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Energie & Management > Kernkraft - Slowakei und Ungarn setzen auf Kernkraft und Russland
Quelle: Shutterstock / hxdyl
Kernkraft

Slowakei und Ungarn setzen auf Kernkraft und Russland

Slowakei und Ungarn wollen ihre Kernkraftkapazitäten weiter ausbauen und benötigen damit weiter russisches Know-how. Ein Überblick.
Der drohende Ausfall von Gaslieferungen aus Russland bedeutet einen Schub für die Kernkraft in der Slowakei und Ungarn. Die Atombehörden beider Länder erteilten in den vergangenen Wochen Genehmigungen, die als Schlüssel für die geplanten Erweiterungen der Kernkraftwerke im slowakischen Mochovce und im ungarischen Paks gelten. So kann im slowakischen Mochovce nunmehr ein dritter von insgesamt vier Reaktoren in Betrieb gehen und im ungarischen Paks mit dem Bau eines fünften und sechsten Blocks begonnen werden.

Im ungarischen Paks zeichnet pikanterweise die russische Rosatom für das Großprojekt verantwortlich. Finnland etwa hatte erst im Mai einen Vertrag mit Rosatom über den Bau eines Kernreaktors aufgekündigt. Auch das Kernkraftwerk in slowakischen Mochovce wird wesentlich mit russischer Unterstützung erweitert. 

Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine hatten sowohl die Slowakei als auch Ungarn Ausnahmen von den EU-Sanktionen gegen Russland geltend gemacht, um sich aus Russland weiter Uran für den Betrieb der schon vorhandenen Reaktoren liefern zu lassen. Bisher gibt es zu den russischen Brennstäben keine Alternativen.

In Mochovce ist der dritte Reaktor seit 20. September startklar, wenngleich die reguläre Stromerzeugung erst mit Jahresbeginn 2023 aufgenommen werden soll. In der Slowakei stammen dann 65 % der im Inland erzeugten Elektrizität aus Kernkraft. Nach Inbetriebnahme des inzwischen zu 88 % fertiggestellten vierten Reaktors sollen es sogar mehr als 80 % sein. Die neuen Blöcke in Mochovce sind mit einer installierten Leistung von 471 MW geplant und können auf 535 MW ertüchtigt werden. Ein Reaktor kann jeweils 13 % des slowakischen Strombedarfs decken.

 
 


Mochovce-Betreibergesellschaft setzt Regierung unter Druck

In dieser komfortablen Ausgangssituation setzt das Top-Management der Mochovce-Betreibergesellschaft Slovenske Elektrarne (SE) die slowakische Regierung schwer unter Druck. Denn derzeit wird im Nationalrat über eine Deckelung von Strompreisen und ein Verbot des Exports von in der Slowakei erzeugtem Strom beraten. Generaldirektor Branislava Strycek warnt jedoch vor einer Insolvenz der SE und dem Baustopp für den vierten Reaktor, sollten die Abgeordneten dafür stimmen. 
 
2022 sollen nach Stryceks Angaben 20,8 Mrd. kWh Strom allein in Mochovce erzeugt werden, davon seien 6,2 kWh Strom für Privathaushalte, 3,8 kWh Strom zum freien Verkauf auf dem slowakischen Markt und 10 kWh Strom für Kunden in Deutschland, Tschechien und Ungarn vorgesehen. Die slowakische Regierung wolle nunmehr Zugriff auf längst verkauften Strom, daher müssten Energieerzeuger diesen wohl teuer zurückkaufen, wodurch allein den SE Schulden in Höhe von 10 Mrd. Euro entstehen könnten. 
 
Die ungarische Atombehörde wiederum hat grünes Licht für die Erweiterung des Kernkraftswerksstandorts Paks um einen fünften und sechsten Reaktor gegeben. Die Regierung in Budapest will diese bis 2030 errichten lassen. Mit den Bauarbeiten sollte noch im September begonnen werden. Laut Außenministerium wird die installierte Leistung des Kernkraftwerks bis 2030 von 2.000 auf 4.400 MW erhöht. Am Standort des Kernkraftwerks Paks sind schon vier Blöcke des Reaktortyps WWER-440/213 in Betrieb.
 
Keine EU-Sanktionen gegen friedliche Nutzung der Kernkraft

Die Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland sähen ausdrücklich vor, dass die friedliche Nutzung der Kernenergie von allen Beschränkungen ausgenommen ist, verwahrte sich Außenminister Peter Szijjarto gegen Vorwürfe, Budapest unterlaufe EU-Beschlüsse. Dementsprechend stehe der russische Kernkraftwerksbauer Rosatom auch nicht auf der Sanktionsliste der EU. 
 
Russland finanziert einen Großteil des mit umgerechnet rund 12,5 Mrd. Euro veranschlagten Ausbaus von Paks über ein Darlehen an Ungarn in Höhe von 10 Mrd. Euro. Budapest übernimmt die restlichen 2,5 Mrd. Euro. Mit dem in Paks erzeugten Strom werden derzeit etwa 40 % des ungarischen Elektrizitätsbedarfs gedeckt. 

Montag, 26.09.2022, 15:26 Uhr
Karin Rogalska
Energie & Management > Kernkraft - Slowakei und Ungarn setzen auf Kernkraft und Russland
Quelle: Shutterstock / hxdyl
Kernkraft
Slowakei und Ungarn setzen auf Kernkraft und Russland
Slowakei und Ungarn wollen ihre Kernkraftkapazitäten weiter ausbauen und benötigen damit weiter russisches Know-how. Ein Überblick.
Der drohende Ausfall von Gaslieferungen aus Russland bedeutet einen Schub für die Kernkraft in der Slowakei und Ungarn. Die Atombehörden beider Länder erteilten in den vergangenen Wochen Genehmigungen, die als Schlüssel für die geplanten Erweiterungen der Kernkraftwerke im slowakischen Mochovce und im ungarischen Paks gelten. So kann im slowakischen Mochovce nunmehr ein dritter von insgesamt vier Reaktoren in Betrieb gehen und im ungarischen Paks mit dem Bau eines fünften und sechsten Blocks begonnen werden.

Im ungarischen Paks zeichnet pikanterweise die russische Rosatom für das Großprojekt verantwortlich. Finnland etwa hatte erst im Mai einen Vertrag mit Rosatom über den Bau eines Kernreaktors aufgekündigt. Auch das Kernkraftwerk in slowakischen Mochovce wird wesentlich mit russischer Unterstützung erweitert. 

Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine hatten sowohl die Slowakei als auch Ungarn Ausnahmen von den EU-Sanktionen gegen Russland geltend gemacht, um sich aus Russland weiter Uran für den Betrieb der schon vorhandenen Reaktoren liefern zu lassen. Bisher gibt es zu den russischen Brennstäben keine Alternativen.

In Mochovce ist der dritte Reaktor seit 20. September startklar, wenngleich die reguläre Stromerzeugung erst mit Jahresbeginn 2023 aufgenommen werden soll. In der Slowakei stammen dann 65 % der im Inland erzeugten Elektrizität aus Kernkraft. Nach Inbetriebnahme des inzwischen zu 88 % fertiggestellten vierten Reaktors sollen es sogar mehr als 80 % sein. Die neuen Blöcke in Mochovce sind mit einer installierten Leistung von 471 MW geplant und können auf 535 MW ertüchtigt werden. Ein Reaktor kann jeweils 13 % des slowakischen Strombedarfs decken.

 
 


Mochovce-Betreibergesellschaft setzt Regierung unter Druck

In dieser komfortablen Ausgangssituation setzt das Top-Management der Mochovce-Betreibergesellschaft Slovenske Elektrarne (SE) die slowakische Regierung schwer unter Druck. Denn derzeit wird im Nationalrat über eine Deckelung von Strompreisen und ein Verbot des Exports von in der Slowakei erzeugtem Strom beraten. Generaldirektor Branislava Strycek warnt jedoch vor einer Insolvenz der SE und dem Baustopp für den vierten Reaktor, sollten die Abgeordneten dafür stimmen. 
 
2022 sollen nach Stryceks Angaben 20,8 Mrd. kWh Strom allein in Mochovce erzeugt werden, davon seien 6,2 kWh Strom für Privathaushalte, 3,8 kWh Strom zum freien Verkauf auf dem slowakischen Markt und 10 kWh Strom für Kunden in Deutschland, Tschechien und Ungarn vorgesehen. Die slowakische Regierung wolle nunmehr Zugriff auf längst verkauften Strom, daher müssten Energieerzeuger diesen wohl teuer zurückkaufen, wodurch allein den SE Schulden in Höhe von 10 Mrd. Euro entstehen könnten. 
 
Die ungarische Atombehörde wiederum hat grünes Licht für die Erweiterung des Kernkraftswerksstandorts Paks um einen fünften und sechsten Reaktor gegeben. Die Regierung in Budapest will diese bis 2030 errichten lassen. Mit den Bauarbeiten sollte noch im September begonnen werden. Laut Außenministerium wird die installierte Leistung des Kernkraftwerks bis 2030 von 2.000 auf 4.400 MW erhöht. Am Standort des Kernkraftwerks Paks sind schon vier Blöcke des Reaktortyps WWER-440/213 in Betrieb.
 
Keine EU-Sanktionen gegen friedliche Nutzung der Kernkraft

Die Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland sähen ausdrücklich vor, dass die friedliche Nutzung der Kernenergie von allen Beschränkungen ausgenommen ist, verwahrte sich Außenminister Peter Szijjarto gegen Vorwürfe, Budapest unterlaufe EU-Beschlüsse. Dementsprechend stehe der russische Kernkraftwerksbauer Rosatom auch nicht auf der Sanktionsliste der EU. 
 
Russland finanziert einen Großteil des mit umgerechnet rund 12,5 Mrd. Euro veranschlagten Ausbaus von Paks über ein Darlehen an Ungarn in Höhe von 10 Mrd. Euro. Budapest übernimmt die restlichen 2,5 Mrd. Euro. Mit dem in Paks erzeugten Strom werden derzeit etwa 40 % des ungarischen Elektrizitätsbedarfs gedeckt. 

Montag, 26.09.2022, 15:26 Uhr
Karin Rogalska

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