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Energie & Management > Windkraft Onshore - Rentiere könnten Windturbinen zu Fall bringen
Quelle: Fotolia / Mellimage
Windkraft Onshore

Rentiere könnten Windturbinen zu Fall bringen

Ein norwegisches Gericht hat einem produzierenden Windpark das Baurecht entzogen, in dem die Stadtwerke München Partner sind. Es stellt eine Missachtung von Volksgruppenrechten fest.
Auch fertigen Infrastrukturprojekten aller Art im Rentier-Gebiet des samischen Volkes in Mittel- und Nordnorwegen droht ein juristisch erzwungener Rückbau: Das norwegische Oberste Gericht hat die acht Jahre alte Lizenz und die Enteignungen für die Windparks Roan und Storheia in Mittelnorwegen für nichtig erklärt - ungeachtet dessen, dass sie bereits produzieren.

Beide Verwaltungsverfahren hätten die kulturellen Rechte der Samen verletzt und insoweit gegen den internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 verstoßen, heißt es in einer Münchner Gemeinderats-Anfrage. 

Die Richter ließen offen, ob die Parks rückgebaut werden müssen. Der Anwalt der Samen, Knut Helge Hurum, sprach aber laut FAZ von einem Präzedenzfall für andere Windparks, Minen und sonstige große Infrastrukturprojekte im Rentier-Weidegebiet. Er hatte demnach vorgebracht, dass die Windturbinen diese Gebiete durchschneiden und deren Anblick und Geräusch die Hirschtiere verängstigten.

Das letztinstanzliche Urteil lässt auch die Stadtwerke München (SWM) aufhorchen: Sie sind nämlich seit März über eine Holding zu 49 % an dem fertigen Windpark Roan beteiligt. Den 71 Windkraftanlagen, die im Jahr 884 Mio. kWh produzieren, droht jetzt der Rückbau. Zusammen mit dem anderen nachträglich zum Schwarzbau erklärten Windpark Storheia produziert Roan jede fünfte Kilowattstunde von Norwegens Windstrom.

Unruhe im Münchner Gemeinderat

Der Richterspruch ist schon in der Münchner kommunalpolitischen Ebene angekommen: Die Ökologisch-Demokratische Partei, die drei Gemeinderäte stellt, fragt SWM-Aufsichtsratschef OB Dieter Reiter (SPD) offiziell, welche Verluste bei einem eventuellen Rückbau drohen und ob und wie sich die SWM künftig unter Beachtung "ethischer Standards" und ohne Enteignungen an Windparks in Europa beteiligen.

Größter Onshore-Cluster Europas

Die SWM waren im März an Roan gekommen - der im Cluster Fosen Vind auf der Halbinsel Fosen vor Trondheim liegt -, indem das Konsortium Fosen Vind unter Führung von Statkraft den Windpark an eine Holding aus den Kommunalversorgern Trönderenergi und SWM verkaufte. Fosen Vind ist mit 1057 MW der größte Onshore-Windparkcluster Europas. Er umfasst noch fünf Windparks im Statkraft-Konzern - plus eben Roan.

Der Cluster wurde 2016 bis 2020 für 1,1 Mrd. Euro errichtet. Beteiligt sind das europäische Investorenkonsortium Nordic Wind Power DA (40 %), dem die Berner BKW angehört, und Trönderenergi (8 %). Fosen Vind erzeugt zusammen mit Roan jährlich 3,6 Mrd. kWh Grünstrom - das ist mehr, als das wasserkraftlastige Norwegen vorher insgesamt an Windstrom hatte. Die Windverhältnisse an jener Küste seien mit die besten Europas für Onshore-Anlagen, steht auf der Website von Statkraft.

​SWM verweisen auf Statkraft

Die SWM verwiesen auf Nachfrage auf Statkraft als Betriebsführer des Clusters. Das Urteil werde noch geprüft, es betreffe einen Sachverhalt vor dem Einstieg der SWM. Man gehe davon aus, dass etwaige wirtschaftliche Konsequenzen grundsätzlich von den Errichtern des Windparks oder der Genehmigungsbehörde zu tragen seien.

Fosen-Vind-Geschäftsführer Tom Kristian Larsen nannte das Urteil eine "Überraschung". Alle Betroffenen seien im Lizensierungsverfahren gehört worden. Die Rentierhaltung habe dabei eine zentrale Rolle gespielt. Jetzt warte man auf eine Ansage des norwegischen Energieministeriums, wie es weitergeht. Vorher äußere man sich dazu nicht mehr.

Montag, 18.10.2021, 14:01 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Onshore - Rentiere könnten Windturbinen zu Fall bringen
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Windkraft Onshore
Rentiere könnten Windturbinen zu Fall bringen
Ein norwegisches Gericht hat einem produzierenden Windpark das Baurecht entzogen, in dem die Stadtwerke München Partner sind. Es stellt eine Missachtung von Volksgruppenrechten fest.
Auch fertigen Infrastrukturprojekten aller Art im Rentier-Gebiet des samischen Volkes in Mittel- und Nordnorwegen droht ein juristisch erzwungener Rückbau: Das norwegische Oberste Gericht hat die acht Jahre alte Lizenz und die Enteignungen für die Windparks Roan und Storheia in Mittelnorwegen für nichtig erklärt - ungeachtet dessen, dass sie bereits produzieren.

Beide Verwaltungsverfahren hätten die kulturellen Rechte der Samen verletzt und insoweit gegen den internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 verstoßen, heißt es in einer Münchner Gemeinderats-Anfrage. 

Die Richter ließen offen, ob die Parks rückgebaut werden müssen. Der Anwalt der Samen, Knut Helge Hurum, sprach aber laut FAZ von einem Präzedenzfall für andere Windparks, Minen und sonstige große Infrastrukturprojekte im Rentier-Weidegebiet. Er hatte demnach vorgebracht, dass die Windturbinen diese Gebiete durchschneiden und deren Anblick und Geräusch die Hirschtiere verängstigten.

Das letztinstanzliche Urteil lässt auch die Stadtwerke München (SWM) aufhorchen: Sie sind nämlich seit März über eine Holding zu 49 % an dem fertigen Windpark Roan beteiligt. Den 71 Windkraftanlagen, die im Jahr 884 Mio. kWh produzieren, droht jetzt der Rückbau. Zusammen mit dem anderen nachträglich zum Schwarzbau erklärten Windpark Storheia produziert Roan jede fünfte Kilowattstunde von Norwegens Windstrom.

Unruhe im Münchner Gemeinderat

Der Richterspruch ist schon in der Münchner kommunalpolitischen Ebene angekommen: Die Ökologisch-Demokratische Partei, die drei Gemeinderäte stellt, fragt SWM-Aufsichtsratschef OB Dieter Reiter (SPD) offiziell, welche Verluste bei einem eventuellen Rückbau drohen und ob und wie sich die SWM künftig unter Beachtung "ethischer Standards" und ohne Enteignungen an Windparks in Europa beteiligen.

Größter Onshore-Cluster Europas

Die SWM waren im März an Roan gekommen - der im Cluster Fosen Vind auf der Halbinsel Fosen vor Trondheim liegt -, indem das Konsortium Fosen Vind unter Führung von Statkraft den Windpark an eine Holding aus den Kommunalversorgern Trönderenergi und SWM verkaufte. Fosen Vind ist mit 1057 MW der größte Onshore-Windparkcluster Europas. Er umfasst noch fünf Windparks im Statkraft-Konzern - plus eben Roan.

Der Cluster wurde 2016 bis 2020 für 1,1 Mrd. Euro errichtet. Beteiligt sind das europäische Investorenkonsortium Nordic Wind Power DA (40 %), dem die Berner BKW angehört, und Trönderenergi (8 %). Fosen Vind erzeugt zusammen mit Roan jährlich 3,6 Mrd. kWh Grünstrom - das ist mehr, als das wasserkraftlastige Norwegen vorher insgesamt an Windstrom hatte. Die Windverhältnisse an jener Küste seien mit die besten Europas für Onshore-Anlagen, steht auf der Website von Statkraft.

​SWM verweisen auf Statkraft

Die SWM verwiesen auf Nachfrage auf Statkraft als Betriebsführer des Clusters. Das Urteil werde noch geprüft, es betreffe einen Sachverhalt vor dem Einstieg der SWM. Man gehe davon aus, dass etwaige wirtschaftliche Konsequenzen grundsätzlich von den Errichtern des Windparks oder der Genehmigungsbehörde zu tragen seien.

Fosen-Vind-Geschäftsführer Tom Kristian Larsen nannte das Urteil eine "Überraschung". Alle Betroffenen seien im Lizensierungsverfahren gehört worden. Die Rentierhaltung habe dabei eine zentrale Rolle gespielt. Jetzt warte man auf eine Ansage des norwegischen Energieministeriums, wie es weitergeht. Vorher äußere man sich dazu nicht mehr.

Montag, 18.10.2021, 14:01 Uhr
Georg Eble

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