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Energie & Management > Politik - Regierung: THE hatte keine Kompetenzen im Gas-Terminmarkt
Quelle: Deutscher Bundestag / Achim Melde
Politik

Regierung: THE hatte keine Kompetenzen im Gas-Terminmarkt

Das Gasmarktgebiet Trading Hub Europe beschaffte Erdgas bis Oktober allein am Spotmarkt - ein unnötig teures Unterfangen? Die Bundesregierung hat jetzt klargestellt, warum.
Ist für die hohen Füllstände der Erdgasspeicher viel zu viel Geld ausgegeben worden? Dass die Trading Hub Europe GmbH (THE) 2022 monatelang allein am Sportmarkt einkaufte, um die gesetzlichen vorgegebenen Speicherfüllstände erreichen, hat in der Branche Kritik laut werden lassen. So laut, dass die Unionsfraktion im Bundestag die „Beschaffungsstrategie“ der Bundesregierung hinterfragte. 56 Fragen stellten Parlamentarier zu einer „kleinen Anfrage“ Ende Dezember zusammen. Jetzt liegt die Antwort der Bundesregierung vor.

Warum hat THE nicht zusätzlich auch im Terminhandel Erdgas beschafft?, wollte die größte Oppositionsfraktion wissen und monierte, dass der Gesellschaft erst im Oktober, als die Speicher bereits fast voll waren, der Zugang zu den Terminmärkten ermöglicht worden sei.

Simpler Grund laut Wirtschaftsministerium (BMWK) für die Bundesregierung: „Es mussten bei der THE zunächst verschiedenste rechtliche, technische, personelle und finanzielle Voraussetzungen geschaffen werden, um im Terminmarkt tätig werden zu können, da bis dato die THE über keine Kompetenzen im Terminmarkthandel verfügte“, schreibt die Bundesregierung. Wegen des drohenden und dann im Juli 2022 umgesetzten Lieferstopps von Russland sei es „vordringlich“ gewesen, umgehend mit dem Auffüllen der Gasspeicher zu beginnen.

THE-Deals moralisch fragwürdig?

Zur Frage, wie viel Gas die THE zu welchem Preis beschafft habe, hält sich die Bundesregierung bedeckt und verweist auf die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen von Unternehmen. Der Tagesspiegel will erfahren haben, das THE bis Anfang November fast 50 Milliarden kWh Gas erwarb und dafür etwa 8,7 Milliarden Euro ausgab. Im Schnitt kostete die Megawattstunde demnach rund 175 Euro.

In den Spotmarkt-Deals der THE wähnten die Christdemokraten und Christsozialen auch eine moralische Dimension. „Gab es im Ressortkreis moralische Bedenken hinsichtlich der Folgen für andere Länder - insbesondere für Entwicklungs- und Schwellenländer – aufgrund des massiven Ankaufs von Erdgas?“, erkundigten sie sich. Lapidare Antwort: „Nach Kenntnis des Bundesministeriums (...) bestanden keine solchen Bedenken.“

Zudem erklärt die Regierung, „dass die Phase der sehr hohen Gaspreise nicht von langer Dauer war und auch umgekehrt die aktuell hohen Speicherstände eine Ursache für den zu beobachtenden Preisverfall am Gasspotmarkt sein dürften“.

LNG-Rekord aus Russland

Zweifel hegt die CDU/CSU nicht nur an der Strategie der Ampel-Parteien zur Erdgasbeschaffung. Auch an der Flüssigerdgas-Politik nehmen sie Anstoß. Beispiel LNG aus Russland: „Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus Berichten, wonach europäische LNG-Importe aus Russland auf einem Rekordhoch stehen und (...) einiges von dem russischen Flüssigerdgas“ nach Deutschland gelangt?, fragen sie. Die Regierung hat nach eigener Aussage keine Handhabe dagegen: Zum Weitertransport und Verbrauch von russischem LNG in Europa lägen ihr der „keinerlei Informationen vor“, teilt sie mit. Insgesamt sei festzuhalten, „dass der Bezug russischen Flüssigerdgases in Europa im Jahr 2022 zwar über dem Niveau vom Vorjahr lag, er jedoch durch den höheren Flüssigerdgasbezug aus anderen Ländern anteilig geringer als im Jahr 2021 ist“.

Breiten Raum gab die Unionsfraktion in der Anfrage den sogenannten Floating Storage and Regasification Units (FSRU), den schwimmenden LNG-Terminals. In welchem Umfang die Belieferung bis Juli 2024 sichergestellt sei, wollte sie wissen. Der Regierung antwortet, dass die Kapazitäten der beiden FSRU-Terminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven bis April 2024 vollständig ausgelastet seien. Für danach sollen die Kapazitäten der beiden Terminals am Markt angeboten werden. Die Kapazitäten der drei weiteren FSRU des Bundes in Stade, Lubmin und Wilhelmshaven werden voraussichtlich von Ende 2023 an durch die Betreibergesellschaft am Markt angeboten, heißt es.

Noch offen ist, ob es bei diesen fünf Terminals bleibt. „Der Bedarf für zusätzliche durch die Bundesregierung bereitgestellte Regasifizierungskapazitäten wird derzeit unter Einbezug des Gasverbrauchs und der Verfügbarkeit anderer deutscher und europäischer Gasversorgungsquellen evaluiert“, heißt es in der Antwort des BMWK. Eine Entscheidung für den Einsatz einer weiteren durch die Regierung gecharterten FSRU sei bisher nicht getroffen worden.

Freitag, 3.02.2023, 17:00 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Politik - Regierung: THE hatte keine Kompetenzen im Gas-Terminmarkt
Quelle: Deutscher Bundestag / Achim Melde
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Regierung: THE hatte keine Kompetenzen im Gas-Terminmarkt
Das Gasmarktgebiet Trading Hub Europe beschaffte Erdgas bis Oktober allein am Spotmarkt - ein unnötig teures Unterfangen? Die Bundesregierung hat jetzt klargestellt, warum.
Ist für die hohen Füllstände der Erdgasspeicher viel zu viel Geld ausgegeben worden? Dass die Trading Hub Europe GmbH (THE) 2022 monatelang allein am Sportmarkt einkaufte, um die gesetzlichen vorgegebenen Speicherfüllstände erreichen, hat in der Branche Kritik laut werden lassen. So laut, dass die Unionsfraktion im Bundestag die „Beschaffungsstrategie“ der Bundesregierung hinterfragte. 56 Fragen stellten Parlamentarier zu einer „kleinen Anfrage“ Ende Dezember zusammen. Jetzt liegt die Antwort der Bundesregierung vor.

Warum hat THE nicht zusätzlich auch im Terminhandel Erdgas beschafft?, wollte die größte Oppositionsfraktion wissen und monierte, dass der Gesellschaft erst im Oktober, als die Speicher bereits fast voll waren, der Zugang zu den Terminmärkten ermöglicht worden sei.

Simpler Grund laut Wirtschaftsministerium (BMWK) für die Bundesregierung: „Es mussten bei der THE zunächst verschiedenste rechtliche, technische, personelle und finanzielle Voraussetzungen geschaffen werden, um im Terminmarkt tätig werden zu können, da bis dato die THE über keine Kompetenzen im Terminmarkthandel verfügte“, schreibt die Bundesregierung. Wegen des drohenden und dann im Juli 2022 umgesetzten Lieferstopps von Russland sei es „vordringlich“ gewesen, umgehend mit dem Auffüllen der Gasspeicher zu beginnen.

THE-Deals moralisch fragwürdig?

Zur Frage, wie viel Gas die THE zu welchem Preis beschafft habe, hält sich die Bundesregierung bedeckt und verweist auf die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen von Unternehmen. Der Tagesspiegel will erfahren haben, das THE bis Anfang November fast 50 Milliarden kWh Gas erwarb und dafür etwa 8,7 Milliarden Euro ausgab. Im Schnitt kostete die Megawattstunde demnach rund 175 Euro.

In den Spotmarkt-Deals der THE wähnten die Christdemokraten und Christsozialen auch eine moralische Dimension. „Gab es im Ressortkreis moralische Bedenken hinsichtlich der Folgen für andere Länder - insbesondere für Entwicklungs- und Schwellenländer – aufgrund des massiven Ankaufs von Erdgas?“, erkundigten sie sich. Lapidare Antwort: „Nach Kenntnis des Bundesministeriums (...) bestanden keine solchen Bedenken.“

Zudem erklärt die Regierung, „dass die Phase der sehr hohen Gaspreise nicht von langer Dauer war und auch umgekehrt die aktuell hohen Speicherstände eine Ursache für den zu beobachtenden Preisverfall am Gasspotmarkt sein dürften“.

LNG-Rekord aus Russland

Zweifel hegt die CDU/CSU nicht nur an der Strategie der Ampel-Parteien zur Erdgasbeschaffung. Auch an der Flüssigerdgas-Politik nehmen sie Anstoß. Beispiel LNG aus Russland: „Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus Berichten, wonach europäische LNG-Importe aus Russland auf einem Rekordhoch stehen und (...) einiges von dem russischen Flüssigerdgas“ nach Deutschland gelangt?, fragen sie. Die Regierung hat nach eigener Aussage keine Handhabe dagegen: Zum Weitertransport und Verbrauch von russischem LNG in Europa lägen ihr der „keinerlei Informationen vor“, teilt sie mit. Insgesamt sei festzuhalten, „dass der Bezug russischen Flüssigerdgases in Europa im Jahr 2022 zwar über dem Niveau vom Vorjahr lag, er jedoch durch den höheren Flüssigerdgasbezug aus anderen Ländern anteilig geringer als im Jahr 2021 ist“.

Breiten Raum gab die Unionsfraktion in der Anfrage den sogenannten Floating Storage and Regasification Units (FSRU), den schwimmenden LNG-Terminals. In welchem Umfang die Belieferung bis Juli 2024 sichergestellt sei, wollte sie wissen. Der Regierung antwortet, dass die Kapazitäten der beiden FSRU-Terminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven bis April 2024 vollständig ausgelastet seien. Für danach sollen die Kapazitäten der beiden Terminals am Markt angeboten werden. Die Kapazitäten der drei weiteren FSRU des Bundes in Stade, Lubmin und Wilhelmshaven werden voraussichtlich von Ende 2023 an durch die Betreibergesellschaft am Markt angeboten, heißt es.

Noch offen ist, ob es bei diesen fünf Terminals bleibt. „Der Bedarf für zusätzliche durch die Bundesregierung bereitgestellte Regasifizierungskapazitäten wird derzeit unter Einbezug des Gasverbrauchs und der Verfügbarkeit anderer deutscher und europäischer Gasversorgungsquellen evaluiert“, heißt es in der Antwort des BMWK. Eine Entscheidung für den Einsatz einer weiteren durch die Regierung gecharterten FSRU sei bisher nicht getroffen worden.

Freitag, 3.02.2023, 17:00 Uhr
Manfred Fischer

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