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Energie & Management > Gastbeitrag - Redispatch 2.0: Status Quo ein Jahr nach Go-Live
Quelle: E&M
Gastbeitrag

Redispatch 2.0: Status Quo ein Jahr nach Go-Live

Der ursprüngliche Start von Redispatch 2.0 wurde gesetzlich vorgeschrieben auf den 1. Oktober 2021 gesetzt. Carlo Weckelmann* untersucht in seinem Gastbeitrag den Stand der Umsetzung.
Der ursprüngliche Start von Redispatch 2.0 wurde gesetzlich vorgeschrieben auf den 1. Oktober 2021 gesetzt. Doch warum hat ein vollumfänglicher Go-Live ein Jahr später immer noch nicht stattgefunden? Was sind die derzeitigen größten Baustellen im Markt und wann ist mit einem flächendeckendem Livebetrieb zu rechnen?

Nachdem das Einführungsszenario zum Redispatch 2.0 am 31. August 2021 veröffentlicht wurde, kam kurz vor dem Go-Live am 20. September 2021 die vom BDEW erarbeitete und mit der BNetzA abgestimmte Übergangslösung zum gesicherten Einstieg in den Redispatch 2.0. Diese BDEW-Übergangslösung regelt im Wesentlichen, dass der bilanzielle Ausgleich weiterhin durch den Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) des Lieferanten durchgeführt wird. Das Ende dieser Übergangslösung war der 31.05.2022. Seitdem befindet sich der Markt in einem „leeren Raum“, da weder die Übergangslösung an sich verlängert wurde noch ein flächendeckender bilanzieller Ausgleich durch die Netzbetreiber (NB) erfolgt.

Warum geht es noch nicht los?

Ein wesentlicher Grund für den verzögerten Start von Redispatch 2.0 sieht die "HORIZONTE-Group AG" (HG) in den Systembilanzrisiken. Diese gefährden die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems und kann bei einem falsch ausgeführten oder ausbleibenden bilanziellen Ausgleich entstehen.

Um unter anderem diese Risiken und Probleme abschätzen zu können, laufen derzeit Pilotprojekte, welche bereits am 01.06.2022 starteten, mit Beteiligungen von zwei Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) – 50Hertz Transmission GmbH und Amprion GmbH – und vier Verteilnetzbetreibern (VNB). Hierbei werden Erfahrungen für den Live-Betrieb des Redispatch 2.0 gesammelt. Leider gibt es bisher keine offiziell veröffentlichten Erfahrungsberichte aus dieser Pilotphase.

Was geht?

Ein Großteil der Branche beherrscht die ersten beiden Use-Cases der Redispatch-2.0-Prozesse. So sind Stammdatenmeldungen laut den KPI von Connect+ zum überwiegenden Teil erfolgt. Darüber hinaus sind viele NB in der Lage Planungsdaten zu erstellen und mit betroffenen NB auszutauschen. Ebenfalls haben viele VNB mit ihren jeweiligen vorgelagerten NB Abruftests durchgeführt.

Was geht nicht?

In den Netzgebieten von rund 99 % der deutschen NB erfolgt der bilanzielle Ausgleich von Redispatch-2.0-Maßnahmen weiterhin durch den BKV des Lieferanten und nicht durch den anfordernden NB. Derzeit wird der Zielprozess lediglich in den oben genannten Pilotprojekten von insgesamt sechs NB gelebt.

Auch die bereits durchgeführten Abruftests sind mit Vorsicht zu genießen. Vermehrt kommt es hierbei noch zu Fehlern und verzögerten Übermittlungen via RAIDA. Letzteres ist besonders kritisch, da davon auszugehen ist, dass die Abruftests nur einzeln, nicht als Massentests, durchgeführt wurden.

Darüber hinaus läuft die sehr komplexe Netzzustandsanalyse inklusive Wetterprognosen, mit der Maßnahmendimensionierung das Herz des Redispatch 2.0, oft nicht zuverlässig. Maßnahmen werden teilweise zu hoch oder zu niedrig dimensioniert. Dies könnte in der Fläche im schlimmsten Fall sogar zu Blackouts führen.

Ein Ausblick in die Glaskugel

Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es kein offizielles Datum, an dem der flächendeckende Redispatch 2.0 mit allen Marktpartnern starten soll. Jedoch ist abzusehen, dass weitere Piloten in den Regelzonen der TenneT TSO GmbH und TransnetBW GmbH starten.

Ein zeitnaher Einbezug aller NB in den bilanziellen Ausgleich ist derzeit nicht abzusehen. Der Großteil der Branche bemüht sich weiterhin Fehler auszumerzen, sowie stabil laufende Systeme mit den Dienstleistern zu implementieren.

Ein denkbares Szenario zur Einführung des bilanziellen Ausgleichs sieht die HG in einer stufenweise ablaufenden Einführung als Kaskade nach Dringlichkeit und Redispatch-Volumen der VNB.
 
Carlo_Weckelmann, Consultant. Quelle: Horizonte Group

*Der Autor ist Consultant der Horizonte Group AG mit Sitz in Luzern.

Donnerstag, 6.10.2022, 13:02 Uhr
Redaktion
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Gastbeitrag
Redispatch 2.0: Status Quo ein Jahr nach Go-Live
Der ursprüngliche Start von Redispatch 2.0 wurde gesetzlich vorgeschrieben auf den 1. Oktober 2021 gesetzt. Carlo Weckelmann* untersucht in seinem Gastbeitrag den Stand der Umsetzung.
Der ursprüngliche Start von Redispatch 2.0 wurde gesetzlich vorgeschrieben auf den 1. Oktober 2021 gesetzt. Doch warum hat ein vollumfänglicher Go-Live ein Jahr später immer noch nicht stattgefunden? Was sind die derzeitigen größten Baustellen im Markt und wann ist mit einem flächendeckendem Livebetrieb zu rechnen?

Nachdem das Einführungsszenario zum Redispatch 2.0 am 31. August 2021 veröffentlicht wurde, kam kurz vor dem Go-Live am 20. September 2021 die vom BDEW erarbeitete und mit der BNetzA abgestimmte Übergangslösung zum gesicherten Einstieg in den Redispatch 2.0. Diese BDEW-Übergangslösung regelt im Wesentlichen, dass der bilanzielle Ausgleich weiterhin durch den Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) des Lieferanten durchgeführt wird. Das Ende dieser Übergangslösung war der 31.05.2022. Seitdem befindet sich der Markt in einem „leeren Raum“, da weder die Übergangslösung an sich verlängert wurde noch ein flächendeckender bilanzieller Ausgleich durch die Netzbetreiber (NB) erfolgt.

Warum geht es noch nicht los?

Ein wesentlicher Grund für den verzögerten Start von Redispatch 2.0 sieht die "HORIZONTE-Group AG" (HG) in den Systembilanzrisiken. Diese gefährden die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems und kann bei einem falsch ausgeführten oder ausbleibenden bilanziellen Ausgleich entstehen.

Um unter anderem diese Risiken und Probleme abschätzen zu können, laufen derzeit Pilotprojekte, welche bereits am 01.06.2022 starteten, mit Beteiligungen von zwei Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) – 50Hertz Transmission GmbH und Amprion GmbH – und vier Verteilnetzbetreibern (VNB). Hierbei werden Erfahrungen für den Live-Betrieb des Redispatch 2.0 gesammelt. Leider gibt es bisher keine offiziell veröffentlichten Erfahrungsberichte aus dieser Pilotphase.

Was geht?

Ein Großteil der Branche beherrscht die ersten beiden Use-Cases der Redispatch-2.0-Prozesse. So sind Stammdatenmeldungen laut den KPI von Connect+ zum überwiegenden Teil erfolgt. Darüber hinaus sind viele NB in der Lage Planungsdaten zu erstellen und mit betroffenen NB auszutauschen. Ebenfalls haben viele VNB mit ihren jeweiligen vorgelagerten NB Abruftests durchgeführt.

Was geht nicht?

In den Netzgebieten von rund 99 % der deutschen NB erfolgt der bilanzielle Ausgleich von Redispatch-2.0-Maßnahmen weiterhin durch den BKV des Lieferanten und nicht durch den anfordernden NB. Derzeit wird der Zielprozess lediglich in den oben genannten Pilotprojekten von insgesamt sechs NB gelebt.

Auch die bereits durchgeführten Abruftests sind mit Vorsicht zu genießen. Vermehrt kommt es hierbei noch zu Fehlern und verzögerten Übermittlungen via RAIDA. Letzteres ist besonders kritisch, da davon auszugehen ist, dass die Abruftests nur einzeln, nicht als Massentests, durchgeführt wurden.

Darüber hinaus läuft die sehr komplexe Netzzustandsanalyse inklusive Wetterprognosen, mit der Maßnahmendimensionierung das Herz des Redispatch 2.0, oft nicht zuverlässig. Maßnahmen werden teilweise zu hoch oder zu niedrig dimensioniert. Dies könnte in der Fläche im schlimmsten Fall sogar zu Blackouts führen.

Ein Ausblick in die Glaskugel

Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es kein offizielles Datum, an dem der flächendeckende Redispatch 2.0 mit allen Marktpartnern starten soll. Jedoch ist abzusehen, dass weitere Piloten in den Regelzonen der TenneT TSO GmbH und TransnetBW GmbH starten.

Ein zeitnaher Einbezug aller NB in den bilanziellen Ausgleich ist derzeit nicht abzusehen. Der Großteil der Branche bemüht sich weiterhin Fehler auszumerzen, sowie stabil laufende Systeme mit den Dienstleistern zu implementieren.

Ein denkbares Szenario zur Einführung des bilanziellen Ausgleichs sieht die HG in einer stufenweise ablaufenden Einführung als Kaskade nach Dringlichkeit und Redispatch-Volumen der VNB.
 
Carlo_Weckelmann, Consultant. Quelle: Horizonte Group

*Der Autor ist Consultant der Horizonte Group AG mit Sitz in Luzern.

Donnerstag, 6.10.2022, 13:02 Uhr
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