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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - RechtEck: Steuerrecht, Agri-PV und der Hase im Pfeffer
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Ausgabe

RechtEck: Steuerrecht, Agri-PV und der Hase im Pfeffer

Um die Klimaziele erreichen, müssen vor allem Solarfreiflächenanlagen zugebaut werden. Auf landwirtschaftlichen Flächen gibt es aber einige Fallstricke, erläutert Jens Vollprecht*.
Kurz vor der Sommerpause hat der Bundestag das Osterpaket verabschiedet. Dieses umfasst unter anderem die größte Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) seit seinem Bestehen. Im EEG 2023 ist in § 1 Abs. 2 als Ziel vorgegeben, dass im Jahr 2030 mindestens 80 % des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen sollen. Übersetzt man diese Zahl in Kilowattstunden entspricht das rund 600 Mrd. kWh. Derzeit liegt die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bei etwa 240 Mrd. kWh Strom. Um das Ziel zu erreichen, wird eine Steigerung der installierten Leistung von Solaranlagen auf 215 (!) GW im Jahr 2030 angestrebt. Es gibt also eine Menge zu tun, zumal ein Teil der derzeit betriebenen Anlagen bis dahin stillgelegt sein wird.

Einen wichtigen Beitrag werden hier die Freiflächenanlagen leisten müssen. Da es sich bei den dafür in Betracht kommenden Flächen in der Regel um landwirtschaftliche Flächen handelt, ergeben sich Herausforderungen, mit denen man im ersten Moment nicht rechnet und die leicht übersehen werden. Aber wo liegt der Hase im Pfeffer?

Es drohen Steuernachteile

Die Errichtung und der Betrieb einer Solaranlage können für den Landwirt steuerrechtlich nachteilig sein. Denn es kann passieren, dass die Fläche nicht mehr dem landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betrieb zugeordnet wird, sondern dem Grundvermögen. Das bedeutet, dass die Begünstigungen für landwirtschaftliches und forstwirtschaftliches Vermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer entfallen − und dies sogar auch rückwirkend, wenn die Behaltensfristen nach der Hofübergabe noch nicht abgelaufen sind. Auch bei der Grundsteuer droht mit der Zuordnung zur Grundsteuer B Ungemach.

Gefahr erkannt, aber wie gebannt? Schon im Mai hatte das bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat eine Presseerklärung mit dem Titel „Füracker: Rechtssicherheit für Agri-PV-Anlagen! Keine Nachteile bei Erbschaftsteuer und Grundsteuer“ veröffentlicht, die aufhorchen ließ. Dort heißt es wörtlich: „Auf Drängen Bayerns haben Bund und Länder entschieden, dass sogenannte Agri-Photovoltaik-Anlagen, also Flächen mit kombinierter Nutzung durch Photovoltaik-Anlagen und intensive Landwirtschaft, vollständig dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuzuordnen sind. Damit verlieren diese Flächen nicht die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für landwirtschaftliches Betriebsvermögen und verbleiben in der Grundsteuer A.“

So weit, so gut. Aber: Wie und wo dies umgesetzt werden sollte, blieb zunächst offen. Das lässt Juristinnen und Juristen natürlich keine Ruhe. Auf Nachfrage teilte das Staatsministerium mit, dass die Länder zu dem Thema einen Erlass erarbeitet hätten und es einer Gesetzesänderung deshalb nicht bedürfe. Dieser mit Spannung erwartete Erlass ist nun im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden.

Was steht drin? Zur Zurechnung und Bewertung von Agri-PV-Anlagen für Zwecke der Grundsteuer, der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer wird unter anderem vorgegeben: Flächen, auf denen Photovoltaikanlagen stehen, die nach der DIN SPEC 91434 Agri-Photovoltaikanlagen der Kategorie I oder II sind, sind dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen. Flächen, auf denen Photovoltaikanlagen stehen, die nach der DIN SPEC 91434 keine Agri-Photovoltaikanlagen der Kategorie I oder II sind (insbesondere Freiflächenphotovoltaikanlagen), sind dem Grundvermögen zuzurechnen.

Bei Agri-PV-Flächen muss landwirtschaftliche Produktion erhalten bleiben

Alles schön und gut. Was aber sind Agri-PV-Anlagen und was steht in der erwähnten DIN SPEC genau drin? Agri-PV-Anlagen sind verkürzt gesagt Solaranlagen, die so errichtet und betrieben werden, dass auf derselben Fläche auch noch Landwirtschaft betrieben werden kann. Wer diese Definition für etwas schwammig hält, steht nicht allein. Verschiedenen Akteuren aus der Brache ging das genauso. Aus diesem Grund haben sie in der erwähnten DIN SPEC Agri-PV-Anlagen genauer beschrieben.

Danach muss unter anderem die landwirtschaftliche Produktion als Hauptnutzung und die Stromproduktion mittels PV-Anlage als Sekundärnutzung erfolgen. Zudem wird gefordert, dass der Ertrag der Kulturpflanzen nach dem Bau der Agri-PV-Anlage mindestens 66 % des Referenzertrags betragen muss. Mit Blick auf die angesprochenen Kategorien ergibt sich folgendes Bild: Agri-PV-Anlagen der Kategorie I zeichnen sich durch eine Aufständerung in lichter Höhe (mindestens 2,10 m) und eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung unter der Anlage aus. Agri-PV-Anlagen der Kategorie II sind Anlagen mit einer bodennahen Aufständerung und einer landwirtschaftlichen Bewirtschaftung zwischen den Anlagenreihen. Der Verlust an landwirtschaftlich nutzbarer Fläche durch Aufbauten und Unterkonstruktion darf bei der Kategorie I maximal 10 % und bei der Kategorie II maximal 15 % betragen. Soweit der kurze und nicht abschließende Blick in die DIN SPEC.

Die schönen Seiten des Erlasses funkeln also nur für bestimmte Agri-PV-Anlagen − immerhin! Insbesondere für Freiflächenanlagen müssen daher noch immer maßgeschneiderte Lösungen erarbeitet werden, um die steuerrechtlichen Nachteile abzuwenden. Wichtig bleibt insofern also nach wie vor: Den Hasen im Pfeffer nicht übersehen!

* Jens Vollprecht, Partner und Rechtsanwalt, Becker Büttner Held, Berlin

Mittwoch, 16.11.2022, 09:20 Uhr
Redaktion
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RechtEck: Steuerrecht, Agri-PV und der Hase im Pfeffer
Um die Klimaziele erreichen, müssen vor allem Solarfreiflächenanlagen zugebaut werden. Auf landwirtschaftlichen Flächen gibt es aber einige Fallstricke, erläutert Jens Vollprecht*.
Kurz vor der Sommerpause hat der Bundestag das Osterpaket verabschiedet. Dieses umfasst unter anderem die größte Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) seit seinem Bestehen. Im EEG 2023 ist in § 1 Abs. 2 als Ziel vorgegeben, dass im Jahr 2030 mindestens 80 % des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen sollen. Übersetzt man diese Zahl in Kilowattstunden entspricht das rund 600 Mrd. kWh. Derzeit liegt die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bei etwa 240 Mrd. kWh Strom. Um das Ziel zu erreichen, wird eine Steigerung der installierten Leistung von Solaranlagen auf 215 (!) GW im Jahr 2030 angestrebt. Es gibt also eine Menge zu tun, zumal ein Teil der derzeit betriebenen Anlagen bis dahin stillgelegt sein wird.

Einen wichtigen Beitrag werden hier die Freiflächenanlagen leisten müssen. Da es sich bei den dafür in Betracht kommenden Flächen in der Regel um landwirtschaftliche Flächen handelt, ergeben sich Herausforderungen, mit denen man im ersten Moment nicht rechnet und die leicht übersehen werden. Aber wo liegt der Hase im Pfeffer?

Es drohen Steuernachteile

Die Errichtung und der Betrieb einer Solaranlage können für den Landwirt steuerrechtlich nachteilig sein. Denn es kann passieren, dass die Fläche nicht mehr dem landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betrieb zugeordnet wird, sondern dem Grundvermögen. Das bedeutet, dass die Begünstigungen für landwirtschaftliches und forstwirtschaftliches Vermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer entfallen − und dies sogar auch rückwirkend, wenn die Behaltensfristen nach der Hofübergabe noch nicht abgelaufen sind. Auch bei der Grundsteuer droht mit der Zuordnung zur Grundsteuer B Ungemach.

Gefahr erkannt, aber wie gebannt? Schon im Mai hatte das bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat eine Presseerklärung mit dem Titel „Füracker: Rechtssicherheit für Agri-PV-Anlagen! Keine Nachteile bei Erbschaftsteuer und Grundsteuer“ veröffentlicht, die aufhorchen ließ. Dort heißt es wörtlich: „Auf Drängen Bayerns haben Bund und Länder entschieden, dass sogenannte Agri-Photovoltaik-Anlagen, also Flächen mit kombinierter Nutzung durch Photovoltaik-Anlagen und intensive Landwirtschaft, vollständig dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuzuordnen sind. Damit verlieren diese Flächen nicht die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für landwirtschaftliches Betriebsvermögen und verbleiben in der Grundsteuer A.“

So weit, so gut. Aber: Wie und wo dies umgesetzt werden sollte, blieb zunächst offen. Das lässt Juristinnen und Juristen natürlich keine Ruhe. Auf Nachfrage teilte das Staatsministerium mit, dass die Länder zu dem Thema einen Erlass erarbeitet hätten und es einer Gesetzesänderung deshalb nicht bedürfe. Dieser mit Spannung erwartete Erlass ist nun im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden.

Was steht drin? Zur Zurechnung und Bewertung von Agri-PV-Anlagen für Zwecke der Grundsteuer, der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer wird unter anderem vorgegeben: Flächen, auf denen Photovoltaikanlagen stehen, die nach der DIN SPEC 91434 Agri-Photovoltaikanlagen der Kategorie I oder II sind, sind dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen. Flächen, auf denen Photovoltaikanlagen stehen, die nach der DIN SPEC 91434 keine Agri-Photovoltaikanlagen der Kategorie I oder II sind (insbesondere Freiflächenphotovoltaikanlagen), sind dem Grundvermögen zuzurechnen.

Bei Agri-PV-Flächen muss landwirtschaftliche Produktion erhalten bleiben

Alles schön und gut. Was aber sind Agri-PV-Anlagen und was steht in der erwähnten DIN SPEC genau drin? Agri-PV-Anlagen sind verkürzt gesagt Solaranlagen, die so errichtet und betrieben werden, dass auf derselben Fläche auch noch Landwirtschaft betrieben werden kann. Wer diese Definition für etwas schwammig hält, steht nicht allein. Verschiedenen Akteuren aus der Brache ging das genauso. Aus diesem Grund haben sie in der erwähnten DIN SPEC Agri-PV-Anlagen genauer beschrieben.

Danach muss unter anderem die landwirtschaftliche Produktion als Hauptnutzung und die Stromproduktion mittels PV-Anlage als Sekundärnutzung erfolgen. Zudem wird gefordert, dass der Ertrag der Kulturpflanzen nach dem Bau der Agri-PV-Anlage mindestens 66 % des Referenzertrags betragen muss. Mit Blick auf die angesprochenen Kategorien ergibt sich folgendes Bild: Agri-PV-Anlagen der Kategorie I zeichnen sich durch eine Aufständerung in lichter Höhe (mindestens 2,10 m) und eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung unter der Anlage aus. Agri-PV-Anlagen der Kategorie II sind Anlagen mit einer bodennahen Aufständerung und einer landwirtschaftlichen Bewirtschaftung zwischen den Anlagenreihen. Der Verlust an landwirtschaftlich nutzbarer Fläche durch Aufbauten und Unterkonstruktion darf bei der Kategorie I maximal 10 % und bei der Kategorie II maximal 15 % betragen. Soweit der kurze und nicht abschließende Blick in die DIN SPEC.

Die schönen Seiten des Erlasses funkeln also nur für bestimmte Agri-PV-Anlagen − immerhin! Insbesondere für Freiflächenanlagen müssen daher noch immer maßgeschneiderte Lösungen erarbeitet werden, um die steuerrechtlichen Nachteile abzuwenden. Wichtig bleibt insofern also nach wie vor: Den Hasen im Pfeffer nicht übersehen!

* Jens Vollprecht, Partner und Rechtsanwalt, Becker Büttner Held, Berlin

Mittwoch, 16.11.2022, 09:20 Uhr
Redaktion

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