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Energie & Management > Europaeische Union - Regulierer warnen vor Dauerlösung
Quelle: Shutterstock / jorisvo
Europaeische Union

Regulierer warnen vor Dauerlösung

Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur Speicherung von Gas sollten nach Ansicht der Regulierungsbehörden keine Dauerlösung sein.
In einer gemeinsamen Stellungnahme begrüßen die europäische Energieregulierungsbehörde, ACER, und der Rat der Europäischen Regulierungsbehörden, CEER, den Vorschlag der Kommission (unser Bericht vom 7. April) „im gegenwärtigen geopolitischen Kontext“ als Beitrag zur Versorgungssicherheit. Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass die Versorgungsunternehmen „unter normalen Bedingungen“ die Speicher gut befüllen würden. Sie betonen deswegen, dass „die vorgeschlagenen Maßnahmen auf die gegenwärtige Lage zielende befristete Ausnahmen“ bleiben müssten. Gerechtfertigt seien sie nur durch die hohen Preise im Gas-Großhandel, die inverse, saisonale Preisstruktur und die begrenzte Verfügbarkeit von Gasimporten.

Die EU sollte auf die sich abzeichnenden Engpässe auf dem Gasmarkt mit „außergewöhnlichen, gezielten und befristeten Maßnahmen“ reagieren. Eingriffe in den Markt sollten in einem vernünftigen Verhältnis zu den angestrebten Füllständen stehen und den Wettbewerb so wenig wie möglich beeinträchtigen. Es gehe auch darum, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Maßnahmen zu finden, die vom Gesetzgeber angeordnet werden und solchen, die die Unternehmen selber ergreifen könnten.

Dabei sollten folgende Grundsätze beachtet werden: Die Befüllungsziele für die Erdgasspeicher sollten sich nicht an den Speicherkapazitäten, sondern an der Nachfrage orientieren. Im laufenden Jahr sollten „einfache, aber realistische Maßnahmen“ ergriffen werden, die nationale Besonderheiten und Einschränkungen berücksichtigen. Für die Zukunft (ab 2023) sollte der Speicherbedarf anhand von bestimmten Parametern zuverlässiger bestimmt werden. Genannt werden: die vorhandenen LNG-Tanks, die Angebotsvielfalt, die Kapazität der vorhandenen Inter-Konnektoren, die saisonale Nachfrage und die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen. Die Speicherstände und die Preise für das eingelagerte Gas sollten laufend beobachtet und der Einsatz öffentlicher Mittel sollte minimiert werden.

Speicherbetreiber benötigen eine Lizenz

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, dass der Betreiber eines Gasspeichers in Zukunft eine Lizenz des betreffenden Mitgliedsstaates benötigt. Diese Lizenz darf nur erteilt werden, wenn keine Zweifel darüber bestehen, dass der Betreiber zuverlässig und unabhängig ist. Unternehmen, die diesen Nachweis nicht erbringen können, soll die Kontrolle oder das Eigentum an einem Speicher entzogen werden. Die Schließung eines Speichers wäre nur mit Zustimmung der nationalen Regulierungsbehörde erlaubt.

Am 1. November dieses Jahres müssten die Speicher mindestens zu 80 % gefüllt sein, vom nächsten Jahr an zu 90 %. Wenn der Speicherstand die festgelegten Ziele um mehr als 2 % verfehlen, müssten die Mitgliedsstaaten eingreifen, zum Beispiel, indem sie die Betreiber verpflichten, ihre Kapazitäten auszuschreiben und die Netzbetreiber (TSO) zwingen, strategische Lager anzulegen. Gebuchte Kapazitäten müssen auch genutzt werden („use-or-loose“). Die Mitgliedsstaaten können dafür auch finanzielle Anreize oder Ausgleichszahlungen vorsehen.

Die Verordnung sieht außerdem einen Lastenausgleich vor zwischen den 18 Mitgliedsstaaten, die über unterirdische Speicher verfügen, und den restlichen Staaten, die keine eigenen Speicher besitzen. Letztere sollten Speicherkapazität von mindestens 15 % ihres Jahresverbrauchs in anderen Mitgliedsstaaten buchen. Diese Regelung ist allerdings im Ministerrat umstritten.

Die europäischen Regulierer halten diese Vorschriften angesichts der sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten für zu pauschal. Das betrifft vor allem die Ausstattung mit Untergrund-speichern: Deutschland etwa verfügt über die – in absoluten Zahlen – größte Speicherkapazität in der EU: 260 Mrd. kWh, das ist fast ein Viertel der gesamten Kapazität der EU von 1.147 Mrd. kWh. Gemessen am Jahresverbrauch Deutschlands ist das etwas mehr als ein Viertel. Österreich kann dagegen mehr als 100 % seines Verbrauchs einlagern, Lettland sogar 186 %, die Slowakei und Ungarn immerhin noch 74 % und 60 %. Vor allem die kleineren EU-Staaten verfügen aber über gar keine Speichermöglichkeit.

Speicherziele mittelfristig stärker am Verbrauch ausrichten

Angesichts dieser Ausgangslage sei das anvisierte Speicherziel von 80 % für dieses Jahr eine „pragmatische Option“, schreiben die Regulierer. Mittelfristig sollten nationale Speicherziele aber stärker nach dem Verbrauch festgelegt werden. Zu berücksichtigen sei auch, dass die saisonalen Unterschiede beim Verbrauch im Süden der EU wesentlich geringer ausfielen, als im Norden der Union. Länder, die über LNG-Terminals verfügten, könnten ihren Verpflichtungen auch durch langfristige Lieferverträge und der Lagerung von LNG nachkommen.

Bei der Befüllung der Speicher sollten die Betreiber grundsätzlich mehr Flexibilität haben als im Vorschlag der Kommission vorgesehen, denn je mehr Beschränkungen die Unternehmen unterworfen würden, desto geringer seien die Chancen, das einzulagernde Gas günstig zu beschaffen. Zwischenziele sollten deswegen nur empfohlen werden und nicht für einzelne Unternehmen sondern nur für jeden Mitgliedsstaat festgelegt werden.

Eine stärkere Orientierung der nationalen Speicherziele am Verbrauch würde auch den Lastenausgleich zwischen den Mitgliedsstaaten erleichtern. Das von der Kommission vorgeschlagene 15-%-Ziel trage den bestehenden Unterschieden jedenfalls nicht ausreichend Rechnung.

Weil in den nächsten Monaten noch höhere Preise erwartet werden, ist das Befüllen der Speicher mit besonders hohen Risiken verbunden. Dem sollten die Mitgliedsstaaten durch Versicherungslösungen, besondere Auktionen oder Subventionen Rechnung tragen, die durch besondere Abgaben oder Steuern zu finanzieren seien. Die Betreiber der Speicher könnten darüber hinaus von den Leitungsgebühren befreit werden, wenn sie strategische Reserven anlegen.

Weitere Informationen auf der Homepage von CEER.

Montag, 2.05.2022, 14:34 Uhr
Tom Weingärtner
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Quelle: Shutterstock / jorisvo
Europaeische Union
Regulierer warnen vor Dauerlösung
Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur Speicherung von Gas sollten nach Ansicht der Regulierungsbehörden keine Dauerlösung sein.
In einer gemeinsamen Stellungnahme begrüßen die europäische Energieregulierungsbehörde, ACER, und der Rat der Europäischen Regulierungsbehörden, CEER, den Vorschlag der Kommission (unser Bericht vom 7. April) „im gegenwärtigen geopolitischen Kontext“ als Beitrag zur Versorgungssicherheit. Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass die Versorgungsunternehmen „unter normalen Bedingungen“ die Speicher gut befüllen würden. Sie betonen deswegen, dass „die vorgeschlagenen Maßnahmen auf die gegenwärtige Lage zielende befristete Ausnahmen“ bleiben müssten. Gerechtfertigt seien sie nur durch die hohen Preise im Gas-Großhandel, die inverse, saisonale Preisstruktur und die begrenzte Verfügbarkeit von Gasimporten.

Die EU sollte auf die sich abzeichnenden Engpässe auf dem Gasmarkt mit „außergewöhnlichen, gezielten und befristeten Maßnahmen“ reagieren. Eingriffe in den Markt sollten in einem vernünftigen Verhältnis zu den angestrebten Füllständen stehen und den Wettbewerb so wenig wie möglich beeinträchtigen. Es gehe auch darum, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Maßnahmen zu finden, die vom Gesetzgeber angeordnet werden und solchen, die die Unternehmen selber ergreifen könnten.

Dabei sollten folgende Grundsätze beachtet werden: Die Befüllungsziele für die Erdgasspeicher sollten sich nicht an den Speicherkapazitäten, sondern an der Nachfrage orientieren. Im laufenden Jahr sollten „einfache, aber realistische Maßnahmen“ ergriffen werden, die nationale Besonderheiten und Einschränkungen berücksichtigen. Für die Zukunft (ab 2023) sollte der Speicherbedarf anhand von bestimmten Parametern zuverlässiger bestimmt werden. Genannt werden: die vorhandenen LNG-Tanks, die Angebotsvielfalt, die Kapazität der vorhandenen Inter-Konnektoren, die saisonale Nachfrage und die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen. Die Speicherstände und die Preise für das eingelagerte Gas sollten laufend beobachtet und der Einsatz öffentlicher Mittel sollte minimiert werden.

Speicherbetreiber benötigen eine Lizenz

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, dass der Betreiber eines Gasspeichers in Zukunft eine Lizenz des betreffenden Mitgliedsstaates benötigt. Diese Lizenz darf nur erteilt werden, wenn keine Zweifel darüber bestehen, dass der Betreiber zuverlässig und unabhängig ist. Unternehmen, die diesen Nachweis nicht erbringen können, soll die Kontrolle oder das Eigentum an einem Speicher entzogen werden. Die Schließung eines Speichers wäre nur mit Zustimmung der nationalen Regulierungsbehörde erlaubt.

Am 1. November dieses Jahres müssten die Speicher mindestens zu 80 % gefüllt sein, vom nächsten Jahr an zu 90 %. Wenn der Speicherstand die festgelegten Ziele um mehr als 2 % verfehlen, müssten die Mitgliedsstaaten eingreifen, zum Beispiel, indem sie die Betreiber verpflichten, ihre Kapazitäten auszuschreiben und die Netzbetreiber (TSO) zwingen, strategische Lager anzulegen. Gebuchte Kapazitäten müssen auch genutzt werden („use-or-loose“). Die Mitgliedsstaaten können dafür auch finanzielle Anreize oder Ausgleichszahlungen vorsehen.

Die Verordnung sieht außerdem einen Lastenausgleich vor zwischen den 18 Mitgliedsstaaten, die über unterirdische Speicher verfügen, und den restlichen Staaten, die keine eigenen Speicher besitzen. Letztere sollten Speicherkapazität von mindestens 15 % ihres Jahresverbrauchs in anderen Mitgliedsstaaten buchen. Diese Regelung ist allerdings im Ministerrat umstritten.

Die europäischen Regulierer halten diese Vorschriften angesichts der sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten für zu pauschal. Das betrifft vor allem die Ausstattung mit Untergrund-speichern: Deutschland etwa verfügt über die – in absoluten Zahlen – größte Speicherkapazität in der EU: 260 Mrd. kWh, das ist fast ein Viertel der gesamten Kapazität der EU von 1.147 Mrd. kWh. Gemessen am Jahresverbrauch Deutschlands ist das etwas mehr als ein Viertel. Österreich kann dagegen mehr als 100 % seines Verbrauchs einlagern, Lettland sogar 186 %, die Slowakei und Ungarn immerhin noch 74 % und 60 %. Vor allem die kleineren EU-Staaten verfügen aber über gar keine Speichermöglichkeit.

Speicherziele mittelfristig stärker am Verbrauch ausrichten

Angesichts dieser Ausgangslage sei das anvisierte Speicherziel von 80 % für dieses Jahr eine „pragmatische Option“, schreiben die Regulierer. Mittelfristig sollten nationale Speicherziele aber stärker nach dem Verbrauch festgelegt werden. Zu berücksichtigen sei auch, dass die saisonalen Unterschiede beim Verbrauch im Süden der EU wesentlich geringer ausfielen, als im Norden der Union. Länder, die über LNG-Terminals verfügten, könnten ihren Verpflichtungen auch durch langfristige Lieferverträge und der Lagerung von LNG nachkommen.

Bei der Befüllung der Speicher sollten die Betreiber grundsätzlich mehr Flexibilität haben als im Vorschlag der Kommission vorgesehen, denn je mehr Beschränkungen die Unternehmen unterworfen würden, desto geringer seien die Chancen, das einzulagernde Gas günstig zu beschaffen. Zwischenziele sollten deswegen nur empfohlen werden und nicht für einzelne Unternehmen sondern nur für jeden Mitgliedsstaat festgelegt werden.

Eine stärkere Orientierung der nationalen Speicherziele am Verbrauch würde auch den Lastenausgleich zwischen den Mitgliedsstaaten erleichtern. Das von der Kommission vorgeschlagene 15-%-Ziel trage den bestehenden Unterschieden jedenfalls nicht ausreichend Rechnung.

Weil in den nächsten Monaten noch höhere Preise erwartet werden, ist das Befüllen der Speicher mit besonders hohen Risiken verbunden. Dem sollten die Mitgliedsstaaten durch Versicherungslösungen, besondere Auktionen oder Subventionen Rechnung tragen, die durch besondere Abgaben oder Steuern zu finanzieren seien. Die Betreiber der Speicher könnten darüber hinaus von den Leitungsgebühren befreit werden, wenn sie strategische Reserven anlegen.

Weitere Informationen auf der Homepage von CEER.

Montag, 2.05.2022, 14:34 Uhr
Tom Weingärtner

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