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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - Sagen Sie mal: Christian Noll
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

Sagen Sie mal: Christian Noll

In der Rubrik "Sagen Sie mal" stellen wir ein paar kurze Fragen und bitten um kurze Antworten zu einem aktuellen Thema.
 
Christian Noll ist geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff)
Quelle: DENEFF/arco Urban

Herr Noll, in einem Diskussionspapier wartet die Deneff angesichts des Angriffskriegs gegen die Ukraine mit Maßnahmen auf, die Deutschland unabhängiger von Energieimporten machen sollen. Eine davon ist, den Energieverbrauch zu senken. Wie viel Potenzial schreiben Sie diesem Punkt zu?

Das ist vielleicht sogar die wichtigste kurzfristige Option! Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass die Gasnachfrage in der EU bis Herbst um zehn bis 15 Prozent gesenkt werden muss. Technisch gesehen ist das kein Problem, wirtschaftlich wäre es ohnehin: Neben der viel zitierten Absenkung der Raumtemperatur um ein bis zwei Grad Celsius, die bereits fünf bis zwölf Prozent des Heizwärmebedarfs einspart, gibt es viele einfache technische Maßnahmen wie die Optimierung von Heizungssystemen, die Warmwasserbereitung, einfache Dämmverfahren und auch Maßnahmen der Industrie und öffentlichen Hand, die bezogen auf die jeweilige Anwendung schnell über 20 Prozent und mehr einsparen könnten. Und auch Stromsparen spart Gas in der Erzeugung. Es kommt jetzt darauf an, dass die Politik in einer nie dagewesenen Kampagne mit konkreten Empfehlungen zum Energiesparen aufruft, Ressourcen und Fachkräfte mobilisiert und sie dann bei der Umsetzung unterstützt.

Welche Schritte sollte die Regierung nun angehen, um kurzfristig den Verbrauch in deutschen Unternehmen zu drücken?

Es heißt jetzt, pragmatisch und unbürokratisch zu sein. Sinnvoll wären etwa Energiespargutscheine, die bei Umsetzung eingelöst werden können. Zudem: Seit 2015 sind alle größeren Unternehmen dazu verpflichtet, regelmäßige Energieaudits durchzuführen. In diesen Audits empfehlen Fachleute perfekt zugeschnittene Energiesparmaßnahmen. Es gibt also einen riesigen Schatz auch an schnell umsetzbaren Maßnahmen, die bekannt sind. Durch die Energiepreisschocks rechnen sie sich jetzt noch schneller − es wäre Geldverschwendung, sie nicht umzusetzen! Besonders wirtschaftliche Maßnahmen sollten verpflichtend umgesetzt werden. Hilfe steht bereit: Energiedienstleister können Unternehmen dabei unterstützen, die Politik muss sie nur lassen. Bisher werden Energiedienstleister und deren Kunden in Förderprogrammen und einigen Gesetzen benachteiligt. Diese Barrieren müssen sofort beseitigt werden.

Um Wärmenetze krisenfester zu machen, schlägt Ihre Initiative vor, die industrielle Abwärme flächendeckend und verpflichtend zu nutzen. Nicht jeder Verbraucher steht unmittelbar neben einem Kraftwerk. Wie realistisch ist die Umsetzung dieses Vorschlags?

Leider stehen zu viele Abwärmequellen an Wärmenetzen und blasen überschüssige Wärme in die Luft, statt sie nutzbar zu machen. Das können wir uns nicht erlauben. Mindestens 4.000 Megawatt sind häufig 24/7 verfügbar und könnten hervorragend Gasmengen für Prozesse und Fernwärme ersetzen. Neben Industrieprozessen schafft der rasante Ausbau von Rechenzentren hohe Abwärmepotenziale. Und sogar Abwasser ist eine Wärmequelle. Werden Wärmenetze modernisiert, lässt sich auch solche ‚kältere‘ Wärme nutzen. Alternativ kann die Wärme an neue effiziente Nahwärmenetze oder direkt an größere Verbraucher geliefert werden. Die Politik muss die angekündigte ‚Bundesförderung effiziente Wärmenetze‘ endlich starten, die solche Vorhaben unterstützt. Und das Wirtschaftsministerium sollte die Fernwärmeverordnung noch mal anpacken, damit auch Energiedienstleister die notwendigen Investitionen tätigen können.

Mittwoch, 20.04.2022, 09:31 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - Sagen Sie mal: Christian Noll
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Sagen Sie mal: Christian Noll
In der Rubrik "Sagen Sie mal" stellen wir ein paar kurze Fragen und bitten um kurze Antworten zu einem aktuellen Thema.
 
Christian Noll ist geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff)
Quelle: DENEFF/arco Urban

Herr Noll, in einem Diskussionspapier wartet die Deneff angesichts des Angriffskriegs gegen die Ukraine mit Maßnahmen auf, die Deutschland unabhängiger von Energieimporten machen sollen. Eine davon ist, den Energieverbrauch zu senken. Wie viel Potenzial schreiben Sie diesem Punkt zu?

Das ist vielleicht sogar die wichtigste kurzfristige Option! Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass die Gasnachfrage in der EU bis Herbst um zehn bis 15 Prozent gesenkt werden muss. Technisch gesehen ist das kein Problem, wirtschaftlich wäre es ohnehin: Neben der viel zitierten Absenkung der Raumtemperatur um ein bis zwei Grad Celsius, die bereits fünf bis zwölf Prozent des Heizwärmebedarfs einspart, gibt es viele einfache technische Maßnahmen wie die Optimierung von Heizungssystemen, die Warmwasserbereitung, einfache Dämmverfahren und auch Maßnahmen der Industrie und öffentlichen Hand, die bezogen auf die jeweilige Anwendung schnell über 20 Prozent und mehr einsparen könnten. Und auch Stromsparen spart Gas in der Erzeugung. Es kommt jetzt darauf an, dass die Politik in einer nie dagewesenen Kampagne mit konkreten Empfehlungen zum Energiesparen aufruft, Ressourcen und Fachkräfte mobilisiert und sie dann bei der Umsetzung unterstützt.

Welche Schritte sollte die Regierung nun angehen, um kurzfristig den Verbrauch in deutschen Unternehmen zu drücken?

Es heißt jetzt, pragmatisch und unbürokratisch zu sein. Sinnvoll wären etwa Energiespargutscheine, die bei Umsetzung eingelöst werden können. Zudem: Seit 2015 sind alle größeren Unternehmen dazu verpflichtet, regelmäßige Energieaudits durchzuführen. In diesen Audits empfehlen Fachleute perfekt zugeschnittene Energiesparmaßnahmen. Es gibt also einen riesigen Schatz auch an schnell umsetzbaren Maßnahmen, die bekannt sind. Durch die Energiepreisschocks rechnen sie sich jetzt noch schneller − es wäre Geldverschwendung, sie nicht umzusetzen! Besonders wirtschaftliche Maßnahmen sollten verpflichtend umgesetzt werden. Hilfe steht bereit: Energiedienstleister können Unternehmen dabei unterstützen, die Politik muss sie nur lassen. Bisher werden Energiedienstleister und deren Kunden in Förderprogrammen und einigen Gesetzen benachteiligt. Diese Barrieren müssen sofort beseitigt werden.

Um Wärmenetze krisenfester zu machen, schlägt Ihre Initiative vor, die industrielle Abwärme flächendeckend und verpflichtend zu nutzen. Nicht jeder Verbraucher steht unmittelbar neben einem Kraftwerk. Wie realistisch ist die Umsetzung dieses Vorschlags?

Leider stehen zu viele Abwärmequellen an Wärmenetzen und blasen überschüssige Wärme in die Luft, statt sie nutzbar zu machen. Das können wir uns nicht erlauben. Mindestens 4.000 Megawatt sind häufig 24/7 verfügbar und könnten hervorragend Gasmengen für Prozesse und Fernwärme ersetzen. Neben Industrieprozessen schafft der rasante Ausbau von Rechenzentren hohe Abwärmepotenziale. Und sogar Abwasser ist eine Wärmequelle. Werden Wärmenetze modernisiert, lässt sich auch solche ‚kältere‘ Wärme nutzen. Alternativ kann die Wärme an neue effiziente Nahwärmenetze oder direkt an größere Verbraucher geliefert werden. Die Politik muss die angekündigte ‚Bundesförderung effiziente Wärmenetze‘ endlich starten, die solche Vorhaben unterstützt. Und das Wirtschaftsministerium sollte die Fernwärmeverordnung noch mal anpacken, damit auch Energiedienstleister die notwendigen Investitionen tätigen können.

Mittwoch, 20.04.2022, 09:31 Uhr
Davina Spohn

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