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Energie & Management > Windkraft Onshore - Schleswig-Holstein mit umstrittener Genehmigungsdauer
Quelle: Fotolia/Lars Schmid
Windkraft Onshore

Schleswig-Holstein mit umstrittener Genehmigungsdauer

Im Stammland der deutschen Windenergie geht alles ein bisschen schneller mit den Baugenehmigungen. Sagt das Energiewendeministerium, alle dazu befragten Experten aber etwas anderes.
Zwischen der Kieler Landesregierung und Windkraftexperten gibt es unterschiedliche Angaben zu den typischen Genehmigungsdauern für Onshore-Windturbinen im Land.

Schleswig-Holstein und Windkraft - das machte bisher den Eindruck einer Symbiose:
  • Im Onshore-Bestand ist das Land zum 30. Juni trotz relativ geringer Gesamtfläche die deutsche Nummer zwei mit mehr als 3.000 bis 3.700 Windrädern und einer Gesamtleistung zwischen gut 6.800 und 7.200 MW, je nach Statistik.
  • Bei den Zuschlägen im ersten Halbjahr war es mit 26 % oder 469 MW mit Abstand das erfolgreichste Bundesland.
  • Im tatsächlichen Zubau war es knapp die Nummer vier mit 16 % der deutschen Gesamtleistung oder 152 MW.
  • Und es wird seit vier Jahren regiert von einer Jamaika-Koalition, in der Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) der Windkraft zugetan sind.
Energiewende-Staatssekretär Tobias Goldschmidt gab sogar am 13. September auf einer Wasserstoff-Konferenz in Husum an, im Lande dauerten die Genehmigungsverfahren vom Eingang der Unterlagen bis zum Bescheid "im Schnitt sieben Monate". Der Bundesschnitt bei förmlichen Verfahren liegt laut Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) bei 20,8 Monaten.

Muss sich Schleswig-Holstein verstecken?

Die Landes-Performance, so Goldschmidt weiter, könne man zwar immer noch zu langsam finden, aber Schleswig-Holstein "muss sich damit auch nicht verstecken". Unter Beifall des Moderators ergänzte er als einer der beiden Staatssekretäre von Minister Albrecht, es sei "ein Stück weit zu einfach, auf die Genehmigungsbehörden zu schimpfen". Diese müssten Arten-, Denkmal- und Lärmschutz legitimerweise gegen die Bauvorhaben abwägen.

Müsste sich Schleswig-Holstein aber in Wirklichkeit doch verstecken? Jedenfalls bestreitet jede von unserer Redaktion befragte Organisation, die direkt oder indirekt mit Genehmigungen in Schleswig-Holstein zu tun hat, dass sieben Monate stimmen. Zumindest in der geäußerten Pauschalität, und zwar
  • die FA Wind,
  • das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR),
  • der Bundesverband Windenergie (BWE),
  • der Windenergieanlagen-Hersteller Vestas
  • und sein Wettbewerber Nordex.
Laut Jürgen Quentin von der FA Wind liegt Schleswig-Holstein zumindest bei den förmlichen Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mit 19,7 Monaten im dreijährigen Durchschnitt nur knapp unter dem bundesweiten Mittel, wie im Übrigen alle großen Windkraft-Länder. Der Vorteil liege allerdings "in der statistischen Streubreite", erläuterte Quentin auf Anfrage. Die förmlichen Verfahren hätten bundesweit im ersten Halbjahr einen Anteil von 47 % gehabt. Zu den nichtförmlichen hat die FA Wind keine Statistik.

Zusammen mit dem Artenschutzgutachten im Vorlauf und der reinen Bauzeit im Nachlauf kommen da bundesweit schon mal fünfeinhalb Jahre Projektentwicklung bis zum ersten Grünstrom zustande.

Landesamt: Dauert länger als früher

Das dem Energiewendeministerium unterstellte Landesamt LLUR ist zuständig für alle künftigen Windräder in Schleswig-Holstein, die höher als 50 Meter sind und daher eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung brauchen. Für die "nicht förmlichen" Verfahren in seiner Zuständigkeit bestätigt die LLUR-Pressestelle zwar die sieben Monate. Aber erstens könnten förmliche Verfahren 15 Monate und länger dauern. Und zweitens habe sich die Dauer im LLUR "in den letzten Jahren erhöht". Dies wohlgemerkt "auch unabhängig vom Moratorium". Damit meint das LLUR die bis Ende 2020 laufende Beschränkung des Windkraftausbaus im Land, nachdem 2012 das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig den damaligen Wind-Regionalplan gekippt hatte. Messung und Kartierung in Sachen Natur- und Artenschutz sowie Luftfahrt seien aufwändiger geworden, so das LLUR zur Begründung.

Die Turbinenbauer Nordex und Vestas kennen die Genehmigungsdauern nur von ihren Kunden, den Projektentwicklerinnen und Projektentwicklern. "Aus unserem Kundenkreis können wir sieben Monate nicht bestätigen", sagten sinngemäß jeweils Nordex-Geschäftsführer Karsten Brüggemann sowie Vestas-Director Sales Region Germany South & East, Philipp Seibel, auf Anfrage auf der Messe Husum Wind.

Verband: Wenigstens unter ein Jahr drücken

BWE-Präsident Hermann Albers hatte dort erklärt, für ihn sei es nachrangig, ob die Genehmigungsverfahren sechs, sieben oder acht Monate dauerten. Es müsse aber künftig wenigstens in weniger als einem Jahr zu schaffen sein. BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm ergänzend zu unserer Redaktion: Je nachdem, ob man auf die Beantragung, den Zeitpunkt, an dem die letzten Unterlagen nachgefordert werden, oder die Zeit nach der Vollständigkeitserklärung abstelle, "dauert ein Genehmigungsverfahren auch in Schleswig-Holstein eher mehr denn weniger als 18 Monate".

Montag, 27.09.2021, 16:38 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Onshore - Schleswig-Holstein mit umstrittener Genehmigungsdauer
Quelle: Fotolia/Lars Schmid
Windkraft Onshore
Schleswig-Holstein mit umstrittener Genehmigungsdauer
Im Stammland der deutschen Windenergie geht alles ein bisschen schneller mit den Baugenehmigungen. Sagt das Energiewendeministerium, alle dazu befragten Experten aber etwas anderes.
Zwischen der Kieler Landesregierung und Windkraftexperten gibt es unterschiedliche Angaben zu den typischen Genehmigungsdauern für Onshore-Windturbinen im Land.

Schleswig-Holstein und Windkraft - das machte bisher den Eindruck einer Symbiose:
  • Im Onshore-Bestand ist das Land zum 30. Juni trotz relativ geringer Gesamtfläche die deutsche Nummer zwei mit mehr als 3.000 bis 3.700 Windrädern und einer Gesamtleistung zwischen gut 6.800 und 7.200 MW, je nach Statistik.
  • Bei den Zuschlägen im ersten Halbjahr war es mit 26 % oder 469 MW mit Abstand das erfolgreichste Bundesland.
  • Im tatsächlichen Zubau war es knapp die Nummer vier mit 16 % der deutschen Gesamtleistung oder 152 MW.
  • Und es wird seit vier Jahren regiert von einer Jamaika-Koalition, in der Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) der Windkraft zugetan sind.
Energiewende-Staatssekretär Tobias Goldschmidt gab sogar am 13. September auf einer Wasserstoff-Konferenz in Husum an, im Lande dauerten die Genehmigungsverfahren vom Eingang der Unterlagen bis zum Bescheid "im Schnitt sieben Monate". Der Bundesschnitt bei förmlichen Verfahren liegt laut Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) bei 20,8 Monaten.

Muss sich Schleswig-Holstein verstecken?

Die Landes-Performance, so Goldschmidt weiter, könne man zwar immer noch zu langsam finden, aber Schleswig-Holstein "muss sich damit auch nicht verstecken". Unter Beifall des Moderators ergänzte er als einer der beiden Staatssekretäre von Minister Albrecht, es sei "ein Stück weit zu einfach, auf die Genehmigungsbehörden zu schimpfen". Diese müssten Arten-, Denkmal- und Lärmschutz legitimerweise gegen die Bauvorhaben abwägen.

Müsste sich Schleswig-Holstein aber in Wirklichkeit doch verstecken? Jedenfalls bestreitet jede von unserer Redaktion befragte Organisation, die direkt oder indirekt mit Genehmigungen in Schleswig-Holstein zu tun hat, dass sieben Monate stimmen. Zumindest in der geäußerten Pauschalität, und zwar
  • die FA Wind,
  • das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR),
  • der Bundesverband Windenergie (BWE),
  • der Windenergieanlagen-Hersteller Vestas
  • und sein Wettbewerber Nordex.
Laut Jürgen Quentin von der FA Wind liegt Schleswig-Holstein zumindest bei den förmlichen Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mit 19,7 Monaten im dreijährigen Durchschnitt nur knapp unter dem bundesweiten Mittel, wie im Übrigen alle großen Windkraft-Länder. Der Vorteil liege allerdings "in der statistischen Streubreite", erläuterte Quentin auf Anfrage. Die förmlichen Verfahren hätten bundesweit im ersten Halbjahr einen Anteil von 47 % gehabt. Zu den nichtförmlichen hat die FA Wind keine Statistik.

Zusammen mit dem Artenschutzgutachten im Vorlauf und der reinen Bauzeit im Nachlauf kommen da bundesweit schon mal fünfeinhalb Jahre Projektentwicklung bis zum ersten Grünstrom zustande.

Landesamt: Dauert länger als früher

Das dem Energiewendeministerium unterstellte Landesamt LLUR ist zuständig für alle künftigen Windräder in Schleswig-Holstein, die höher als 50 Meter sind und daher eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung brauchen. Für die "nicht förmlichen" Verfahren in seiner Zuständigkeit bestätigt die LLUR-Pressestelle zwar die sieben Monate. Aber erstens könnten förmliche Verfahren 15 Monate und länger dauern. Und zweitens habe sich die Dauer im LLUR "in den letzten Jahren erhöht". Dies wohlgemerkt "auch unabhängig vom Moratorium". Damit meint das LLUR die bis Ende 2020 laufende Beschränkung des Windkraftausbaus im Land, nachdem 2012 das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig den damaligen Wind-Regionalplan gekippt hatte. Messung und Kartierung in Sachen Natur- und Artenschutz sowie Luftfahrt seien aufwändiger geworden, so das LLUR zur Begründung.

Die Turbinenbauer Nordex und Vestas kennen die Genehmigungsdauern nur von ihren Kunden, den Projektentwicklerinnen und Projektentwicklern. "Aus unserem Kundenkreis können wir sieben Monate nicht bestätigen", sagten sinngemäß jeweils Nordex-Geschäftsführer Karsten Brüggemann sowie Vestas-Director Sales Region Germany South & East, Philipp Seibel, auf Anfrage auf der Messe Husum Wind.

Verband: Wenigstens unter ein Jahr drücken

BWE-Präsident Hermann Albers hatte dort erklärt, für ihn sei es nachrangig, ob die Genehmigungsverfahren sechs, sieben oder acht Monate dauerten. Es müsse aber künftig wenigstens in weniger als einem Jahr zu schaffen sein. BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm ergänzend zu unserer Redaktion: Je nachdem, ob man auf die Beantragung, den Zeitpunkt, an dem die letzten Unterlagen nachgefordert werden, oder die Zeit nach der Vollständigkeitserklärung abstelle, "dauert ein Genehmigungsverfahren auch in Schleswig-Holstein eher mehr denn weniger als 18 Monate".

Montag, 27.09.2021, 16:38 Uhr
Georg Eble

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