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Energie & Management > Ukraine-Krise - Russen liefern weiter atomare Brennstäbe
Quelle: Wikipedia / Peko
Ukraine-Krise

Russen liefern weiter atomare Brennstäbe

Eine pikante Lücke in den EU-Sanktionen gegen Russland seit Ausbruch des Ukraine-Krieges ist deutlich geworden. Sie zeigt die Abhängigkeit slowakischer und anderer AKW-Betreiber.
Am 1. März landete frühmorgens eine russische Maschine vom Typ IL76 der Fluggesellschaft Wolga-Dnjepr zur Auslieferung von Uran-Brennstäben für das westslowakische Kernkraft Mochovce auf dem Flughafen der slowakischen Hauptstadt Bratislava, ohne dass dies offiziell angekündigt worden war.



Dabei gilt seit dem 28. Februar - wie in der ganzen EU - auch in der Slowakei ein umfassendes Flugverbot für russische Flugzeuge. Die Maschine war in Moskau gestartet und über Weißrussland und Polen in die Slowakei gelangt. Die näheren Umstände klärten sich erst im Laufe der nächsten Tage.

Minister beruft sich auf Geheimhaltungspflichten

Der slowakische Wirtschaftsminister Richard Sulik zeigte sich im Nachgang sichtlich bemüht um Schadensbegrenzung, wobei er sich immer wieder auf umfassende Geheimhaltungspflichten berief. Die Landung des Fliegers sei keinesfalls als Verstoß gegen die Sanktionen einzuordnen. Vielmehr handle es sich um eine mit Brüssel abgestimmte Ausnahme zugunsten der Slowakei. Der Ressortchef unterstrich, dass die Lieferung atomarer Brennstäbe nicht unter die Sanktionen falle - ebenso wie humanitäre Hilfe. Koordiniert worden sei alles mit den slowakischen Ministerien für Auswärtiges und für Verkehr sowie dem polnischen Energieministerium.
 
Die Lieferung der Brennstäbe sei standard- und planmäßig erfolgt und ursprünglich zu einem späteren Zeitpunkt geplant gewesen, wegen des Kriegs in der Ukraine und auf ausdrückliche Bitten des Kernkraftwerk-Betreibers Slovenske Elektrarne (SE) aber vorgezogen worden. Zum üblichen Ablauf der Lieferungen machte Sulik keine Angaben, da dieser auch sonst geheimgehalten werde. Die Slowakei sei nun aber mittelfristig in ausreichendem Maße mit Brennstäben versorgt.

Ein Brennstab-Hersteller hat das Monopol
 
Über den Lieferanten der Brennstäbe ist öffentlich nur bekannt, dass er die beiden slowakischen Kernkraftwerke in Mochovce und in Jaslovske Bohunice (Jasslowitz-Bohunitz) versorgt und seinen Sitz in Russland hat. Die dortigen Reaktoren vom Typ VVER 440 lassen sich nur mit Hilfe der von ihm hergestellten Brennstäbe betreiben, worauf das Unternehmen derzeit ein weltweites Monopol hat. Auch die verantwortlichen Ingenieure werden von diesem Unternehmen gestellt.
 
In der Vergangenheit war im Ausland, vor allem im Nachbarland Österreich, immer wieder Kritik an den Sicherheitsstandards insbesondere im Kernkraftwerk Mochovce laut geworden, das aktuell um einen dritten und vierten Reaktor erweitert wird. Die Inbetriebnahme des schon fertiggestellten dritten Blocks verzögert sich zurzeit erneut wegen zahlreicher Einwendungen, die vor allem Sicherheitsvorkehrungen betreffen.
 
Welche Länder insoweit von Russland abhängig sind

Laut Sulik laufen auch Reaktoren in Tschechien, Finnland, Ungarn und der Ukraine allein mit dem von den Russen verarbeiteten Uran. Versuche der US-amerikanischen Westinghouse Electric Company, eine Alternative zu entwickeln, waren ihm zufolge "nicht völlig erfolgreich", so dass man weiter von dem russischen Unternehmen abhängig sei. Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine habe Westinghouse die Entwicklung dieser Brennstäbe wieder aufgenommen.

Die Slowakei ist in besonders hohem Maße von russischem Erdöl, Gas und atomarem Brennmaterial abhängig. Nach Angaben des Ministers reichen die Vorräte an Öl und Gas bis Ende 2022.

Sollte es zu Engpässen in den Kernkraftwerken kommen, könnten im Übrigen auch schon ausgemusterte Brennstäbe noch eine Zeitlang zum Einsatz kommen, ohne dass Sulik dies spezifizierte. Zum Betrieb eines Reaktors vom Typ VVER 440 sind nach Angaben der SE jährlich 7 bis 9 Tonnen Uran-Brennstäbe notwendig. Der Gesamtverbrauch in der Slowakei beläuft sich damit auf jährlich 28 bis 36 Tonnen.

Montag, 7.03.2022, 15:09 Uhr
Karin Rogalska
Energie & Management > Ukraine-Krise - Russen liefern weiter atomare Brennstäbe
Quelle: Wikipedia / Peko
Ukraine-Krise
Russen liefern weiter atomare Brennstäbe
Eine pikante Lücke in den EU-Sanktionen gegen Russland seit Ausbruch des Ukraine-Krieges ist deutlich geworden. Sie zeigt die Abhängigkeit slowakischer und anderer AKW-Betreiber.
Am 1. März landete frühmorgens eine russische Maschine vom Typ IL76 der Fluggesellschaft Wolga-Dnjepr zur Auslieferung von Uran-Brennstäben für das westslowakische Kernkraft Mochovce auf dem Flughafen der slowakischen Hauptstadt Bratislava, ohne dass dies offiziell angekündigt worden war.



Dabei gilt seit dem 28. Februar - wie in der ganzen EU - auch in der Slowakei ein umfassendes Flugverbot für russische Flugzeuge. Die Maschine war in Moskau gestartet und über Weißrussland und Polen in die Slowakei gelangt. Die näheren Umstände klärten sich erst im Laufe der nächsten Tage.

Minister beruft sich auf Geheimhaltungspflichten

Der slowakische Wirtschaftsminister Richard Sulik zeigte sich im Nachgang sichtlich bemüht um Schadensbegrenzung, wobei er sich immer wieder auf umfassende Geheimhaltungspflichten berief. Die Landung des Fliegers sei keinesfalls als Verstoß gegen die Sanktionen einzuordnen. Vielmehr handle es sich um eine mit Brüssel abgestimmte Ausnahme zugunsten der Slowakei. Der Ressortchef unterstrich, dass die Lieferung atomarer Brennstäbe nicht unter die Sanktionen falle - ebenso wie humanitäre Hilfe. Koordiniert worden sei alles mit den slowakischen Ministerien für Auswärtiges und für Verkehr sowie dem polnischen Energieministerium.
 
Die Lieferung der Brennstäbe sei standard- und planmäßig erfolgt und ursprünglich zu einem späteren Zeitpunkt geplant gewesen, wegen des Kriegs in der Ukraine und auf ausdrückliche Bitten des Kernkraftwerk-Betreibers Slovenske Elektrarne (SE) aber vorgezogen worden. Zum üblichen Ablauf der Lieferungen machte Sulik keine Angaben, da dieser auch sonst geheimgehalten werde. Die Slowakei sei nun aber mittelfristig in ausreichendem Maße mit Brennstäben versorgt.

Ein Brennstab-Hersteller hat das Monopol
 
Über den Lieferanten der Brennstäbe ist öffentlich nur bekannt, dass er die beiden slowakischen Kernkraftwerke in Mochovce und in Jaslovske Bohunice (Jasslowitz-Bohunitz) versorgt und seinen Sitz in Russland hat. Die dortigen Reaktoren vom Typ VVER 440 lassen sich nur mit Hilfe der von ihm hergestellten Brennstäbe betreiben, worauf das Unternehmen derzeit ein weltweites Monopol hat. Auch die verantwortlichen Ingenieure werden von diesem Unternehmen gestellt.
 
In der Vergangenheit war im Ausland, vor allem im Nachbarland Österreich, immer wieder Kritik an den Sicherheitsstandards insbesondere im Kernkraftwerk Mochovce laut geworden, das aktuell um einen dritten und vierten Reaktor erweitert wird. Die Inbetriebnahme des schon fertiggestellten dritten Blocks verzögert sich zurzeit erneut wegen zahlreicher Einwendungen, die vor allem Sicherheitsvorkehrungen betreffen.
 
Welche Länder insoweit von Russland abhängig sind

Laut Sulik laufen auch Reaktoren in Tschechien, Finnland, Ungarn und der Ukraine allein mit dem von den Russen verarbeiteten Uran. Versuche der US-amerikanischen Westinghouse Electric Company, eine Alternative zu entwickeln, waren ihm zufolge "nicht völlig erfolgreich", so dass man weiter von dem russischen Unternehmen abhängig sei. Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine habe Westinghouse die Entwicklung dieser Brennstäbe wieder aufgenommen.

Die Slowakei ist in besonders hohem Maße von russischem Erdöl, Gas und atomarem Brennmaterial abhängig. Nach Angaben des Ministers reichen die Vorräte an Öl und Gas bis Ende 2022.

Sollte es zu Engpässen in den Kernkraftwerken kommen, könnten im Übrigen auch schon ausgemusterte Brennstäbe noch eine Zeitlang zum Einsatz kommen, ohne dass Sulik dies spezifizierte. Zum Betrieb eines Reaktors vom Typ VVER 440 sind nach Angaben der SE jährlich 7 bis 9 Tonnen Uran-Brennstäbe notwendig. Der Gesamtverbrauch in der Slowakei beläuft sich damit auf jährlich 28 bis 36 Tonnen.

Montag, 7.03.2022, 15:09 Uhr
Karin Rogalska

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