Quelle: EVM/Sascha Ditscher
Die Novelle der Heizkostenverordnung wurde vom Bundeskabinett beschlossen. Für die Digitalisierung der Energiewirtschaft ist es eine wichtige Weichenstellung.
In Zukunft wird kein Ableser mehr nötig sein, um den Heizenergieverbrauch einer Immobilie zu ermitteln und zu dokumentieren. Denn die Novelle der „Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten“ (Heizkostenverordnung) sieht eine weitgehende Fernablesbarkeit von Zählern und Heizkostenverteilern vor. Anfang August hat das Bundeskabinett die Neufassung der bisherigen Verordnung von 2009 mit den entsprechenden Änderungen verabschiedet.
Die Bundesregierung setzt damit die Vorgaben der EU-Effizienzrichtlinie von 2018 um. Diese umfassen eine Verpflichtung zur Fernablesbarkeit der Messeinrichtungen zur Verbrauchserfassung, damit die Kunden auch unterjährige Verbrauchsinformationen und detailliertere Abrechnungsinformationen erhalten können. Als Frist zur Umsetzung in nationales Recht hatte die EU den 25. Oktober 2020 gesetzt. Seit diesem Tag müssen neu installierte Zähler und Heizkostenverteiler fernablesbar sein. Davor eingebaute Technik, die diese Anforderung nicht erfüllt, muss bis spätestens 1. Januar 2027 nachgerüstet oder ausgetauscht sein.
Die jetzt vom Kabinett abgesegnete Heizkostenverordnung schreibt „Datenschutz und -sicherheit nach dem Stand der Technik“ vor. Dies sei der Fall, wenn Schutzprofile und technische Richtlinien des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eingehalten würden, heißt es in einer Mitteilung der Bundesregierung. Da die vom BSI zertifizierten Smart Meter Gateways diesen Anforderungen genügen, wird ihre Rolle durch die Verordnungsnovelle gestärkt.
„Die neue Heizkostenverordnung unterstreicht die wichtige Rolle des Smart Meter Gateways als zentrale Kommunikationsplattform im Energiesektor. Ganz im Sinne der Digitalisierungs-Roadmap wurde sie dazu mit dem Messstellenbetriebsgesetz harmonisiert“, sagt Peter Heuell. Perspektivisch werde das Smart Meter Gateway dadurch im Submetering-Markt eine wichtige Stelle einnehmen, ist der Geschäftsführer des Gateway-Herstellers EMH Metering überzeugt.
Submetering als neues Geschäftsfeld
Das sieht auch Karsten Vortanz so: „Durch die Novellierung der Heizkostenverordnung wird die Smart-Meter-Gateway-Infrastruktur weiter gestärkt.“ Gerade für Submetering-Lösungen biete das Gateway eine hochverfügbare, sektorübergreifende und sichere Kommunikationsplattform, erklärt der Geschäftsführer des Metering-Dienstleisters Voltaris.
Laut § 6 Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) kann seit dem 1. Januar 2021 der Anschlussnehmer, also der Immobilieneigentümer und nicht wie bisher ausschließlich der Anschlussnutzer, einen Messstellenbetreiber (MSB) auswählen. Voraussetzung ist, dass der MSB „verbindlich anbietet“, alle Zählpunkte der Liegenschaft für Strom mit intelligenten Messsystemen auszustatten und daneben mindestens eine zusätzliche Sparte, entweder Gas, Fernwärme oder Heizwärme, über das Smart Meter Gateway zu bündeln − ohne Mehrkosten im Vergleich zum bisherigen Messstellenbetrieb für den Anschlussnutzer. Energieversorger und Messdienstleister können auf dieser Grundlage verstärkt Bündelangebote auf die Wohnungswirtschaft zuschneiden.
Ein Ruck ist Anfang des Jahres allerdings noch nicht durch die Branche gegangen. Denn das Messstellenbetriebsgesetz bezieht sich bislang lediglich auf Strom und Gas. Konkrete Rahmenbedingungen, die Planungssicherheit für die neuen Geschäftsmodelle bieten, fehlten noch genauso wie Vorgaben zum Einsatz von Smart Meter Gateways.
Verordnungsnovelle muss noch Bundesrat passieren
Nun müssen neu installierte Messeinrichtungen interoperabel mit Geräten oder Systemen anderer Anbieter und an ein Smart Meter Gateway anbindbar sein. Grundsätzlich dürfen fernablesbare Geräte, die vor dem 31. Dezember 2031 installiert worden sind, danach nur dann weiterbetrieben werden, wenn sie an ein Smart Meter Gateway anbindbar sind – etwa durch eine entsprechende Nachrüstung. Ansonsten müssen sie ausgetauscht werden.
Nach der Verabschiedung durch das Kabinett muss die Verordnungsnovelle nun noch den Bundesrat passieren.
Bei den Messstellenbetreibern begrüßt man die Fortschritte bei der Umsetzung von EU-Recht und beobachtet sehr genau die jüngsten Entwicklungen rund um das Thema Heizkostenabrechnung. „Wir werden nun die Auswirkungen auf Stadtwerke und Messdienstleister mit ihnen genau analysieren und Maßnahmen ableiten – insbesondere vor dem Hintergrund der geforderten Interoperabilität und der Auslesung nach dem Stand der Technik“, sagt Maximilian Joßbächer. Hier seien die Stadtwerke als grundzuständiger Messstellenbetreiber und gegebenenfalls auch als wettbewerblicher MSB bereits gut positioniert und sollten auch den Vorteil der Kundennähe nutzen, um das Geschäft mit der Wohnungswirtschaft auszubauen, so der Projektleiter der „Plattform Wohnungswirtschaft“ bei Smartoptimo.
Montag, 9.08.2021, 16:54 Uhr
Fritz Wilhelm
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