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Vorbehalte hinsichtlich Datenschutz und Nutzen, fehlende Rechtssicherheit, die kritische Cybersicherheitslage sowie der Fachkräftemangel gehören zu den wichtigsten Problemen.
Der Ausrollungsgrad ist bescheiden: Nur rund 0,057 Prozent der Messpunkte bei den Stromkunden in den deutschen Haushalten waren Ende 2020 mit intelligenten Messsystemen ausgestattet. Laut den rechtlichen Vorgaben hätten es zu dieser Zeit mindestens 80 Prozent sein müssen. Mit den Gründen dafür befasst sich die Studie „Herausforderungen bei der Digitalisierung der Energieversorgung“, die im Rahmen des „Ariadne“-Projekts des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erstellt und nun veröffentlicht wurde. „Ariadne“ ist eines der vier sogenannten Kopernikus-Projekte, mit denen die Bundesregierung nach eigenen Angaben „zu einem klimaneutralen Deutschland 2045 beitragen“ möchte.
Laut dem Autor der Studie, Jonathan Bergsträßer vom Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik in Kassel (Hessen), hat die Verzögerung eine Vielzahl von Gründen. So ist rund einem Drittel der Bevölkerung das Thema Smart Metering nicht bekannt. Ein weiteres Drittel lehnt die digitalen Zähler ab. Bergsträßer zufolge wäre es daher empfehlenswert, ein „hohes Datenschutzniveau“ zu gewährleisten und „ein vorteilhaftes Kosten-Nutzen-Verhältnis“ für die Stromkundinnen und -kunden darzustellen.
Rechtliche Unsicherheit Hemmend für den Rollout sind laut Bergsträßer ferner Defizite bei der Planungs- und Rechtssicherheit. Anfang März 2021 hob das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die Pflicht zum Smart-Meter-Einbau auf, weil die auf dem Markt verfügbaren Geräte den gesetzlichen Anforderungen nicht genügten. Ein Problem, das mit einer Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) bereinigt werden musste. Noch immer aber fehlen wichtige rechtliche und regulatorische Vorgaben, darunter mehrere technische Richtlinien.
Infolge der mangelnden Rechtssicherheit war es laut Bergsträßer bisher auch kaum möglich, smart-meter-basierte Anwendungen und Lösungen anzubieten, die den Kundinnen und Kunden einen erkennbaren Nutzen bringen. Ein weiteres Hindernis sieht Bergsträßer im Fehlen einer sowohl „günstigen als auch performanten Datenverbindung“. Diese aber wäre erforderlich, um die zu erwartenden Datenströme zu bewältigen.
Mittel- bis längerfristig könnte diese mit dem Aufbau eines 450-MHz-Funknetzes zur Verfügung stehen. Zu schaffen macht bei der flächendeckenden Installation der Smart Meter weiters der Mangel an Fachkräften, der sich über kurz oder lang verschärfen könnte, „insofern keine Gegenmaßnahmen erfolgreich sind.“ Das betrifft alle Ebenen, von hochqualifiziertem Telekom-Personal bis zu Elektroninstallateuren.
„Signifikant verschlechterte“ Cybersicherheitslage Hinzu kommt die „kritische Cybersicherheitslage“, die sich laut Bergsträßer mit der russischen Invasion in der Ukraine „signifikant verschlechtert“ hat. Er verweist in diesem Zusammenhang auf Ausfälle des US-amerikanischen Satellitennetzwerks Viasat im März. Dieses wurde von den ukrainischen Streitkräften umfassend genutzt und „im Kontext des russischen Einmarsches“ attackiert.
Auswirkungen waren auch in Deutschland zu verzeichnen, wo Windkraftanlagen mit rund 10.000 MW Gesamtleistung über Wochen nicht verfügbar waren. „Damit ist ein energiepolitisches Kernziel, die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit, mit einer zusätzlichen Unsicherheit zu der bereits bestehenden Energierohstoffknappheit belegt“, konstatiert Bergsträßer.
In einer Nachfolgestudie wird zurzeit untersucht, welche Lösungen für diese Herausforderungen hinsichtlich des Smart-Meter-Roll-outs möglich wären. Deren Veröffentlichung ist für Anfang 2023 geplant.
Verfügbar ist der Hintergrundbericht „
Herausforderungen bei der Digitalisierung der Energieversorgung“ auf der Internetseite der Ariadne-Projekte.
Freitag, 25.11.2022, 16:18 Uhr
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