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Energie & Management > Lng - Russland legt Karten zum LNG-Ausbau auf den Tisch
LNG-Tanker. Quelle: Shutterstock / Wojciech Wrzesien
Lng

Russland legt Karten zum LNG-Ausbau auf den Tisch

Im März wies Vizepremier Alexander Nowak auf einer Regierungssitzung an, einen Fahrplan zum LNG-Ausbau zu erstellen. Steuererleichterungen, Exportfreigabe und Kernkraft sind Wegpunkte. 
Demensprechend hat der größte LNG-Produzent Novatek ein neues Großprojekt in Arbeit, über das die Wirtschaftszeitung Kommersant Ende Mai berichtete. Einst wollte Gazprom Murmansk zu einem Stützpunkt zur Gasverflüssigung mit Gas aus den Schtokman-Vorkommen in der südlichen Barentssee machen. Jetzt will Novatek den ganzjährig eisfreien Hafen nutzen, um LNG im großen Stil zu verschiffen. Bis 2029 sollen in der Region daher drei Verflüssigungslinien 20,4 Millionen Tonnen LNG im Jahr produzieren können.

Gas für Nord Stream soll nach Murmansk

Neu am Konzept ist, dass das Gas nicht aus der eigenen Produktion kommen soll, sondern per Pipeline von Gazprom angeliefert wird. Mit der Projektierung der Gasleitung Murmansk-Wolchow hat laut Kommersant der russische Gaskonzern in diesem Jahr begonnen und eine Baukostenschätzung in Höhe von rund 4 Milliarden Euro abgegeben. Novatek rechne mit einer Transportkapazität von 30 Milliarden Kubikmeter Gas für diese 1300 km lange Pipeline, die vom einstigen Zubringer Grjasowez-Wyborg für die gesprengte Ostseegasleitung Nord Stream 1 abzweigen soll.

Insofern bietet das LNG-Projekt von Novatek einen Gasdurchsatz, der in Murmansk immer fehlte, sodass Gasleitungspläne versandeten. Nord Stream 1 war für Gazprom lukrativer. Eine LNG-Drehscheibe in Murmansk ist jetzt für Gas, das bei Gazprom auf der nordsibirischen Jamal-Halbinsel im Boden bleiben muss, eine vielversprechende Perspektive. Wie Novatek und Gazprom Gasbezugspreise und Exporterlöse miteinander verrechnen, ist noch zu klären. Über eine Exportlizenz für dieses Projekt verfügt Novatek nicht, während Gazprom knapp 10 Prozent an Novatek hält.

Rosneft bekommt Exportaussicht

Auch der russische Ölkonzern Rosneft streckt seine Fühler in Richtung Gasverflüssigung aus. Mitte Mai verabschiedete die Staatsduma in der ersten Lesung einen Entwurf zur Exportfreigabe für LNG von Festlandsvorkommen nördlich des 67. nördlichen Breitengrades vor, für die sich der Anschluss ans Gasleitungsnetz wirtschaftlich nicht rentiert. Die etwa 36 Lagerstätten befinden sich im Gebiet Krasnojarsk und in den autonomen Kreisen der Nenzen und Jamal Nenzen. Sie gehören Rosneft und weisen Vorräte von rund insgesamt 3.000 Milliarden Kubikmeter Gas auf.

Die Aussicht auf Exporterlöse soll für Rosneft Anreiz sein, diese Vorkommen schneller zu erschließen und für die LNG-Produktion zu nutzen. Schließlich plant die russische Regierung, die Produktionskapazität von 33 auf 100 Millionen Tonnen LNG bis 2030 zu erhöhen, um an der Spitze im Welthandel mitzumischen und vor allem eigene Haushaltslöcher durch den Krieg in der Ukraine zu stopfen.

Novatek lotet Spielräume aus

Als technische Neuerung hat Novatek beim Murmansker Großprojekt die Energieversorgung der Gasverflüssigung durch das Kernkraftwerk Kola ins Spiel gebracht. Dadurch würde der Einsatz von großen Gasturbinen entfallen, die vor dem Krieg in der Ukraine und Sanktionen aus dem westlichen Ausland kamen. Beim laufenden Projekt Arctic LNG 2 ist geplant, dass die erste Produktionslinie mit Gasturbinen von Baker Hughes zum Jahresende den Betrieb aufnimmt.

Da der amerikanische Hersteller wegen der Sanktionen nicht die komplette Stückzahl geliefert hat, bemühte sich Novatek dem Kommersant zufolge um Ersatz. Für die Linien 2 und 3 sollen Turbinen von der chinesischen Harbin Guanghan Gas Turbine Gesellschaft zum Einsatz kommen, die zur China Shipbuilding Industry Company gehört. In Summe ist die Produktionskapazität der drei Produktionslinien auf knapp 20 Millionen Tonnen LNG im Jahr veranschlagt.

Darüber hinaus entwickelt Novatek die eigene Produktionstechnik Arktische Kaskade weiter, um sie in größeren Linien einsetzen zu können. Außerdem winkt für Novateks Projekt Ob auf Jamal wie schon bei Yamal LNG und Arctic LNG 2 eine Befreiung von der Rohstofffördersteuer für Gas, das im Rahmen des Projektes auf Jamal und Gydan gefördert werden soll. Projektziel ist der Bau eines Chemiekomplexes zur Herstellung von Wasserstoff und Ammoniak auf Jamal. Ein Werk mit einer Produktionskapazität von 5 Millionen Tonnen LNG im Jahr gehört ebenfalls dazu.

Montag, 5.06.2023, 15:56 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne
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LNG-Tanker. Quelle: Shutterstock / Wojciech Wrzesien
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Russland legt Karten zum LNG-Ausbau auf den Tisch
Im März wies Vizepremier Alexander Nowak auf einer Regierungssitzung an, einen Fahrplan zum LNG-Ausbau zu erstellen. Steuererleichterungen, Exportfreigabe und Kernkraft sind Wegpunkte. 
Demensprechend hat der größte LNG-Produzent Novatek ein neues Großprojekt in Arbeit, über das die Wirtschaftszeitung Kommersant Ende Mai berichtete. Einst wollte Gazprom Murmansk zu einem Stützpunkt zur Gasverflüssigung mit Gas aus den Schtokman-Vorkommen in der südlichen Barentssee machen. Jetzt will Novatek den ganzjährig eisfreien Hafen nutzen, um LNG im großen Stil zu verschiffen. Bis 2029 sollen in der Region daher drei Verflüssigungslinien 20,4 Millionen Tonnen LNG im Jahr produzieren können.

Gas für Nord Stream soll nach Murmansk

Neu am Konzept ist, dass das Gas nicht aus der eigenen Produktion kommen soll, sondern per Pipeline von Gazprom angeliefert wird. Mit der Projektierung der Gasleitung Murmansk-Wolchow hat laut Kommersant der russische Gaskonzern in diesem Jahr begonnen und eine Baukostenschätzung in Höhe von rund 4 Milliarden Euro abgegeben. Novatek rechne mit einer Transportkapazität von 30 Milliarden Kubikmeter Gas für diese 1300 km lange Pipeline, die vom einstigen Zubringer Grjasowez-Wyborg für die gesprengte Ostseegasleitung Nord Stream 1 abzweigen soll.

Insofern bietet das LNG-Projekt von Novatek einen Gasdurchsatz, der in Murmansk immer fehlte, sodass Gasleitungspläne versandeten. Nord Stream 1 war für Gazprom lukrativer. Eine LNG-Drehscheibe in Murmansk ist jetzt für Gas, das bei Gazprom auf der nordsibirischen Jamal-Halbinsel im Boden bleiben muss, eine vielversprechende Perspektive. Wie Novatek und Gazprom Gasbezugspreise und Exporterlöse miteinander verrechnen, ist noch zu klären. Über eine Exportlizenz für dieses Projekt verfügt Novatek nicht, während Gazprom knapp 10 Prozent an Novatek hält.

Rosneft bekommt Exportaussicht

Auch der russische Ölkonzern Rosneft streckt seine Fühler in Richtung Gasverflüssigung aus. Mitte Mai verabschiedete die Staatsduma in der ersten Lesung einen Entwurf zur Exportfreigabe für LNG von Festlandsvorkommen nördlich des 67. nördlichen Breitengrades vor, für die sich der Anschluss ans Gasleitungsnetz wirtschaftlich nicht rentiert. Die etwa 36 Lagerstätten befinden sich im Gebiet Krasnojarsk und in den autonomen Kreisen der Nenzen und Jamal Nenzen. Sie gehören Rosneft und weisen Vorräte von rund insgesamt 3.000 Milliarden Kubikmeter Gas auf.

Die Aussicht auf Exporterlöse soll für Rosneft Anreiz sein, diese Vorkommen schneller zu erschließen und für die LNG-Produktion zu nutzen. Schließlich plant die russische Regierung, die Produktionskapazität von 33 auf 100 Millionen Tonnen LNG bis 2030 zu erhöhen, um an der Spitze im Welthandel mitzumischen und vor allem eigene Haushaltslöcher durch den Krieg in der Ukraine zu stopfen.

Novatek lotet Spielräume aus

Als technische Neuerung hat Novatek beim Murmansker Großprojekt die Energieversorgung der Gasverflüssigung durch das Kernkraftwerk Kola ins Spiel gebracht. Dadurch würde der Einsatz von großen Gasturbinen entfallen, die vor dem Krieg in der Ukraine und Sanktionen aus dem westlichen Ausland kamen. Beim laufenden Projekt Arctic LNG 2 ist geplant, dass die erste Produktionslinie mit Gasturbinen von Baker Hughes zum Jahresende den Betrieb aufnimmt.

Da der amerikanische Hersteller wegen der Sanktionen nicht die komplette Stückzahl geliefert hat, bemühte sich Novatek dem Kommersant zufolge um Ersatz. Für die Linien 2 und 3 sollen Turbinen von der chinesischen Harbin Guanghan Gas Turbine Gesellschaft zum Einsatz kommen, die zur China Shipbuilding Industry Company gehört. In Summe ist die Produktionskapazität der drei Produktionslinien auf knapp 20 Millionen Tonnen LNG im Jahr veranschlagt.

Darüber hinaus entwickelt Novatek die eigene Produktionstechnik Arktische Kaskade weiter, um sie in größeren Linien einsetzen zu können. Außerdem winkt für Novateks Projekt Ob auf Jamal wie schon bei Yamal LNG und Arctic LNG 2 eine Befreiung von der Rohstofffördersteuer für Gas, das im Rahmen des Projektes auf Jamal und Gydan gefördert werden soll. Projektziel ist der Bau eines Chemiekomplexes zur Herstellung von Wasserstoff und Ammoniak auf Jamal. Ein Werk mit einer Produktionskapazität von 5 Millionen Tonnen LNG im Jahr gehört ebenfalls dazu.

Montag, 5.06.2023, 15:56 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne

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