E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Klimaschutz - Rechtliche Stolpersteine gegen Ammoniak im Schiffstank
Quelle: Shutterstock / Romolo Tavani
Klimaschutz

Rechtliche Stolpersteine gegen Ammoniak im Schiffstank

Ammoniak als Schiffskraftstoff nimmt das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (Ikem) in einer Studie in den Blick. Damit will es die klimaneutrale Schifffahrt unterstützen.
Ein Großteil der Hochsee-, Küsten- und Binnenschiffe fährt mit Schweröl und Diesel. Als klimafreundliche Ersatzkraftstoffe werden vor allem Wasserstoff, Methanol und Ammoniak angesehen. Welcher davon sich als grüner Kraftstoff durchsetzen wird, ist noch unklar. "Für die Schifffahrtsbranche wird der Umstieg auf klimaneutrale Kraftstoffe und Antriebssysteme zu einem immer wichtigeren Thema", betont Thomas Paintner. Seit Januar 2021 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (Ikem). Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt im Energierecht mit einem Fokus auf alternative Kraftstoffe

Paintner ist mit Co-Autorin Judith Schäfer ein Autor der am 24. August veröffentlichen Studie "Ammoniak als Treibstoff in der See- und Binnenschifffahrt". Er ist sich wie seine Forschungskollegen und -kolleginnen sicher, dass synthetisiertes Ammoniak auf Basis erneuerbarer Energien künftig einen bedeutenden Beitrag zur Dekarbonisierung der Schifffahrt leisten könnte.

Zum Hintergrund: Bei der Verbrennung von Ammoniak in Motoren beziehungsweise der Verstromung in Brennstoffzellen entstehen nur Stickstoff und Wasserdampf, also keine Rußpartikel oder Kohlendioxid wie bei Diesel und Schweröl. Der geringe Anteil von Stickoxiden, der im Verbrennungsprozess entsteht, lässt sich über etablierte Abgasbehandlungsverfahren in Stickstoff zurückverwandeln.

In einem gleichzeitig veröffentlichten Übersichtspapier beschäftigt sich das Ikem besonders mit den Voraussetzungen für die Zulassung von ammoniakbetriebenen Binnenschiffen einerseits und für die nötige landseitige Infrastruktur. Paintner weiß: "Damit Ammoniak in der Schifffahrt zur Anwendung kommen kann, muss sich noch einiges verändern: etwa bei der technischen Infrastruktur in den Häfen."

Klare rechtliche Regelungen gefordert

Auch bei den gesetzlichen Regelungen sehen der Wissenschaftler und die Wissenschaftlerin Änderungsbedarf. Mit-Autorin Judith Schäfer erklärt: "Der aktuelle Rechtsrahmen spiegelt in erster Linie die Verwendung von Ammoniak in der Düngemittelindustrie wider. Es bedarf klarer rechtlicher Rahmenbedingungen für die Bebunkerung und die Abgabe von Ammoniak als Schiffskraftstoff". Schäfer ist am Ikem wissenschaftliche Referentin, seit Ende 2020 leitet sie dort den Fachbereich Energierecht.
 
Übersichtspapier "Ammoniak als Treibstoff in der See- und Binnenschifffahrt" (zum Öffnen bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: Ikem

Mit ihrer Studie geben Schäfer und Paintner einen Überblick über Rechtsfragen bei der Verwendung von Ammoniak als Schiffskraftstoff. Hierzu stellen die Autorin und der Autor die Rechtslage knapp dar und ordnen sie mit Blick auf die Machbarkeit des Einsatzes ein. 

Das Übersichtspapier "Ammoniak als Treibstoff in der See- und Binnenschifffahrt" ist auf der Internetseite des Ikem abrufbar. Die Studie kann extra angefordert werden.

Ammoniak als Kraftstoff

Ammoniak gilt bereits als Ausgangsstoff für die Dünger-Produktion in der Landwirtschaft. Seine großtechnische Erzeugung mithilfe von Stickstoff (N2) aus der Luft und Wasserstoff (H2) ist daher bereits ausgereift. Die chemische Verbindung besteht aus einem Stickstoff-Atom und drei Wasserstoff-Atomen: NH3. Wasserstoff gilt als klimaneutraler Brennstoff, hat jedoch den Nachteil, dass er bei der Lagerung großen Platzbedarf hat oder dieser energieaufwendig verringert werden muss: Das Gas wird bei minus 253 Grad Celcius verflüssigt oder bei einem Druck von bis zu 700 bar gespeichert.

Ammoniak dagegen begnügt sich laut dem Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme (IMM) für die Verflüssigung mit minus 33 Grad Celsius bei Normaldruck oder 20 Grad Celsius bei 9 bar. Lagerung und Transport von Ammoniak sind daher deutlich einfacher.

Doch durch das Stickstoffatom hat die Substanz Tücken: Beim unvollständigen Verbrennen von Ammoniak kann Lachgas (N2O) entstehen. Ein Kilo Lachgas trägt laut Fraunhofer 265 Mal so stark zum Treibhauseffekt bei wie ein Kilo Kohlendioxid. Abgas-Nachbehandlungssysteme sind hier notwendig.
 

Die Studie und das dazugehörige Übersichtspapier entstanden im Verbundprojekt "Campfire". Dieses beschäftigt sich, finanziell unterstützt vom Bundesforschungsministerium, mit der Entwicklung neuer Verfahren für die dezentrale Produktion von Ammoniak aus lokal erzeugtem Wind- und Solarstrom. Dem Ikem obliegt die rechtswissenschaftliche Begleitforschung. 

Mittwoch, 24.08.2022, 12:54 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Klimaschutz - Rechtliche Stolpersteine gegen Ammoniak im Schiffstank
Quelle: Shutterstock / Romolo Tavani
Klimaschutz
Rechtliche Stolpersteine gegen Ammoniak im Schiffstank
Ammoniak als Schiffskraftstoff nimmt das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (Ikem) in einer Studie in den Blick. Damit will es die klimaneutrale Schifffahrt unterstützen.
Ein Großteil der Hochsee-, Küsten- und Binnenschiffe fährt mit Schweröl und Diesel. Als klimafreundliche Ersatzkraftstoffe werden vor allem Wasserstoff, Methanol und Ammoniak angesehen. Welcher davon sich als grüner Kraftstoff durchsetzen wird, ist noch unklar. "Für die Schifffahrtsbranche wird der Umstieg auf klimaneutrale Kraftstoffe und Antriebssysteme zu einem immer wichtigeren Thema", betont Thomas Paintner. Seit Januar 2021 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (Ikem). Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt im Energierecht mit einem Fokus auf alternative Kraftstoffe

Paintner ist mit Co-Autorin Judith Schäfer ein Autor der am 24. August veröffentlichen Studie "Ammoniak als Treibstoff in der See- und Binnenschifffahrt". Er ist sich wie seine Forschungskollegen und -kolleginnen sicher, dass synthetisiertes Ammoniak auf Basis erneuerbarer Energien künftig einen bedeutenden Beitrag zur Dekarbonisierung der Schifffahrt leisten könnte.

Zum Hintergrund: Bei der Verbrennung von Ammoniak in Motoren beziehungsweise der Verstromung in Brennstoffzellen entstehen nur Stickstoff und Wasserdampf, also keine Rußpartikel oder Kohlendioxid wie bei Diesel und Schweröl. Der geringe Anteil von Stickoxiden, der im Verbrennungsprozess entsteht, lässt sich über etablierte Abgasbehandlungsverfahren in Stickstoff zurückverwandeln.

In einem gleichzeitig veröffentlichten Übersichtspapier beschäftigt sich das Ikem besonders mit den Voraussetzungen für die Zulassung von ammoniakbetriebenen Binnenschiffen einerseits und für die nötige landseitige Infrastruktur. Paintner weiß: "Damit Ammoniak in der Schifffahrt zur Anwendung kommen kann, muss sich noch einiges verändern: etwa bei der technischen Infrastruktur in den Häfen."

Klare rechtliche Regelungen gefordert

Auch bei den gesetzlichen Regelungen sehen der Wissenschaftler und die Wissenschaftlerin Änderungsbedarf. Mit-Autorin Judith Schäfer erklärt: "Der aktuelle Rechtsrahmen spiegelt in erster Linie die Verwendung von Ammoniak in der Düngemittelindustrie wider. Es bedarf klarer rechtlicher Rahmenbedingungen für die Bebunkerung und die Abgabe von Ammoniak als Schiffskraftstoff". Schäfer ist am Ikem wissenschaftliche Referentin, seit Ende 2020 leitet sie dort den Fachbereich Energierecht.
 
Übersichtspapier "Ammoniak als Treibstoff in der See- und Binnenschifffahrt" (zum Öffnen bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: Ikem

Mit ihrer Studie geben Schäfer und Paintner einen Überblick über Rechtsfragen bei der Verwendung von Ammoniak als Schiffskraftstoff. Hierzu stellen die Autorin und der Autor die Rechtslage knapp dar und ordnen sie mit Blick auf die Machbarkeit des Einsatzes ein. 

Das Übersichtspapier "Ammoniak als Treibstoff in der See- und Binnenschifffahrt" ist auf der Internetseite des Ikem abrufbar. Die Studie kann extra angefordert werden.

Ammoniak als Kraftstoff

Ammoniak gilt bereits als Ausgangsstoff für die Dünger-Produktion in der Landwirtschaft. Seine großtechnische Erzeugung mithilfe von Stickstoff (N2) aus der Luft und Wasserstoff (H2) ist daher bereits ausgereift. Die chemische Verbindung besteht aus einem Stickstoff-Atom und drei Wasserstoff-Atomen: NH3. Wasserstoff gilt als klimaneutraler Brennstoff, hat jedoch den Nachteil, dass er bei der Lagerung großen Platzbedarf hat oder dieser energieaufwendig verringert werden muss: Das Gas wird bei minus 253 Grad Celcius verflüssigt oder bei einem Druck von bis zu 700 bar gespeichert.

Ammoniak dagegen begnügt sich laut dem Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme (IMM) für die Verflüssigung mit minus 33 Grad Celsius bei Normaldruck oder 20 Grad Celsius bei 9 bar. Lagerung und Transport von Ammoniak sind daher deutlich einfacher.

Doch durch das Stickstoffatom hat die Substanz Tücken: Beim unvollständigen Verbrennen von Ammoniak kann Lachgas (N2O) entstehen. Ein Kilo Lachgas trägt laut Fraunhofer 265 Mal so stark zum Treibhauseffekt bei wie ein Kilo Kohlendioxid. Abgas-Nachbehandlungssysteme sind hier notwendig.
 

Die Studie und das dazugehörige Übersichtspapier entstanden im Verbundprojekt "Campfire". Dieses beschäftigt sich, finanziell unterstützt vom Bundesforschungsministerium, mit der Entwicklung neuer Verfahren für die dezentrale Produktion von Ammoniak aus lokal erzeugtem Wind- und Solarstrom. Dem Ikem obliegt die rechtswissenschaftliche Begleitforschung. 

Mittwoch, 24.08.2022, 12:54 Uhr
Davina Spohn

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.