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Energie & Management > Regenerative - Reiner Priggen:
Quelle: Shutterstock / lovelyday12
Regenerative

Reiner Priggen: "Wir wollen nur arbeiten können"

Der Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW fordert: Der FDP-Wirtschaftsminister des Landes muss den Koalitionsvertrag des Bundes umsetzen, den er mittrug.

E&M: Herr Priggen, wie beurteilen Sie den neuen Koalitionsvertrag der Ampel?

Reiner Priggen: Ich muss schon sagen: Respekt! 80 Prozent Erneuerbare als Ausbauziel 2030! Wir haben sofort angefangen, zu rechnen, wie groß der Zubau sein muss. Das ist eine Hausnummer! Das ist endlich mal eine klare Ansage! Auch die geplanten Maßnahmen zur Beschleunigung der Genehmigungen. Fazit: Insgesamt ist der Koalitionsvertrag im Energiebereich für mich eine gute Grundlage. Es ist ein Kompromiss, aber ein guter Schritt voran. Jetzt muss das aber auch umgesetzt werden.

E&M: Was bedeutet das für NRW, für den Ausbau von Erneuerbaren?

Priggen: Na ja, eins ist klar: Die Ziele, die Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart in der FDP-Verhandlungsgruppe mitgetragen hat, müssen hier die Konsequenz haben, dass dieser unsinnige 1000-Meter-Abstand wegkommt. Wir müssen hier über 900 bis 1000 MW pro Jahr bauen. Es ist zwei- bis dreimal so viel wie in den letzten Jahren. Dazu brauchen wir Standorte für die Windkraftanlagen, und das ist mit 1000 Metern zu drei Häusern nicht machbar. Also muss die Regierung hier korrigieren.

Reiner Priggen sitzt dem Vorstand des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW vor
Quelle: LEE NRW / Georg Schreiber

E&M: Welche Regelung wäre dann sinnvoll?

Priggen: Wir haben auf den Windenergietagen NRW – und das war sehr erfreulich – Herrn Thomas Kutschaty zu Gast gehabt, er ist SPD-Landesvorsitzender, Mitglied im Verhandlungskreis "Beschleunigung" und auch Ministerpräsidenten-Kandidat der SPD in NRW. Und er hat auf die Frage, was er vertritt, deutlich gesagt: Die 3H-Regelung entspricht der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW. Da liegen wir bei maximal 750, 800 Metern. Das wäre das, worauf Herr Kutschaty hinaus will, also: 1000-Meter-Regelung weg, 3H, bei Repowering sogar 2H und dort im Einzelfall prüfen. Das sind akzeptable Zahlen, damit können wir gut umgehen. Dann können wir auch den Ausbau beschleunigen.

E&M: Sie erwähnten 900 bis 1000 MW Zubau pro Jahr. Das ist nur die Windkraft, nicht wahr?

Priggen: Dazu kommt natürlich die Photovoltaik. Wir müssen da mindestens einen Faktor drei gegenüber jetzt haben, in der Größenordnung 2000 MW. Und ich glaube auch, dass Nordrhein-Westfalen die Potenziale hat. Wir haben bei Windkraft nur zehn Prozent der Fläche der Bundesrepublik, aber wir haben die größte Anzahl von Dächern. Das heißt, wir haben riesige Gewerbegebiete, wir haben die ganzen Wohnhäuser. Wir nutzen ja im Moment nur höchstens drei Prozent der Photovoltaik-Potenziale im Land. Da können wir sehr viel machen. Und wenn die Regierung da richtig vorangeht, dann wird es vor allen Dingen auch im Bereich Gewerbe einen Boom geben. Und das ist das Spannende. Das heißt, wir können beides, Wind und Photovoltaik, in NRW deutlich stärker ausbauen als bisher.

E&M: Arbeiten Sie bitte den Unterschied zwischen 1000 Metern und 800, 750 Metern heraus. Was ist das Entscheidende?

Priggen: Diese Landesregierung hat uns jetzt viereinhalb Jahre gequält. Erst mit 1500 Metern Abstand und dann nach der Baugesetzbuch-Novelle mit 1000 Metern – aber auch von kleinen Gruppen aus drei Häusern. Wir haben immer vertreten: Es gilt die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen und natürlich das Bundesimmissionsschutzgesetz. Und das OVG NRW sagt: 3H, die dreifache Höhe, ist der sichere Abstand. Die modernsten Anlagen haben eine maximale Höhe von 250 Metern. Dann sind wir bei 750, 800 Metern. Und wenn sich das nicht auch auf eine Sammlung von drei Häusern bezieht, sondern nur auf allgemeine Wohngebiete, auf Baugebiete, dann sind wir in einer ganz anderen Dimension.
Dann haben wir immer noch das Problem, dass in Nordrhein-Westfalen der Wald bisher Tabufläche ist. Das ist eine andere Problemstelle. Aber wir sind trotzdem viel weiter, wenn die Abstände auf das vernünftige, auch notwendige und richtige Maß reduziert werden.

E&M: Wenn Sie jetzt eine Verdreifachung des Baus fordern: Ist die Branche dazu rein vom Personal und vom Material her in der Lage?

Priggen: Den Eindruck, den ich von unseren Mitgliedsunternehmen habe, ist: Ja, sie können es, sie wollen es. Wir sind hier eine Branche, die nicht zusätzliches Geld verlangt. Wir wollen nur arbeiten können, wir wollen Genehmigungen haben. Eigentlich wollen wir, dass die Landesregierung positiv sagt: "Wir brauchen die Windkraft, wir wollen sie ausbauen, das ist unser Ziel." Die Botschaften der letzten Jahre waren immer gegenteilig, eher negativ, und dann gehen unten auf der kommunalen Ebene alle in die Defensive. Wenn jetzt von der Landesregierung mal klar gesagt wird: Wir müssen die Klimaziele von Paris einhalten, und dazu brauchen wir unbedingt die Erneuerbaren, und zwar auch den starken Ausbau der Windkraft, dann wird auch unten mitgearbeitet.

Donnerstag, 2.12.2021, 08:33 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Regenerative - Reiner Priggen:
Quelle: Shutterstock / lovelyday12
Regenerative
Reiner Priggen: "Wir wollen nur arbeiten können"
Der Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW fordert: Der FDP-Wirtschaftsminister des Landes muss den Koalitionsvertrag des Bundes umsetzen, den er mittrug.

E&M: Herr Priggen, wie beurteilen Sie den neuen Koalitionsvertrag der Ampel?

Reiner Priggen: Ich muss schon sagen: Respekt! 80 Prozent Erneuerbare als Ausbauziel 2030! Wir haben sofort angefangen, zu rechnen, wie groß der Zubau sein muss. Das ist eine Hausnummer! Das ist endlich mal eine klare Ansage! Auch die geplanten Maßnahmen zur Beschleunigung der Genehmigungen. Fazit: Insgesamt ist der Koalitionsvertrag im Energiebereich für mich eine gute Grundlage. Es ist ein Kompromiss, aber ein guter Schritt voran. Jetzt muss das aber auch umgesetzt werden.

E&M: Was bedeutet das für NRW, für den Ausbau von Erneuerbaren?

Priggen: Na ja, eins ist klar: Die Ziele, die Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart in der FDP-Verhandlungsgruppe mitgetragen hat, müssen hier die Konsequenz haben, dass dieser unsinnige 1000-Meter-Abstand wegkommt. Wir müssen hier über 900 bis 1000 MW pro Jahr bauen. Es ist zwei- bis dreimal so viel wie in den letzten Jahren. Dazu brauchen wir Standorte für die Windkraftanlagen, und das ist mit 1000 Metern zu drei Häusern nicht machbar. Also muss die Regierung hier korrigieren.

Reiner Priggen sitzt dem Vorstand des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW vor
Quelle: LEE NRW / Georg Schreiber

E&M: Welche Regelung wäre dann sinnvoll?

Priggen: Wir haben auf den Windenergietagen NRW – und das war sehr erfreulich – Herrn Thomas Kutschaty zu Gast gehabt, er ist SPD-Landesvorsitzender, Mitglied im Verhandlungskreis "Beschleunigung" und auch Ministerpräsidenten-Kandidat der SPD in NRW. Und er hat auf die Frage, was er vertritt, deutlich gesagt: Die 3H-Regelung entspricht der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW. Da liegen wir bei maximal 750, 800 Metern. Das wäre das, worauf Herr Kutschaty hinaus will, also: 1000-Meter-Regelung weg, 3H, bei Repowering sogar 2H und dort im Einzelfall prüfen. Das sind akzeptable Zahlen, damit können wir gut umgehen. Dann können wir auch den Ausbau beschleunigen.

E&M: Sie erwähnten 900 bis 1000 MW Zubau pro Jahr. Das ist nur die Windkraft, nicht wahr?

Priggen: Dazu kommt natürlich die Photovoltaik. Wir müssen da mindestens einen Faktor drei gegenüber jetzt haben, in der Größenordnung 2000 MW. Und ich glaube auch, dass Nordrhein-Westfalen die Potenziale hat. Wir haben bei Windkraft nur zehn Prozent der Fläche der Bundesrepublik, aber wir haben die größte Anzahl von Dächern. Das heißt, wir haben riesige Gewerbegebiete, wir haben die ganzen Wohnhäuser. Wir nutzen ja im Moment nur höchstens drei Prozent der Photovoltaik-Potenziale im Land. Da können wir sehr viel machen. Und wenn die Regierung da richtig vorangeht, dann wird es vor allen Dingen auch im Bereich Gewerbe einen Boom geben. Und das ist das Spannende. Das heißt, wir können beides, Wind und Photovoltaik, in NRW deutlich stärker ausbauen als bisher.

E&M: Arbeiten Sie bitte den Unterschied zwischen 1000 Metern und 800, 750 Metern heraus. Was ist das Entscheidende?

Priggen: Diese Landesregierung hat uns jetzt viereinhalb Jahre gequält. Erst mit 1500 Metern Abstand und dann nach der Baugesetzbuch-Novelle mit 1000 Metern – aber auch von kleinen Gruppen aus drei Häusern. Wir haben immer vertreten: Es gilt die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen und natürlich das Bundesimmissionsschutzgesetz. Und das OVG NRW sagt: 3H, die dreifache Höhe, ist der sichere Abstand. Die modernsten Anlagen haben eine maximale Höhe von 250 Metern. Dann sind wir bei 750, 800 Metern. Und wenn sich das nicht auch auf eine Sammlung von drei Häusern bezieht, sondern nur auf allgemeine Wohngebiete, auf Baugebiete, dann sind wir in einer ganz anderen Dimension.
Dann haben wir immer noch das Problem, dass in Nordrhein-Westfalen der Wald bisher Tabufläche ist. Das ist eine andere Problemstelle. Aber wir sind trotzdem viel weiter, wenn die Abstände auf das vernünftige, auch notwendige und richtige Maß reduziert werden.

E&M: Wenn Sie jetzt eine Verdreifachung des Baus fordern: Ist die Branche dazu rein vom Personal und vom Material her in der Lage?

Priggen: Den Eindruck, den ich von unseren Mitgliedsunternehmen habe, ist: Ja, sie können es, sie wollen es. Wir sind hier eine Branche, die nicht zusätzliches Geld verlangt. Wir wollen nur arbeiten können, wir wollen Genehmigungen haben. Eigentlich wollen wir, dass die Landesregierung positiv sagt: "Wir brauchen die Windkraft, wir wollen sie ausbauen, das ist unser Ziel." Die Botschaften der letzten Jahre waren immer gegenteilig, eher negativ, und dann gehen unten auf der kommunalen Ebene alle in die Defensive. Wenn jetzt von der Landesregierung mal klar gesagt wird: Wir müssen die Klimaziele von Paris einhalten, und dazu brauchen wir unbedingt die Erneuerbaren, und zwar auch den starken Ausbau der Windkraft, dann wird auch unten mitgearbeitet.

Donnerstag, 2.12.2021, 08:33 Uhr
Georg Eble

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