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Energie & Management > Klimaschutz - Regenkatastrophe wirft Schlaglicht auf den Klimawandel
Quelle: Shutterstock/Romolo Tavani
Klimaschutz

Regenkatastrophe wirft Schlaglicht auf den Klimawandel

Am Tag zwei nach der Hochwasserkatastrophe im Westen von Deutschland hat die Diskussion über den Klimawandel als Ursache Fahrt aufgenommen.
Die genauen Auswirkungen der Überflutungen infolge von Starkregen waren am 16. Juli noch nicht endgültig absehbar. Praktisch einhellig war aber die Meinung, dass die Regenfälle in dieser massiven Ausprägung auf den Klimawandel zurückzuführen seien.

Infolge des Tiefdruckgebiets "Bernd" hatte es ab dem Abend des 13. Juli in den betroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen massive Niederschläge gegeben. Laut Statistik des Deutschen Wetterdienstes lagen die Niederschlagsmengen etwa in Lüdenscheid bei 114,4 mm pro 24 Stunden, in Aachen bei 98,7 mm. Es war zu zahlreichen Todesfällen gekommen. Besonders betroffen war die Eifel, wo beispielsweise der Pegel der Ahr in Altenahr mit 5,75 Metern die bisherige Rekordmarke von 3,71 Metern (Juni 2016) um mehr als zwei Meter übertraf.

Auch die Infrastruktur insbesondere in der Energieversorgung war stark beeinträchtigt. Zahlreiche Umspannwerke mussten wegen Überflutungen stillgelegt werden. Am Abend des 15. Juli waren dadurch nach Angaben von Eon in den beiden Bundesländern noch 165.000 Menschen ohne Strom.

RWE gab auf Twitter bekannt, dass weitere Versuche, einen seit dem Vortag im Tagebau Inden vermissten Kollegen mithilfe eines Polizeihubschraubers und einer Drohne zu finden, eingestellt wurden. Im Tagebau war es am 15. Juli durch den stark angestiegenen Pegel des Flusses Inde zu einem massiven Wassereinbruch gekommen. Laut RWE sind in den von der Flut betroffenen Tagebauen weiter Pumpen im Einsatz. Die Wasserpegel würden aber langsam zurückgehen.

Gasleitung vielleicht für Monate außer Betrieb

Medienberichten zufolge gab es für die Rettungskräfte auch immer wieder Probleme durch ausströmendes Gas. Nach einer Mitteilung der Energienetze Mittelrhein ist eine Leitung im Bereich der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler gerissen, sodass das komplette Stadtgebiet sowie Orte in der Grafschaft nicht mehr mit Erdgas versorgt werden. Nach einer ersten Einschätzung des Schadensbilds geht die Netzgesellschaft der Energieversorgung Mittelrhein davon aus, dass mehrere Kilometer Gasleitungen komplett neu gelegt werden müssen. Das hat eine längere Bauzeit zur Folge. "Wir können aktuell noch nicht abschätzen, wie lange sich diese Arbeiten hinziehen werden", berichtet Pressesprecher Marcelo Peerenboom. "Wir müssen aber leider noch von mehreren Wochen, wenn nicht sogar Monaten ausgehen." 
 
Die derzeit stark von Überschwemmungen getroffene Stadt Wuppertal hat aufgrund ihrer geografischen Lage bundesweit die meisten Gebäude, die bei unwetterartigem Regen hoch gefährdet sind. In Wuppertal steht jedes siebte Haus in einem Tal oder in der Nähe eines kleineren Gewässers und ist daher in die höchste Starkregengefährdungsklasse 3 eingeordnet. Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken
Quelle: Statista

"Die Herausforderungen für die betroffenen Gas- und Wasserversorgungsunternehmen sind jetzt enorm", sagte Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW. "Sie tun alles, damit die Betroffenen schnellstmöglich wieder Trinkwasser und Gas zum Kochen und Heizen zur Verfügung haben und die Schäden an der Infrastruktur behoben und dokumentiert werden."

Während die Aufräumarbeiten anhalten und weiter nach Vermissten gesucht wird, ist eine Diskussion über die Ursache der Katastrophe und daraus zu ziehende Lehren entbrannt. Die Vereinten Nationen sehen die Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands als Folge des fortschreitenden Klimawandels. "Es ist ein größerer Trend in Bezug auf den Klimawandel, dass er zu größeren Klimaextremen führt", sagte eine UN-Sprecherin. Ähnlich äußerte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU): "Wir haben zunehmend Extremwetterereignisse. Die Fluten, die einige Teile Deutschlands im Augenblick erleben, sind ein Beispiel dafür."

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte, es gelte nun, beim Kampf gegen die Klimakrise in die Umsetzung zu kommen. "Es ist doch mehr als ein Hinweis dafür, dass wir gar keine Zeit mehr zu verlieren haben. Wir
müssen den Klimaschutz nach vorne treiben." Das hätten auch
vergangene Dürrejahre gezeigt.

Bisher unbeobachtete Ereignisse möglich

Experten halten es angesichts der Flutkatastrophe für unumgänglich, dass sich Deutschland besser auf die Folgen des Klimawandels einstellt. "Das aktuelle Ereignis liegt für viele Kenngrößen außerhalb jeglicher bisheriger Beobachtungen. Die sehr hohen Niederschlagsmengen in kurzer Zeit, das relativ große betroffene Gebiet und die hohen Abflussmengen kleiner und mittlerer Bäche sowie Flüsse sind extrem", resümierte Christian Grams vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Troposphärenforschung des Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Für seinen Kollegen Julian Quinting gibt es einen direkten Zusammenhang mit der Erderwärmung: "Physikalische Gesetze sagen uns, dass wärmere Luftmassen mehr Wasserdampf speichern können – in etwa sieben Prozent mehr mit jedem Grad Celsius Erwärmung." Diese Feuchtigkeit stünde dann für Niederschlag zur Verfügung: "So werden auch bisher unbeobachtete Extremniederschläge möglich."

Mit Material von dpa

Freitag, 16.07.2021, 13:22 Uhr
Peter Koller
Energie & Management > Klimaschutz - Regenkatastrophe wirft Schlaglicht auf den Klimawandel
Quelle: Shutterstock/Romolo Tavani
Klimaschutz
Regenkatastrophe wirft Schlaglicht auf den Klimawandel
Am Tag zwei nach der Hochwasserkatastrophe im Westen von Deutschland hat die Diskussion über den Klimawandel als Ursache Fahrt aufgenommen.
Die genauen Auswirkungen der Überflutungen infolge von Starkregen waren am 16. Juli noch nicht endgültig absehbar. Praktisch einhellig war aber die Meinung, dass die Regenfälle in dieser massiven Ausprägung auf den Klimawandel zurückzuführen seien.

Infolge des Tiefdruckgebiets "Bernd" hatte es ab dem Abend des 13. Juli in den betroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen massive Niederschläge gegeben. Laut Statistik des Deutschen Wetterdienstes lagen die Niederschlagsmengen etwa in Lüdenscheid bei 114,4 mm pro 24 Stunden, in Aachen bei 98,7 mm. Es war zu zahlreichen Todesfällen gekommen. Besonders betroffen war die Eifel, wo beispielsweise der Pegel der Ahr in Altenahr mit 5,75 Metern die bisherige Rekordmarke von 3,71 Metern (Juni 2016) um mehr als zwei Meter übertraf.

Auch die Infrastruktur insbesondere in der Energieversorgung war stark beeinträchtigt. Zahlreiche Umspannwerke mussten wegen Überflutungen stillgelegt werden. Am Abend des 15. Juli waren dadurch nach Angaben von Eon in den beiden Bundesländern noch 165.000 Menschen ohne Strom.

RWE gab auf Twitter bekannt, dass weitere Versuche, einen seit dem Vortag im Tagebau Inden vermissten Kollegen mithilfe eines Polizeihubschraubers und einer Drohne zu finden, eingestellt wurden. Im Tagebau war es am 15. Juli durch den stark angestiegenen Pegel des Flusses Inde zu einem massiven Wassereinbruch gekommen. Laut RWE sind in den von der Flut betroffenen Tagebauen weiter Pumpen im Einsatz. Die Wasserpegel würden aber langsam zurückgehen.

Gasleitung vielleicht für Monate außer Betrieb

Medienberichten zufolge gab es für die Rettungskräfte auch immer wieder Probleme durch ausströmendes Gas. Nach einer Mitteilung der Energienetze Mittelrhein ist eine Leitung im Bereich der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler gerissen, sodass das komplette Stadtgebiet sowie Orte in der Grafschaft nicht mehr mit Erdgas versorgt werden. Nach einer ersten Einschätzung des Schadensbilds geht die Netzgesellschaft der Energieversorgung Mittelrhein davon aus, dass mehrere Kilometer Gasleitungen komplett neu gelegt werden müssen. Das hat eine längere Bauzeit zur Folge. "Wir können aktuell noch nicht abschätzen, wie lange sich diese Arbeiten hinziehen werden", berichtet Pressesprecher Marcelo Peerenboom. "Wir müssen aber leider noch von mehreren Wochen, wenn nicht sogar Monaten ausgehen." 
 
Die derzeit stark von Überschwemmungen getroffene Stadt Wuppertal hat aufgrund ihrer geografischen Lage bundesweit die meisten Gebäude, die bei unwetterartigem Regen hoch gefährdet sind. In Wuppertal steht jedes siebte Haus in einem Tal oder in der Nähe eines kleineren Gewässers und ist daher in die höchste Starkregengefährdungsklasse 3 eingeordnet. Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken
Quelle: Statista

"Die Herausforderungen für die betroffenen Gas- und Wasserversorgungsunternehmen sind jetzt enorm", sagte Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW. "Sie tun alles, damit die Betroffenen schnellstmöglich wieder Trinkwasser und Gas zum Kochen und Heizen zur Verfügung haben und die Schäden an der Infrastruktur behoben und dokumentiert werden."

Während die Aufräumarbeiten anhalten und weiter nach Vermissten gesucht wird, ist eine Diskussion über die Ursache der Katastrophe und daraus zu ziehende Lehren entbrannt. Die Vereinten Nationen sehen die Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands als Folge des fortschreitenden Klimawandels. "Es ist ein größerer Trend in Bezug auf den Klimawandel, dass er zu größeren Klimaextremen führt", sagte eine UN-Sprecherin. Ähnlich äußerte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU): "Wir haben zunehmend Extremwetterereignisse. Die Fluten, die einige Teile Deutschlands im Augenblick erleben, sind ein Beispiel dafür."

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte, es gelte nun, beim Kampf gegen die Klimakrise in die Umsetzung zu kommen. "Es ist doch mehr als ein Hinweis dafür, dass wir gar keine Zeit mehr zu verlieren haben. Wir
müssen den Klimaschutz nach vorne treiben." Das hätten auch
vergangene Dürrejahre gezeigt.

Bisher unbeobachtete Ereignisse möglich

Experten halten es angesichts der Flutkatastrophe für unumgänglich, dass sich Deutschland besser auf die Folgen des Klimawandels einstellt. "Das aktuelle Ereignis liegt für viele Kenngrößen außerhalb jeglicher bisheriger Beobachtungen. Die sehr hohen Niederschlagsmengen in kurzer Zeit, das relativ große betroffene Gebiet und die hohen Abflussmengen kleiner und mittlerer Bäche sowie Flüsse sind extrem", resümierte Christian Grams vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Troposphärenforschung des Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Für seinen Kollegen Julian Quinting gibt es einen direkten Zusammenhang mit der Erderwärmung: "Physikalische Gesetze sagen uns, dass wärmere Luftmassen mehr Wasserdampf speichern können – in etwa sieben Prozent mehr mit jedem Grad Celsius Erwärmung." Diese Feuchtigkeit stünde dann für Niederschlag zur Verfügung: "So werden auch bisher unbeobachtete Extremniederschläge möglich."

Mit Material von dpa

Freitag, 16.07.2021, 13:22 Uhr
Peter Koller

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