. Der Kabinettsbeschluss ist nach hinten verlegt worden.
Die deutsche Variante der EU-Stromerlösabschöpfung für die meisten Kraftwerksbetreiber soll gut eine Woche vor Weihnachten auf dem Gabentisch stehen. Gemäß einem Zeitplan, den der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Umweltenergierecht, Thorsten Müller, am 17. November ohne Quellenangabe wiedergab, soll die parlamentarische Befassung bereits am 16. Dezember in einer zweiten Bundesratssitzung abgeschlossen sein, sodass die Erlösabschöpfung danach Gesetzeskraft erlangen könnte.

Müller zufolge ist die Kabinettssitzung, auf der die Erlösabschöpfung beschlossen werden soll, vom 17. auf den 24. November verschoben worden. Wie im Gesetzgebungsverfahren üblich, gibt es noch keinen öffentlich zugänglichen Entwurf. Lediglich die Eckpunkte von Anfang November waren veröffentlicht worden. Danach kursierte eine geänderte Version in Berlin (wir berichteten jeweils).

Am 1. oder 2. Dezember soll der Kabinettsentwurf in erster Lesung im Bundestag beraten werden, das heißt, davor müsste er dem Bundesrat zu einer ersten Stellungnahme zugeleitet werden. Für den 12. Dezember sind die Anhörungen im Bundestags-Wirtschaftsausschuss geplant. Am 15. Dezember sollen im Bundestag die zweite und dritte Lesung stattfinden und am 16. Dezember die letzte Befassung im Bundesrat.
 
Thorsten Müller, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Umweltenergierecht
Quelle: E&M / Georg Eble

Thorsten Müller kommentierte sarkastisch, die Geschwindigkeit dieses parlamentarischen Verfahrens erreiche “nicht ganz das Tempo der Griechenland-Rettung”. Die bisher bekannt gewordenen Entwürfe würden nach seiner Überzeugung drei Verlierer hervorbringen, die Gesellschaft, die Politiker und "Sie", die versammelte Erneuerbaren-Branche. Müller referierte bei den 10. Windenergietagen NRW in Bad Driburg.

Die deutsche Art der Erlösabschöpfung

Laut den bekannt gewordenen Papieren nutzt Deutschland bei der Erlösabschöpfung eine Kann-Bestimmung in der entsprechenden EU-Verordnung, wonach die Mitgliedsstaaten tiefere und technologiespezifische Abschöpfungsschwellen als die 180 Euro/MWh aus Brüssel wählen können. Belgien hatte dies ebenfalls getan mit einem Deckel bei 130 Euro/MWh über alle Kraftwerkstechnologien hinweg. Die Abschöpfung dient der Finanzierung von Energiebeihilfen an bedürftige Haushalte und Unternehmen angesichts der Strompreisexplosion. Verbände der grünen und konventionellen Kraftwerke sowie die Wirtschaftsweisen hatten dagegen eine Gewinnabschöpfung oder einen Energie-Soli gefordert.

Dem Non-Paper zufolge sollen 90 Prozent der Erlöse aus dem Stromhandelsmarkt oberhalb bestimmter Schwellen abgeschöpf werden, und zwar oberhalb einer Bagatellgrenze von 1 MW:
  • Bei geförderten Erneuerbaren soll der Deckel bei deren anlagenspezfischem Garantieerlös liegen,
  • 10 Cent/kWh sind es bei ungeförderten Erneuerbaren, generell bei Offshore-Wind und bei Müllverbrennung.
  • Bei Innovationsausschreibungs-Anlagen sind es 10 Cent/kWh plus deren anlagenspezifische Marktprämie.
  • Bei den drei letzten Kernkraftwerken wird zeitlich unterschiedlich abgeschöpft: in diesem Jahr ab 4 Cent/kWh, im nächsten Jahr bis zum Abschalttermin 10 Cent/kWh.
  • Bei der Braunkohle sind es 3 Cent/kWh plus der mit 1,236 multiplizierte monatliche CO2-Preis. Anlagen, die im Zuge des Kohleausstiegs vorzeitig vom Netz gehen, bekommen 2,2 Cent/kWh mehr
Zu allen diesen Werten werden "Sicherheitszuschläge" zugestanden. Im Spot betragen sie 3 Cent/kWh, bei Wind und Solar nochmal 4 Prozent des Monats-Basispreises. Im Terminmarkt beläuft sich der Sicherheitszuschlag bei Geschäften seit dem 1. November auf 10 Prozent der Absicherungskosten, mindestens jedoch 10 Euro/MWh zusätzlich zum Spot-Sicherheitszuschlag. Der soll wiederum entfallen, wenn es sich um ein PPA mit Abrechnung nach Ist-Erlösen handelt. Bei Altgeschäften mit Ist-Abrechnung gibt es hingegen keinen Sicherheitszuschlag.

Gibt es anlagenspezifische Vermarktungsverträge in der Lieferperiode, vor allem As-produced-PPA, die vor dem ursprünglichen Eckpunktepapier abgeschlossen wurden, können Betreiber sich einmalig zwischen dieser Spot-Benchmark und einer Abschöpfung tatsächlicher Erlöse aus physischen Stromlieferungen entscheiden.

Müller, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Umweltenergierecht und Vorstandsvorsitzender ihres Stiftungsrates, räumte ein, dass er als Volljurist diese Regelungen nicht verstanden habe.

Donnerstag, 17.11.2022, 15:53 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Regenerative - So soll die Erlösabschöpfung durchgepeitscht werden
Quelle: Fotolia / Jürgen Fälchle
Regenerative
So soll die Erlösabschöpfung durchgepeitscht werden
Offenbar steht der Zeitplan, mit dem die Bundesregierung die Stromerlösabschöpfung ins parlamentarische Verfahren geben will. Der Kabinettsbeschluss ist nach hinten verlegt worden.
Die deutsche Variante der EU-Stromerlösabschöpfung für die meisten Kraftwerksbetreiber soll gut eine Woche vor Weihnachten auf dem Gabentisch stehen. Gemäß einem Zeitplan, den der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Umweltenergierecht, Thorsten Müller, am 17. November ohne Quellenangabe wiedergab, soll die parlamentarische Befassung bereits am 16. Dezember in einer zweiten Bundesratssitzung abgeschlossen sein, sodass die Erlösabschöpfung danach Gesetzeskraft erlangen könnte.

Müller zufolge ist die Kabinettssitzung, auf der die Erlösabschöpfung beschlossen werden soll, vom 17. auf den 24. November verschoben worden. Wie im Gesetzgebungsverfahren üblich, gibt es noch keinen öffentlich zugänglichen Entwurf. Lediglich die Eckpunkte von Anfang November waren veröffentlicht worden. Danach kursierte eine geänderte Version in Berlin (wir berichteten jeweils).

Am 1. oder 2. Dezember soll der Kabinettsentwurf in erster Lesung im Bundestag beraten werden, das heißt, davor müsste er dem Bundesrat zu einer ersten Stellungnahme zugeleitet werden. Für den 12. Dezember sind die Anhörungen im Bundestags-Wirtschaftsausschuss geplant. Am 15. Dezember sollen im Bundestag die zweite und dritte Lesung stattfinden und am 16. Dezember die letzte Befassung im Bundesrat.
 
Thorsten Müller, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Umweltenergierecht
Quelle: E&M / Georg Eble

Thorsten Müller kommentierte sarkastisch, die Geschwindigkeit dieses parlamentarischen Verfahrens erreiche “nicht ganz das Tempo der Griechenland-Rettung”. Die bisher bekannt gewordenen Entwürfe würden nach seiner Überzeugung drei Verlierer hervorbringen, die Gesellschaft, die Politiker und "Sie", die versammelte Erneuerbaren-Branche. Müller referierte bei den 10. Windenergietagen NRW in Bad Driburg.

Die deutsche Art der Erlösabschöpfung

Laut den bekannt gewordenen Papieren nutzt Deutschland bei der Erlösabschöpfung eine Kann-Bestimmung in der entsprechenden EU-Verordnung, wonach die Mitgliedsstaaten tiefere und technologiespezifische Abschöpfungsschwellen als die 180 Euro/MWh aus Brüssel wählen können. Belgien hatte dies ebenfalls getan mit einem Deckel bei 130 Euro/MWh über alle Kraftwerkstechnologien hinweg. Die Abschöpfung dient der Finanzierung von Energiebeihilfen an bedürftige Haushalte und Unternehmen angesichts der Strompreisexplosion. Verbände der grünen und konventionellen Kraftwerke sowie die Wirtschaftsweisen hatten dagegen eine Gewinnabschöpfung oder einen Energie-Soli gefordert.

Dem Non-Paper zufolge sollen 90 Prozent der Erlöse aus dem Stromhandelsmarkt oberhalb bestimmter Schwellen abgeschöpf werden, und zwar oberhalb einer Bagatellgrenze von 1 MW:
  • Bei geförderten Erneuerbaren soll der Deckel bei deren anlagenspezfischem Garantieerlös liegen,
  • 10 Cent/kWh sind es bei ungeförderten Erneuerbaren, generell bei Offshore-Wind und bei Müllverbrennung.
  • Bei Innovationsausschreibungs-Anlagen sind es 10 Cent/kWh plus deren anlagenspezifische Marktprämie.
  • Bei den drei letzten Kernkraftwerken wird zeitlich unterschiedlich abgeschöpft: in diesem Jahr ab 4 Cent/kWh, im nächsten Jahr bis zum Abschalttermin 10 Cent/kWh.
  • Bei der Braunkohle sind es 3 Cent/kWh plus der mit 1,236 multiplizierte monatliche CO2-Preis. Anlagen, die im Zuge des Kohleausstiegs vorzeitig vom Netz gehen, bekommen 2,2 Cent/kWh mehr
Zu allen diesen Werten werden "Sicherheitszuschläge" zugestanden. Im Spot betragen sie 3 Cent/kWh, bei Wind und Solar nochmal 4 Prozent des Monats-Basispreises. Im Terminmarkt beläuft sich der Sicherheitszuschlag bei Geschäften seit dem 1. November auf 10 Prozent der Absicherungskosten, mindestens jedoch 10 Euro/MWh zusätzlich zum Spot-Sicherheitszuschlag. Der soll wiederum entfallen, wenn es sich um ein PPA mit Abrechnung nach Ist-Erlösen handelt. Bei Altgeschäften mit Ist-Abrechnung gibt es hingegen keinen Sicherheitszuschlag.

Gibt es anlagenspezifische Vermarktungsverträge in der Lieferperiode, vor allem As-produced-PPA, die vor dem ursprünglichen Eckpunktepapier abgeschlossen wurden, können Betreiber sich einmalig zwischen dieser Spot-Benchmark und einer Abschöpfung tatsächlicher Erlöse aus physischen Stromlieferungen entscheiden.

Müller, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Umweltenergierecht und Vorstandsvorsitzender ihres Stiftungsrates, räumte ein, dass er als Volljurist diese Regelungen nicht verstanden habe.

Donnerstag, 17.11.2022, 15:53 Uhr
Georg Eble

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